Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250318/5/Kon/Fb

Linz, 11.10.1995

VwSen-250318/5/Kon/Fb Linz, am 11. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Mag. J W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 3.6.1994, SV96/20/1993, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruchs keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

II. Hinsichtlich des Strafausspruches wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 60 Stunden herabgesetzt wird.

Rechtsgrundlage:

zu I. und II.: § 66. Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Sie haben vom Juli 1993 bis 5.11.1993 die tschechische Staatsbürgerin M L in Ihrem Haus in N, als Hausmädchen beschäftigt, obwohl für die Ausländerin weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch ein Befreiungsschein bzw. eine Arbeitserlaubnis ausgestellt worden sind.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Ziff. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975, i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling: 5.000,-falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von:

5 Tagen gemäß §: 28 Abs. 1 Ziff. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975, i.d.g.F.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

500,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 5.500,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)." Begründend führt die belangte Behörde aus, daß der der Tat zugrundeliegende Sachverhalt aufgrund der Erhebungen des Gendarmeriepostenkommandos Kefermarkt vom 16.11.1993 sowie der dort von der Ausländerin getätigten Angaben, festgehalten in der Niederschrift des GPK vom 5.11.1993, als erwiesen anzusehen seien. Aufgrund der angegebenen Tätigkeiten der Ausländerin sei von einem Au-pair-Verhältnis auszugehen, welches einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG bedürfe. Da den schriftlichen Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten weder ein schuld- noch strafausschließendes Verhalten hätte beigemessen werden können, sei bei der gegebenen Sach- und Rechtslage ein Schuldspruch zu fällen gewesen. In bezug auf die Strafbemessung hält die Erstbehörde fest, daß als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten zu werten gewesen sei, andererseits aber als straferschwerend der Umstand, daß die Ausländerin nicht zur Sozialversicherung angemeldet worden sei. Es sei daher die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen gewesen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen vorgebracht:

1. Die Erstbehörde sei nicht auf die Argumente in der Stellungnahme vom 22.4.1994 eingegangen, sondern habe sich auf das Vorliegen eines Au-pair-Verhältnisses versteift. Dessen wesentliche Merkmale seien jedoch die ununterbrochene Aufnahme des Au-pair-Mädchens in eine Familie für die Dauer von zumindest einem Jahr. Die Ausländerin M L habe in ihrer Niederschrift vom 5.11.1993 wahrheitsgemäß angegeben, daß sie alle paar Tage wieder nachhause nach Tschechien gefahren sei. Im Zeitraum von Juli 1993 bis November 1993 habe sie insgesamt 60 Nächte in Österreich verbracht. Dies bedeute eine 40%ige Anwesenheit bei der Familie des Berufungswerbers. Hier von einem Au-pair-Verhältnis zu sprechen, sei unzutreffend.

2. Der tatsächliche Grund für den Aufenthalt der Ausländerin sei die Möglichkeit gewesen, dem Sohn des Einschreiters die tschechische Sprache in spielerischer Weise zu lernen. Die Ausländerin hingegen hätte ihre Deutschkenntnisse dabei vertiefen können. Wenn eine 19jährige Frau, diese Möglichkeit wahrnehme und ohne etwas zu bezahlen, bei einer Familie wohnen könne und Verpflegung erhalte, dann sei es natürlich, wenn sie die Hausfrau bei ihrer Tätigkeit etwas unterstütze. Darin könne aber ein Arbeitsverhältnis nicht erblickt werden.

3. Jedenfalls sei es selbst nach den strengen Maßstäben des Verwaltungsgerichtshofes nicht einsichtig, daß ein Arbeitsverhältnis vorliege, wenn ein Gast bei der Hausfrauentätigkeit der Gastgeberin helfend eingreife.

Genau dies sei nämlich geschehen. Besuche von Bekannten, die im Grenzbereich auch häufiger vorkämen, unterlägen nicht der Anwendbarkeit des AuslBG.

Der objektive Tatbestand eines Verstoßes gegen das AuslBG liege nicht vor. Selbst wenn man aber der Ansicht des Landesarbeitsamtes folgte, daß ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vorliege, so könne es sich nur um einen juristischen Grenzfall handeln. Der Berufungswerber hat an einen Verstoß gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz durch die Besuche seiner Bekannten, M L, begreiflicherweise nicht im entferntesten gedacht. Er habe sich daher jedenfalls in einem tatbestands- und schuldausschließenden Irrtum befunden. Dies könne ihm selbst dann nicht zum Vorwurf gereichen, wenn die Berufungsbehörde der Ansicht sein sollte, daß ein Verstoß gegen das AuslBG objektiv vorläge.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen, so beispielsweise vom 1.3.1989, 88/09/0161, wie vom 21.10.1993, 93/09/0144, Au-pair-Kräfte dahingehend definiert, als darunter junge Ausländer, die für einen gewissen Zeitraum gegen Kost und Quartier und allenfalls ein regelmäßiges Taschengeld im Haushalt beschäftigt werden, zu verstehen seien. Wie der Verwaltungsgerichtshof hiezu gleichzeitig festhält, handelt es sich bei der Verwendung einer Au-pair-Kraft um ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis iSd § 2 Abs.2 lit.b AuslBG und damit um eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG. Eine solche Beschäftigung bedarf auf Seite des Beschäftigers einer Beschäftigungsbewilligung iSd § 3 Abs.1 AuslBG.

Eine ununterbrochene Mindestaufnahme eines Au-pair-Mädchens in der Dauer eines Jahres ist nach der wiedergegebenen VwGH-Definition eines Au-pair-Mädchens nicht zu entnehmen und fehlt nach Ansicht der Berufungsbehörde der diesbezüglichen Ansicht des Beschuldigten auch die sachliche Begründung.

Der Umstand, daß die Ausländerin M L innerhalb des Tatzeitraumes lediglich 60 Nächte in Österreich verbracht hat, steht der Annahme einer Au-pair-Tätigkeit im Haushalt des Beschuldigten und in weiterer Folge dem Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses nicht entgegen. Dies insbesondere deshalb, weil die Entlohnung einer Au-pair-Tätigkeit im wesentlichen in der unentgeltlichen Gewährung von Unterkunft und Verpflegung besteht und weiters weil im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses der Beschäftigte auch über ein höheres Maß an Dispositionsmöglichkeiten in bezug auf seine Arbeitszeit verfügt.

Den Angaben der Ausländerin in der Niederschrift des GPK vom 5.11.1993 zufolge, kann auch nicht von einem Aufenthalt der Ausländerin auf bloß freundschaftlich-gesellschaftlicher Basis ausgegangen werden. So gab M L bei ihrer Vernehmung am GPK an, nur Gelegenheitsarbeit verrichtet zu haben, wofür sie kein Geld bekommen habe. Sie hätte aber gratis wohnen dürfen und auch Verpflegung bekommen. Sie sei der Meinung gewesen, daß sie in Österreich arbeiten dürfe, wenn sie dafür kein Geld bekomme. Sie hätte außerdem nur Gelegenheitsarbeiten durchgeführt. Von einer Vertiefung ihrer Deutschkenntnisse durch den Aufenthalt beim Beschuldigten und daß sie den Sohn des Beschuldigten in spielerischer Weise die tschechische Sprache beigebracht hätte, ist ihren Angaben in der Niederschrift nach nicht die Rede.

Aufgrund dieses Umstandes ist das Vorliegen der objektiven Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als gegeben zu erachten.

In bezug auf das Vorliegen der subjektiven Tatseite ist den sinngemäß auf § 5 Abs.2 VStG gestützten Ausführungen des Berufungswerbers entgegenzuhalten, daß aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung bekannt ist, daß die Beschäftigung eines Ausländers grundsätzlich einer verwaltungsbehördlichen Bewilligung bedarf. Dem Beschuldigten hätten im verfahrens gegenständlichen Fall zumindest Zweifel kommen müssen, ob die Heranziehung der Ausländerin zu Haushaltsarbeiten auch dann, wenn das Entgelt nur in der kostenlosen Gewährung von Unterkunft und Verpflegung besteht, nicht einer Bewilligungspflicht unterliegt. In der Unterlassung von Erkundigungen bei der zuständigen Bewilligungsbehörde (Arbeitsmarktservice und/oder bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person oder Stelle) liegt zumindest ein fahrlässiges Verhalten vor, das die Anwendung des § 5 Abs.2 VStG im vorliegenden Fall ausschließt (siehe hiezu VwGH 30.8.1991, 91/09/0022). Da sohin auch die subjektive Tatseite sich als gegeben erweist, ist der erstbehördliche Schuldspruch zu Recht erfolgt.

Da über den Beschuldigten bloß die nicht unterschreitbare gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde, erübrigt sich ein näheres Eingehen auf die Bestimmungen des § 19 VStG im Zusammenhang mit der Strafbemessung. Anhaltspunkte dafür, daß die verhängte Geldstrafe dem Beschuldigten wirtschaftlich nicht zumutbar ist und seinen Unterhalt gefährdet, liegen nicht vor. Dessen ungeachtet sah sich die Berufungsbehörde veranlaßt, die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 5 Tagen auf das im Spruch festgesetzte Ausmaß herabzusetzen. Die Herabsetzung erfolgte insbesondere in Anbetracht des Umstandes, daß selbst bei voller Ausschöpfung aller in § 28 Abs.1 AuslBG normierten Strafrahmen die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 Abs.2 VStG zwei Wochen nicht übersteigen darf. Bei Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe in der Höhe von 5.000 S erweist sich sohin eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 5 Tagen als überhöht.

Da sich mit der Herabsetzung der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe ein teilweises Stattgeben der Berufung verbindet, waren gemäß § 65 VStG keine Kosten für das Berufungsverfahren vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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