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VwSen-250498/12/Gu/Atz

Linz, 12.02.1996

VwSen-250498/12/Gu/Atz Linz, am 12. Februar 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des F. P., .straße, 4020 Linz, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24.4.1995, Zl. SV96-58-1994-E/Gus, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, nach der am 6.2.1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; §§ 2, 3, 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG, § 45 Abs.1 Z1 VStG; zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 24.4.1995, Zl. SV96-58-1994-E/Gus, dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe in seinem Lokal "..." in ..., ..., am 14.6.1994 den bosnischen Staatsangehörigen F. M., geb. 15.1.1976, beschäftigt, ohne daß für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, ein Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis ausgestellt wurden. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, BGBl.Nr.

218, begangen und wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe im Ausmaß von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 28 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 500 S verpflichtet.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beschuldigten vom 7.12.1995, hinsichtlich deren Rechtzeitigkeit zu erwägen war:

Am 26.4.1995 wurde versucht, das Straferkenntnis unter der Adresse ...straße, ..., dem Beschuldigten zuzustellen und wurde dieses nach angekündigtem Zustellversuch infolge beidmaliger Abwesenheit des Beschuldigten am 27.4.1995 am Postamt 4059 ... hinterlegt und zur Abholung bereitgehalten.

Die Postsendung wurde am 15.5.1995 unbehoben an die Behörde retourniert.

Gegenüber den nachfragenden Gendarmerieorganen hat der Beschuldigte laut deren Bericht vom 8. September 1995 angegeben, nicht ortsabwesend gewesen zu sein, jedoch nie eine Verständigung über die Hinterlegung von RSa-Briefen erhalten zu haben. Erst im Exekutionsweg erfuhr der Beschuldigte vom erlassenen Straferkenntnis, brachte Berufung ein und gab im Rahmen dieses Verfahrens zur Ortsanwesenheit bei der Abgabestelle an, sich am 27.4.1995 zu Hause (gemeint in Linz, ...straße) aufgehalten zu haben und anschließend im Mai bei einem Freund und Amateurfunker in Schlesien gewesen zu sein. Seit Juli 1995 habe er zivilrechtlich die Führung der Geschäfte an einen Herrn Kusmic übergeben. Schließlich sei das Gastgewerbe am 30.9.1995 stillgelegt worden.

Dem Vorbringen kann nicht entgegengetreten werden. Auch hinsichtlich der Vorschriften des Zustellgesetzes ist am Verfahrensgrundsatz des "Fair Trail" gemäß Artikel 6 MRK Maß zu nehmen und ist auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme abzustellen. Ausgehend davon kann die Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels angenommen werden.

Der Berufungswerber bringt in seiner Berufungsschrift im wesentlichen vor, daß er eine Verwaltungsübertretung nicht begangen hätte und verwies er weiters auf die beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz mit den Zeugen K. M. und M. F. am 15.11.1994 bzw. am 3.12.1995 aufgenommenen Niederschriften, welche einander widersprechende Aussagen beinhalten würden.

In der Eingabe vom 4.1.1996 führt der Berufungswerber ergänzend aus, daß er in seinem Betrieb nie Ausländer illegal beschäftigt hätte. Der eine Zeuge (gemeint ist K.

M.) hätte auch richtig ausgesagt und war dieser beim Berufungswerber auch legal beschäftigt. Der andere Zeuge (gemeint ist M. F.), welcher aufgrund sprachlicher Probleme nicht richtig ausgesagt hätte, ist ein Verwandter von K. M.

und wollte zwar ebenfalls beim Berufungswerber angestellt werden. Der Berufungswerber hätte ihm jedoch mitgeteilt, daß eine Anstellung ohne Arbeitsbewilligung nicht möglich sei.

Da M. F. keine Arbeit hatte, besuchte er seinen Verwandten K. M. öfter. Zum Zeitpunkt der Kontrolle durch das Arbeitsmarktservice Linz hätte F. M. für seinen Verwandten gerade etwas aus dem Auto geholt und wurde dies vom Kontrollorgan als "Arbeit" eingestuft, obwohl der Berufungswerber gesagt hätte, daß sich F. M. nur auf Besuch bei seinem Verwandten K. M. befindet. Weiters hätte er auch angegeben, daß er F. M. nie eine Arbeit angeschafft hätte und dieser auch kein Entgelt bekommen habe. Abschließend begehrte der Berufungswerber die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

Zu der für 6.2.1996 anberaumten und an diesem Tage durchgeführten mündlichen Verhandlung ist wohl der Beschuldigte, nicht aber trotz ordnungsgemäßer Ladung und unter Hinweis auf die Säumnisfolgen ein Vertreter der Erstbehörde und des Arbeitsmarktservice Oberösterreich erschienen.

In der Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des Beschuldigten, Verlesung der Aussagen der Zeugen M. und K.

vor der ersten Instanz sowie durch die Erörterung der Niederschrift des Arbeitsamtes Linz vom 14.6.1994, Zl. 6700 B und des bezughabenden Aktenvermerkes vom gleichen Tag.

Demnach ist erwiesen:

Der Rechtsmittelwerber führte das Gastgewerbelokal "..." im ... 12, ..., ...straße 15, von 1992 bis 30. September 1995.

Ab Juli 1995 hatte er die Führung des Betriebes Herrn K.

überlassen.

Zum Zeitpunkt der Kontrolle durch das Arbeitsamt Linz am 14.6.1994 beschäftigte der Rechtsmittelwerber den Ausländer M. K. in der Küche. K. wurde von seinem Cousin F. M., der bei seinem Bruder in Linz wohnte und von diesem verköstigt wurde, des öfteren aufgesucht, zumal M. und K. gemeinsam die Fahrschule besuchten. Bei dieser Gelegenheit ging M. seinem Cousin K., für den der Inhaber des Lokales ... eine Beschäftigungsbewilligung besaß an die Hand. Durch Besuche bzw. das Abholen des K. hatte der Beschuldigte von der Existenz des F. M. Kenntnis.

Am 14.6.1994 fand eine Inspektion des Betriebes durch das Arbeitsamt Linz statt und wurde F. M. gut gekleidet angetroffen, als er vom Vorhaus durch das Lokal in die Küche kam.

Auf die Frage der nachforschenden Beamtin, ob er Kellner ist, verneinte dies M. und gab an, den M. K. aufgesucht zu haben, ihm geholfen zu haben und mit dem Kollegen in die Fahrschule zu gehen.

Der herbeigeholte und zur Rede gestellte Beschuldigte und M.

gaben übereinstimmend an, daß Letzterer keine Entlohnung bezog. Eine Arbeit war nicht angeschafft. In welcher Form M.

zur Hand ging, blieb ungeklärt. Es fielen von seiten des M.

die Worte "Putzen oder so".

Bei der zeugenschaftlichen Vernehmung des M. K. gab dieser an, daß M. ein Verwandter von ihm war und ihn am 14.6.1994 in der Mittagszeit in der Arbeit besucht hat. M. sei nie in der Künstlerklause beschäftigt gewesen. Er hat nur mit ihm geredet und nicht bei der Arbeit geholfen. In diesem Moment sei die Kontrolle durch das Arbeitsamt gekommen. M. selbst (durch die erste Instanz) vernommen gab an, seinen Verwandten ca. zweimal in der Woche im Lokal besucht zu haben, dort Gast gewesen zu sein und seinem Verwandten am 14.6.1994 ein bißchen im Lokal geholfen zu haben. Dies sei bei ihnen in Kroatien so üblich. Er habe kein Geld dafür bekommen. Sein Verwandter habe ihn damals ersucht und Herr P. - der Beschuldigte - habe erklärt, daß es ihm egal sei, aber er keinen Lohn bezahlen werde.

Später dann, nämlich am 21.10.1994 und am 23.1.1995 stellte der Betreiber des Unternehmens "..." einen Antrag um Beschäftigungsbewilligung für F. M..

Bei diesem Sachverhalt ist nicht mit hinreichender Sicherheit erwiesen, daß ein Arbeitsverhältnis vorlag, indem der Nachweis nicht gelang, daß zwischen dem Beschuldigten und F. M. ein Weisungsrecht bestand und daß M. aufgrund der Anwesenheit im Betrieb wirtschaftliche Gegenleistungen empfangen hatte oder einen Rechtsanspruch darauf gehabt hätte.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn dieser Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde.

Gemäß § 2 Abs.4 des AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Maßgebend für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff nach § 2 Abs.2 AuslBG ist, daß die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Für eine Beschäftigung gemäß § 2 Abs.2 lit.a AuslBG ist die Entgeltlichkeit ein wesentliches Merkmal, wobei sich der Anspruch des Arbeitenden auf Bezahlung aus einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung, allenfalls aber auch unmittelbar aus arbeitsrechtlichen Vorschriften ergibt. Ist hingegen glaubhaft - sei es ausdrücklich oder auch konkludent - für die Tätigkeit Unentgeltlichkeit vereinbart, dann fehlt es an der für eine Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz essentiellen persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit (VwGH vom 15.9.1994, Zl.

94/09/0137 u.a.). "Beschäftigung" ist nicht jede Tätigkeit, die üblicherweise dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist. § 2 Abs.2 AuslBG zeigt mit seiner Konkretisierung deutlich, daß die Tätigkeit des Beschäftigten für den Empfänger einen wirtschaftlichen Wert haben muß.

Arbeitsverhältnisse sind in aller Regel entgeltliche Verhältnisse. Gleiches gilt für arbeitnehmerähnliche Verhältnisse. Aus der Entgeltlichkeit folgt, daß die Tätigkeit dazu bestimmt sein muß, dem Partner eine zureichende Veranlassung zur Gegenleistung zu geben. Die Dienstleistung muß mit der Intension erfolgen, ein fremdes Interesse zu befriedigen; die Tätigkeit muß "fremdwirtschaftlich zweckbestimmt" sein und darf somit nicht vorwiegend aus eigenem Interesse verfolgt werden. Es reicht nicht aus, daß eine bestimmte Verrichtung abstrakt dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist und auch für andere nützlich sein kann. Entscheidend ist immer, ob nach der Parteiabsicht ein fremdes Interesse gefördert werden soll. Nur solche Dienste unterliegen auch dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Wer demgegenüber bloß im eigenen Interesse tätig wird, weil er etwa seine Kenntnisse für eine spätere Einstellung unter Beweis stellen möchte, ist nicht "beschäftigt". Auch Tätigkeiten, die etwa im Rahmen der Nachbarschaftshilfe oder aus Freundschaft erbracht werden, sind nicht fremdwirtschaftlich zweckbestimmt. Im gegenständlichen Fall hat der Berufungswerber immer wieder vorgebracht, daß M. in seinem Lokal nicht beschäftigt war, daß weder ein Weisungsverhältnis bestand, noch daß M. entlohnt wurde.

Auch F. M. gab sowohl bei seiner Erstbefragung durch das Arbeitsmarktservice als auch im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Einvernahme an, daß er seinem Verwandten lediglich unentgeltlich geholfen habe.

Da im gegenständlichen Fall der Nachweis eines wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem Berufungswerber und dem M. F., welches eine wesentliche Voraussetzung für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des AuslBG darstellt, nicht erbracht werden konnte, und somit ein Beschäftigungsverhältnis nicht mit einer für die Bestrafung hinreichenden Weise nachgewiesen werden konnte, war das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

1. Herrn F. P., ...straße 6, 4020 Linz; 2. Arbeitsmarktservice Oberösterreich, Landesgeschäftsstelle Ausländerangelegenheiten, Gruberstraße 63, 4010 Linz zu AZ. IIc 6710 B, Li/Me vom 30.6.1994; 3. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Stubenring 1, 1011 Wien; 4. Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Kärntnerstraße 16, 4021 Linz, unter Aktenrückschluß zu Zl. SV96-58-1994-E/Mü vom 13.12.1995 mit dem Ersuchen um nachweisbare Zustellung der Entscheidung an vorstehende Parteien bzw. dem Bundesministerium.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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