Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250340/2/Kon/Fb

Linz, 08.09.1994

VwSen-250340/2/Kon/Fb Linz, am 8. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Dipl.-Ing. E H, vertreten durch Rechtsanwalt DDr. H M, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde vom 9.9.1993, GZ: 101-6/3, betreffend die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 71 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

Entscheidungsgründe:

Der Berufungswerber hat mit Schriftsatz vom 6.4.1993 bei der Erstbehörde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Versäumung der Berufungsfrist gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15.2.1993, GZ: 101-6/3, beantragt. Unter einem mit diesem Wiedereinsetzungsantrag wurde die Berufung gegen das zitierte Straferkenntnis eingebracht.

Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages brachte der Berufungswerber gegenüber der Erstbehörde vor, das in Rede stehende Straferkenntnis mit einem Beiblatt versehen zu haben und in der Absicht, Berufung zu erheben, darauf einen Terminvormerk betreffend die Wiedervorlage angebracht zu haben. Dieser Terminvormerk sei für sein Sekretariat bestimmt gewesen.

Aus einem nicht mehr nachvollziehbaren Versehen sei jedoch das Straferkenntnis samt dem erwähnten Beiblatt, auf dem der Wiedervorlagetermin angebracht war, in ein auf seinem Schreibtisch befindliches Aktenkonvolut geraten. Am 30.3.1993 habe er zu seiner Bestürzung das mit dem Beiblatt versehene Straferkenntnis in diesem Aktenkonvolut vorgefunden und mußte dabei feststellen, daß die Berufungsfrist abgelaufen sei. Dies stelle ein unvorhersehbares Ereignis dar, wenngleich es in seiner langjährigen Berufstätigkeit noch nie vorgekommen sei, und er, wie auch sein Sekretariat gerade in Fristsachen überdurchschnittlich gewissenhaft seien. Er sei bislang noch nie gezwungen gewesen, einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Im gegenständlichen Fall handle es sich um einen minderen Grad des Versehens und keinesfalls um auffallende Sorglosigkeit.

Mit dem Bescheid vom 9.9.1993, GZ: 101-6/3, hat die Erstbehörde diesen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen und ihre Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß a) es dem Wiedereinsetzungswerber nicht gelungen sei, das Vorliegen eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses glaubhaft zu machen, und b) daß kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vorgelegen sei.

Hinsichtlich des unter a) angeführten Abweisungsgrundes (mangelnde Glaubhaftmachung) führt die Erstbehörde aus, daß die diesbezüglichen Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers in keiner Weise substantiiert seien. Durch die Vorlage des obzitierten Beiblattes sowie durch Namhaftmachung von Zeugen aus seinem Sekretariat wäre dies ein leichtes gewesen, zumal die Glaubhaftigkeit des unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses lediglich bezwecke, die Richtigkeit einer Tatsache bloß wahrscheinlich zu machen.

Bezüglich des unter b) angeführten Abweisungsgrundes (Nichtvorliegen eines unabwendbaren Ereignisses) führt die Erstbehörde an, daß am 30.3.1993 entgegen der Behauptung des Wiedereinsetzungswerbers die Rechtsmittelfrist noch nicht abgelaufen sei. Der Wiedereinsetzungswerber hätte sohin noch genügend Zeit gehabt, um die Berufung fristgerecht einzubringen, habe diese jedoch ungenützt verstreichen lassen.

Das von ihm behauptete unabwendbare Ereignis sei sohin zu diesem Zeitpunkt (30.3.) nicht mehr vorgelegen. Diesbezüglich seien auch vom Antragsteller keine Ausführungen getätigt worden und es sei nicht Sache der Behörde, tatsächliche, einen Wiedereinsetzungsgrund bildende Umstände, zu erheben. Die Erstbehörde stellte ihren Ausführungen generell voran, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der im Verwaltungsstrafverfahren herrschende Grundsatz der amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit einem Wiedereinsetzungswerber von der Pflicht, alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen, nicht entbinde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Berufung, zu deren Begründung im wesentlichen vorgebracht wird:

1. Es sei nicht richtig, daß der Wiedereinsetzungsantrag unsubstantiiert wäre. Er habe nach seinem Wissensstand vom 6.4.1993 ausgeführt, daß er am 30.3.1993 das Straferkenntnis samt dem Beiblatt mit dem darauf angebrachten Terminvormerk in einem Aktenkonvolut auf seinem Schreibtisch vorgefunden habe. Er habe auch darauf verwiesen, daß er nicht nachvollziehen könne, aus welchen Gründen das Straferkenntnis samt Beiblatt in dieses Aktenkonvolut gelangt sei. Er habe die im Wiedereinsetzungsantrag dargelegten Behauptungen durchaus glaubhaft gemacht und sich auch bereit erklärt, allenfalls an Eides Statt die zur Glaubhaftmachung von ihm persönlich unterfertigte Eingabe zu bekräftigen. Die Namhaftmachung einer Zeugin aus dem Sekretariat hätte keinerlei Beitrag zur Glaubhaftmachung gemacht, da er eben, wie wahrheitsgemäß angegeben, nicht nachvollziehen könne, aus welchen Gründen das Straferkenntnis in dem vorerwähnten Aktenkonvolut in Verstoß geraten sei. Da dies auch seine Sekretärin habe wissen können, hätte diese auch nichts zur Glaubhaftmachung beitragen können. Auch das Beiblatt selbst hätte zur Glaubhaftmachung nichts beigetragen, da darauf lediglich der Terminvormerk betreffend die Wiedervorlage des Aktes angeordnet gewesen sei. Es sei auch anhand dieses Beiblattes nicht erklärbar, aus welchen Gründen das Straferkenntnis sich im abgelegten Aktenkonvolut befunden habe. Es sei auch nicht behauptet worden, daß seine Sekretärin das Straferkenntnis samt Beiblatt erhalten habe, bzw, daß sie aufgrund des Beiblattes einen Terminvormerk gesetzt hätte. Es sei auch nicht behauptet worden, die Sekretärin sei die Ursache dafür, daß das Straferkenntnis samt Beiblatt in das erwähnte Aktenkonvolut geraten sei.

Hiezu wird vom unabhängigen Verwaltungssenat angemerkt, daß der den Wiedereinsetzungsantrag aufweisende Bescheid der Erstbehörde tatsächlich eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung enthält. Dies ist aber im gegenständlichen Fall bedeutungslos; das vom Berufungswerber angefochtene Straferkenntnis enthält eine richtige und unmißverständliche Rechtsmittelbelehrung.

Es stelle aber sehrwohl ein unvorhersehbares Ereignis dar, wenn ein bloß aus drei Blättern bestehendes Schriftstück samt Beiblatt in ein Aktenkonvolut gerate. Es könne dabei als amtsbekannt vorausgesetzt werden, daß er als Geschäftsführer eines umfangreichen Unternehmens täglich mit zahlreichen Schriftstücken, Akten, Angeboten, Plänen udgl, die sich auf seinem Schreibtisch befänden, konfrontiert werde und es daher durchaus möglich sei, daß einmal ein Schriftstück in Verstoß gerate. Dies stelle sicherlich einen geringen Grad des Versehens dar, ebenso, wie es einen geringen Grad des Versehens darstelle, wenn die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides unrichtig sei.

2. Wie er nun erstmals aufgrund des seinen Wiedereinsetzungsantrag abweisenden Bescheides erfahren habe, wäre am 30.3.1993 die Berufungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen.

Da er mit Sicherheit angenommen habe, daß entsprechend seiner Terminvormerkanordnung der 26.3.1993 der letzte Tag der Berufung gewesen wäre, habe er natürlich im Wiedereinsetzungsantrag vom 6.4.1993 nicht ausgeführt, aus welchen Gründen er nach dem 30.3.1993 keine Berufung eingebracht habe. Hätte er am 6.4.1993 gewußt, daß seine Terminvormerkanordnung unrichtig gewesen sei, hätte er selbstverständlich seinen Wiedereinsetzungsantrag darauf gestützt bzw wäre ihm sein Irrtum am 30.3.1993 aufgefallen und hätte er seine Berufung noch innerhalb offener Frist eingebracht.

Das Versehen des unrichtigen Terminvormerkes bzw die Annahme, der 26.3.1993 sei der letzte Tag für die Berufungseinbringung gewesen, stelle sicherlich einen minderen Grad des Versehens und keinesfalls eine auffallende Sorglosigkeit dar. Es sei dabei insbesondere zu berücksichtigen, daß er Geschäftsführer eines umfangreichen Unternehmens sei und das gegenständliche Straferkenntnis auch nicht den üblichen Weg über seinen Betrieb, sondern über seine Privatadresse genommen habe. Es sei deshalb der übliche Vorgang des Terminvormerkes, der von seinem Sekretariat vorgenommen werde, ausnahmsweise entfallen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 71 Abs.1 lit.a AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Mit den von ihm in der Berufung vorgebrachten Gründen vermag der Berufungswerber ebensowenig wie in der Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages selbst, sein Verschulden an der versäumten Prozeßhandlung (Berufungserhebung) von sich zu weisen oder dieses Versäumnis auf einen bloß minderen Grad des Versehens zurückzuführen. Ganz allgemein ist dem Berufungsvorbringen entgegenzuhalten, - dies hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25.2.1993, 92/18/0175, klar ausgesprochen - daß die Einhaltung von Rechtsmittelfristen von der Partei die größtmögliche Sorgfalt erfordert. Schon allein der Umstand, daß über den Berufungswerber eine nicht unbeträchtliche Geldstrafe (60.000 S) verhängt wurde und ihm als Bauunternehmer auch bekannt sein müßte, daß Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes strenge Sanktionen nach sich ziehen (zB Ausschluß von öffentlichen Aufträgen), hätten ihm die Existenz des Straferkenntnisses und den Lauf der ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittelfrist im Gedächtnis haften lassen müssen. Dies unabhängig davon, ob das ihm zugestellte Straferkenntnis vorübergehend in Verstoß geraten ist, oder nicht. Auch der vom Berufungswerber angeführte Irrtum über den Ablauf der Rechtsmittelfrist ist auf einen Mangel der ihm zumutbaren Sorgfalt in bezug auf die in seinem Interesse gelegenen Wahrung der Rechtsmittelfrist zurückzuführen. So hat es der Berufungswerber unterlassen, den Zustelltag des Straferkenntnisses in Evidenz zu nehmen, um damit überhaupt die Voraussetzungen für eine "fristgerechte" Erhebung der Berufung zu schaffen, weshalb seine irrige Annahme, die Rechtsmittelfrist sei am 26.3. abgelaufen, nicht als ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, welches von ihm nicht verschuldet worden sei, gewertet werden kann.

Bemerkenswert erscheint, daß der Beschuldigte den Wiedervorlagetermin zwecks Berufungserhebung für den 26.3. festsetzte obwohl - seinen Berufungsausführungen zufolge - er diesen Tag als letzten der Rechtsmittelfrist erachtete.

Der unabhängige Verwaltungssenat sieht sich anhand des Berufungsvorbringens nicht in der Lage, ein Verschulden des Berufungswerbers an der verspäteten Rechtsmitteleinbringung zu verneinen bzw den Grund der Versäumnis in einem bloß minderen Grad des Versehens zu erblicken. Ein Verschulden an der Fristversäumnis, im vorliegenden Fall in Form der Fahrlässigkeit, welche den minderen Grad des Versehens übersteigt, steht jedoch zufolge § 71 Abs.1 lit.a AVG der Bewilligung der Wiedereinsetzung entgegen.

Der vorliegenden Berufung war daher der Erfolg zu versagen und wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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