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VwSen-250435/4/Lg/Shn

Linz, 18.09.1995

VwSen-250435/4/Lg/Shn Linz, am 18. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Herrn G D, H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land, vom 21. März 1995, Zl.SV-96/84-1993-E/Gus, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes BGBl.Nr.218/1975 idgF, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkennntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Verfahrenskostenbeiträge entfallen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 31 Abs.1, 45 Abs.1 Z3 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber Geldstrafen in Höhe von fünfmal je 10.000 S bzw Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von fünfmal je 56 Stunden verhängt, weil er in der Zeit vom 22.6.1993 bis 21.7.1993 beim Hause des H S in W, Außenverputzarbeiten durchgeführt und hiebei die ausländischen Staatsangehörigen S C, J J und I S sowie am 31.7.1993 die ausländischen Staatsangehörigen F M und B K beschäftigt habe, ohne daß für die Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, ein Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis ausgestellt worden sei.

2. In der Berufung wird dagegen eingewendet, der Berufungswerber habe bei der gegenständlichen Baustelle keine Ausländer beschäftigt. Er sei genauso Arbeiter gewesen wie die Ausländer.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

3.1. Die Anzeige verdächtigt in der "Darstellung der Tat" den Berufungswerber - bezüglich der hier ausschließlich tatgegenständlichen Baustelle S - lediglich dessen, Außenverputzarbeiten (gemeinsam mit K D) ohne Gewerbeberechtigung durchgeführt zu haben. Bezüglich der Ausländer befindet sich in der "Darstellung der Tat" kein Hinweis, daß der Berufungswerber als Arbeitgeber fungiert haben soll. Selbst aus den "Beweismitteln", also aus den weitgehend wortgleichen - Niederschriften der Aussagen der (wie aus einem Aktenvermerk ersichtlich: ohne Dolmetsch einvernommenen, nur gebrochen Deutsch sprechenden) Ausländer C, und S geht nicht klar hervor, wer wann genau tatsächlich die Rolle des Arbeitgebers gespielt haben soll. Die Ausländer M und K erwähnten den Berufungswerber überhaupt nicht sondern sprachen von D als ihrem "Chef", der sie bezahlt habe. Der Berufungswerber selbst hatte lediglich angegeben, einmal drei Ausländern je 1.000 S gegeben zu haben, ohne daß der Rechtstitel (Vertragspartner, Beschäftigungszeitraum) daraus hervorginge; Lohnvereinbarungen mit den "drei Jugoslawen" hätte D getroffen.

3.2. Herbert S gab am 31.7.1993 laut Niederschrift des Gendarmeriepostens E an, er habe für den Außenverputz eine Pfuscherpartie gesucht. Ihm sei von einem Arbeitskollegen Karl D empfohlen worden. Dieser habe gemeinsam mit D den Auftrag erhalten. Beide hätten mit den Arbeiten am 22.6.1993 begonnen. Sie hätten ständig verschiedene Helfer gehabt.

Darunter hätten sich auch Ausländer befunden. Er habe den vereinbarten Betrag in Teilsummen teils D, teils D gegeben.

Am 21.7.1993 seien die Arbeiten abgeschlossen gewesen. Am 22.7.1993 hätten ihn drei Jugoslawen um Geld angegangen, da sie von D nur je 1.000 S erhalten hätten. Am 31.7. seien die drei Jugoslawen nochmals aufgetaucht und hätten von D Geld gefordert.

3.3. Mit Schreiben vom 21.10.1993 ersuchte die BH Linz-Land die Gemeinde K um Einvernahme des Herrn G D als Zeuge zu Punkt 1 und 2 der Anzeige. (Diese Punkte betreffen ein anderes Delikt bzw eine andere Baustelle. An anderer Stelle findet sich auch, allerdings ohne Angabe eines Beschuldigten, der Satz "Verdacht der Übertretung nach § 9 VStG iVm § 3 Abs.1 und § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975, Beschäftigung von fünf ausländischen Staatsangehörigen ohne Beschäftigungsbewilligung".) Am 23.11.1993 wurde G D am Marktgemeindeamt K als Zeuge einvernommen.

Als Gegenstand der Vernehmung findet sich lediglich der Vermerk: "Verdacht der Übertretung nach § 9 VStG iVm § 3 Abs.1 und § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975, Beschäftigung von fünf ausländischen Staatsangehörigen ohne Beschäftigungsbewilligung", ohne Angabe eines Beschuldigten.

Der Text der Niederschrift lautet:

"Der Zeuge gibt, mit dem Sachverhalt vertraut gemacht, folgendes zu Protokoll:

Meine Aussagen vom 23.08.1993, die ich am Gendarmerieposten E gemacht habe, entsprechen den Tatsachen und ich erhebe diese zu meiner heutigen Aussage im obigen Verwaltungsstrafverfahren. Auch die Angaben zu Punkt 1 und 2 der Anzeige sind richtig und werden bestätigt." 3.4. Mit Schreiben vom 30.12.1993 ersuchte die BH Linz-Land das Stadtamt E um Einvernahme des H S als Beschuldigten.

Auf dem Schriftstück findet sich der Satz: "Verdacht der Übertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975".

Der im Ladungsbescheid vom 21.1.1994 dem Beschuldigten H S zur Last gelegte Tatvorwurf lautet: "Sie haben im Juni 1993 Ihr Haus von einer sogenannten Pfuscherpartie verputzen lassen ohne daß sich diese Personen im Besitz einer Gewerbeberechtigung befanden und zum Teil handelt es sich um Ausländer, die nicht im Besitz einer gültigen Arbeitsbewilligung waren." Im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung vom 17.2.1994 sagte der Beschuldigte H S aus: "Ich verweise auf meine Niederschrift beim Gendarmerieposten E, 31.7.1993, und diese ist Teil meiner heutigen Aussage. Die Angaben, die ich zu diesem Zeitpunkt gemacht habe, sind richtig und entsprechen der Wahrheit. Weiters gebe ich noch an, daß ich keine Jugoslawen illegal beschäftigt habe. Denn ich habe Herrn D und Herrn D mit den Arbeiten beauftragt. Ich bin mir daher keiner Verwaltungsübertretung schuldig." 3.5. Im Stellungnahmeersuchen der BH Linz-Land an das Landesarbeitsamt Oberösterreich vom 6. April 1994 ist als Beschuldigter ebenfalls H S angegeben.

Im Antwortschreiben vom 17.5.1994 führt das Landesarbeitsamt aus:

"Der Beschuldigte H S hat Hrn. D und Hrn. D gemeinsam mit der Durchführung der Außenverputzarbeiten an seinem Haus unter Vereinbarung eines Pauschalbetrages, der nicht nur die Arbeitsleistung sondern auch die Beschaffung des Gerüstes sowie des Materiales beinhaltete, beauftragt. Daß die beiden oben angeführten Personen in weiterer Folge drei Ausländer mit der Durchführung der Arbeiten beschäftigten, kann dem im gegenständlichen Verfahren Beschuldigten nicht angelastet werden ...

Nach Aktenlage sind die beiden Herren D und D als Beschäftiger der ausländischen Staatsbürger C, J, S, M und K anzusehen. Da aus dem Akt nicht ersichtlich ist, ob gegen die beiden Verantwortlichen ein Verfahren wegen Verdacht der unerlaubten Beschäftigung der genannten Ausländer eingeleitet worden ist, ersucht das Landesarbeitsamt , dies allenfalls umgehend nachzuholen." In der Folge spricht das Landesarbeitsamt diesbezüglich von "erst einzuleitenden Verfahren".

3.6. Mit Schreiben vom 13.6.1994 ersuchte die BH Linz-Land das Gemeindeamt K um Einvernahme des G D als Beschuldigten "zur Sachverhaltsdarstellung des Landesarbeitsamtes OÖ. vom 17.5.1994". In diesem Schreiben ist auch festgehalten:

"Verdacht der Übertretung nach § 9 VStG iVm § 3 Abs.1 und § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975" In der Niederschrift der Vernehmung des Herrn G D als Beschuldigten vom 24.6.1994 am Marktgemeindeamt K ist als Gegenstand der Vernehmung festgehalten: "Verdacht der Übertretung nach § 9 VStG iVm § 3 Abs.1 und § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975" und: "Der Beschuldigte gibt mit der Sachverhaltsdarstellung des Landesarbeitsamts vertraut zu Protokoll".

Der Beschuldigte, G D, sagte dazu aus: "Die Angaben stimmen, soweit er sich noch erinnern kann, mit den Angaben des Landesarbeitsamtes überein. Ich möchte noch angeben, daß ich bereits wegen diesem Punkt verurteilt wurde." 3.7. Dem Akt liegen zwei Schreiben der BH Linz-Land (vom 8.8.1994 und vom 19.10.1994) an den Beschuldigten, G D, mit dem Ersuchen, bekanntzugeben, inwiefern er bereits verurteilt worden sei sowie die Kopie des Entwurfs eines Straferkenntnisses der BH Linz-Land vom 15.10.1993, Zl.Ge-96/316/1993/Tr, über eine Bestrafung des G D wegen illegaler Gewerbeausübung an zwei Baustellen, unter anderem der verfahrensgegenständlichen, bei.

3.8. Mit Schreiben vom 26.1.1995 ersuchte die BH Linz-Land das Stadtamt E, dem Beschuldigten H S das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis zu bringen und ihn zu einer Stellungnahme zu verhalten. Im Ladungsbescheid vom 13.2.1995 wird als Tatvorwurf angeführt: "Sie haben im Juni 1993 Ihr Haus von einer sogenannten Pfuscherpartie verputzen lassen ohne daß sich die Personen im Besitz einer Gewerbeberechtigung befanden und zum Teil handelt es sich um Ausländer, die nicht im Besitz einer gültigen Arbeitsbewilligung waren." Anläßlich seiner Beschuldigtenvernehmung vom 21.2.1995 sagte H S aus: "Ich verweise auf meine Angaben in der Niederschrift vom 17.2.1994 bei der Stadtpolizei E. Diese Angaben sind richtig und vollständig. Die Ausländer, die bei den Verputzarbeiten beschäftigt waren, standen in keinem Arbeitsverhältnis zu mir, und waren für mich D und D die maßgebenden Personen. Ich bezahlte die durchgeführten Arbeiten an D und D. Ich bin mir daher keiner Verwaltungsübertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz schuldig." Im Aktenvermerk vom 20.3.1995 ist die Einstellung des Verfahrens gegen H S festgehalten. Bezüglich des vom Landesarbeitsamtes ebenfalls verdächtigten Karl D ist diesem Aktenvermerk festgehalten, dieser sei unsteten Aufenthalts.

3.9. Zusammenfassend ergibt sich, daß weder aus den Rechtshilfeersuchen, noch aus Ladungen, noch aus Niederschriften über Vernehmungen jener Tatvorwurf herauslesbar ist, der dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundeliegt. Die Niederschriften der Vernehmungen des Berufungswerbers weisen unter der Rubrik "Gegenstand der Vernehmung (genaue Beschreibung der Tat):" inhaltsleere Wendungen (" ... mit dem Sachverhalt vertraut ...") auf, die diesbezüglichen Ladungen liegen dem Akt nicht bei. Selbst wenn man trotz teilweise schlechter Dokumentation im Akt eine Art "Inkorporation von Schriftsätzen" unterstellt (und zwar dergestalt, daß die Anzeige bzw die Stellungnahme des Landesarbeitsamts Teil von Rechtshilfeersuchen bzw Einvernahmen bzw Ladungen wurden), bleibt mit Nachdruck festzuhalten, daß weder die Anzeige noch die Stellungnahme des Landesarbeitsamts einen den rechtlichen Anforderungen an eine taugliche Verfolgungshandlung auch nur annähernd genügenden Tatvorwurf gegenüber dem Berufungswerber beinhalten.

Überdies ist die belangte Behörde bis zur Stellungnahme des Landesarbeitsamts von Oberösterreich vom 17.5.1994 offensichtlich davon ausgegangen, daß Beschuldigter der illegalen Ausländerbeschäftigung H S ist. Erst die Stellungnahme des Landesarbeitsamts lenkte den Verdacht der Behörde auf D und "D", ohne daß daraus allerdings hervorginge, welcher der beiden Verdächtigten genau für welche Beschäftigung (nach Zeit, Ort und Umfang) der genannten Ausländer verantwortlich sein soll. Erst am 24.6.1994 (nach Rechtshilfeersuchen vom 13.6.1994) erfolgte eine Einvernahme des Berufungswerbers als Beschuldigter.

Noch am 26.1.1995 ersuchte allerdings die belangte Behörde wiederum, Herbert S als Beschuldigten das Ergebnis der Beweisaufnahme zur illegalen Ausländerbeschäftigung an der gegenständlichen Baustelle zur Kenntnis zu bringen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

4.1. Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen worden ist.

Die Verfolgungsverjährungsfrist beträgt gemäß § 28 Abs.2 AuslBG ein Jahr.

Verfolgungshandlung ist gemäß § 32 Abs.2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Eine Verfolgungshandlung muß sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente beziehen und die Tat ausreichend konkretisieren. Dazu gehört ua eine ausreichende Konkretisierung des Tatzeitraumes und des Tatortes.

4.2. Im vorliegenden Fall sind die einzigen sich gegen den Berufungswerber als Beschuldigten richtenden "Verfolgungshandlungen" innerhalb des Verfolgungsverjährungszeitraumes das Einvernahmeersuchen der BH Linz-Land vom 13.6.1994 und die Einvernahme des Berufungswerbers am Gemeindeamt K am 24.

Juni 1994. Beide "Verfolgungshandlungen" entbehren jedoch der Angabe der Tatzeit und des Tatorts. Da sohin essentielle Sachverhaltselemente iSd § 44a Z1 VStG fehlen, liegt keine die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung vor und ist spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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