Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250536/8/KON/KM

Linz, 18.07.1997

VwSen-250536/8/KON/KM Linz, am 18. Juli 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn J S, W, D, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels als Bezirksverwaltungsbehörde vom 25.6.1996, GZ: MA2-SV-66-1995 Mü, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 45 Abs.1 Z1 erster Fall VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als vertretungsbefugtes Organ im Sinne des § 9 Abs.1 VStG der Firma S GmbH., W, D, zu verantworten, daß durch diese Firma die ungarischen Staatsbürgerinnern M F, geb. 12.5.1968, vom 29.9. bis 7.10.1995, K P H, geb. 4.2.1973, vom 5.10. bis 7.10.1995 und M H, geb. 12.12.1974, vom 5.10. bis 7.10.1995 als Tänzerinnen beschäftigt wurden. Die Entlohnung dafür erfolgte als Naturallohn in der Form von Wohnraumüberlassung durch Sie persönlich. Für die angeführten Ausländerinnen war Ihnen vom zuständigen Arbeitsinspektorat keine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden. Die Ausländerinnen waren auch nicht im Besitz von Befreiungsscheinen und es war ihnen keine Arbeitserlaubnis erteilt worden.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 3 Abs.1 in Verbindung mit § 28 Abs.1 Z.1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl.Nr. 218/1975 i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 3 x 5.000,-- = 3 x 24 Stunden gemäß § 28 Abs.1 15.000,-- Z.1 des zitierten Gesetzes.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

1.500,--   Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich 200 S angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 16.500,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 VStG)." Begründend führt die belangte Behörde, was das Vorliegen des objektiven Tatbestandes betrifft, aus, daß der Beschuldigte die Ausländerinnen im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses im Sinne des § 2 Abs.2 lit.b AuslBG beschäftigt habe, da diese in seinem Lokal als Tänzerinnen aufgetreten seien, wenngleich die Ausländerinnen dabei nicht weisungsgebunden gewesen wären, hätten sie sich doch in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit befunden. So hätten die Ausländerinnen ausgesagt, ins Lokal des Beschuldigten gekommen zu sein, um Geld zu verdienen, wobei dieses, die Lokalgäste bezahlt hätten. Unbestritten sei dabei, daß die Ausländerinnen mit Zustimmung des Beschuldigten in dessen Lokal auftreten durften und daß sie dafür von ihm als Privatpersonen kostenlos Quartier erhalten hätten. Es habe also sowohl seitens der Ausländerinnen als auch seitens des Beschuldigten ein wirtschaftliches Interesse und ebensolcher Nutzen an dieser Tätigkeit bestanden. Die Tätigkeit der Ausländerinnen sei daher so beschaffen gewesen, daß sie aufgrund der Art und Weise, in der sie für den Beschuldigten tätig gewesen wären, wirtschaftlich von diesem abhängig gewesen seien, zumal sie sonst über keinerlei Einkunftsmöglichkeit verfügt hätten.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen vorgebracht:

Die Mädchen (Ausländerinnen) seien Gäste von ihm gewesen und von den Gästen, die sich im Lokal "C" aufhielten, eingeladen und zum Tanzen animiert worden. Von ihm bzw. der S GmbH seien sie nicht entlohnt worden. Die Ausländerinnen seien auch zu ihm in keinerlei Arbeitsverhältnis oder sonstiger Abhängigkeit gestanden. Wenn von der Behörde behauptet werde, die Ausländerinnen seien von ihm und seinem Lokal abhängig gewesen, so wäre dies falsch, da die Mädchen (Ausländerinnen) auch in anderen Lokalen und Diskotheken und Peepshows in W getanzt und auch Trinkgeld von anderen Gästen erhalten hätten. Die meisten Ausländer die er kenne und die in den Go-Go Bars tanzten, kämen nach Österreich, um hier Bekanntschaften zu machen und dies sei offensichtlich in dieser Art von Lokalen leichter. Daß sich das herumspräche und für sein Lokal eine gute Werbung sei, werde von ihm nicht bestritten. Er habe im Oktober 1995 auch professionelle Tänzerinnen angestellt, diese aber nach kurzer Zeit wieder entlassen, weil er gemerkt habe, daß sich die Gäste untereinander viel besser amüsieren würden, und er keine Tänzer bzw. Tänzerinnen mehr bräuchte. Öfter gaben die Männer den Mädchen (Ausländerinnen) ein "Slipgeld" fürs Tanzen und auch die Mädchen hätten den Männern ein "Slipgeld" gegeben. Im Lokal gearbeitet habe jedoch nur er selbst.

Die über dem Lokal gelegene Wohnung sei seit dem Jahre 1990 seine private Wohnung, über die er frei verfügen könne und sie sei daher nicht als Naturallohn der S GmbH für irgendjemand anzusehen. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den Verfahrensakt der belangten Behörde Einsicht genommen und darüber hinaus eine öffentlich mündliche Verhandlung für den 22. Mai 1997 unter Ladung der Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. Der Beschuldigte J S ist zu dieser unentschuldigt nicht erschienen. Der Vertreter der Amtspartei, Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk und die Vertreterin der belangten Behörde haben bei der mündlichen Verhandlung keine Beweisanträge gestellt und jeweils die Abweisung der Berufung beantragt.

Nicht möglich war es, die verfahrensgegenständlichen Ausländerinnen zur mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat als Zeuginnen zu laden, da, wie aus dem Verfahrensakt ersichtlich, diese bereits am 9.10.1995 das Bundesgebiet verlassen haben. Mit der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sollte den Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens im wesentlichen ermöglicht werden, ihre jeweiligen Argumentationen durch ergänzende Vorbringen zu verfestigen bzw. Beweisanträge zu stellen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer einen für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß §2 Abs.2 leg.cit. gilt als Beschäftigung die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird.

Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, hat im übrigen die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Die belangte Behörde begründet das Vorliegen der objektiven Tatbestandsmäßigkeit damit, daß die Ausländerinnen in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zum Beschuldigten gestanden hätten, was im wesentlichen dadurch der Fall gewesen sei, daß sie sich in wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm befunden hätten und die ihnen kostenlos zur Verfügung gestellte Unterkunft als Naturallohn zu bewerten wäre. Es ist jedoch aufzuzeigen, daß die behaupteten Kriterien wie wirtschaftliche Abhängigkeit und Naturalentlohnung, durch das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in keiner Weise ausreichend unter Beweis gestellt sind und nur als unterstellt erachtet werden können. Die mangelnde Erwiesenheit dieser Kriterien ist im wesentlichen auf eine unzureichende Zeugenbefragung der Ausländerinnen zurückzuführen, die jedoch nicht zu Lasten des Beschuldigten führen darf (VwGH 17.6.1987, 85/18/0090). So ist den Aussagen der am 9.10.1995 von der BPD Wels zeugenschaftlich einvernommenen Ausländerinnen zum einen nicht zu entnehmen, daß ihnen für ihre Tanzauftritte und Präsenz im Lokal des Beschuldigten von diesem kostenlos Unterkunft gewährt wurde, zum anderen ob sie durch ihre Tanzauftritte gehindert gewesen seien, ihre Arbeitskraft anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen. Die Behauptung des Beschuldigten in der Berufung, die kostenlos gewährte Unterkunft stelle keine Naturalentlohnung dar, kann daher mangels Vorliegen gegenteiliger Zeugenaussagen nicht widerlegt werden, mag auch diese Vermutung nach der allgemeinen Lebenserfahrung naheliegend sein. Da im erstbehördlichen Verfahren auch keine Ermittlungen im Wege zeugenschaftlicher Befragung der Ausländerinnen darüber getroffen wurden, in welchem zeitlichen Ausmaß sich diese im Lokal des Beschuldigten aufhielten und dort tanzten, kann auch nicht als feststehend erachtet werden, daß sie nicht mehr in der Lage gewesen wären, ihre Arbeitskraft für anderweitige Erwerbszwecke einzusetzen. Das Fehlen persönlicher Abhängigkeit wie der Umstand, daß vom Beschuldigten keine Geldentlohnung an die Ausländerinnen erfolgte, wird von der belangten Behörde selbst angenommen und stimmt dies mit den Aussagen der Zeuginnen wie auch des Beschuldigten im erstbehördlichen Verfahren überein. Ein ergänzendes Beweisverfahren durch zeugenschaftliche Vernehmung der gegenständlichen Ausländerinnen war dem unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde nicht möglich, da, wie schon oben aufgezeigt, die Ausländerinnen am 9.10.1995 das Bundesgebiet verlassen haben.

Das vorhandene Beweisergebnis reicht jedoch nicht aus, den Beschuldigten der angelasteten Verwaltungsübertretung mit ausreichender Sicherheit zu überführen, sodaß in Befolgung des Grundsatzes in dubio pro reo wie im Spruch zu entscheiden war.

Aufgrund der vorliegenden Berufungsentscheidungen ist der Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K o n r a t h

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