Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250424/48/Lg/Bk

Linz, 16.10.1995

VwSen-250424/48/Lg/Bk Linz, am 16. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 25.

September 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der Frau M M, S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H M gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Rohrbach vom 15. März 1995, Zl.

SV96-17-1994 wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Verwaltungssenat in Höhe von vier Mal je 2.000 S (insgesamt also 8.000 S) zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19, 20, 21 Abs.1 VStG iVm §§ 28 Abs.1 Z1 lit.a und 3 Abs.1 AuslBG.

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin Geldstrafen in Höhe von vier Mal je 10.000 S bzw Ersatzfreiheitsstrafen von vier Mal je 15 Stunden verhängt, weil sie als persönlich haftende Gesellschafterin und somit als Außenvertretungsbefugte gemäß § 9 Abs.1 VStG der M, S, vier näher bezeichnete Ausländer am 11. August 1994 beschäftigt habe, obwohl die für eine legale Ausländerbeschäftigung gemäß § 3 Abs.1 AuslBG erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere nicht vorgelegen seien.

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Wahrnehmungen der Organe des Arbeitsamtes Rohrbach anläßlich der Betriebskontrolle am 11. August 1994 und die Aussage einer Arbeitnehmerin.

Eingehend auf die Rechtfertigung der Beschuldigten nimmt das angefochtene Straferkenntnis es als erwiesen an, daß die Ausländerin H B in der Küche beim Zubereiten von Mahlzeiten und in der Gaststätte beim Decken von Tischen geholfen habe und somit als Kellnerin und Küchenhilfe beschäftigt gewesen sei. Die Ausländer J N, J K und M K seien beim Zuschnitt von Brettern betreten worden, was auf eine Beschäftigung als Hilfszimmerer schließen ließe.

2. In der Berufung wird dagegen im wesentlichen vorgebracht, die betreffenden Ausländer hätten zum fraglichen Zeitpunkt keine Tätigkeiten erbracht, welche typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden. Deshalb sei kein Feststellungsbescheid des Landesarbeitsamtes gemäß § 2 Abs.4 AuslBG erforderlich und liege keine Beschäftigung der Ausländer iSd AuslBG vor.

3. Dem Akt liegt ein Gesellschaftsvertrag, abgeschlossen am 19. Mai 1994 zwischen Frau M M und Frau E K über die Gründung einer "M" bei. Darin ist vorgesehen, daß kein Gesellschafter eine Kapitaleinlage einbringt, sondern sämtliche Gesellschafter zu gleichen Teilen ihre Arbeitsleistung in die Gesellschaft als Sacheinlage einbringen. Zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft sind jeweils zwei Gesellschafter gemeinsam berufen. Sämtliche Gesellschafter erhalten wöchentlich als Akontierung auf ihre Gewinnanteile einen Betrag von 2.000 S.

Diese Akontierungen dürfen den voraussichtlichen Reingewinn des Geschäftsjahres nicht überschreiten. Ein über die Akontierung hinausgehender Gewinn wird zwischen den Gesellschaftern zu gleichen Teilen verteilt. Die Gesellschafter nehmen am Gewinn und Verlust der Gesellschaft teil. Gegenstand des Unternehmens ist laut Gesellschaftsvertrag die Ausübung des Gastgewerbes sowie die Erbringung von Dienstleistungen aller Art. Das erste Geschäftsjahr beginnt mit Eintragung ins Firmenbuch (das war, lt. Firmenbuchauszug, der 7. Juli 1994).

Mit einer Vereinbarung vom 17. Juni 1994 erfolgte eine Änderung des Firmennamens auf "M". Die zu gleichen Teilen an der M beteiligten M T M und E K treten (zu einem Abtretungspreis von 1 S) Anteile in der Weise ab, daß nach Hinzutreten von drei weiteren Personen, darunter M K und H, alle Gesellschafter zu gleichen Teilen an der OEG beteiligt sind. Im übrigen bleiben die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages vom 19. Mai 1994 unberührt.

Nach einer Vereinbarung vom 21. Juli 1994 trat die Gesellschafterin M M von ihren Gesellschaftsanteilen an drei Personen (zu einem Abtretungspreis von 1 S), darunter Josef K und J N, Anteile in der Weise ab, daß jeder von ihnen mit 1/25 Anteilen an der gegenständlichen Gesellschaft beteiligt sind.

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß keiner der Geschäftsanteile der verfahrensgegenständlichen ausländischen Gesellschafter 25 % erreichte.

4. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte der Vertreter der Berufungswerberin außer Streit, daß die Tätigkeit der Ausländer nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs.4 AuslBG) als Beschäftigung iSd § 2 Abs.2 AuslBG zu betrachten sei. Dies insbesondere auch nach den näheren Kriterien: Gesellschafter einer Personengesellschaft, Geschäftsanteile von weniger als 25 %, Erbringung von Arbeitsleistungen für die Gesellschaft wie sie typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, Nichtvorliegen eines Feststellungsbescheides des Arbeitsmarktservice über den Einfluß der Gesellschafter auf die Geschäftsführung.

Der Vertreter der Berufungswerberin brachte jedoch vor, daß die Berufungswerberin einem unverschuldeten Rechtsirrtum erlegen sei. Sie habe durch Rechtsanwalt Dr. B ein Modell ausarbeiten lassen, wie sie den durch Inländer bzw durch arbeitsmarktrechtlich bewilligte Ausländer nicht abzudeckenden Arbeitskräftebedarf durch Ausländer abdecken könne, ohne gegen das AuslBG zu verstoßen. Der Rechtsanwalt habe daraufhin das OEG-Modell unter Beteiligung der Ausländer entwickelt. Die betretenen Ausländer seien mit Einverständnis der Berufungswerberin, die sich im Glauben wähnte, nichts Rechtswidriges zu tun, tätig gewesen und dabei bei der Kontrolle betreten worden. Sowohl vom Rechtsanwalt aus als auch von der Berufungswerberin sei die Schaffung des § 2 Abs.4 AuslBG durch die Novelle BGBl.Nr.

502/1993 übersehen worden. Da der Berufungswerberin die Rechtsänderung durch den Rechtsanwalt, auf den sie sich verlassen hatte, nicht mitgeteilt wurde, sei sie im erwähnten Rechtsirrtum befangen gewesen, als die Ausländer iSd AuslBG beschäftigt wurden.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Der - glaubwürdig behauptete - Rechtsirrtum der Berufungswerberin war verschuldet. Nach der Lage des Falles hatte sie nach Wegen gesucht, das AuslBG - legal - zu umgehen, dabei aber übersehen, daß der Gesetzgeber gerade dem vermeintlich gefundenen Ausweg bereits einen Riegel vorgeschoben hatte (die Novelle BGBl.Nr. 502/1993 war am 1. Juli 1993 in Kraft getreten).

Der unabhängige Verwaltungssenat erinnert an diesem Zusammenhang an das Erkenntnis des VwGH vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/09/0224, in welchem der VwGH es - im Zusammenhang mit dem AuslBG - nicht als entschuldigend anerkannte, daß sich der Beschwerdeführer auf eine Auskunft seines Rechtsanwaltes verlassen hatte. Näherhin ging es darum, daß der Beschwerdeführer übersehen hatte, daß durch die AuslBG-Nov.Nr. 450/1990 die Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte (nunmehr: ausdrücklich) unter Strafe stellte und der Beschwerdeführer aufgrund einer Auskunft eines Rechtsanwaltes zur früheren Rechtslage der Meinung war, sein Verhalten sei legal. Der Grundgedanke dieses Erkenntnisses ist auf den gegenständlichen Fall übertragbar; daß im Vergleichsfall die Unrichtigkeit der Rechtsauffassung des Rechtsanwaltes zur alten Rechtslage bereits ausjudiziert war ist für die Vergleichbarkeit der Fälle ohne Belang. Das Risiko, sich den Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts vorwerfen lassen zu müssen muß umso mehr Personen treffen, die - wie im gegenständlichen Fall - über juristische Konstruktionen jenen wirtschaftlichen Effekt zu erzielen suchen, den der Gesetzgeber vermeiden wollte (§ 2 Abs.4 stellt eine Reaktion auf Gesetzesumgehungen dar; vgl. Schnorr, AuslBG, 3.

Auflage, RZ 9 zu § 2). Es ist daher der Berufungswerberin subjektiv vorzuwerfen, sich nicht vor der Beschäftigung der Ausländer bei der zuständigen Behörde vergewissert zu haben, ob der gewählte "Ausweg" einer rechtlichen Prüfung wirklich standhält.

Zur Festsetzung der Strafhöhe ist zu bemerken:

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde die Mindeststrafe verhängt. Da Milderungsgründe weder geltend gemacht wurden noch aus dem Akt solche ersichtlich sind, ist auch unter Berücksichtigung der vom Vertreter der Berufungswerberin im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung angeführten Tatsachen (daß die Verwaltungsübertretungen in einem Rechtsirrtum begangen wurden und daß die Erhaltung eines ländlichen Gasthausbetriebes unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen ein anerkennenswertes Ziel ist) nicht von einem Überwiegen von Milderungsgründen iSd § 20 VStG auszugehen. Auch bleibt die Tat nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, daß eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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