Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550063/3/Gf/Stu

Linz, 27.06.2002

VwSen-550063/3/Gf/Stu Linz, am 27. Juni 2002 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine

VII. Kammer

unter dem Vorsitz von Mag. G a l l n b r u n n e r,

den Berichter Dr. G r o f

und den Beisitzer Dr. L a n g e d e r

über die Berufung des Dipl.Ing. B und des Dipl.Ing. S, W, L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. Mai 2002, Zl. Gem-535044/15-2002-Sto/Shz, wegen der Zurückweisung eines Nachprüfungsantrages im Rahmen einer öffentlichen Auftragsvergabe (mitbeteiligte Partei: L), zu Recht erkannt:

I. Der Antrag auf Feststellung des Vorliegens von Rechtsverletzungen durch die Auftraggeberin wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung hingegen als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 58 Abs. 2 und 3 OöVergG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Ausschreibung vom 16. August 2001, kundgemacht in der Amtlichen Linzer Zeitung Folge Nr. 17/2001, S. 33, sowie im Amtsblatt der Europäischen Union vom 28. August 2001, 2001/S-164-114227, hat die Stadt Linz Dienstleistungen, nämlich: Planungsleistungen für die statisch-konstruktive Bearbeitung zur Errichtung der Tiefgarage im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Linz, im offenen Verfahren ausgeschrieben.

Auf Grund der Anbotauswertung ging die Bietergemeinschaft der Beschwerdeführer als viertgereihter unter insgesamt 16 Bewerbern hervor.

1.2. Die Rechtsmittelwerber wurden daher mit Schreiben vom 19. Februar 2002, Zl. 5300/Eh/Ar, davon unterrichtet, dass die Erteilung des Zuschlages an einen anderen Bieter in Aussicht genommen ist. Daraufhin begehrten die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. Februar 2002 eine Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes. Die Auftraggeberin teilte darauf hin (erst) mit Schreiben vom 15. März 2002 mit, dass das Alternativangebot der Bietergemeinschaft der Rechtsmittelwerber mangels Deckung mit den Ausschreibungsbestimmungen vom Vergabeverfahren ausgeschlossen worden und ihr Hauptangebot bloß an vierter Stelle zu reihen gewesen sei.

Zwischenzeitlich haben die Beschwerdeführer am 11. März 2002 einen Nachprüfungsantrag gestellt.

1.3. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 21. Mai 2002, Zl. Gem-535044/15-2002-Sto/Shz, wurde dieser Antrag als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die von den Auftraggebern geschätzten Kosten für Planungsleistungen mit 2,512.125,- S veranschlagt worden seien, womit jedoch der für Dienstleistungsaufträge festgelegte Schwellenwert von 200.000 Euro nicht erreicht worden und damit das Oö. Vergabegesetz nicht anwendbar sei.

2. Gegen diesen ihnen am 4. Juni 2002 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 18. Juni 2002 - und damit rechtzeitig - sowohl mittels Telefax als auch unmittelbar bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde.

Darin bringen die Rechtsmittelwerber vor, dass auf Grund der geschätzten Herstellkosten in Verbindung mit der - wie in der Ausschreibung vorgesehen - Honorarordnung für das Bauwesen mit einem Anbotspreis von über 7 Mio. S zu rechnen gewesen sei; dieser liege aber deutlich über dem Schwellenwert von 200.000 Euro, sodass die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Oö. Vergabegesetzes erfüllt seien. Hingegen sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Auftraggeber mit einem Nachlass von 65% rechne. Darüber hinaus hätten die Rechtsmittelwerber mit ihrem Alternativvorschlag als Bestbieter den Zuschlag erhalten müssen.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Feststellung des Vorliegens von Rechtsverletzungen durch die Auftraggeberin beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Amtes der Oö. Landesregierung zu Zl. Gem-535044-2002; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit der vorliegenden Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 58 Abs. 3 OöVergG i.V.m. § 67d Abs. 3 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Über die gegenständliche Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat bereits in seiner Entscheidung vom 31. März 1999, Zl. VwSen-550017, zum Ausdruck gebracht, dass es sich s.E. - ungeachtet der verba legalia in § 58 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 3 des Oö. Vergabegesetzes, LGBl.Nr. 59/1994, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 45/2000 (im Folgenden: OöVergG) - bei dem über die Anfechtung einer Nachprüfungsentscheidung der Oö. Landesregierung durch einen im Rahmen eines Vergabeverfahrens nicht zum Zuge gekommenen Bieter durchzuführenden Verfahren nicht um ein "Berufungsverfahren" nach herkömmlichem Verständnis - nämlich i.S.d. §§ 63 ff AVG - handelt, weil diesem ja nur formal ein hoheitlicher Akt zugrunde liegt, es sich materiell betrachtet hingegen um Privatwirtschaftsverwaltung handelt.

Davon ausgehend ist der in § 58 Abs. 3 OöVergG enthaltene Verweis auf die Maßgeblichkeit des AVG sonach dahin zu verstehen, dass dessen Bestimmungen im Falle ihrer Heranziehbarkeit jeweils den Zielvorgaben des § 61 OöVergG entsprechend teleologisch zu interpretieren sind (vgl. in diesem Sinne auch schon das h. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. VwSen-550007). Dies gilt vornehmlich dann, wenn im Rahmen des "Berufungsverfahrens" gemäß Art. 129 B-VG eine Sachentscheidung der Nachprüfungsbehörde zu kontrollieren, diese sohin auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen ist.

Hingegen wird dieses vornehmlich durch Art. 2 Abs. 8 der Richtlinie 89/665/EWG (sog. "Rechtsmittelrichtlinie") vom 21. Dezember 1989 getragene Prinzip dann abgeschwächt, wenn ein bloß verfahrensrechtlicher Bescheid den Anlass für ein derartiges Rechtsmittelverfahren bildet, weil sich darauf der Anwendungsbereich der erwähnten Richtlinie nicht erstreckt.

Wenn und weil aber im gegenständlichen Fall gerade ein Zurückweisungsbescheid der Nachprüfungsbehörde den Anlass für das "Berufungsverfahren" bildet, hatte sich daher der Oö. Verwaltungssenat im Lichte des § 58 Abs. 3 OöVergG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG und der hiezu ergangenen, ständigen Judikatur der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (vgl. z.B. schon VwSlg 2066 A/1951 bzw. VfSlg 5893/1969 sowie die weiteren Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., Wien 1996, 566) von vornherein auf die Prüfung der Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung zu beschränken und gegebenenfalls die Aufhebung dieses Bescheides zu verfügen; eine darüber hinausgehende Entscheidung in der Sache selbst, etwa die Feststellung des Vorliegens von Rechtsverletzungen durch die Auftraggeberin im Zuge des Vergabeverfahrens, kam demgegenüber von vornherein nicht in Betracht.

Im Hinblick auf die sonach eingegrenzte Sache des vorliegenden Berufungsverfahrens war daher der Antrag der Rechtsmittelwerber auf Feststellung des Vorliegens von Rechtsverletzungen durch die Auftraggeberin als unzulässig zurückzuweisen.

4.2. Entscheidend für die Klarstellung, ob die Zurückweisung durch die Nachprüfungsbehörde im gegenständlichen Fall zu Recht erfolgte, ist sonach offenkundig die Frage, ob der "geschätzte Auftragswert" (ohne Umsatzsteuer) i.S.d. § 3 Abs. 1 Z. 3 OöVergG tatsächlich unter der 200.000 Euro-Grenze lag.

4.2.1. Von der Annahme, dass das OöVergG der innerstaatlichen Umsetzung der vorerwähnten Rechtsmittelrichtlinie dient, ausgehend kann nicht zweifelhaft sein, dass es beim geschätzten Auftragswert i.S.d. § 3 Abs. 1 OöVergG nicht auf die subjektive Sichtweise des Auftraggebers, sondern nur auf einen anhand objektiv nachvollziehbarer Kriterien ermittelten Wert ankommt.

Dies ergibt sich schon aus der Überlegung, dass es ansonsten völlig in der Willkür der vergebenden Stelle läge, jeweils durch eine entsprechend niedrige Ansetzung des Auftragswertes im Bedarfsfall die Bindungen des OöVergG dadurch zu umgehen, dass diese Auftragsvergabe nicht in dessen sachlichen Geltungsbereich fällt.

Derart objektiv nachvollziehbare Kriterien wurden vom Gesetzgeber jedoch nicht positiviert; vielmehr wurden diese offenbar als eine Selbstverständlichkeit vorausgesetzt. Denn im Regelfall wird die Ermittlung des objektiven Auftragswertes schon deshalb keinen nennenswerten Schwierigkeiten begegnen, weil für das ausgeschriebene Produkt jeweils ein entsprechender Markt besteht, auf dem sich bereits ein - unschwer feststellbarer - Preis herausgebildet hat.

4.2.2. Im gegenständlichen Fall ist allein strittig, ob die Auftraggeberin - und damit die belangte Behörde - bei der Berechnung des geschätzten Auftragswertes einen von den Bietern erhofften Preisnachlass in Höhe von 45% einkalkulieren durfte (sodass ein knapp unter 200.000 Euro liegender Auftragswert von 2,512.125 S exkl. MwSt. resultiert), während die auf Basis der Honorarordnung für das Bauwesen ermittelte Gesamtsumme (4,567.500 S exkl. MwSt.) grundsätzlich keinen Bedenken begegnet.

Dass im Zusammenhang mit Planungskosten Preisnachlässe auch in Höhen um die 50% keine Seltenheit darstellen, ist schon deshalb einsichtig, weil es sich bei der Honorarordnung für das Bauwesen nicht um eine verbindliche Norm, sondern bloß um eine Empfehlung zur Tarifgestaltung für eine Branche handelt, in der ein massiver Verdrängungswettbewerb herrscht.

Dies wird auch von den Beschwerdeführern selbst insofern bestätigt, als diese in ihrem Nachprüfungsantrag vom 11. März 2002 ausführen, dass "durch die EU-weite Vergabepraxis mittlere und kleinere Planungsbüros immer mehr ins Hintertreffen" kommen, "da von den ausschreibenden Stellen immer mehr Referenzprojekte verlangt werden, die oft für die ausgeschriebene Leistung nicht unbedingt erforderlich sind. Durch die vorgesehene gegenständliche Vergabe nimmt man uns die Möglichkeit, Referenzprojekte zu erarbeiten. Ohne Referenzprojekte hat man aber keine Chance, in Zukunft andere Projekte zu erstehen. Die Nichtberücksichtigung unseres Angebotes ist daher existenzbedrohend."

Und auch mit der gegenständlichen Beschwerde stellen die Rechtsmittelwerber nicht etwa die Tatsache der Gewährung solcher Rabatte dem Grunde und auch einer Höhe, die etwa bei der Hälfte des Gesamtpreises liegt, nach in Abrede, sondern sie führen diesbezüglich nur aus, dass es bemerkenswert ist, "dass der Auftraggeber die Honorarordnung als Grundlage vorschreibt", bezüglich ihres Angebotes "aber gleichzeitig mit einem Nachlass von 65% rechnet."

Der Oö. Verwaltungssenat hat daher im Ergebnis ebenso wie die belangte Behörde keine Bedenken dagegen, dass die Auftraggeberin bei der Ermittlung des geschätzten Auftragswertes einen marktüblichen Preisnachlass in Abzug gebracht hat.

Dazu kommt, dass die Auftraggeberin im Ergebnis ohnehin stets das Risiko einer Neuausschreibung und der damit für sie verbundenen negativen Konsequenzen (Zeitverlust, Kosten, etc.) für den Fall trägt, dass der geschätzte Auftragswert nicht anhand objektiver Kriterien ordnungsgemäß ermittelt bzw. allzu niedrig angesetzt wurde (vgl. VwSen-550031 v. 15.11.2000).

4.2.3. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die gegenständliche Ausschreibung nach § 3 Abs. 1 Z. 3 OöVergG nicht in den Anwendungsbereich des Oö. Vergabegesetzes fällt; sie hat daher den Nachprüfungsantrag der Rechtsmittelwerber zutreffend als unzulässig zurückgewiesen.

4.2.4. Insoweit war daher die vorliegende Berufung gemäß § 58 Abs. 2 i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (entspricht 2.476,85 S) zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r