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VwSen-250345/16/Lg/Bk

Linz, 14.03.1995

VwSen-250345/16/Lg/Bk Linz, am 14. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Mag. Dr. A F, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 28. September 1994, Zl. Ge-3695/92, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975 idgF, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II. Die Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z2 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher der Firma G GmbH, S zu vertreten, daß er eine näher bezeichnete Ausländerin in der Zeit von 14. März 1992 bis zumindest 12. Mai 1992 in o.g. Firma beschäftigt habe, ohne daß für diese Ausländerin eine Beschäftigungsbewilligung bzw. ein Befreiungsschein seitens der Behörde ausgestellt worden sei.

2. Dagegen erhob der Berufungswerber rechtzeitig und auch sonst zulässig Berufung.

3. Aus der öffentlichen mündlichen Verhandlung in Verbindung mit der Aktenlage ergab sich folgender Sachverhalt:

3.1. Der Berufungswerber legte dar, daß Arbeitgeber der betreffenden Ausländerin die Firma "G" G GmbH mit Sitz in S, S war.

3.2. Laut Firmenbucheintragung vom 25. März 1993 wurde mit Wirkung vom 30. April 1992 H B als Geschäftsführer abberufen und der Berufungswerber als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer eingetragen.

Dem lag ein vom Berufungswerber selbst gefertigter Antrag vom 14. Februar 1993 (auf seine Bestellung "mit Wirksamkeit vom 30.4.1992") und ein entsprechender Gesellschafterbeschluß vom 30. April 1992 zugrunde. Der Berufungswerber bestätigte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, daß dieser Gesellschafterbeschluß mit seiner Zustimmung erfolgte.

3.3. Im das schuldrechtliche Innenverhältnis regelnden Gesellschaftervertrag zwischen der "G" G GmbH und dem Berufungswerber vom 3. Juni 1992 ist der Beginn der Laufzeit des Vertrages mit 1. Mai 1992 festgelegt. Der Berufungswerber behauptete in der öffentlichen mündlichen Verhandlung jedoch, seine Tätigkeit in Steyr erst zwei Wochen nach dem 1. Mai aufgenommen zu haben. Dies erklärte er damit, daß sein Beruf darin besteht, die Geschäftsführung in Schwierigkeiten geratener Firmen zu übernehmen. Im gegenständlichen Fall war der Geschäftsführer H B samt Geschäftsunterlagen verschwunden. Der Berufungswerber habe sich daher am Beginn seiner Tätigkeit am Sitz des Mutterunternehmens (in München) einen ersten Überblick über das herrschende Chaos verschaffen müssen.

Vorher habe er über die Verhältnisse in Steyr nicht Bescheid gewußt. Informationen über die Beschäftigung der Ausländerin habe er erst nachher erhalten.

3.4. Aus einer Rückfrage beim Arbeitsmarktservice, einem EDV-Auszug und dem beigeschafften Akt des Arbeitsamtes Steyr ergab sich, daß für die Ausländerin eine Arbeitserlaubnis mit Wirkung vom 5. Juni 1992 ausgestellt wurde. In der Zeit vom 22. April 1991 bis 4. Juni 1992 waren für die Ausländerin Beschäftigungsbewilligungen ausgestellt worden, allerdings für eine andere Firma als die gegenständliche.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

4.1. Der unter 3. dargestellte Sachverhalt war als aktenkundig und von den Parteien auch nach Vorhalt der in Betracht kommenden Aktenteile in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht bestritten bzw als von den Parteien selbst vorgebracht den weiteren Überlegungen zugrundezulegen.

4.2. Einem Beschuldigten als Organ iSd § 9 VStG kann erst ab dem Zeitpunkt seiner Bestellung ein strafbares Verhalten angelastet werden (vgl die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Juni 1980, Zl. 3072/79 und vom 18. Dezember 1970, Zl. 1259/70). Es ist davon auszugehen, daß der Berufungswerber ab 30. April 1992 wirksam zum handelsrechtlichen Geschäftsführer der gegenständlichen Firma bestellt war:

Die ordnungsgemäße Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers einer GmbH ist sofort wirksam und von der Eintragung ins Handelsregister (Firmenbuch) unabhängig (vgl die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juni 1984, 84/04/0037, 0043, vom 12. Dezember 1989, 88/04/0210 und vom 20. Dezember 1991, 90/17/0112). Mit der Bestellung wird die (nicht mit der Regelung der schuldrechtlichen Beziehung im Innenverhältnis zu verwechselnde) Organschaftsfunktion begründet (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1990, 89/09/0150).

Die Bestellung ist ab dem Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses und der Zustimmung des zu bestellenden Geschäftsführers wirksam, wobei mangels gegenteiligen Vorbringens davon ausgegangen werden kann, daß die Zustimmung zum Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses bereits vorlag (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 1989, 88/08/0005). Die Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer endet mit Niederlegung (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1989, 88/04/0210), mit Abberufung (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juni 1984, 84/04/0037, 0043) udgl, nicht jedoch durch bloße Untätigkeit oder Bestellung als "pro forma-Geschäftsführer" (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 1990, 90/09/0132).

4.3. Bei einem Ungehorsamsdelikt (wie der gegenständlichen Übertretung des § 28 Abs.1 Z1 lit.a iVm § 3 Abs.1 AuslBG) ist die (bloß) erforderliche Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Diese Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber im gegenständlichen Fall gelungen, hat er doch glaubhaft dargelegt, daß es ihm in der kurzen Zeit, in der er für die (obgleich eine Beschäftigungsbewilligung lautend auf eine andere Firma vorlag: rechtswidrige) Beschäftigung verantwortlich war (der "Rest" des Tatzeitraumes nach Abzug der Zeit, in welcher der Beschwerdeführer noch nicht Geschäftsführer war, erstreckt sich vom 1. bis zum 12. Mai, also nach Abzug der arbeitsfreien Tage, auf einige wenige Tage), aus nicht vorwerfbaren Gründen nicht möglich war, sich über die relevanten Verhältnisse zu informieren und in der Folge die einem rechtstreuen Verhalten entsprechenden Handlungen zu setzen.

4.4. Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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