Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250565/46/Lg/Bk

Linz, 21.07.1997

VwSen-250565/46/Lg/Bk Linz, am 21. Juli 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender Dr. Schieferer, Berichter Dr. Langeder, Beisitzerin Dr. Klempt) nach der am 17. April 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn K, vertreten durch RA Dr. M, Z, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried i.I. vom 13. Jänner 1997,Zl. SV96-10-1996, wegen sieben Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975 idF BGBl.Nr.895/1995, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 56 Stunden für jede der sieben illegal beschäftigen Ausländerinnen herabgesetzt werden.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG iVm § 3 Abs.1, 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG idF BGBl.Nr. 895/1995. zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) sieben Geldstrafen in der Höhe von je 20.000 S bzw sieben Ersatzfreiheitsstrafen von je einer Woche verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als Außenvertretungsbefugter iSv § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, daß die M Gastronomie GmbH, T folgende Ausländerinnen beschäftigt habe, ohne daß die gemäß § 3 AuslBG für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien:

1) S, tschechische Staatsangehörige, vom 8. bis 26.7.1996; 2) T, tschechische Staatsangehörige, vom 11. bis 26.7.1996; 3) P, tschechische Staatsangehörige, seit 3 Wochen bis zum 26.7.1996; 4) G, tschechische Staatsangehörige, vom 8. bis 26.7.1996; 5) S, tschechische Staatsangehörige, vom 11. bis 15. und vom 18. bis 26.7.1996; 6) S, tschechische Staatsangehörige, vom 10. bis 26.7.1996; 7) V, slowakische Staatsangehörige, seit ca. 1 Monat bis zum 26.7.1996.

In der Begründung stützt sich das angefochtene Straferkenntnis vor allem auf die Aussagen der Ausländerinnen bei ihrer Einvernahme vor der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. am 26.7.1996. Ferner wird auf die Aussagen zweier Gendarmeriebeamter der GP A und S verwiesen, welche sich zum Zweck einer Fremdenkontrolle in Zivil in die Bar O begeben hatten. 2. In der Berufung wird dagegen eingewendet, daß die Mädchen von der M GmbH keine Zuwendungen (Entlohnung) erhalten hätten. Sie hätten für ihre Tanzdarbietungen lediglich Spendengeld erhalten: An den Theken der Bar O sei je eine Spendenkasse aufgestellt gewesen, in welche Gäste des Lokales Geld einwerfen konnten. Diese Beträge seien unter den Mädchen aufgeteilt worden. Weiters sei es natürlich vorgekommen, daß Tänzerinnen von Gästen des Lokales Geldscheine zugesteckt erhielten. Auch ihre Zimmer hätten die Mädchen selbst bezahlen müssen. Daß einige Mädchen vor der Bezirkshauptmannschaft Ried erklärten, am Getränkekonsum beteiligt gewesen zu sein, sei völlig unverständlich und könne nur an einem Mißverständnis liegen. Auch die angeblichen Äußerungen von S und S gegenüber den verdeckt ermittelnden Gendarmeriebeamten, sie bekämen für ihre Tanzdarbietungen Geld, beruhten auf einem Mißverständnis bzw könnten sich diese nur auf die Spendenkasse bezogen haben. Überdies sei Betriebsführer der Bar O Herr H gewesen. Dieser sei für das Lokal verantwortlich gewesen und ihm seien insbesondere auch die personellen Angelegenheiten oblegen. Herrn E sei es jedoch nicht gestattet gewesen, Tänzerinnen auch nur auf Provisionsbasis zu beschäftigen. Wäre, wie von der Behörde behauptet, das AuslBG übertreten worden, so hätte dies nicht der Bw, sondern allenfalls Herr E zu verantworten. 3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

3.1. Zeugenaussagen der RI S/GP A und G/GP S:

Danach sollen S und ihnen gegenüber gesagt haben, daß sie Geld bekommen für ihre Tätigkeit. Sie seien aber von ihrem Chef, H, angewiesen worden, bei Kontrollen anzugeben, nichts zu verdienen. 3.2. Vor der Bezirkshauptmannschaft Ried sagten die Ausländerinnen zu ihrer Bezahlung aus:

Es werde das Geld der "Spendenkasse" von einem zum Lokal gehörenden Mann ("R") aufgeteilt. Außerdem erhielten sie "Trinkgeld" (gemeint wohl: von Gästen).

Die Beteiligung am Getränkekonsum wurde von S, T und S eingestanden. T S sagten aus, diese Regelungen habe für alle Mädchen gegolten. S traf ihre Aussage erst nach nochmaliger Erinnerung an die Wahrheitspflicht. S und T gaben an, außerdem von H ein Fixum pro Tag zu erhalten.

S und T sagten aus, ihnen sei von H aufgetragen worden, bei Behörden nichts zu sagen, daß sie von H bezahlt worden seien bzw zu sagen, sie bekämen nur Geld aus der Spendenkasse und Trinkgeld.

Ferner gaben die Damen an, für ihre Unterkunft in W selbst aufzukommen (Ausnahme: V; wohnt bei H).

3.3. Die ehemalige Barfrau, B sagte vor der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. aus: Sie sei ab Ende Mai 1996 wieder in der O tätig gewesen. Als Fixlohn seien mit H 11.000 S vereinbart gewesen. Sie sei über die M GmbH zur Sozialversicherung angemeldet gewesen. Sie sei bis zum Konkurs bzw bis zur Schließung des Lokals als Barfrau tätig gewesen. Sie habe eine Strichliste einerseits über die von den Tänzerinnen konsumierten Getränke, andererseits über die von den Gästen bzw von den Tänzerinnen mit den Gästen konsumierten Getränke geführt. Der Zeugin sei aber unbekannt, welche Rolle die von ihr geführten Strichlisten bei der Aufteilung des Geldes gespielt hatten. Die Aufzeichnungen und die Losung habe sie bei Betriebsschluß an H übergeben. H kontrollierte den Sektumsatz und habe Tänzerinnen mit gutem Umsatz gelobt, Tänzerinnen mit schlechtem Umsatz ermahnt.

Die Spendenkasse sei, nach Geldentnahme für die Unterkunft, unter den Tänzerinnen aufgeteilt worden. Die Tänzerinnen hätten auch von Gästen Geld zugesteckt bekommen. H habe den Bw laufend über den Geschäftsgang informiert. 4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung behauptete H ("R"), zeugenschaftlich vernommen, die Ausländerinnen hätten Geld ausschließlich von den Gästen (teils direkt, teils über die Spendenkasse) erhalten. Sie hätten jedoch vom Betreiber des Lokales kein Fixum erhalten und sie seien auch nicht am Getränkekonsum beteiligt gewesen. Dafür habe wegen der Marktlage keine Notwendigkeit bestanden, da sich die Mädchen aus dem Ostblock wegen der vergleichsweise vorzüglichen Verdienstmöglichkeit allein im Wege der Gästespenden im Vergleich zum Verdienst in der Heimat geradezu darum rissen, tanzen zu dürfen. Den Kontakt habe der Zeuge teils über persönliche Bekanntschaften, teils über Inserate hergestellt. Die Mädchen seien zwischen einer Woche und einem Monat im Lokal gewesen, es habe ständige Fluktuation geherrscht. Das Quartier hätten die Mädchen selbst bezahlt, er habe ein billiges Gasthaus ausfindig gemacht und als Kontaktperson zwischen der Wirtin und den Mädchen fungiert. Er habe die Leistungen der Mädchen sehrwohl kontrolliert, um motivierende Gespräche führen zu können. Eine Arbeitszeit habe es nicht gegeben, die Mädchen seien aber aus Eigeninteresse regelmäßig zwischen Öffnung und Sperrstunde im Lokal anwesend gewesen. Bei Tag hätten die Mädchen geschlafen bzw seien sie jedenfalls keinem anderen Gelderwerb nachgegangen. Die Zeugin V bestätigte diese Angaben teilweise. Was das Fixum und die Getränkekonsumbeteiligung betrifft, konnte sie keine Angaben machen. Für die "Hausgetränke", die die Mädchen selbst konsumierten, hätten sie nichts bezahlen müssen. Die beiden Gendarmen, die die Kontrolle in Zivil durchgeführt hatten, bestätigten ihre frühere Aussage, zwei Mädchen hätten ihnen gegenüber gesagt, sie bekämen für ihre Tätigkeit im Lokal Geld. Die näheren Umstände (Spendenkasse, Direktspenden) waren den Zeugen unbekannt. Die Zeugen gaben auch an, den Eindruck gehabt zu haben, die Mädchen seien angewiesen gewesen, Behörden gegenüber über ihre Bezahlung die Unwahrheit zu sagen. Die Ausländerinnen konnten wegen ihrer Abschiebung und des Aufenthaltsverbotes in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht vernommen werden, daher war die Verlesung und Verwertung ihrer Aussagen vor der belangten Behörde, die unter Wahrheitspflicht und unter Zuziehung eines Dolmetsch erfolgten, zulässig und geboten (§ 51g Abs.3 Z1 VStG). Aus diesem Grund ist auch der mehrfach in der Berufung erhobene Einwand, daß es sich infolge der "schlechten Deutschkenntnisse" der Damen um Mißverständnisse gehandelt hätte, als unbeachtlich zurückzuweisen.

Der Zeuge S, welcher die überwiegende Zahl der Ausländerinnen erstbehördlich einvernommen hatte, gab an, die Information, daß die Mädchen "präpariert" (iSv angeleitet, die Unwahrheit zu sagen) waren, schon zuvor von den Gendarmen erhalten zu haben und daher gezielt diesbezügliche Vorhalte gemacht zu haben. In der Folge dieses Vorhalts hätten einzelne Damen die Getränkebeteiligung eingestanden. Einzelne Damen hätten auch ein Fixum zugegeben. Alle Damen hätten angegeben, Geld aus der Spendenkasse und direkt von Gästen bekommen sowie das Quartier selbst bezahlt zu haben. Dr. P (Bezirkshauptmannschaft Ried) bestätigte diese Angaben im wesentlichen, soweit er bei der Einvernahme zugegen war. Ein "Druck" sei dabei auf die Mädchen nicht ausgeübt worden. 5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

5.1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, daß hinsichtlich der Behandlung der Ausländerinnen keine Unterschiede bestanden. Die Darstellung des Zeugen E bzw von einigen Ausländerinnen, die Ausländerinnen hätten kein Fixum erhalten bzw keine Getränkeumsatzbeteiligung genossen, erscheint zwar nicht denkunmöglich, ist jedoch aus nachstehenden Gründen als bloße Schutzbehauptung anzusehen. Denn drei Ausländerinnen haben unter Wahrheitspflicht und unter Beisein eines Dolmetsch vor der Erstbehörde ausgesagt, am Getränkekonsum beteiligt gewesen zu sein. Zwei dieser beiden Ausländerinnen sagten außerdem aus, daß dies für alle Ausländerinnen gleichermaßen gegolten habe. Die Aussage betreffend die Beteiligung der Ausländerinnen am Getränkekonsum erscheint ua deshalb glaubwürdig, weil außer Streit steht, daß der Getränkekonsum der Gäste in Verbindung mit der jeweils einzelnen Ausländerin penibel evident gehalten wurde und diese Genauigkeit dieser "Buchhaltung" eher auf eine Getränkekonsumbeteiligung hindeutet, als darauf, daß Ausländerinnen mit schlechtem Getränkekonsum "ins Gewissen geredet werden" mußte. Außerdem erscheint es von der Interessenlage her verständlich, daß jene Ausländerinnen, die die Beteiligung am Getränkekonsum leugneten, sich davor schützen wollten, als illegal beschäftigte Ausländerinnen - in Verbindung mit den daraus resultierenden fremdenrechtlichen Konsequenzen - zu gelten. Außerdem hatte ein Teil der Ausländerinnen ausdrücklich angegeben, von H angewiesen worden zu sein, gegenüber Behörden nur auszusagen, sie bekämen nur Geld aus der Spendenkasse und Trinkgeld. Das Tanzen und Animieren unter Beteiligung am Getränkekonsum in Verbindung mit der Präsenz während der Öffnungszeit und der Unterordnung unter die Ablauforganisation sowie in Verbindung mit dem Umstand, daß der Beteiligung am Getränkekonsum einen nicht unbedeutenden Anteil am Gelderwerb ausmachte und dieser Gelderwerb insgesamt für den Lebensunterhalt nicht bedeutungslos war, genügt nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenats für die Annahme eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses. Dabei ist unerheblich, daß die Ausländerinnen, ermöglicht durch die Abmachung mit dem Lokalbetreiber, auch "Spenden" von den Gästen erhielten, also über eine weitere Einnahmequelle verfügten, die, isoliert betrachtet, für die Annahme eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses nicht hinreichen würde. Diese zusätzliche Einnahmequelle ist selbst dann unerheblich, wenn die Einkünfte aus den "Spenden" die Einkünfte aus dem Getränkekonsum überwogen haben sollten. Im gegenständlichen Fall kommt hinzu, daß von zwei Ausländerinnen ein Fixum eingestanden wurde. Hält man hinzu, daß eine differenzierte Behandlung der Ausländerinnen unwahrscheinlich ist, so erscheint ein zusätzliches Element einer arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung als erwiesen. Auch hier stellt sich die Frage, ob den "geständigen" Ausländerinnen oder den anderen Ausländerinnen geglaubt werden sollte. Auch hier sprechen dieselben Gründe für die Glaubwürdigkeit der "geständigen" Ausländerinnen wie im Zusammenhang mit dem Getränkekonsum.

5.2. Der Bw hat daher den Tatbestand in objektiver Hinsicht und - da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht erfüllt. 5.3. Der Höhe der im angefochtenen Straferkenntnis verhängten Geldstrafe - also der Mindeststrafe - war nicht entgegenzutreten. Die Verhängung dieser Strafe erscheint aus den im angefochtenen Straferkenntnis angegebenen Gründen gerechtfertigt. Aus denselben Strafbemessungsgründen war jedoch die Ersatzfreiheitsstrafe wie im Spruch herabzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Schieferer

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