Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250391/17/Lg/Bk

Linz, 12.06.1995

VwSen-250391/17/Lg/Bk Linz, am 12. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 8.

Mai 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der Frau I K, Geschäftsführerin der Firma "F" F, P T, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. V S, M, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 31. Mai 1994, Zl. Ma2-Ge-4213-1993ep, wegen Übertretungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988, zu Recht erkannt:

Das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich der Fakten 2 (Bestrafung gemäß § 22 Abs.1 Z2 lit.b AÜG), 3 (Bestrafung gemäß § 22 Abs.1 Z1 lit.a AÜG), 4 (Bestrafung gemäß § 22 Abs.1 Z2 lit.c AÜG) und 5 (Bestrafung gemäß § 22 Abs.1 Z2 lit.d AÜG) aufgehoben und das Verfahren unter Hinweis darauf, daß die Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen entfällt, eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin je sechs Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen für sechs Verwaltungsübertretungen verhängt. Das gegenständlich erkennende Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenats ist nach der geltenden Geschäftsverteilung nur zur Entscheidung hinsichtlich der Fakten 2 bis 5 zuständig; hinsichtlich der Fakten 1 und 6 ergeht ein gesondertes Erkenntnis.

In sämtlichen Fakten des angefochtenen Straferkenntnisses richtet sich der Tatvorwurf an die Berufungswerberin als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma "F, M (idF kurz: FFG).

Im (hier nicht verfahrensgegenständlichen) Faktum 1 wird der Berufungswerberin vorgeworfen, in näher bezeichneten Zeiträumen 23 näher bezeichnete Arbeitnehmer an die Firma W Ges.m.b.H. & Co KG überlassen zu haben, obwohl die Firma F keine Berechtigung zur Ausübung des bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes "Überlassen von Arbeitskräften" gemäß § 127 Z 28 GewO 1994 habe. Diese Umschreibung der Überlassung liegt (als verwiesener Spruchteil) den hier verfahrensgegenständlichen Fakten 2 bis 5 als gemeinsamer Tatvorwurf (Spruchteil) zugrunde.

Faktum 2 enthält den Vorwurf, daß den in Faktum 1 bezeichneten Arbeitskräften keine Dienstzettel ausgestellt worden seien, obwohl dies gemäß § 11 Abs.4 AÜG geboten gewesen wäre. Deshalb wurde die Berufungswerberin gemäß § 22 Abs.1 Z2 lit.b AÜG bestraft.

Begründend verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Feststellung des Landesarbeitsamtes, daß die Arbeitnehmer keinen Dienstzettel erhalten hätten und auf die Rechtfertigung der Berufungswerberin, mit der Übergabe der Dienstzettel einen Arbeitnehmer betraut zu haben.

Faktum 3 enthält den Vorwurf, daß im Zusammenhang mit der Überlassung gesetzwidrige Vereinbarungen getroffen wurden, indem mit den gegenständlichen Dienstnehmern ein ausschließlich leistungsbezogener Lohn vereinbart worden sei, indem sich die Bezahlung am Gewicht der zerkleinerten Fleischteile orientierte. Dadurch sei der Anspruch auf Arbeitsentgelt auf die Dauer der Beschäftigung im Betrieb des Beschäftigers eingeschränkt worden, obwohl nach § 10 Abs.2 AÜG das Entgelt auf der Basis der vereinbarten Arbeitszeit gebührt, wenn die Arbeitskraft nachweislich zur Leistung bereit ist und nicht oder nur unter den vereinbarten Ausmaß beschäftigt werden kann. Deshalb wurde die Berufungswerberin gemäß § 22 Abs.1 Z1 lit.a AÜG bestraft.

Begründend heißt es dazu, daß festzustellen sei, daß für die Vereinbarung eines ausschließlich leistungsbezogenen Lohnes, der sich nach dem Gewicht der zerkleinerten Fleischteile orientiert, der Anspruch der Dienstnehmer auf Lohnzahlung im Falle der fehlenden Einsatzmöglichkeit oder Krankheit mangels Verrechungsgrundlage verunmöglicht worden sei. Eine solche Lohnvereinbarung sei daher gesetzwidrig.

Faktum 4 enthält den Vorwurf, daß keiner der überlassenen Arbeitskräfte eine Bestätigung gemäß § 12 Abs.1 AÜG ausgefolgt wurde. Deshalb wurde die Berufungswerberin gemäß § 22 Abs.1 Z2 lit.c AÜG bestraft.

Begründend wird auf die Rechtfertigung der Berufungswerberin verwiesen, die Ausfolgung dieser Mitteilung sei nach eigenen Angaben einem Dienstnehmer überlassen worden.

Faktum 5 enthält den Vorwurf, daß die Berufungswerberin gemäß § 13 AÜG ab Aufnahme der Überlassungstätigkeit laufend Aufzeichnungen über die Überlassung von Arbeitskräften zu führen und dem zuständigen Landesarbeitsamt die gesetzlich vorgeschriebenen Daten zum Stichtag Ende Juli 1993 zu übermitteln gehabt habe, diese Meldung aber nicht erfolgt sei. Deshalb wurde die Berufungswerberin gemäß § 13 iVm § 22 Abs.1 Z2 lit.d AÜG bestraft.

Begründend wird darauf hingewiesen, daß entgegen der Behauptung der Beschuldigten durch das Landesarbeitsamt glaubwürdig festgestellt worden sei, daß Ende Juli 1993 keine Meldung erfolgt sei.

2. In der Berufung wird bestritten, daß im gegenständlichen Fall eine Arbeitskräfteüberlassung vorlag. Behauptet wird, daß ein Werkvertrag vorgelegen sei. In rechtlicher Hinsicht müsse davon ausgegangen werden, daß das Fehlen auch nur eines jener Merkmale, welche gemäß § 4 Abs.2 AÜG zur Qualifikation eines Werkvertrages als Arbeitskräfteüberlassung führen, die Annahme einer Arbeitskräfteüberlassung ausschließen. Sei aber anzunehmen, daß die Berufungswerberin das Handwerk der Fleischer gemäß § 94 Z62 GewO - und nicht das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften gemäß § 127 Z28 GewO - ausgeübt habe, so könne keine Bestrafung hinsichtlich der Fakten 2 bis 5 erfolgen.

Trotz dieser rechtlichen Beurteilung enthält die Berufung weitere Stellungnahmen und Beweisanbote, die - entgegen den obenstehenden Ausführungen - dennoch logisch auf der Annahme einer Arbeitskräfteüberlassung aufbauen:

Zunächst wird unter Hinweis auf den der Berufung beigelegten Schiedsspruch der Kammer der gewerblichen Wirtschaft vom 20.

Februar 1991, Zl. 10.245/90 (Umfangsentscheidung gemäß § 349 GewO) ein unverschuldeter Tatbild- und Subsumtionsirrtum behauptet.

Zum Faktum 2 wird auf eine Beauftragung des Partieführers Hubert K mit der Übergabe der Dienstzettel an die anderen Dienstnehmer hingewiesen. Zum Beweis liegen der Berufung die bezughabenden 23 "Dienstzettel" als Kopie bei.

Hinsichtlich des Faktums 3 wird einerseits bestritten, daß eine "solche" Vereinbarung abgeschlossen wurde und andererseits, daß der tatsächlich ausbezahlte Lohn unter den durch das AÜG vorgeschriebenen Mindestmaß lag. Zum Beweis werden 23 Lohnkontrollblätter und ein Auszug aus dem Kollektivvertrag für Fleischer vorgelegt, aus deren Zusammenhalt sich ergebe, daß der ausbezahlte Lohn einerseits das angemessene, ortsübliche Entgelt darstelle und dieser auf der Basis der vereinbarten Arbeitszeit ausbezahlt wurde. Ferner wird darauf hingewiesen, daß aufgrund eines Irrtums einer Wirtschaftstreuhandkanzlei übersehen worden sei, für 13 Beschäftigte die Sonderzahlungen zu berechnen. Diese Beträge seien jedoch in der Folge zur Auszahlung gebracht worden, was durch 13 der Berufung beigelegte Überweisungsbelege dokumentiert wird.

Die Ausführungen zum Faktum 4 entsprechen jenen zum Faktum 2: Die Überlassungsmitteilung gemäß § 12 AÜG hätten den Arbeitskräften gemeinsam mit den Dienstzetteln von dem damit beauftragten Partieführer Hubert K übergeben werden sollen.

Zum Beweis wird ein Exemplar einer derartigen "Überlassungsmitteilung" der Berufung beigelegt.

Zum Faktum 5 enthält die Berufung die Feststellung, daß es richtig sei, daß beim Landesarbeitsamt bis Juli 1993 die Aufzeichnungen gemäß § 13 AÜG nicht übermittelt wurden.

Aufzeichnungen über geleistete Arbeitsstunden, welche anhand der Aufzeichnungen von Hubert K erstellt worden seien, liegen der Berufung als Beweis bei.

Im übrigen verweist die Berufung darauf, daß die "Aufstellung in Punkt 1 des Straferkenntnisses nicht vorbehaltlos richtig sein" könne. Dies ergebe sich daraus, daß Wolfgang K erst am 28.7.1993 zu arbeiten begonnen und Bernhard K nur am 6.9.1993 gearbeitet habe. Zum Beweis werden die gegenständlichen An- und Abmeldungen bei der Gebietskrankenkasse vorgelegt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

Da zu dieser öffentlichen mündlichen Verhandlung - trotz ordnungsgemäßer Anberaumung und Ladung - weder die Berufungswerberin noch ihr rechtsfreundlicher Vertreter erschienen war und dieses Fernbleiben überdies unentschuldigt blieb, war die öffentliche mündliche Verhandlung ohne deren Anwesenheit durchzuführen (§ 51f Abs.2 VStG).

Erschienen war der Zeuge Ing. Hermann V, Prokurist der Firma "H", welcher damals die Vertragsverhandlungen mit der Firma F (I K führte, und zwar für die Firma "H H GmbH", in deren Geschäftsbereich die "Bearbeitung der Ware", mithin die gegenständliche Feinzerlegung fiel.

Ferner erschienen waren die drei geladenen Arbeitskräfte Wolfgang K, Adolf K und Manfred K.

3.1. Der Zeuge V sagte aus, es sei zu keinem schriftlichen Vertrag zwischen der F und der H GmbH (idF kurz: H) gekommen. Es habe lediglich einen mündlichen Vertrag darüber gegeben, daß die Firma F die Arbeit der Firma M fortführt.

Die zuvor für die Feinzerlegung engagierte Firma M sei in Konkurs gegangen, worauf Frau K die F gegründet, mit der Firma H einen neuen Vertrag abgeschlossen, die Arbeitskräfte der Firma M übernommen und sie in der Firma H weiter arbeiten gelassen habe, sodaß es insgesamt nur zu einer Arbeitsunterbrechung von zwei Tagen gekommen sei.

Es seien "Werkvertragsentwürfe" (einer der Firma H, einer der Firma F) besprochen, aber nicht unterzeichnet worden.

Dem mündlichen Vertrag und dem tatsächlichen Vollzug sei aber im wesentlichen der vom Zeugen beigebrachte Entwurfstext zugrundegelegen. Außerdem brachte der Zeuge Kopien der Preisliste für diverse Zerlegungsarbeiten und der Abrechnung von der Firma F mit.

Zur konkreten Tätigkeit führte der Zeuge V aus:

Es sei branchenüblich, für die Feinzerlegung von Fleisch "Zerlegekolonnen" zu engagieren, anstatt die dafür erforderlichen Leute selbst einzustellen. Dies sei auch im konkreten Fall geschehen.

Grundlage für dieses "Engagement" sei ein "Werkvertrag". In diesem sei die wöchentliche Tonnage nur grob festgelegt gewesen. Die konkrete Auftragserteilung sei in Form schriftlicher Aufträge erfolgt, welche der Zerlegemeister der Firma H an den Partieführer der Firma F täglich morgens übergeben habe. Qualität und Quantität der erbrachten Leistung der "Partie" sei vom Zerlegemeister laufend kontrolliert worden.

Die Entgeltsberechnung zwischen den Firmen sei auf der Basis der zerlegten Menge bzw der Art der Zerlegung (nach einer vereinbarten Preisliste) erfolgt.

Der Zerlegemeister der Firma H habe nur dem Partieführer, nicht aber den übrigen Arbeitskräften der Zerlegekolonne Weisungen erteilt. Eine organisatorische Vermischung mit Stammarbeitskräften der Firma H habe es nicht gegeben. Die Firma H nehme entsprechende Arbeiten (Feinzerlegung) nicht selbst vor. Die Arbeitskleidung und das Zerlegewerkzeug sei von der Firma F bereitgestellt worden. Die Firma F habe auch für die Ordnungsgemäßheit der Leistungserbringung gehaftet; bei Beanstandungen habe es Gutschriften gegeben.

Die Zahl der eingesetzten Arbeitskräfte habe sich nach den wöchentlich der Firma F im vorhinein bekanntgegebenen Arbeitsmengen gerichtet. Die konkrete Bestimmung der Arbeitskräfte sei auf dieser Grundlage durch die Firma F erfolgt. Es sei aber klar gewesen, daß der Firma H daran gelegen war, daß die Partien nicht so zusammengesetzt werden, daß mit wenigen Leuten lange gearbeitet wird.

Im übrigen hätten die Leute so erscheinen und arbeiten bzw die Partien so zusammengesetzt sein müssen, daß ihre Tätigkeit koordiniert mit den Betriebsabläufen der Firma H erfolgte.

3.2. Die einvernommenen Arbeitskräfte sagten folgendes aus:

Zumindest ein Teil der Arbeitskräfte sei schon zuvor bei der Firma H tätig gewesen und zwar über die Firma M. Bei dieser Firma sei auch Frau K beschäftigt gewesen, welche auch mit Herrn M zusammengelebt habe und welche nach dem Konkurs der Firma M sofort eine neue "Leasingfirma" gegründet habe, welche die Arbeitskräfte der Firma M übernommen habe. Die Betriebstätigkeit der Firma F sei auf Arbeitskräfteüberlassung beschränkt gewesen; außer einem Büro habe diese Firma keine Betriebsstätte gehabt.

Die Arbeitskräfte hätten um 7.00 Uhr morgens begonnen und die Arbeit beendet, wann der Auftrag erledigt war. Die Partie sei vom Partieführer der Firma F geleitet worden, die Qualitätsprüfung habe jedoch jemand von der Firma H durchgeführt.

Einen Dienstzettel und eine Überlassungsmitteilung hätten die befragten Arbeitskräfte nicht erhalten.

Die Bezahlung der Arbeitskräfte hätte auf der Basis der geleisteten Arbeitsstunden in Verbindung mit der geleisteten Arbeitsmenge erfolgen sollen. Letztlich sei das ausbezahlte Entgelt aber enttäuschend gering ausgefallen und sei das System der Entlohnung nicht durchschaubar gewesen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat zum Faktum 2 erwogen:

4.1. Zur Rechtslage 4.1.1. Rechtsgrundlagen Gemäß § 22 Abs.1 Z2 lit.b AÜG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer eine Arbeitskraft ohne Ausstellung eines Dienstzettels, der den Vorschriften des § 11 entspricht, überläßt.

Gemäß § 11 Abs.4 AÜG ist über die Vereinbarung der Arbeitskraft ein Dienstzettel auszustellen, der die in Abs.1 Z1 bis 5 genannten Angaben enthalten muß.

Gemäß § 3 Abs.1 AÜG ist die Überlassung von Arbeitskräften die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte.

Gemäß § 3 Abs.2 AÜG ist Überlasser, wer die Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an Dritte vertraglich verpflichtet.

Gemäß § 3 Abs.3 AÜG ist Beschäftiger, wer die Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.

Gemäß § 3 Abs.4 AÜG sind Arbeitskräfte Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbständig sind.

Gemäß § 4 Abs.1 AÜG ist für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Gemäß § 4 Abs.2 AÜG liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber 1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder 2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder 3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder 4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.

Gemäß § 1 Abs.3 AÜG (in der damals - d.h. zum Zeitpunkt der Tat [zur Begründung vgl. § 1 Abs.2 VStG und dazu Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, 1990, S 690 f] geltenden Fassung - also idF vor der Novelle BGBl.Nr.

314/1994, durch welche der Ausdruck "konzessionspflichtig" durch "bewilligungspflichtig" ersetzt wurde) ist der Abschnitt III (§ 10 bis 14) AÜG nur auf die konzessionspflichtige Überlassung von Arbeitskräften anzuwenden.

Gemäß § 9 Abs.1 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes - AMFG, BGBl.Nr. 31/1969 ist Arbeitsvermittlung iSd Bundesgesetzes jede Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, Arbeitssuchende mit Dienstgebern zur Begründung von Dienstverhältnissen ...

zusammenzuführen, es sei denn, daß diese Tätigkeit nur gelegentlich und unentgeltlich oder auf Einzelfälle beschränkt ausgeübt wird.

Gemäß § 9 Abs.4 AMFG gilt als Tätigkeit iSd Abs.1 auch die Überlassung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte, sofern der Überlasser nicht die Pflichten des Arbeitgebers trägt.

Gemäß § 9 Abs.5 AMFG ist jede auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeit, die durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder andere gesetzliche Vorschriften nicht gedeckt wird, untersagt.

Gemäß § 48 Abs.1 AMFG begeht eine strafbare Handlung und ist mit einer Geldstrafe von 10.000 S bis 50.000 S, im Wiederholungsfall von 20.000 S bis 100.000 S zu bestrafen, wer eine auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeit ausübt, die gegen dieses Bundesgesetz (§ 9) oder andere gesetzliche Bestimmungen verstößt, sofern die Tat weder eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallende noch eine nach dem AÜG strafbare Handlung bildet.

Gemäß § 323a Abs.1 GewO idF BGBl.Nr. 196/1988, also in der Fassung, auf die der oben zitierte § 1 Abs.3 AÜG in seiner damaligen Fassung Bezug nimmt, unterliegt die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte (Überlassung von Arbeitskräften) der Konzessionspflicht.

Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung unterliegen der Konzessionspflicht nicht 1. die vorübergehende Überlassung von Arbeitskräften an Beschäftiger, welche die gleiche Erwerbstätigkeit wie der Überlasser ausüben, unter der Voraussetzung, daß der Charakter des Betriebes des Überlassers gewahrt bleibt, bis zur Höchstdauer von sechs Monaten im Kalenderjahr, wobei auch die Zeiten nacheinander folgender Überlassungen verschiedener Arbeitskräfte zusammenzuzählen sind; 2. ...

4.1.2. Auslegungsfragen 4.1.2.1. Zum Begriff der Arbeitskräfteüberlassung in Abgrenzung zur verbotenen Arbeitsvermittlung:

Für die begriffliche Unterscheidung von Arbeitsvermittlung und Arbeitskräfteüberlassung wird als maßgeblich erachtet, ob der Überlasser das Unternehmerrisiko trägt (vgl. die Entscheidung des obersten Gerichtshofes vom 27. Jänner 1987, 14 Ob 224/86 zur Rechtslage vor dem BG BGBl.Nr. 196/1988 (betreffend das Stammgesetz des AÜG sowie die Anpassung des § 9 Abs.4 und 5 AMFG) sowie - unter Hinweis auf diese Entscheidung - das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0160), wobei nur während der Überlassungszeiten "Nichttragungen" von Arbeitgeberpflichten nach dem AMFG relevant sein können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1989, Zl. 89/09/0105, 0111). Dabei ist jedoch zu beachten, daß das AÜG selbst zwingende Vorschriften zum Schutz der Arbeitskräfte trifft, die einer Risikoüberwälzung vorbeugen (vgl. insbesondere §§ 8, 10 Abs.2 AÜG; hinsichtlich der letztgenannten Bestimmung vgl. ausdrücklich die EB, 450 BlgNR 17. GP, S 19, wonach eine Überwälzung des Beschäftigungsrisikos auf die Arbeitskräfte verhindert werden soll) und daß die Strafbestimmung des § 48 Abs.1 AMFG eine Subsidiaritätsklausel hinsichtlich der Strafbestimmungen des AÜG enthält.

4.1.2.2. Zur Abgrenzung der vom AÜG nicht erfaßten Werkverträge ist festzuhalten:

Bei der Beurteilung dieser Frage kommt es nicht auf das äußere Erscheinungsbild, sondern auf das wirtschaftlich Gewollte an. Dabei ist zunächst vom Geschäftsinhalt (nicht von der Bezeichnung des Vertrages durch die Parteien) auszugehen und diese anhand des Angebots- und Bestellschreibens zu überprüfen. Ausschlaggebend ist jedoch bei Auseinanderklaffen der schriftlichen Vereinbarung und des realen Geschehens die tatsächliche Durchführung (vgl.

Geppert, Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, 1989, S 56, Leutner-Schwarz-Ziniel, Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, 1989, S 75).

Nach herrschender Auffassung (vgl. Geppert; S 56, vgl.

ferner das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6.

September 1994, Zl. 93/11/0162; ähnlich für "Grenzfälle" Leutner-Schwarz-Ziniel, S 77; anders die EB, 450 BlgNR 17.

GP, S 17, die davon ausgehen, daß bei Fehlen eines der Merkmale der Z1, 2 und 4 bzw bei Vorliegen des Merkmales der Z3 des § 4 Abs.2 Z3 AÜG "das Vorliegen des Tatbestandes der Arbeitskräfteüberlassung angenommen wird") kommt es für die Abgrenzung zwischen einem (keine Arbeitskräfteüberlassung begründenden) Werkvertrag und einer Arbeitskräfteüberlassung auf eine Gesamtabwägung der maßgeblichen Kriterien bzw auf das Überwiegen der Elemente des Werkvertrags oder jener der Arbeitskräfteüberlassung an.

In diesem Sinne kommt insbesondere folgenden Abgrenzungskriterien Bedeutung zu (vgl. Geppert, S 50 ff; Leutner-Schwarz-Ziniel, S 74 ff):

- Während die Arbeitskräfteüberlassung auf die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zielt, ist der Werkvertrag auf die Herstellung eines Arbeitserfolges (-ergebnisses, Werkes) gerichtet. Der Begriff "Werk" ist an sich weit zu verstehen (vgl. auch Krejci in Rummel, ABGB, 2.

Auflage, RZ 9 zu § 1165, 1166 jeweils mwN). Das Werk muß sich aber von den im Betrieb des Werkbestellers gewöhnlich erbrachten Leistungen deutlich abheben, das Arbeitsergebnis sohin auf die Leistung des Werkunternehmers rückführbar sein. Deckt sich die Leistung mit dem üblichen Betriebsergebnis des Bestellerbetriebes, indiziert dies eine (verdeckte) Arbeitskräfteüberlassung, während bei Nichtidentität der Produkte von der Erstellung eines Werkes ausgegangen werden kann.

- Für den Werkvertrag ist charakteristisch, daß die Arbeitskräfte als Erfüllungsgehilfen eines Werkunternehmers dem ihm als Arbeitgeber zukommenden Weisungs(Direktions-)recht unterliegen, nicht jedoch (direkten) Weisungen des Werkbestellers, auch insoweit dieser (nach zivilrechtlichen Grundsätzen in Relation zum Werkbesteller) zu werkbezogenen Anweisungen berechtigt ist (sogenannte "Eigenverantwortlichkeit" des Werkunternehmers). Beim Werkvertrag bleibt das arbeitsrechtliche Weisungsrecht (Regelung des arbeitsbezogenen Verhaltens, Art, Ort und Zeit der Arbeitserbringung) beim Werkunternehmer, bei der Arbeitskräfteüberlassung liegen diese Weisungsrechte beim Beschäftiger. Maßgebend ist die Integration der Arbeitskräfte in den Betrieb des Auftraggebers: liegt das arbeitsrechtliche Weisungs- und Kontrollrecht beim Werkunternehmer, so spricht dies eher für einen Werkvertrag, auch wenn der Besteller gegenüber den Arbeitskräften Ausführungsanweisungen (projektsbezogene, gegenstandsbezogene Weisungen) erteilt (erteilen kann). Hingegen wird die Annahme eines Werkvertrages zu verneinen sein, wenn die Arbeitskräfte in die Betriebsorganisation des Auftraggebers eingegliedert sind, insbesondere wenn sie organisatorisch vermischt mit Stammarbeitskräften des Auftraggebers in von diesem nach eigenen betrieblichen Erfordernissen gestalteten, fest vorgegebenen Arbeitsabläufen eingesetzt werden.

- Während der Überlasser nur für die ordnungsgemäße Auswahl der überlassenen Arbeitskräfte einzustehen hat, treffen den Werkunternehmer typische Gewährleistungs- und Schadenersatzpflichten sowie die "Preisgefahr". Vertragliche Änderungen dieser typischen Haftungs- und Risikoverteilung können auf eine Arbeitskräfteüberlassung hinweisen.

- Indizwirkung kommt ferner folgenden Umständen zu:

- - wessen Material und Werkzeug verwendet wird; - - Vorhandensein/Fehlen einer einschlägigen gewerberechtlichen Kompetenz des Werkunternehmers; - - Vorhandensein/Fehlen einer entsprechenden materiellen Ausstattung des Werkunternehmers; - - der Art der Abrechnung; - - eventuellen Rechten des Bestellers, die Qualifikation der Arbeitskräfte zu bestimmen bzw. Arbeitskräfte zurückzuweisen; - - der Bestimmung der Zahl der Arbeitskräfte bzw. eines fixierten Zeitraumes (insbesondere iS eines nicht unterschreitbaren Endtermins) im Vertrag.

(Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 AÜG vgl. im übrigen auch die Erkenntnisse vom 24. Februar 1995, Zl. 94/09/0261, vom 29. Jänner 1995, Zl. 94/09/0276, vom 17. November 1994, Zl. 94/09/0223 und vom 6. September 1994, Zl. 93/11/0162.) 4.1.2.3. Zum Ausnahmetatbestand des § 323a Abs.2 Z1 GewO 1973 (idF Art V, BGBl.Nr. 196/1988) ist festzuhalten:

Die Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestandes setzt voraus, daß die gleiche Erwerbstätigkeit legal ausgeübt wird (vgl. auch Geppert, S 266 ff, insbesondere S 268: "Vergleichbarkeit der Gewerbeberechtigung").

4.2. Beweiswürdigung Der unabhängige Verwaltungssenat ging davon aus, daß die hinsichtlich der wesentlichen Fakten übereinstimmenden Aussagen der Zeugen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung der Wahrheit entsprechen.

In diesem Sinn nahm es der unabhängige Verwaltungssenat als erwiesen an, daß die im angefochtenen Straferkenntnis bezeichneten Arbeitskräfte in der Firma "H H GmbH" tätig waren. Die Beschäftigung der Arbeitnehmer wird durch die Berufung nicht bestritten. Der unabhängige Verwaltungssenat bezweifelt auch nicht die Berufungsbehauptung, daß bei W K der Arbeitsbeginn erst mit 28. Juli 1993 anzusetzen ist und daß B K nur am 6. September 1993 arbeitete.

Aus den Aussagen der Arbeitskräfte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergaben sich Anhaltspunkte dafür, daß eine leistungsorientierte Entgeltform (zu den Entgeltformen vgl. etwa Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht, 4. Auflage, 1989, S 245 ff) vereinbart worden war. Allein dieser Umstand rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, daß verbotene Vereinbarungen getroffen wurden bzw die kollektivvertragsrechtlichen Ansprüche geschmälert wurden.

Der unabhängige Verwaltungssenat ging daher - in Übereinstimmung mit der Berufung - davon aus, daß eine Überwälzung des Unternehmerrisikos auf die Arbeitskräfte nicht stattfand.

Während der vorgeworfenen Tätigkeit besaß die F keine Gewerbeberechtigung für das Fleischergewerbe. Eine entsprechende Anmeldung erfolgte erst am 23. September 1993.

Entsprechende (aktenkundige) Annahmen lagen dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde und wurden auch in der Berufung nicht bekämpft.

Hinsichtlich der Fragen, die den Inhalt des Werkvertrages betreffen, enthält die Berufung keine eigentlichen Behauptungen, sondern nur "Prüfungsanregungen". Die entsprechenden Fragen wurden vom unabhängigen Verwaltungssenat aufgrund des von ihm durchgeführten Ermittlungsverfahrens beantwortet, wobei der unabhängige Verwaltungssenat zu keinen Ergebnissen gelangte, die konkreten Berufungsbehauptungen in irgendeiner Weise widersprechen würden.

In der Berufung wird nicht bestritten, daß die Arbeitskräfte keine Dienstzettel erhalten haben. Alle drei einvernommenen Zeugen haben denn auch übereinstimmend bestätigt, keine Dienstzettel erhalten zu haben. Der unabhängige Verwaltungssenat ging daher davon aus, daß keiner der überlassenen Arbeitskräfte ein Dienstzettel ausgestellt wurde. Daß die der Berufung in Kopie beiliegenden, mit "Dienstzettel" betitelten Blätter an den Partieführer K mit dem Auftrag übergeben wurden, sie an die anderen Dienstnehmer auszuteilen, konnte schon mangels Bekanntheit der Zustelladresse dieser Person nicht überprüft werden. Der unabhängige Verwaltungssenat nahm aber im Zweifel die Tatsache als gegeben an, daß dieser Person sämtliche "Dienstzettel" vor der Überlassung der betreffenden Arbeitskräfte mit dem Auftrag, die Dienstzettel zu Beginn der Überlassung weiterzugeben, übermittelt wurden.

4.3. Beurteilung des Tatvorwurfs unter dem Blickwinkel der geltenden Rechtslage 4.3.1. Zur Frage des Vorliegens einer Arbeitskräfteüberlassung:

Zunächst ist festzuhalten, daß schon aufgrund der Sachlage (keine erwiesene Verlagerung des Unternehmerrisikos auf die Arbeitnehmer) keine verbotene Arbeitsvermittlung vorlag und daher die belangte Behörde zutreffend davon ausging, daß allenfalls - die Strafbestimmungen des AÜG zum Tragen kommen.

Entscheidend ist auf der nächsten Stufe der Überlegungen, ob ein - unbedenklicher - Werkvertrag vorliegt oder gegebenenfalls trotz Vorliegens eines Werkvertrages - unter Zugrundelegung des wahren wirtschaftlichen Gehalts (§ 4 AÜG) von einer Arbeitskräfteüberlassung auszugehen ist.

Im gegenständlichen Fall liegen für einen unbedenklichen Werkvertrag charakteristische Merkmale vor, da - die Erbringung eines auf den Unternehmer rückführbaren Arbeitserfolges geschuldet war, - sich die erbrachte Leistung vom üblichen Betriebsergebnis des Bestellerbetriebes unterschied, - die einzelnen Arbeitskräfte keinen (unmittelbaren) Weisungen des Bestellerbetriebes unterlagen und auch keine organisatorische Vermischung mit (auf gleichem Gebiet tätigen) Stammarbeitskräften stattfand, - die Abrechnung zwischen den Firmen auf der Grundlage der Leistungsmenge erfolgte, - die Firma F für die erfolgreiche Leistungserbringung haftete und - die Firma F Arbeitsmittel bereitstellte.

Dem stehen Charakterzüge gegenüber, die - mag man auch im übrigen von einem Werkvertrag sprechen können - für eine Arbeitskräfteüberlassung sprechen:

- Die Berufungswerberin bot selbst Beweismittel an (Dienstzettel, Überlassungsverträge), welche nur vor dem Hintergrund sinnvoll sind, daß auch die Berufungswerberin von einer Arbeitskräfteüberlassung ausging. Auch die einvernommenen Arbeitskräfte waren einhellig der Auffassung, für eine "Leasingfirma" zu arbeiten bzw überlassen worden zu sein.

- Der vom Besteller (H) im Kern verfolgte wirtschaftliche Zweck der Konstruktion war die Rekrutierung von Arbeitskräften für einen bestimmten, in seinem Unternehmen laufend anfallenden Arbeitsschritt. Der vom Zeugen V beigebrachte Werkvertragsentwurf verdeutlicht dies, indem die Pflicht des Unternehmers (F) dahingehend formuliert ist, für die Bearbeitung der Fleischmenge die notwendigen Arbeitskräfte mit entsprechender fachlicher Qualifikation zur Verfügung zu stellen und für den Fall der Nichtbereitstellung der erforderlichen Zahl der Arbeitskräfte eine Konventionalstrafe vereinbart ist.

- Das herzustellende "Werk" war insofern nicht abgegrenzt, als in von vornherein unbestimmter Vertragsdauer anfallende Fleischmengen zu bearbeiten waren, also zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Gesamtmenge noch nicht feststand. Das konkrete Auftragsvolumen und die konkrete Tätigkeit (Art und Umfang der Leistung) wurden (im Rahmen des Vertrages) einseitig durch den Besteller geregelt. Zeit und Ort der Leistungserbringung, ja selbst die Arbeitsgeschwindigkeit, richtete sich ausschließlich nach den betrieblichen Erfordernissen des Bestellerbetriebes.

- Das Arbeitsmaterial (das zu zerlegende Fleisch) und (dem wirtschaftlichen Wert nach überwiegend) die Betriebsmittel (in Form des eingerichteten Werkraumes und sonstiger dort befindlicher Utensilien wie Schränke und Tische) wurden von der Bestellerfirma zur Verfügung gestellt. Auf Seiten des Unternehmers (F) fehlte überhaupt eine dem Gewerbe entsprechende materielle Betriebsausstattung. Lediglich Kleidung und Handwerkszeug waren zur Verfügung zu stellen, welche aber laut Vertrag vom Besteller zu reinigen und zu desinfiszieren waren.

- Dem Besteller waren laut Werkvertragsentwurf bestimmte Kontrollrechte hinsichtlich der "Identität" der Arbeitskräfte eingeräumt, wohl in erster Linie wegen der Überprüfung gesundheitspolizeilicher Voraussetzungen.

- Im gegenständlichen Fall fehlte der Unternehmerfirma die gewerberechtliche Kompetenz für die Ausübung der Feinzerlegung von Fleisch.

In Abwägung dieser Umstände nach Art eines "beweglichen Systems" kam der unabhängige Verwaltungssenat zu dem Ergebnis, daß nach dem "wahren wirtschaftlichen Gehalt" iSd § 4 Abs.1 AÜG eine Arbeitskräfteüberlassung vorlag.

4.3.2. Zur Anwendbarkeit des § 11 AÜG im konkreten Fall:

Im gegenständlichen Fall ist der Ausnahmetatbestand des § 323a Abs.2 Z1 GewO nicht anzuwenden, da die Firma F erst am 23. September 1993 das Fleischergewerbe im Standort W angemeldet hat. Deshalb war die Arbeitskräfteüberlassung konzessionspflichtig und daher die Ausnahmeregelung des § 1 Abs.3 AÜG nicht anzuwenden. Demgemäß ist § 11 AÜG auf den gegenständlichen Fall anzuwenden.

4.4. Zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 22 Abs.1 Z2 lit.b AÜG:

Im vorliegenden Fall steht fest, daß die überlassenen Arbeitskräfte keinen Dienstzettel erhalten haben. Damit ist - insoweit - der Tatbestand des § 22 Abs.1 Z2 lit.b AÜG in objektiver Hinsicht erfüllt.

Dieses Verhalten der Berufungswerberin ist auch nicht entschuldigt:

Als handelsrechtliche Geschäftsführerin einer GesmbH trägt sie die Verantwortung für die Einhaltung der Bestimmungen des AÜG. Ihr Vorbringen, dem Partieführer Dienstzettel mit der Weisung, diese Dienstzettel zu verteilen, übergeben zu haben, vermag die Berufungswerberin nicht zu entschuldigen.

Das gegenständliche Delikt ist ein Ungehorsamsdelikt; die Glaubhaftmachung des Unverschuldens iSd § 5 Abs.1 VStG kann durch bloßen Hinweis auf die Weisungserteilung gegenüber einer Person, eine wesentliche Teilhandlung dieser Pflichterfüllung vorzunehmen, nicht gelingen. Der Berufungswerberin wäre es oblegen nachzuprüfen, ob die Dienstzettel tatsächlich übergeben wurden, was nach der Lage des Falles (geographische Nähe des Firmensitzes zum Beschäftigungsort) überdies leicht möglich gewesen wäre. Die Vornahme einer entsprechenden Kontrolle durch die Berufungswerberin wurde durch diese jedoch nicht behauptet.

Bei diesem Ergebnis kann die Frage dahingestellt bleiben, ob ein "Dienstzettel" mit derart mangelhaftem Inhalt wie im gegenständlichen Fall überhaupt als Dienstzettel iSd § 11 AÜG angesprochen werden kann, enthält doch dieser Zettel lediglich die Angabe des kollektivvertraglichen BruttoMindestlohns und einen Hinweis auf beiliegende - aber nicht beigelegte - "Bedingungen".

Es liegt auch kein entschuldigender Rechts- (Subsumptions-) irrtum vor:

Wenn die Berufung (sinngemäß) behauptet, die Berufungswerberin sei der Auffassung gewesen, ihre Geschäftstätigkeit stelle eine Ausübung des Fleischergewerbes und daher keine Arbeitskräfteüberlassung dar, so ist ihr entgegenzuhalten: Die Berufungswerberin hat nach eigenem Vorbringen (vgl die Berufungsbeilagen) Handlungen gesetzt, die darauf schließen lassen, daß sie selbst vom Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung ausging.

Hierher gehört die Abfassung von "Dienstzetteln" (August 1993) und einer "Überlassungsvereinbarung" zwischen der Firma F und ihren Arbeitnehmern als zu überlassenden Arbeitskräften (vom Juli 1993). Aus diesem Grund ist schon das Vorliegen eines Rechtsirrtums zu verneinen und allenfalls eine erhöhte Erkundigungspflicht infolge drängender Zweifel anzunehmen.

Selbst bei anderer Annahme bleibt folgender Vorwurf bestehen: Da die Berufungswerberin im vorgeworfenen Tatzeitraum nicht über die für die Ausübung des Fleischerhandwerks erforderliche Gewerbeberechtigung verfügte, konnte sie auch nicht - entschuldbar - den Schiedsspruch der Wiener Handelskammer dahingehend (miß-) interpretieren, daß bei Fehlen dieser Voraussetzung dennoch eine Ausübung des Fleischergewerbes - und somit keinesfalls eine Arbeitskräfteüberlassung - vorliegt.

4.5. Der Berufung kommt dennoch im Ergebnis Berechtigung zu:

Wie oben ausgeführt, hat sich die belangte Behörde in der Firmenbezeichnung geirrt. Als Firma, in welcher die überlassenen Arbeitskräfte beschäftigt wurden (als Beschäftiger), ist nach den Ergebnissen der Aussagen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht - wie im angefochtenen Straferkenntnis angegeben - die Firma W anzusehen, sondern die Firma H GmbH. Es kann dahingestellt bleiben, ob einer Spruchkorrektur die Gefahr einer Beeinträchtigung der Verteidungsrechte der Partei (vgl.

VwSlg 11.486 A/1984 und die Folgejudikatur) entgegenstünde.

Die Entscheidungsbefugnis des unabhängigen Verwaltungssenats ist nämlich durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen erstbehördlichen Bescheides begrenzt; der unabhängige Verwaltungssenat ist mithin nicht befugt, die der Beschuldigten zur Last gelegte Tat gegen eine andere Tat auszuwechseln (vgl. statt vieler VwSlg 9222 A/1977).

Eine solche Tatauswechslung sieht der Verwaltungsgerichtshof bei einer Richtigstellung des Beschäftigerunternehmens im Berufungsverfahren im Zusammenhang mit dem Tatvorwurf der unbefugten Gewerbsausübung der Arbeitskräfteüberlassung gegeben:

Es trifft, so der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. November 1993, Zl. 93/04/0169, zwar zu, daß es sich bei der Person des Empfängers der LeihArbeitskräfte nicht um ein wesentliches Tatbestandselement der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten unbefugten Ausübung des Gewerbes der Arbeitskräfteüberlassung handelt, doch vermag dies nichts daran zu ändern, daß es sich dabei um ein die Identität der Tathandlung bestimmendes Merkmal handelt, dessen Auswechslung den Vorwurf einer anderen Tathandlung bedeutet.

Der unabhängige Verwaltungssenat vermag hinsichtlich der seitens des Verwaltungsgerichtshofes getroffenen Abgrenzung des Verfahrensgegenstandes durch die Bezeichnung des Beschäftigers keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem gewerberechtlichen Delikt, über welches der Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden hatte und den hier gegenständlichen Straftatbeständen zu erkennen.

Konsequenterweise hatte der unabhängige Verwaltungssenat daher auch hier davon auszugehen, daß der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis - im Berufungsverfahren nicht korrigierbar - eine Tat vorgeworfen wurde, deren Begehung durch die Berufungswerberin durch das Ermittlungsverfahren des unabhängigen Verwaltungssenates nicht erwiesen wurde. Die Berufungswerberin hatte daher die ihr zur Last gelegte Tat mithin nicht begangen (§ 45 Abs.1 Z1 VStG).

5. Zu den Fakten 3, 4 und 5:

Das zuletzt Gesagte gilt nicht nur für das Faktum 2, sondern auch für die Fakten 3, 4 und 5. Zu diesen Fakten ist im übrigen anzumerken, daß auch ohne Fehlbezeichnung des Beschäftigers das Verfahren einzustellen gewesen wäre, und zwar aus folgenden Gründen:

5.1. Zum Faktum 3:

Gemäß § 22 Abs.1 Z1 lit.a AÜG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Überlasser oder Beschäftiger gesetzwidrige Vereinbarungen trifft (§§ 8 und 11 Abs.2) und deren Einhaltung verlangt.

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde der Berufungswerberin lediglich vorgeworfen, daß sie gesetzwidrige Vereinbarungen getroffen habe, nicht jedoch auch, daß sie deren Einhaltung verlangt habe. Damit fehlte dem Vorwurf ein wesentliches Tatbestandselement. (Zur Notwendigkeit der Anführung alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale im Spruch vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, 1990, S 939).

5.2. Zum Faktum 4:

Gemäß § 22 Abs.1 Z2 lit.c AÜG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Mitteilungspflichten (§ 12) nicht einhält, wenn dadurch die Gefahr eines Schadens für die Arbeitskraft besteht.

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde der Berufungswerberin zwar die Verletzung der Mitteilungspflicht gemäß § 12 Abs.1 AÜG vorgeworfen, nicht jedoch das Bestehen der Gefahr eines Schadens für die Arbeitskraft. Damit fehlte dem Vorwurf ein wesentliches Tatbestandselement.

5.3 Zum Faktum 5:

Gemäß § 22 Abs.1 Z2 lit.d AÜG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die gemäß § 13 zu führenden Aufzeichnungen oder die zu übermittelnden statistischen Daten nicht oder mangelhaft vorlegt.

Gemäß § 13 Abs.1 AÜG hat der Überlasser ab Aufnahme der Überlassungstätigkeit laufend Aufzeichnungen über die Überlassung von Arbeitskräften zu führen. Gemäß § 13 Abs.4 AÜG (in der am 31. Juli 1993 geltenden Fassung) hatte der Überlasser dem zuständigen Landesarbeitsamt einmal jährlich zum Stichtag Ende Juli die im folgenden genannten Daten zu übermitteln.

Dazu verweist der unabhängige Verwaltungssenat auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. November 1993, B 801/93, in welchem der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat: § 13 Abs.4 AÜG enthält keine Angabe über den Zeitpunkt bis zu dem die statistischen Daten der Behörde vorzulegen sind. Daraus folgt, daß - sofern die Behörde nicht eine Frist gewährt - die Daten unverzüglich zu übermitteln sind. Die belangte Behörde, die bei ihrer Entscheidung davon ausging, daß der in § 13 Abs.4 AÜG genannte Stichtag (für die Erfassung der statistischen Daten) zugleich das Ende der Frist für die Meldung darstellt, unterstellt dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt, weil ein derartiges Verständnis dieser Vorschrift bedeuten würde, daß der Überlasser zum einen sämtliche geforderte Daten bis zum Ablauf des 31.7. zu erfassen hat (andernfalls droht ihm eine Bestrafung gemäß § 22 Abs.1 Z2 lit.d AÜG wegen Mangelhaftigkeit der vorgelegten Unterlagen), zum anderen aber verpflichtet wird, dafür Sorge zu tragen, daß die von ihm ermittelten Daten am 31.7. dem Landesarbeitsamt vorgelegt werden. Da die zum Stichtag zu erfassenden Daten nicht schon am Stichtag der Behörde vorgelegt werden können, würde solcher Art ein gesetzeskonformes Verhalten der Rechtsunterworfenen unmöglich, doch ist es nicht nötig, dem Gesetz diesen Inhalt zu unterstellen.

Indem die belangte Behörde davon ausging, daß "Ende Juli 1993" - einen Zeitraum, zudem die vorgeworfenen Überlassungen teils erst gerade begannen, überwiegend jedoch nicht einmal begonnen hatten (andere Überlassung sind aus dem Akt nicht ersichtlich) - gleichzeitig der Zeitraum für die Erfassung der Daten und das Ende der Meldefrist war, ging sie von der vom VfGH abgelehnten Auslegung des § 22 Abs.1 Z2 lit.d AÜG aus. Entsprechendes ist für den Vorwurf der Nichtvorlage der geführten Aufzeichnungen anzunehmen, für die im übrigen nicht der in § 13 Abs.4 erwähnte Stichtag gilt, wie die belangte Behörde offensichtlich annahm.

6. Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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