Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250403/6/Lg/Shn

Linz, 18.08.1995

VwSen-250403/6/Lg/Shn Linz, am 18. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Herrn Ing. A W, Geschäftsführer der Fa. L Ges.m.b.H., S, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. A N und Dr. S H , S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 6. Februar 1995, Zl.SV96-65-1994, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr.218/1975 idgF, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 5.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. L GmbH, S, zu vertreten habe, daß in der Zeit von 26.8.1994 bis 30.8.1994 auf der Baustelle S, von der oa Firma ein näher bezeichneter Ausländer beschäftigt wurde, ohne daß die dafür gemäß § 3 Abs.1 AuslBG erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien. Dadurch habe der Berufungswerber § 28 Abs.1 Z1 lit.a iVm § 3 Abs.1 AuslBG verletzt.

Wie sich - erst - aus der Begründung ergibt, ging die belangte Behörde davon aus, daß die oa Firma (nicht, wie fälschlich formuliert, der Berufungswerber selbst) deshalb Arbeitgeber iSd AuslBG gewesen sei, weil sie als Beschäftiger überlassener Arbeitskräfte (§ 3 Abs.3 AÜG) fungiert habe (§ 2 Abs.3 iVm § 2 Abs.2 lit.e AuslBG).

Begründend verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Arbeitsmarktservice V, wonach der Ausländer am 30. August 1994 bei einer Kontrolle an der Baustelle angetroffen worden sei. Der "Polier der Baustelle" komme, F G, habe angegeben, daß der Ausländer von einer Personalleasing-Firma "H" geleast sei.

Der Ausländer habe, durch die BH zeugenschaftlich einvernommen, angegeben, die Arbeitsanweisungen von Herrn G erhalten zu haben.

Herr G wurde - wohl deshalb, weil, wie aus einer handschriftlichen Notiz auf dem Gendarmerieprotokoll vom 27.11.1994 hervorgeht, G unbekannten Aufenthalts ist - im erstbehördlichen Verfahren nicht einvernommen.

Die belangte Behörde stützt die Annahme der Arbeitskräfteüberlassung auf Passagen des "Arbeitsübereinkommens" zwischen der Fa. L und der Fa. Bauträger und Personalservice, H, vom April 1993, wonach die Beistellung von Arbeitsgerät durch den Auftraggeber vorgesehen und Richtlinien für die Zusammensetzung der Arbeitspartie für den Auftragnehmer vorgesehen waren und außerdem darauf, daß aus der Art der Abrechnung (nach Arbeitsstunden) des betreffenden Ausländers auf Personalleasing geschlossen werden müsse.

Ferner verweist das angefochtene Straferkenntnis auf eine Rechtfertigung des Berufungswerbers vom 11.10.1994, in welcher auf das Arbeitsübereinkommen Bezug genommen (aber gleichzeitig auf das Vorliegen eines Werkvertrages, mit welchem eine Subunternehmerleistung in selbständiger Regie (an die H) vergeben worden sei, mit Nachdruck hingewiesen wird).

Auf die Stellungnahmen des Berufungswerbers vom 18.11.1994 und vom 4.1.1995 geht das angefochtene Straferkenntnis nicht ein.

2.1. Die Berufung argumentiert - in Zusammenhalt mit den bisherigen Rechtfertigungen und Stellungnahmen - zunächst dahingehend, daß keine Arbeitskräfteüberlassung vorgelegen sei, weil es sich um einen (nach den Kriterien des AÜG:

unbedenklichen) Werkvertrages mit der Fa. H (als deren Repräsentant Ferdinand G aufgetreten sei) gehandelt habe. Es sei daher der - hier allein in Betracht kommende Beschäftigungsbegriff des § 2 Abs.2 lit.e AuslBG nicht erfüllt.

Im Zusammenhang mit der Darstellung des Werkvertrages zwischen der Fa. Lund der Fa. H ist vor allem beachtlich, daß der Berufungswerber - wie schon im Rahmen einer Stellungnahme im erstbehördlichen Verfahren - die Behauptung aufstellt, dem gegenständlichen Einsatz des Ausländers sei ein mündlicher Vertrag zwischen der Fa. L und der Fa. H zugrunde gelegen. Dessen Inhalt sei in einer (der belangten Behörde übermittelten) Aktennotiz vom 27.7.1994 festgehalten. Die Abmachung sei notwendig geworden, weil das befristete "Arbeitsübereinkommen" der beiden Firmen im April 1994 ausgelaufen sei.

Inhaltlich habe sich das Vertragsverhältnis wie folgt dargestellt:

Die Fa. H sei ein Subunternehmen iS der ÖNORM A 2060 Pkt.

1.2.3.6 gewesen. Die Werkleistung - Kanalbauarbeiten der Baustelle N, Teilbereich "S" - sei von der Fa. H in selbständiger Regie (iS der ÖNORM B 2112 - Regieleistungen im Bauwesen, Werkvertragsnorm, betreffend allgemeine Vertragsbestimmungen für Bauleistungen, bei denen es unzweckmäßig oder unmöglich ist, einen Einheits- oder Pauschalpreis ohne unzumutbares Wagnis für die Vertragspartner zu ermitteln) nach ihr von der Fa. L zur Verfügung gestellten Plänen erbracht worden. Die Fa. H. habe die Werkleistung eigenverantwortlich erbracht und für den Erfolg der Werkleistung gehaftet (Gewährleistung gemäß ÖNORM 2060, Pkt. 20). Das Personal der Fa. H sei nicht in den Betrieb der Fa. L eingegliedert gewesen. Dieses Personal habe nicht der Dienst- und Fachaufsicht der Fa. L (sondern jener der Fa. H - konkret jener des Herrn G) unterstanden.

Das Werkentgelt sei - branchenüblich (ÖNORM B 2112, betreffend ua die erforderlich gewesenen Arbeitsstunden) auf der Basis von Arbeitsstunden abgerechnet worden.

2.2. Subsidiär argumentiert die Berufung dahingehend, daß den Berufungswerber kein Verschulden treffe. Dies zum einen, weil er sich nicht dessen bewußt war, daß im gegenständlichen Fall eine Arbeitskräfteüberlassung vorliegen könne und zum anderen, weil ein ausreichendes Kontrollsystem eingerichtet war, indem die Wochenabrechnungen vom Berufungswerber kontrolliert wurden, die Baustellen regelmäßig von ihm besucht wurden und außerdem die von der Fa. L zur Verfügung gestellte Wohnung regelmäßig auf ihren Zustand hin überprüft wurde. Dabei sei, trotz langer Zusammenarbeit mit der Fa. H, nie eine Beschäftigung von Ausländern bekannt geworden. Der Fa. H sei bekannt gewesen, daß die Fa. L auf die Beschäftigung von Inländern Wert lege. Es habe im Verlaufe der Zusammenarbeit mit der Fa. H niemals Beanstandungen wegen illegaler Ausländerbeschäftigung gegeben.

3. Das Arbeitsmarktservice vertritt in seiner Stellungnahme zur Berufung die Auffassung, daß "diese Vereinbarung eindeutig die Elemente eines Personalleasingvertrages enthält und daher nicht als Werkvertrag qualifiziert werden kann".

Dabei wird nicht klar, welche Vereinbarung das Arbeitsmarktservice meint. Der Hinweis auf die Stellungnahmen des Arbeitsmarktservice vom 19.10. und vom 12.12.1994 scheint nahezulegen, daß sich das Arbeitsmarktservice auf das "Arbeitsübereinkommen" vom April 1993 bezieht, obwohl dieses Arbeitsübereinkommen nach seinem Wortlaut zum Tatzeitraum bereits abgelaufen war und die Berufung - wie schon vorhergehende Stellungnahmen - auf diesen Umstand und ein neues Übereinkommen ausdrücklich hinweist. Aus der vagen Bezugnahme auf das Arbeitsübereinkommen vom April 1993 kann jedenfalls nicht abgeleitet werden, daß konkrete Bestimmungen des Werkvertrages, wie er in der Berufung (und im übrigen auch schon im erstbehördlichen Verfahren) dargestellt ist, seitens des Arbeitsmarktservice bestritten werden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

4.1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, daß die Darstellung der tatsächlichen Durchführung des Werkvertrages, wie sie in der Berufung dargestellt und von den übrigen Parteien des Verfahrens nicht bestritten wird, den Tatsachen entspricht.

Ergänzend ist festzuhalten, daß selbst nach dem "Arbeitsübereinkommen" vom April 1993 die konkrete Zusammensetzung des zum Einsatz gelangenden Personals dem als selbständige Firma (H) auftretenden "Polier" (= Ferdinand G), wenn auch nach bestimmten Richtlinien (hinauslaufend auf sachliche und wirtschaftliche Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte) übertragen wurde. Der unabhängige Verwaltungssenat nimmt an, daß durch die tatsächliche Durchführung des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens auch in dieser Hinsicht der früher vereinbarte Grad an Selbständigkeit des Auftragnehmers eher übersicherlich jedoch nicht unterschritten wurde.

Als unbestritten ist ferner zugrundezulegen, daß Arbeitsgerät des Auftraggebers verwendet wurde und die Abrechnung auf Stundenlohnbasis erfolgte.

Aus dem Akt ergibt sich weiter, daß die Fa. H bzw der als ihr Inhaber auftretende Ferdinand G nicht im Gewerberegister aufscheint.

Weiters ist darauf hinzuweisen, daß der behördlich angenommene Tatzeitraum (Freitag 26.8.1994 bis Dienstag 30.8.1994) nur hinsichtlich der beiden Tage 29. und 30.8.1994 durch die dem Akt beiliegenden Abrechnungen belegbar ist, worauf der Berufungswerber übrigens schon im erstbehördlichen Verfahren aufmerksam gemacht hatte.

4.2. Die Frage, ob iSd § 4 AÜG von einem unbedenklichen Werkvertrag oder von einer Arbeitskräfteüberlassung ausgegangen werden muß, ist im Rahmen einer Gesamtabwägung der maßgeblichen Umstände der tatsächlichen Durchführung zu beurteilen (vgl dazu und zum folgenden Geppert, Arbeitkräfteüberlassungsgesetz, 1989, S.50 ff).

Im vorliegenden Fall sprechen bestimmte Umstände für das Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung, so die Verrechnung auf Stundenlohnbasis, der Einsatz von Betriebsmitteln des Auftraggebers und die - vom Berufungswerber freilich erst im Nachhinein erkannte - fehlende gewerberechtliche Kompetenz des Auftragnehmers.

Dem steht gegenüber, daß - wie insbesondere den unwidersprochen gebliebenen Behauptungen des Berufungswerbers zu entnehmen - ein Werk (und nicht die Zurverfügungstellung von Personal) geschuldet war. Das Arbeitsergebnis war auf die Leistung des Werkunternehmers rückführbar. Das Personal des Werkunternehmers war nicht in den Betrieb des Bestellers integriert sondern unterlag ausschließlich der Dienst- und Fachaufsicht des Werkunternehmers. Den Werkunternehmer trafen die werkvertragstypischen Haftungs- bzw Gewährleistungspflichten. Das zum Einsatz gelangende Personal wurde durch den Werkunternehmer nach dem Gesichtspunkt wirtschaftlicher und sachlicher Zweckmäßigkeit bestimmt.

Daraus ergibt sich, daß die Umstände, die für das Vorliegen eines unbedenklichen Werkvertrages (und gegen eine Arbeitskräfteüberlassung) sprechen, überwiegen. Da deshalb davon auszugehen ist, daß der Berufungswerber den betreffenden Ausländer nicht als Beschäftiger iSd AÜG bzw als Arbeitgeber iSd AuslBG beschäftigte, ist spruchgemäß zu entscheiden.

4.3. Es braucht daher auch nicht überprüft zu werden, ob das Verhalten des Berufungswerbers schuldhaft war, wenn er den von ihm mißbilligten Einsatz einer ausländischen Arbeitskraft an zwei (!) Tagen durch einen ihm nach langer Zusammenarbeit in dieser Hinsicht verläßlich bekannten Vertragspartner trotz der beschriebenen Kontrollmaßnahmen erst nachträglich bemerkte.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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