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VwSen-250438/11/Lg/Bk

Linz, 16.10.1995

VwSen-250438/11/Lg/Bk Linz, am 16. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 6.

Oktober 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des E G, B, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 10. März 1995, Zl. Sich96-334-1994, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975 idgF, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Kostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von zweimal je 5.000 S bzw (je?) eine Ersatzfreiheitsstrafe von 240 Stunden verhängt, weil er vom 27. September 1994 bis 24. Oktober 1994 stundenweise zwei näher bezeichnete Ausländer beschäftigt habe, obwohl die für eine legale Ausländerbeschäftigung gemäß § 3 Abs.1 AuslBG erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere nicht vorgelegen seien.

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die von der Bezirkshauptmannschaft Perg gemeinsam mit Beamten des GP B durchgeführte Kontrolle, die daraufhin von den Ausländern am GP gemachten Angaben sowie auf die Rechtfertigungsangaben des Berufungswerbers vom 29. Dezember 1994.

2. In der Berufung wird dagegen eingewendet:

Die beiden Rumänen seien zu einem Bekanntenbesuch in B gewesen. Der Berufungswerber habe beide von einer caritativen Fahrt nach Rumänien her gekannt. Er habe bei diesen Personen übernachtet und sei freundschaftlich bewirtet worden, ohne daß sie von ihm Geld verlangt hätten.

Als er erfuhr, daß sie in B auf Besuch waren, habe er ihnen in seinem Bauernhaus B einen Raum zum Übernachten zur Verfügung gestellt. Im selben Haus wohne auch der Bekannte der Rumänen, der in der Firma des Berufungswerbers als Arbeiter beschäftigt sei. Der Berufungswerber habe nie beabsichtigt, die beiden Personen in seinem Unternehmen bzw sonstwie zu beschäftigen. Als Hobby betreibe er die Haltung von Damwild in einem kleinen Gehege von rund 1 ha. Vor Wintereinbruch sei es üblich, das Gehege nochmals auf seine Festigkeit zu prüfen. Bei der Prüfung der Festigkeit des Maschendrahtes sei er von den zwei Rumänen angesprochen worden, ob sie ihm behilflich sein könnten. Diese Hilfe habe er angenommen und ihnen erklärt, was bei der Überprüfung zu beachten sei und wie schadhafte Stellen zu beseitigen sind.

Er selbst habe für eine Seite des Zaunes für die Überprüfung etwa zwei Stunden benötigt. Umgelegt auf die anderen drei Seiten, seien die Rumänen höchstens einen halben Tag tätig gewesen. Ob sie tatsächlich die freiwillig übernommene Prüfung des Zaunes im Sinne des Berufungswerbers vorgenommen haben, habe sich der Berufungswerber nicht vergewissert. Es habe sich aber sicherlich um keine schwierige Arbeit gehandelt, da der Berufungswerber ansonsten Fachkräfte aus seinem Betrieb eingesetzt hätte.

Ein Arbeitsverhältnis zwischen den Rumänen und dem Berufungswerber sei nicht zustandegekommen, da keine Arbeitspflicht entstanden sei. Aus der Bereitstellung der Unterkunft eine Entlohnung abzuleiten widerspreche den gegebenen Tatsachen. Die Gewährung der Unterkunft sei in keinem Zusammenhang mit den erwähnten Hilfsleistungen der beiden Personen gestanden. Die Bereitwilligkeit eines Besuches, sich irgendwie nützlich zu machen, sei im täglichen Leben üblich, könne aber nicht als Ausfluß eines Dienstverhältnisses oder freien Arbeitsvertrages gesehen werden.

Eine Beschäftigung iSd AuslBG liege nicht vor. Es habe an einer Verpflichtung zur Arbeitsleistung und an einer Entlohnung gefehlt. Die zeitliche Hilfsleistung lag je Person bei 3 bis 4 Stunden.

Aus diesen Gründen wird die ersatzlose Aufhebung des ergangenen Bescheides begehrt.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Am 24. Oktober 1994 sagte der eine der beiden Ausländer, I T vor Beamten der BH Perg aus.

"Ich bin am 27. September 1994 mit meinem Kollegen D G mit dessen Auto nach Österreich eingereist ... Wir wollten zu unserem bekannten G nach B fahren, um ihn zu besuchen.

Bereits voriges Jahr waren wir bei ihm ca drei Tage auf Besuch. Herr G sagte uns, daß wir ihn bei der Errichtung des Wildgeheges ein wenig helfen sollten. Er bot uns dafür an, daß wir in seinem Bauernhaus in Au wohnen könnten. Außerdem wurde uns die Verpflegung (Essen und Trinken) geboten.

Wir arbeiten nun seit unserer Einreise mehrere Stunden am Tag an der Errichtung des Geheges, das sich südwestlich des Bauernhauses befindet. Eigentlich handelt es sich um die Reparatur eines bereits bestehenden Geheges. Ich bin von Beruf Schweißer und kann daher diese Dinge gut erledigen, da es sich um Eisensteher und einen Maschendrahtzaun handelt.

Herr G hat mir und meinem Kollegen bisher jeweils S 1.000,-gegeben, womit wir uns auch etwas zum Essen und Trinken besorgen konnten. Wir haben vor, Donnerstag oder Freitag dieser Woche Österreich wieder zu verlassen.

Zum Heimfahren bekommen wir vom Herrn G noch Kleidungsstücke geschenkt.

... Eine Unfall- oder Krankenversicherung wurde in Österreich nicht eingegangen." Der andere Ausländer, D G, sagte vor Beamten der BH Perg am 24.10.1994 aus:

"Ich habe zu Hause eine ähnliche Firma wie Hr. Ernst G ...

Herr G hat viele Rumänen beschäftigt und war dieser auch bereits in Rumänien zu Besuch. Anläßlich dieses Besuches habe ich Hr. G kennengelernt. Wir unterhielten uns über unsere Betriebe und er lud mich zu einem Besuch nach Österreich ein. Er übergab mir dabei eine Visitenkarte. Aus diesem Grund bin ich dann mit dem Freund unserer Familie Hr.

T nach Österreich gereist. Leider verirrten wir uns dabei ... und fuhren deshalb sofort wieder zurück nach Rumänien.

Am 7.10.1994 probierten wir es neuerlich ... Nunmehr konnten wir nach B gelangen. Hr. G stellte uns die bereits erwähnte Unterkunft und Kost zur Verfügung. Als kleine Entschädigung dafür halfen wir Hr. G bei der Reparatur des Zaunes des Wildgeheges. Dieses Wildgehege liegt südwestlich angrenzend an das Bauernhaus ... Außerdem erhielten wir von Hr. G je S 1.000,-- für sonstige Anschaffungen. Das Essen hatten wir zum Teil selbst mit bzw. brachte uns Hr. G. Wir arbeiteten seit unserer Einreise mehrere Stunden am Tag an der Errichtung bzw. Reparatur des Wildgehegezaunes. Diese Arbeiten sind abgeschlossen und wir haben vor, am Donnerstag oder Freitag dieser Woche Österreich zu verlassen.

... Für den Fall einer gesundheitlichen Beeinträchtigung anläßlich meiner Arbeiten am genannten Zaun besteht keine versicherungsrechtliche Vorsorge." Am 29. Dezember 1994 rechtfertigte sich der Berufungswerber wie folgt:

"Es ist richtig, daß die Herren T und D im angegebenen Zeitraum bei mir genächtigt haben. Diese beiden rum. Sta.

besuchten einen Bekannten, der in meinem Betrieb beschäftigt ist. Da sie ein Quartier benötigten und ich in B ein Zimmer frei hatte, bot ich ihnen dieses an. Sie verpflegten sich selbst, da ich für das Quartier keine Bezahlung verlangte, boten mir die beiden als Gegenleistung an, kleinere Arbeiten für mich durchzuführen. Da der Zaun des Wildgeheges reparaturbedürftig war und ich durch ein künstliches Hüftgelenk diese Tätigkeit nur sehr schwer hätte ausführen können, ließ ich die Beiden dies für mich tun. Es ist jedoch nicht richtig, daß T und Dim angegebenen Zeitraum täglich mehrere Stunden damit verbrachten. Ich kann nicht sagen wieviele Stunden es tatsächlich waren - es handelt sich jedoch bestimmt um ein wesentlich geringeres Ausmaß als das angegebene. Es stimmt, daß ich den Herren T und D je S 1.000,-- gegeben habe. Das war jedoch nicht als Bezahlung gedacht, sondern war ich im Februar/März 1993 in Rumänien bei den Genannten zu Besuch und wurde dort sehr gut bewirtet. Auch konnte ich bei den Genannten nächtigen. Da die beiden meiner Meinung nach während der Zeit meines Aufenthalts in Rumänien wesentlich mehr für mich getan haben, als ich es hier in Österreich für sie tun konnte, gab ich ihnen das Geld. Zwischen uns hat sich eine gewisse "Freundschaft" entwickelt und daher dachte ich mir auch nichts dabei, als die beiden Reparaturarbeiten an meinem Wildgehege durchführten. Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, daß ich in meinem Installationsbetrieb in B ca.

70 Personen beschäftige und habe es daher sicher nicht nötig, Schwarzarbeiter einzustellen." 4. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung stellt der Berufungswerber die Situation wie folgt dar: Er habe unentgeltlich an einem humanitären Hilfsprogramm in Rumänien mitgewirkt und dabei die Gastfreundschaft der beiden Ausländer genossen. Als die Ausländer auf Gegenbesuch bei ihm aufgetaucht seien, habe er sich durch Zurverfügungstellung von Kost und Quartier revanchiert. Die Ausländer seien länger geblieben, als dem Berufungswerber eigentlich angenehm war und hätten in der Umgebung bei Bauern Gelegenheitsarbeiten angenommen. Der Berufungswerber habe es nicht über das Herz gebracht, die Rumänen hinauszuwerfen. Die Ausländer hätten ihm angeboten, ihm bei der Reparatur des Gehegezaunes zu helfen. Der Art nach handelte es sich um einen Kontrollgang, wo sich der Zaun vom Boden abgehoben hat und um das Einschlagen von "Heringen" in den Boden, wo dies der Fall war. Für das bloße Umschreiten des Geheges benötige man ca. zehn Minuten, wenn Heringe einzuschlagen sind, benötige man entsprechend länger. Ob bzw wieviele Heringe einzuschlagen waren, entziehe sich der Kenntnis des Berufungswerbers, weil er dies nicht kontrolliert habe.

Die Ausländer konnten nicht vernommen werden. Ihre protokollierten Aussagen vor der Erstbehörde wurden verlesen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

5.1. Es ist den weiteren Überlegungen der Sachverhalt zugrundezulegen, wie ihn der Berufungswerber darstellte.

Zwar ist richtig, daß diese Sachverhaltsdarstellung von jener der Niederschriften der Einvernahme der Ausländer durch die BH Perg abweicht. Protokolle aus anderen Verfahren dürfen vom unabhängigen Verwaltungssenat jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen verlesen und muß ihr geringerer Beweiswert als mittelbarer Beweis vom unabhängigen Verwaltungssenat veranschlagt werden; außerdem stellen sie nur ein ergänzendes Beweismittel dar und dürfen niemals die alleinige Grundlage einer Verurteilung bilden (vgl. Thienel, das Verfahren der Verwaltungssenate, 2. Auflage, S 314 f).

Im übrigen verweist der unabhängige Verwaltungssenat darauf, daß die Zeugenaussagen der Ausländer nicht klar und widerspruchsfrei sind. Insbesondere ist der im angefochtenen Straferkenntnis angenommene Beginn des Tatzeitraumes am 27.

September 1994 zweifelhaft, da nach Aussage des Zeugen D es erst am 7. Oktober gelang, den Berufungswerber zu finden.

Auch erscheint die angegebene Gesamtarbeitszeit (zwei Personen zweieinhalb - oder nach der Annahme des angefochtenen Straferkenntnisses: vier - Wochen, mehrere Stunden täglich) für die Reparatur eines Gehegezaunes an sich schon überhöht. Den Eindruck, daß Kost und Quartier als Gegenleistung für die Hilfe beim Gehege angeboten wurden, hat man eher bei der Niederschrift des Zeugen T; demgegenüber war nach dem Zeugen D Kost und Quartier im Zusammenhang mit einem Rumänienaufenthalt des Berufungswerbers zu sehen und die Hilfe der Ausländer beim Gehege als "kleine Entschädigung dafür". Auch die Darstellung der Art der Tätigkeit (Errichtung oder Reparatur) des Gehegezaunes läßt nach der Niederschrift Zweifel offen, wobei es freilich aufgrund der Aussage des Zeugen T wahrscheinlicher erscheint, daß es sich lediglich um eine Reparatur gehandelt hat.

Demnach ist erwiesen, daß der Berufungswerber den Ausländern aus Gastfreundschaft Kost, Quartier und einen geringen Geldbetrag zur Verfügung stellte. Dies, um sich für in Rumänien gewährte Gastfreundschaft zu revanchieren. Diese Gastfreundschaft war nicht als Entgelt für eine Arbeit der Rumänen gedacht. Die (allfällige) Arbeit der Rumänen (von je einer viertel Stunde bis zu max. je einem halben Tag) stand auch umfangmäßig dermaßen außer Proportion zum Umfang der Gastfreundschaft, daß sich auch nach der "Lebenserfahrung" ein Entgeltscharakter durchaus nicht aufdrängt.

5.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Entgeltlichkeit für die Annahme sowohl eines Arbeitsverhältnisses als auch eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses essentiell. Da im gegenständlichen Fall für Entgeltsabreden kein Anhaltspunkt besteht und die Gewährungen des Berufungswerbers vorwiegend naturaler Art nicht als Entgelt angesprochen werden können und auch im übrigen keine Leistungen des Berufungswerbers mit Entgeltscharakter ersichtlich sind, fehlt es an der Entgeltlichkeit der - nach der Beweislage ohnehin nur geringfügigen - Arbeiten der Ausländer.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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