Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250337/12/Kei/Shn

Linz, 30.11.1995

VwSen-250337/12/Kei/Shn Linz, am 30. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des K S, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. P W, K, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 3. August 1994, Zl.SV-96/92-1993-E/Gus, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7. November 1995 und mündlicher Verkündung der Entscheidung am 10. November 1995, zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1 und § 51e VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tagen) verhängt, weil er "als verantwortlicher Beauftragter der Firma E, L, W, in diesem Betrieb in der Zeit von 13.9. bis 4.10.1993 den ausländischen Staatsangehörigen M E, geb. ..., beschäftigt" habe, "ohne daß für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, ein Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis ausgestellt" worden sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 9 VStG iVm § 3 Abs.1 und § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begangen, weshalb er gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 11. August 1994 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die am 24. August 1994 der Post zur Beförderung übergeben und fristgerecht erhoben wurde.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Zl.SV-96/92-1993-E/Gus vom 1. September 1994 und in das Firmenbuch beim Landes- als Handelsgericht Linz, Einsicht genommen und am 7. November 1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG durchgeführt.

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

In der Zeit vom 13. September 1993 bis 4. Oktober 1993 war Geschäftsführer der Firma E H Gesellschaft m.b.H., W, A B.

Der Berufungswerber war in dieser Zeit in der angeführten Firma beschäftigt. Am 26. Jänner 1990 wurde eine Urkunde, deren Inhalt nachstehend lautet, von A B und dem Berufungswerber unterfertigt:

"Ich, A B, bestelle in meiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Firma E H GesmbH, Herrn K S, technischer Produktionsleiter/Personalreferent zum verantwortlichen Beauftragten für die Belange des Lebensmittelrechts in Bezug auf alle Eigenerzeugnisse sowie im Zusammenhang mit der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen.

Herr K S ist befugt, für den oben angeführten Bereich die entsprechenden Anordnungen zu treffen.

Für jedes Kalenderjahr ohne Beanstandungen erhält Herr K S eine Prämie von ÖS 5.000,-- brutto.

Ich, K S, stimme der obigen Bestellung hiermit zu." In der oa Zeit war in der Firma E H Gesellschaft m.b.H. die türkische Staatsangehörige und Ausländerin M E beschäftigt. Eine Beschäftigungs bewilligung war am 23. August 1993 beim Arbeitsamt Linz beantragt worden. Die Bewilligung wurde mit Bescheid des Arbeitsamtes Linz vom 30. August 1993 erteilt, jedoch für die Zeit von 4. Oktober 1993 bis 28. Februar 1994. Mit Schreiben vom 13. September 1993 wurde durch die Firma E H Gesellschaft m.b.H. dem Arbeitsamt Linz gemeldet, daß M E am 13. September 1993 die Beschäftigung aufgenommen hat. Mit Schreiben vom selben Tag wurde die Ausländerin bei der Sozialversicherung angemeldet.

In bezug auf die Zeit vom 13. September 1993 bis 4. Oktober 1993 und die Tätigkeit der Ausländerin ist weder eine Beschäftigungsbewilligung noch ein Befreiungsschein noch eine Arbeitserlaubnis vorgelegen.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 28 Abs.1 AuslBG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer (Z1 lit.a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde. Der Täter ist bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 5.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 10.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 10.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 240.000 S, zu bestrafen.

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Gemäß § 9 Abs.4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person im Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

4.2. Im Hinblick auf eine Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (siehe den in Punkt 3 angeführten Sachverhalt) ist in Entsprechung der Bestimmung des § 9 Abs.1 VStG der zur Vertretung der Firma E H Gesellschaft m.b.H. nach außen berufene, das ist nach § 18 GmbH-Gesetz der Geschäftsführer - im gegenständlichen Zusammenhang A B - verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Eine Delegation der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit an den Berufungswerber ist nur für den Bereich des Lebensmittelrechtes und der Arbeitnehmerschutzbestimmungen erfolgt und nicht für den Bereich des Ausländerbeschäftigungsrechtes. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der in Punkt 3 angeführten Bestellungsurkunde. Von der Systematik der Rechtsordnung her handelt es sich bei den Arbeitnehmerschutzbestimmungen und beim Ausländerbeschäftigungsgesetz um zwei unterschiedliche Regelungsbereiche.

Es wird auch auf die nachstehend angeführten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 23. Februar 1993, Zl.92/11/0258, hingewiesen: "Gemäß § 9 Abs.4 VStG kann ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs.3 nur eine Person sein, der ua für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Daraus ist zu schließen, daß der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, 'klar abzugrenzen' ist.

Erfolgt eine solche klare Abgrenzung nicht, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vor.

Die Verwaltungsstrafbehörden sollen nicht in die Lage versetzt werden, Ermittlungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht, insbesondere über die Größe, Lage und Verwendung der einzelnen Betriebsräume, anstellen zu müssen. Sie sollen auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung (ihren Nachweis) einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen, um zu klären, welcher Inhalt einer diesbezüglich nicht eindeutigen Erklärung beizumessen ist." Nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund dieser zitierten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes erfolgte die Ablehnung des durch den Berufungswerber in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem O.ö. Verwaltungssenat gestellten Beweisantrages - "nämlich die Einvernahme des A B, (Firmenadresse) zum Beweis dessen, daß für die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht Herr S zuständig" gewesen sei "und in dieser Hinsicht auch die Bestellungsurkunde zu verstehen" gewesen sei.

Zur Tatsache, daß die belangte Behörde die Frau M E im angefochtenen Straferkenntnis als "den ausländischen Staatsangehörigen" anstatt "die ausländische Staatsangehörige" bezeichnet hat, wird bemerkt, daß es nicht geboten war, sich mit der damit verbundenen rechtlichen Problematik - insbesondere vor dem Hintergrund der Bestimmungen der §§ 31 und 44a Z1 VStG und 62 Abs.4 AVG iVm 24 VStG auseinanderzusetzen, weil bereits aus den angeführten Gründen spruchgemäß zu entscheiden war.

4.3. Aus den angeführten Gründen war der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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