Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250287/17/Lg/Bk

Linz, 16.11.1994

VwSen-250287/17/Lg/Bk Linz, am 16. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 12.

Oktober 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des E E, P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H B, M gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 30. Dezember 1993, Zl. SV96/15/1993-12/93/Schf, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr.

218/1975 idgF, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird dem Grunde nach nicht stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dahingehend korrigiert wird, daß an die Stelle der Worte "von November 1992 bis Mai 1993" die Worte "an zwei Tagen zwischen (ausschließlich) dem 30. Oktober und (ausschließlich) dem 25. November 1992" zu treten haben sowie ferner mit der Maßgabe, daß die Geldstrafe auf 2.500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag herabgesetzt wird.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt. Der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde wird auf 250 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 28 Abs. 1 lit.a iVm § 3 Abs.1 AuslBG; § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 und 20 VStG.

Zu II.: § 65 iVm § 64 Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe den türkischen Staatsangehörigen H G von November 1992 bis Mai 1993 in Reuterleiten 15 mit diversen Gelegenheitsarbeiten (Grabungen etc) beschäftigt, obwohl für diesen Ausländer keine Beschäftigungsbewilligung (Arbeitserlaubnis, Befreiungsschein) ausgestellt worden sei. Die Entlohnung der geleisteten Arbeiten sei durch kostenlose Bereitstellung von Kost und Logis sowie durch einen Stundenlohn von ca 40 S bis 50 S erfolgt. Der Beschuldigte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 AuslBG begangen und sei gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG zu bestrafen gewesen.

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf eine vom Gendarmeriebeamten K K am 28. Juni 1993 mit dem betreffenden Ausländer im Zusammenhang mit einem Einbruchsdiebstahl vorgenommene Einvernahme bzw Niederschrift sowie auf eine Befragung des betreffenden Beamten durch die belangte Behörde, ob der betreffende Ausländer damals der deutschen Sprache für die Aufnahme einer Niederschrift ohne Dolmetsch ausreichend in der Lage gewesen sei. Ferner verweist die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses auf eine Aussage der Gattin des Berufungswerbers vor dem Gendarmerieposten Puchenau, wonach der Türke bei Hausarbeiten behilflich gewesen sei.

Ferner verweist die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses auf eine Stellungnahme des Berufungswerbers, wonach dieser selbst behauptete, den betreffenden Ausländer an zwei Tagen vor dem 25. November 1992 beschäftigt zu haben, nachher aber allenfalls einzelne Tätigkeiten des Ausländers freiwillig und nicht entlohnt erbracht wurden und die Unterkunft sowie die Versorgung mit Nahrungsmitteln aus sozialen Gründen erfolgt sei und mit den allfälligen Tätigkeiten des betreffenden Ausländers nicht in einem Entgeltzusammenhang gestanden seien.

2. Das Arbeitsmarktservice (Landesgeschäftsstelle Oberösterreich) führte in seiner Stellungnahme aus, daß jedenfalls eine Beschäftigung an zwei Tagen vor dem 25.

November 1992 als erwiesen zu erachten sei und nahm im übrigen zum Beschäftigungsbegriff des AuslBG dahingehend Stellung, daß auch eine Naturalentlohnung als Entgelt anzusehen sei.

3. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurden der Berufungswerber und dessen Tochter (M E) einvernommen. Die in der Berufung als Entlastungszeugin nominierte und zur Verhandlung erschienene Gattin des Berufungswerbers (V E) konnte weder zur Sache noch über ihre Zeugnisverweigerung vernommen werden, da der nach Aussage des Gatten der Zeugin erforderliche Dolmetsch für die spezielle Sprache des Heimatlandes der Zeugin (philippinischer Dialekt) nicht zur Verfügung stand und der vom unabhängigen Verwaltungssenat bereitgestellte Dolmetsch für Englisch nicht ausreichend gewesen wäre. Der Berufungswerber und sein Vertreter verzichteten auf die Einvernahme dieser Zeugin, der Vertreter des Arbeitsmarktservice nahm dies ohne Einwendungen zur Kenntnis. Der unabhängige Verwaltungssenat sah von einer Vertagung zum Zweck der Einholung einer formellen Zeugnisverweigerungserklärung unter Beiziehung eines nur unter Schwierigkeiten zu besorgenden Dolmetschs ab.

Einvernommen wurde ferner BI K vom Gendarmerieposten Puchenau, welcher die Niederschrift mit dem betreffenden Ausländer aufgenommen hatte.

4. Der Berufungswerber selbst brachte vor, er sei beim Arbeitsamt gewesen, um für eine kleinere Grabungsarbeit Gelegenheitsarbeiter zu suchen. Eine seinem Eindruck nach Bedienstete des Arbeitsamtes habe gesagt: "Da draußen im Windfang stehen ohnehin welche". Daraufhin habe er sich dorthin begeben und den Anwesenden gesagt, daß er jemand für die genannte Arbeit benötige. Daraufhin habe ihm ein Österreicher gesagt: "Das machen wir beide". Da die zweite Person ein Ausländer war, habe ihn der Berufungswerber gefragt, ob er die entsprechenden Papiere habe, was der betreffende Ausländer bejaht habe, was dem Berufungswerber glaubwürdig erschien, weil er annahm, daß sich nicht jemand ohne die entsprechenden Papiere beim Arbeitsamt um Arbeit anstellt. Diese beiden Personen hätten zwei Tage lang Grabungsarbeiten durchgeführt. Da dem Berufungswerber Zweifel an der Wahrheit der Aussage des Ausländers kamen, habe er ihn gebeten, seine Papiere vorzuweisen. Da dieser keine Papiere vorweisen konnte, welche auf eine Erlaubnis zur Beschäftigung eines Ausländers hinwiesen, habe er dem Ausländer sofort jede weitere Arbeit verboten. Dies sei am zweiten Tag des Arbeitseinsatzes des Ausländers gewesen.

Hinsichtlich des genaueren Datums der beiden Tage sagte der Berufungswerber, daß dies vor dem 20. November 1992 gewesen sein mußte, allenfalls um den 20. November 1992 herum. Der Berufungswerber behauptete jedoch nicht, daß diese beiden Tage vor dem November 1992 lagen.

Die Zeit bis zum Mai 1993 stellte der Berufungswerber wie folgt dar: Er habe dem Ausländer auf dessen dringendes Bitten und dessen äußerst schlechte soziale Situation hin Quartier und Nahrungsmittel zur Verfügung gestellt. Sehr vereinzelt habe er den Ausländer dabei ertappt, wie dieser sich aus Gründen der Dankbarkeit bemüßigt fühlte, manuelle Tätigkeiten im Garten des Berufungswerbers zu verrichten, wenn er den Berufungswerber besuchte, weil er zum Essen eingeladen war. Er habe diese Tätigkeiten jedoch sofort unterbunden. Daß der Ausländer keine wesentlichen Arbeiten am Haus und Grabungsarbeiten im Garten durchführen habe können, suchte der Berufungswerber durch Bilddokumentation zu belegen.

Die niederschriftlichen Feststellungen der angeblichen Aussagen des betreffenden Ausländers und der Gattin des Berufungswerbers seien inhaltlich falsch. Auch der betreffende Ausländer habe über keine ausreichenden Sprachkenntnisse verfügt, um für eine solche Niederschrift tragfähige Aussagen zu machen.

Die mangelnden Sprachkenntnisse des betreffenden Ausländers wurden durch die Tochter des Berufungswerbers und den anwesenden Rechtsvertreter des Berufungswerbers, der den Ausländer aus eigener Anschauung kannte, bestätigt. Der einvernommene Gendarmeriebeamte vertrat jedoch die Aufassung, daß die Sprachkenntnisse für die Erstellung einer Niederschrift ausreichend gewesen seien.

Die Tochter des Berufungswerbers brachte außerdem ein Beispiel dafür vor, wie der betreffende Ausländer auch ihr einmal eigeninitiativ behilflich sein wollte und weiters ein Beispiel dafür, daß ihr Vater (der Berufungswerber) den Ausländer nicht arbeiten habe lassen: Auf ihre Frage, ob ihr, weil sie grippebedingt vorgeschriebene Schneeräumarbeiten nicht selbst vornehmen konnte, der Ausländer helfen könne, habe ihr Vater gesagt, daß dies nicht möglich sei, weil der Ausländer über keine entsprechende Erlaubnis verfüge.

Der Berufungswerber verwies außerdem darauf, daß die Verwendung des Wortes "Gelegenheitsarbeiten" seinerseits bei seiner Einvernahme durch die Gendarmerie in ganz anderem Zusammenhang erfolgt sei (nämlich im Rahmen einer Einvernahme zum Diebstahl einer Waffe durch den verdächtigten Ausländer) und der die Niederschrift aufnehmende Gendarmeriebeamte seinen Versuch, das mit dem Begriff "Gelegenheitsarbeit" Gemeinte sofort näher zu präzisieren, mit dem Hinweis darauf, daß dies nicht Gegenstand der Einvernahme sei, unterbunden habe. Auch der einvernommene Gendarmeriebeamte erklärte, daß er sich bei der Aufnahme der Niederschrift auf die Aufklärung des Einbruchs konzentriert hatte.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat würdigte diese Beweise wie folgt:

Der betroffene Ausländer konnte vor dem unabhängigen Verwaltungssenat wegen unbekannten Aufenthalts nicht vernommen werden. Er hatte seine Aussage nicht vor einer Behörde, sondern vor Exekutivorganen gemacht und stand dabei nicht unter gerichtsstrafrechtlich sanktionierter Wahrheitspflicht (§ 289 StGB), was umso mehr ins Gewicht fällt, als es plausibel erscheint, daß der Ausländer, eines Einbruchsdiebstahls verdächtigt, Interesse hatte, einen geordneten Lebenswandel und somit eine regelmäßige Einkunftsquelle glaubhaft zu machen. Überdies blieb nach den im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffenen Aussagen zweifelhaft, ob der Ausländer bei seiner Einvernahme durch die Gendarmerie über ausreichende Sprachkenntnisse verfügte, um die an ihn gestellten Fragen irrtumsfrei zu verstehen und zu beantworten. Die Niederschrift der Aussage des Ausländers wies außerdem in einzelnen Punkten Widersprüche auf. Bei der gegebenen Situation war es dem unabhängigen Verwaltungssenat naturgemäß nicht möglich, sich durch persönlichen Eindruck und nähere Befragung von der Glaubwürdigkeit der Aussagen des Ausländers zu überzeugen. Auch dem Beschuldigten war die Verteidigungsmöglichkeit der Befragung des Ausländers verwehrt. Aus all diesen Gründen bestehen starke Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Aussagen dieses Zeugen.

Der vernommene Gendarmeriebeamte war lediglich Zeuge der Aussage eines weiteren Zeugen, deren Richtigkeit in Form der Niederschrift aus den besagten Gründen stark in Zweifel steht.

Wenn in der - unter Mitwirkung einer bei der Verständigung behilflichen, nicht näher bezeichneten Person zustandegekommenen - Niederschrift der Anzeige (!) des Einbruchsdiebstahls (!) durch die Gattin des Berufungswerbers beim Gendarmerieposten Puchenau festgehalten ist, daß die Gattin des Berufungswerbers einen Türken verdächtigte und sie bei dieser Gelegenheit (wohl um den Tatverdacht zu bekräftigen) die Bemerkung fallen ließ, daß dieser bei Arbeiten im Haus behilflich gewesen sein soll, so erscheint diese - unter den Beweiswert stark mindernden Umständen zustandegekommene Bemerkung als viel zu vage, um einen hinreichend präzisen Tatverdacht auch nur einigermaßen untermauern zu können.

Demgegenüber wirkten die Aussagen des Berufungwerbers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wegen ihrer Schlüssigkeit, einer lebensnahen Darstellung der humanitären Motive der Versorgung des Ausländers durch den Berufungswerber und des freiwilligen Eingeständnisses einer kurzfristigen Beschäftigung glaubwürdig und wurden außerdem durch die Aussagen einer weiteren Zeugin bestätigt.

Hinsichtlich des nach der eingestandenen Beschäftigung in einem Umfang von zwei Tagen liegenden Zeitraumes konnte der unabhängige Verwaltungssenat trotz Aufnahme sämtlicher zur Verfügung stehender Beweise und nach eingehender Beweiswürdigung nicht mit aller Zweifel ausschließender Sicherheit die Überzeugung gewinnen, daß die Angaben des Berufungswerbers nicht der Wahrheit entsprachen.

Hinsichtlich der zweitägigen Beschäftigung des Ausländers lag ein Geständnis des Berufungswerbers vor. Da der Berufungswerber nicht bestritt, daß diese beiden Tage im November 1992 lagen (letzteres wird auch durch das vom Berufungswerber angegebene Motiv der Heranziehung von Arbeitskräften, nämlich die eigene Beschäftigung des Berufungswerbers mit der Aufstellung eines Marktstandes auf dem Linzer Christkindlmarkt sowie im Hinblick auf die Aussage des Berufungswerbers, daß diese Beschäftigung "allenfalls um den 20. November 1992 erfolgte", wahrscheinlich), ging der unabhängige Verwaltungssenat davon aus, daß die beiden Beschäftigungstage innerhalb des von der belangten Behörde vorgeworfenen Tatzeitraums lagen.

Der unabhängige Verwaltungssenat nahm daher eine Beschäftigung des betreffenden Ausländers an zwei Tagen zwischen dem 30. Oktober und dem 25. November 1992 (diese beiden Tage nicht mitgerechnet) als erwiesen an.

6. Der Berufungswerber hat daher den Tatbestand des § 28 Abs.1 Z1 lit.a iVm § 3 Abs.1 AuslBG erfüllt.

7. Bei der Bemessung der Strafe war zu berücksichtigen, daß der Tatvorwurf ausschließlich auf ein Geständnis des Berufungswerbers gestützt werden konnte, ferner, daß eine anfängliche Sorgfaltswidrigkeit des Berufungswerbers auf ein Mißverständnis des Verhaltens einer Bediensteten des Arbeitsamtes und des Ausländers selbst zurückzuführen war, ferner, daß der Berufungswerber bereits am zweiten Tag der Arbeit von sich selbst aus die Prüfung der Arbeitsberechtigung des Ausländers vornahm und, nachdem er merkte, daß die Beschäftigung des Ausländers nicht zu Recht erfolgte, den Ausländer die Arbeit sofort einstellen ließ und daß der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt unbescholten war. Daraus ergab sich, daß eine Reihe von mildernden Umständen vorlag und diesen kein Erschwerungsgrund gegenüberstand. Aus diesen Gründen war unter Anwendung des § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte zu unterschreiten. In Anbetracht der vorliegenden Minderungsgründe war außerdem davon auszugehen, daß die Verhängung der unter Anwendung des § 20 VStG gegebenen Mindeststrafe ein dem Schuld- und dem Unrechtsgehalt der Tat angemessenes Strafausmaß darstellt.

Einer Anwendung des § 21 Abs.1 VStG konnte der unabhängige Verwaltungssenat jedoch nicht näher treten, da die Beschäftigung eines ausländischen Arbeitnehmers in einem Zeitraum von zwei Tagen nicht hinter dem deliktstypischen Unrechtsgehalt zurückbleibt, sodaß von unbedeutenden Folgen der Übertretung eines Ungehorsamsdelikts nicht gesprochen werden kann.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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