Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250269/17/Gu/Atz

Linz, 08.03.1994

VwSen-250269/17/Gu/Atz Linz, am 8. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des J O jun., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. O H, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15.10.1993, SV-1131/5-1993-Wie/Ma, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen.

Der Rechtsmittelwerber wurde durch den angefochtenen Berufungsbescheid in keinem Recht verletzt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat den Betrag von 1.000 S zu bezahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG, § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 2 lit.c § 28 Abs. 1 Z.1 lit.a AuslBG, § 19 VStG, § 64 Abs. 1 und 2 VStG, Art. 129a Abs. 1 Z.1 BV-G.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d.Krems hat mit Straferkenntis vom 13.3.1992, Sich-IA/408/1991/Sch, den Rechtsmittelwerber als Verantwortlichen im Sinn des § 9 VStG für die O GesmbH. (richtig wohl O GesmbH.), S in R, schuldig erkannt, den jugoslawischen Staatsangehörigen D S zumindest am 4. und 5.11.1991 in diesem Schlachthofbetrieb beschäftigt zu haben, obwohl ihm für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung noch eine Arbeitserlaubnis des zuständigen Arbeitsamtes erteilt worden sei und auch der Ausländer nicht im Besitz eines Befreiungsscheines gewesen sei.

Wegen Verletzung des § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z.1 lit.a AuslBG wurde ihm in Anwendung des § 28 Abs. 1 Z.1 Auslaufsatz, erster Strafrahmen, AuslBG eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S, (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) und ein Verfahrenskostenbeitrag von 500 S auferlegt.

Die dagegen erhobene Berufung war an den O.ö. Verwaltungssenat gerichtet. Im Zuge eines Verfahrens zur Prüfung einer Gesetzesstelle hat der Verfassungsgerichtshof die Sache als Quasi-Anlaßfall zu einer bestandenen Anfechtung des § 51 Abs. 1 VStG gewertet.

Als Folge davon hatte über die Berufung sodann der Landeshauptmann von Oberösterreich den nunmehr angefochtenen Berufungsbescheid erlassen, womit das erstinstanzliche Straferkenntnis im Ergebnis bestätigt wurde.

In seinem nunmehr, nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges eingebrachten Rechtsmittel, ruft der Rechtsmittelwerber die durch die Verfassung garantierte Kontrolle durch den unabhängigen Verwaltungssenat an und macht im wesentlichen geltend, daß einerseits die seinerzeitige Vernehmung des D S durch Fahndungsorgane des Landesarbeitsamtes in mangelhafter Weise erfolgt sei. Die Berufungsbehörde sei auf die seinerzeitige Berufung nicht eingegangen. Insbesondere habe sie sich mit der Frage der Betätigung des Ausländers als Volontär nicht auseinandergesetzt. Sinngemäß bezieht er sich in seinem Rechtsmittel darauf, daß kein Beschäftigungsverhältnis vorgelegen sei und daher die Bestrafung zu Unrecht erfolgt sei. Darüber hinaus sei die Berufungsbehörde auf die schwierige betriebliche Situation nicht eingegangen. Im Endeffekt sei dem Berufungswerber durch Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nach dem vierten Antrag Recht gegeben worden.

Verfahrensrechtlich macht der Rechtsmittelwerber geltend, daß der Landeshauptmann (Amt der o.ö. Landesregierung) seine Entscheidung nach der am 6.4.1992 bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf überreichten Berufung erst am 15.10.1993, somit außerhalb der 15-Monate-Frist getroffen habe. Dies widerspreche der Bestimmung des § 51 Abs. 7 VStG.

Selbst wenn man die Anwendung dieser neuen Rechtslage durch den Landeshauptmann verneinen wolle, käme jedenfalls die alte Bestimmung des § 51 Abs. 5 zu tragen, wonach die Berufungsentscheidung innerhalb eines Jahres zu ergehen habe, widrigenfalls der angefochtene Bescheid als aufgehoben gelte und das Verfahren einzustellen sei.

Im Ergebnis beantragt der Rechtsmittelwerber wegen der Sache nicht bestraft zu werden, in eventu eine Ermahnung auszusprechen.

Über das Rechtsmittel wurde am 7. Februar 1994 die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Beschuldigten, seines rechtsfreundlichen Vertreters und eines Vertreters des Landesarbeitsamtes Oberösterreich durchgeführt, in deren Rahmen der Beschuldigte und der Zeuge D S vernommen.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Nachdem die O GesmbH., S in R fachkundiges Personal suchte und der Bosnier S D dies von seinem Bruder, der bei der vorgenannten Firma beschäftigt war, erfahren hatte, begab er sich am 28.1.1991 gemeinsam mit seinem Bruder von seiner Heimat aus nach Österreich, um sich beim Chef vorzustellen.

Dieser war an einer Beschäftigung des S D tatsächlich interessiert und nahm sich der Sache an, die erforderlichen Bewilligungen einzuholen.

Der Ausländer meldete sich bei den österreichischen Meldebehörden mit dem Wohnort Ried im Traunkreis an, und zwar für das neben dem Schlachtbetrieb bestehende Bauernhaus, in welchem Dienstnehmer der Firma untergebracht waren. In der Zeit zwischen 28.1.1991 bis November 1991 kehrte er gemeinsam mit seinem Bruder zum Wochenende zirka zehnmal in seine Heimat nach Bosnien zurück. In der übrigen Zeit lebte er in der zuvor beschriebenen Wohnung, die er mit seinem Bruder teilte. Er wurde im Betriebe der Oberndorfer GesmbH. verpflegt und war gehalten, sich im Betriebe umzusehen und zu trachten, Kenntnisse der zugedachten Arbeiten zu erwerben. Nach Einlangen der Papiere sollte er dann im Betrieb beschäftigt werden.

Am 5. November 1991 schickte er sich auf Zureden seines Bruders und zum eigenen Selbstverständnis, ob er das auch könne, an, ein Schwein mit einer Säge zu zerlegen.

Erst im Februar 1992 erging die Verständigung, daß die Bewilligung für die Beschäftigung des Ausländers (im vierten Anlauf) erteilt wurde.

Bereits vorher, während des Aufenthaltes in Österreich hatte S D eine in Ebensee lebende Freundin mehrfach besucht und war nicht nur am Wochenende, sondern während der Betriebszeiten des Schlachthofes abwesend.

Am 5.11.1991 begab sich eine Amtsabordnung des Arbeitsamtes Kirchdorf zu Kontrollzwecken auf das Betriebsgelände des Schlachthofes, nahm den Ausländer S D in Arbeitskleidung und den Umstand wahr, daß er zu entfliehen versuchte.

Aufgrund dieser Feststellungen kommt der O.ö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, daß zu dem letzterwähnten Zeitpunkt ein Ausbildungsverhältnis vorgelegen ist, wenngleich der Ausländer einige Freiheiten genoß. Eine Bewilligung durch das zuständige Arbeitsamt lag zum Zeitpunkt der Betretung nicht vor.

Bei der Würdigung der Beweise konnte die Aussage des vernommenen Zeugen S D, welcher nunmehr in einem anderen Schlachthofbetrieb arbeitet und somit unter keinem sozialen Druck vom Beschuldigten her mehr steht, in den maßgeblichen Teilen überzeugen. Insbesondere ist damit die Verantwortung des Beschuldigten widerlegt, daß S D nur alle zwei bis drei Monate mit seinem Bruder auf ein paar Tage mit nach Österreich gekommen sei. Das kostenlose Wohnen in einem Wohnraum gemeinsam mit seinem Bruder im benachbarten Bauernhaus und die Verköstigung im Betrieb sowie das praktische Anlernen im Betrieb ist ohnedies nicht bestritten.

Der tatsächliche Erhalt eines Stundenlohnes ist nicht erwiesen.

In der Zusammenschau ergibt der Bezug von freie Kost und Station sowie der Druck zur Ausbildung im Betriebe der O GesmbH. und die vorgefundene Lebenssituation das Vorliegen eines Ausbildungsverhältnisses, welches als Beschäftigung und somit als Anknüpfungspunkt für den Anwendungsbereich des AuslBG gilt.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt. Gemäß § 28 Abs. 1 Z.1 lit.a leg.cit begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigten beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 5.000 S bis zu 60.000 S zu bestrafen.

Ist der Arbeitgeber eine juristische Person, haben gemäß § 9 Abs. 1 die zur Vertretung nach außen berufenen Personen, das ist bei einer GesmbH. der handelsrechtliche Geschäftsführer, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften einzustehen.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Der zweite Satz der erwähnten Norm scheidet bei verfassungsgemäßer Interpretation im Hinblick auf Artikel 6 MRK im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zufolge finaler Reduktion aus.

Der Rechtsmittelwerber ist der handelsrechtliche Geschäftsführer der O GesmbH., hatte in der Sache auch persönlichen Kontakt mit dem Ausländer und wäre bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit gerade durch mehrmalige Ablehnungen seines Gesuches gehalten gewesen, ob der Bewilligungspflicht des bestandenen Ausbildungsverhältnisses Klarheit zu verschaffen und erst nach rechtskräftiger Bewilligung eine Ausbildung zuzulassen. Die Nichtbeachtung dieser Sorgfalt begründet die Vorwerfbarkeit (die Fahrlässigkeit) der Tat.

Ein Volontariat lag nicht vor, zumal die Ausbildung des Ausländers für eigene Betriebszwecke unter dem Blickwinkel des späteren Volleinsatzes im Betrieb erfolgte.

Die objektive und subjektive Tatseite ist somit erwiesen.

Die Bestätigung des Schuldspruches war somit nicht rechtswidrig.

Zur Kontrolle der Strafbemessung ist unter dem Blickwinkel des § 19 VStG anzumerken, daß als Grundlage hiefür stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand maßgeblich ist, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nachdem das Verschulden des Rechtsmittelwerbers infolge einschlägiger Erfahrungen mit dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht als geringfügig zu bezeichnen war, fehlt es an einer wesentlichen Voraussetzung für den Anwendungsbereich des § 21 VStG.

Zieht man in Betracht, daß hingegen der objektive Unrechtsgehalt infolge der kurzen Anlastungszeit und auch infolge der Genehmigungsfähigkeit des Beschäftigungsantrages als relativ gering zu bezeichnen ist, der Beschuldigte sich in keinen ungünstigen finanziellen Verhältnissen befindet und die Unbescholtenheit ohnedies in Anschlag gebracht wurde, so ist unter Einbeziehung des zuvor erwähnten Schuldgehaltes mit dem Berufungsbescheid des Landeshauptmannes kein Ermessensfehler der ersten Instanz bestätigt worden.

Insoferne war auch hinsichtlich der Strafbemessung keine Rechtswidrigkeit festzustellen.

Was die behauptete Verfristung der Entscheidung des Landeshauptmannes anlangt, ist folgendes festzuhalten:

Selbst wenn man in Betracht zöge, daß § 51 Abs. 7 VStG vom Landeshauptmann anzuwenden gewesen wäre, wäre danach keine Entscheidungspflicht innerhalb von 15 Monaten ab Einbringung der Berufung gegeben gewesen, weil es sich im gegenständlichen Verfahren um ein sogenanntes Mehrparteienverfahren handelt und das Landesarbeitsamt gegen den erstinstanzlichen Bescheid ein Berufungsrecht hatte. Diese Norm ist aber vom Landeshauptmann nicht anzuwenden, weil sie unter dem fünften Abschnitt des VStG "Rechtschutz durch unabhängige Verwaltungssenate" steht.

Mit dem im gegenständlichen Fall in Verknüpfung stehendem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1992, G 103/92 ua hat der Verfassungsgerichtshof § 51 Abs. 1 VStG aufgehoben.

Aus dem weiteren Spruch des Verfassungsgerichtshofes kann nicht abgeleitet werden, daß der seinerzeitige § 51 Abs. 5 VStG für die Anlaßfälle und Quasi-Anlaßfälle wieder in Geltung gesetzt wurde. (Selbst dann wäre dem Landeshauptmann von Oberösterreich kein Fehler unterlaufen, weil ein Fristenlauf im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes während des Laufes eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichthof oder dem Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht kommt.) Der Landeshauptmann war bei seiner Entscheidung mangels sonstiger positiv rechtlicher Bestimmungen in Wahrheit an keine Verfristensbestimmung gebunden, sondern hatte nur den Rahmen des § 31 Abs. 3 VStG (sogenannte absolute Verjährung) zu beachten. Nachdem seit der Tat bis zum Berufungsbescheid des Landeshauptmannes nicht mehr als drei Jahre verstrichen sind, war der Rechtsmittelwerber durch den Spruch des Landeshauptmannes auch diesbzeüglich nicht beschwert.

Die Verpflichtung dem erfolglosen Berufungswerber im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Geldstrafe aufzuerlegen, ergibt sich aus § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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