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des Landes Oberösterreich
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VwSen-250596/45/Lg/Bk

Linz, 20.12.1999

VwSen-250596/45/Lg/Bk Linz, am 20. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzerin: Dr. Klempt) nach der am 18. November 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn Dr. H, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 14. Mai 1997, Zl. MA2-SV-20u.19-1997 Kri, betreffend Spruchpunkt B, wegen einer Übertretung des AuslBG, BGBl.Nr. 218/1975 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 20.000 S bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der V Montage GmbH W, (idF: V), verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten habe, dass seitens der V als Generalunternehmer dadurch gegen das AuslBG verstoßen worden sei, dass die V vom 27.1.1997 bis 26.2.1997 die Arbeitsleistungen eines näher bezeichneten jugoslawischen Staatsangehörigen, welcher von der Firma GbR U (Sitz in Deutschland, kein Sitz in Österreich - idF: U) beschäftigt wurde, in Anspruch genommen worden seien, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Wahrnehmungen der Erhebungsorgane sowie auf die Niederschriften mit den Herren S (V) und U.

2. In der Berufung wird dagegen eingewendet, bei den Werkleistungen der U handle es sich um Dienstleistungen im Sinne der Art. 59 ff EGV. Es wird, wie schon in der Stellungnahme im erstbehördlichen Verfahren (siehe unten 3.), auf die Rechtsprechung des EuGH verwiesen, insbesondere auf das Urteil Rush Portoguesa. Im Gegensatz zur ständigen Rechtsprechung des EuGH sehe § 18 AuslBG die Einholung einer Entsende- bzw Beschäftigungsbewilligung bei Strafsanktion vor. Diese Gesetzesbestimmung sei auch auf Drittstaatsangehörige anwendbar, die von Unternehmen, die in Mitgliedstaaten ansässig sind, nach Österreich zur Erbringung von Dienstleistungen vorübergehend entsendet werden. Damit widerspreche das AuslBG klar dem EGV. Da die Art. 59 ff EGV unmittelbar anwendbar seien, das Gemeinschaftsrecht gemäß der Rechtsprechung des EuGH dem innerstaatlichen Recht vorgehe, würden gegenständlichenfalls die §§ 18, 19 und 28 AuslBG verdrängt, weshalb für den verfahrensgegenständlichen Ausländer die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung bzw Entsendebewilligung nicht erforderlich gewesen sei. Der Beschuldigte habe sich daher gesetzeskonform verhalten.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4.3.1997 wurde dem Bw vorgeworfen, vom 27.1.1997 bis 26.2.1997 die Arbeitsleistungen betriebsentsandter Ausländer (unter denen der hier gegenständliche Ausländer genannt ist) im Sinne des § 18 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG ohne Beschäftigungs- bzw Entsendebewilligung in Anspruch genommen zu haben.

Im Rechtfertigungsschreiben vom 29.4.1997 gab der Beschuldigte bekannt, die V habe mit Vereinbarung vom 28.1.1997 als Werkbestellerin die U als Werkunternehmerin beauftragt, bei den Gewerken und die Montage von Rohrleitungen und Rohrleitungskomponenten vorzunehmen. Die U sei verpflichtet gewesen, in rechtlicher und wirtschaftlicher Selbständigkeit außerhalb des Betriebes der V einen fachlich abgrenzbaren Auftrag im Rahmen eines Gesamtauftrages zu erbringen. Die U sei nicht verpflichtet gewesen, das Werk selbst auszuführen. Sie habe aber für den Erfolg einstehen müssen. Mit Ausnahme sicherheitstechnischer und qualitativer Fragen sei die U keiner Aufsicht durch die V unterlegen; vielmehr sei sie bei der Herstellung des Werkes weisungsfrei gewesen. Die Werkbestellerin habe der U weder Material noch Werkzeug zur Verfügung gestellt.

Ferner wird eingewendet, es habe sich bei diesen Werkleistungen um Dienstleistungen im Sinne der Art. 59 ff EGV gehandelt. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH, insbesondere auf das Urteil vom 27.3.1990, in der Rechtssache C-113/89 (Rush Portoguesa) wird ausgeführt, dass der EGV einen Mitgliedstaat daran hindere, es in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Erbringer von Dienstleistungen zu verbieten, mit seinem Personal in das Gebiet des erstgenannten Staates einzureisen oder die Einreise des betroffenen Personals von einschränkenden Bedingungen wie der Bedingung der Einstellung von Personal an Ort und Stelle oder der Pflicht zur Einholung einer Arbeitserlaubnis abhängig zu machen. Durch die Auferlegung solcher Bedingungen würde nämlich der Leistungserbringer aus einem anderen Mitgliedstaat gegenüber seinem im Aufnahmeland ansässigen Konkurrenten, die sich ihres eigenen Personals ungehindert bedienen können, diskriminiert und die Fähigkeit, die Leistungen zu erbringen, beeinträchtigt. Die Pflicht zur Einholung von Genehmigungen im Aufnahmeland bedeute eine Verdoppelung der Belastungen und Formalitäten, die jeder Rechtfertigung entbehren und geeignet seien, diese Unternehmen im Wettbewerb gegenüber den inländischen Dienstleistungen zu benachteiligen. Dieses mit den Art. 59 ff EGV unvereinbare Hemmnis werde noch verstärkt durch den Umstand, dass Arbeitgebern, die Arbeitnehmer ohne die vorgeschriebene Arbeitserlaubnis einsetzen, eine Geldbuße auferlegt wird.

Weiters führt die Stellungnahme des Beschuldigten aus, dass die Art. 59 ff EGV unmittelbar und unbedingt anwendbar seien. Daher könnten die gegenständlichen Bestimmungen des AuslBG nicht als Rechtsgrundlage für ein Verwaltungsstrafverfahren herangezogen werden. Der Beschuldigte habe sich vielmehr gesetzeskonform verhalten.

In eventu wird die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG angeregt.

Beigebracht wurde das Bestellschreiben, mit welchem die V die U beauftragte.

Ferner liegen dem Akt die Niederschriften mit den Herren S von der Firma V und U, aufgenommen durch das AI für den 16. Aufsichtsbezirk, dem Akt bei.

Herr S sagte demnach aus, die U sei ein Subunternehmen der V und mit der Durchführung von Rohrverlegearbeiten und Schweißarbeiten betraut. Die Firma U sei seit 27.1.1997 auf der Baustelle tätig. Herr U sei persönlich auf der Baustelle tätig und beaufsichtige die Durchführung der Arbeiten. Das Material werde von der Firma A geliefert, von der V verwaltet und ausgegeben und gehe im Endeffekt auf die Firma L über. Das Werkzeug stehe im Eigentum der Firma V. Die Firma U erhalte von der V die Dokumentation und führe diese vollständig aus.

U sagte, seine Firma sei seit 27.1.1997 auf der Baustelle tätig. Sie würde Schweißarbeiten und Rohrverlegearbeiten durchführen. Die Dokumentation mache die V, die Firma U führe diese aus. Die Anweisungen an die Arbeiter der Firma U erfolge durch Herrn U. Die Firma U arbeite als Subunternehmen der V. Die Abrechnung erfolge mittels Pauschalpreis, für Vorfertigung 50 %, Einbau 35 % und je 5 % für Druckprobe, Kalttest und Endabnahme. Der Befragte habe sich bereits am Tag seiner Befragung (26.2.1997) mit dem zuständigen Arbeitsamt J in Verbindung gesetzt und sich um die Erteilung einer Entsendebewilligung für alle auf der Baustelle befindlichen Personen bemüht.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurden aus dem Bereich der V Ing. H (Leiter des Geschäftfeldes Montage), H (Verantwortlicher für die Abwicklung des gesamten Bauauftrages) und C (Bauleiter) zeugenschaftlich einvernommen. Weiters wurden A (AI), C U sowie B zeugenschaftlich einvernommen.

Von Seiten der Zeugen aus dem V-Bereich wurde die Situation folgendermaßen dargestellt.

Die V habe den von einem Konsortium erhaltenen Auftrag gesplittet: Es sei die Baustelle teils von der V selbst bearbeitet worden, teils seien Subverträge (so an die Firma U und O) vergeben worden. Vertragsgegenstand sei die Erstellung von Leistungen (im Wesentlichen: die Verlegung von Industrierohrleitungssystemen einschließlich der Unterstützungen und Druckproben, also die Durchführung von Montageleistungen) gemäß den Planunterlagen und sonstigen Unterlagen. Die Verträge zwischen der V und den Subunternehmen seien einander sehr ähnlich gewesen, wesentliche arbeitstechnische Unterschiede hätten nicht bestanden. Dies auch hinsichtlich jener Baustellenteile, welche von der V selbst erledigt worden seien. Die V und die Subunternehmer hätten verschiedene Gewerke erledigt, wobei als Gewerke räumlich aufgeteilte Baufelder zu verstehen seien. Die Aufteilung sei aus Gründen der Qualitätskontrolle genau zurechenbar erfolgt und dokumentiert worden. Dass bei der Verbindung von Rohren zusammengearbeitet habe werden müssen, verstehe sich von selbst. Die Abrechnung sei auf der Basis von Festpreisen (Einheitspreisen und Gewichten) erfolgt; Regiestunden seien im Vertrag nur für den Fall außergewöhnlicher Zusatzleistungen vorgesehen gewesen, aber kaum aktuell geworden.

Die Aufgabe von Gewerken an Subfirmen sei erfolgt, weil die V zur Durchführung des Gesamtauftrages nicht über genügend Personal verfügt habe; es sei seitens der V (auch über das AMS) versucht worden, Personal zu bekommen, was aber nicht gelungen sei. Ein Kostenvorteil sei der V durch die Subauftragsvergabe nicht entstanden.

Das Material sei von der AE (A) zur Verfügung gestellt worden. Das Werkzeug sei von der V von der V G gemietet und soweit Bedarf bestand, auch den Subfirmen zur Verfügung gestellt worden, welche aber ihr Werkzeug grundsätzlich selbst beigebracht hätten. Es seien ja im Wesentlichen nur Werkbänke, Schweißgeräte und Handwerkszeug nötig gewesen.

Eine Vermischung der Arbeitskräfte habe nicht stattgefunden. Die Subunternehmen hätten ihre Aufträge selbständig durchgeführt. Die V habe über das Personal der Subfirmen keine Dienstaufsicht (Anwesenheitskontrollen, dienstliche Weisungen) und keine Fachaufsicht ausgeübt, jedoch hätten laufend Kontrollen hinsichtlich Qualität und Terminplanung stattgefunden. Belehrungen über die Betriebssicherheit und über die Einhaltung der Bauordnung habe es gegeben. Die Reihenfolge der Arbeitsschritte habe sich aus der Sachlogik und von der Lieferfolge her ergeben. Dies sei in wöchentlichen Baubesprechungen koordiniert worden; Weisungen habe es nicht gegeben. Wohl habe aber - aus technischen Gründen - großer Wert auf Sauberkeit gelegt werden müssen und sei dies von der V deshalb laufend kontrolliert worden.

Auf die Personalauswahl der Subfirmen habe die V keinen Einfluss genommen.

Die jeweiligen Subunternehmer hätten - mit Pönale - für den Erfolg gehaftet; es seien den Subfirmen jene Pönalvereinbarungen auferlegt worden, welche auch im Verhältnis der V zu ihrem Auftraggeber bestanden. Praktisch sei aber so vorgegangen worden, dass Mängel aufgrund der Kontrollen rasch entdeckt und von den Subfirmen sofort auf eigene Rechnung behoben worden seien.

Der im Akt befindlichen Beschäftigtenliste sei ursprünglich die Funktion der Erfassung der Zutrittsberechtigten zugedacht gewesen. Mangels Errichtung einer Baustellenabsperrung habe die Liste ihre Funktion aber eigentlich nicht erfüllen können, sie sei aber dennoch, wöchentlich aktualisiert, fortgeführt worden. Nach der Beanstandung betreffend die Firma O seien außerdem die arbeitsmarktrechtlichen Papiere erfasst worden. Eine Zeiterfassung habe über diese Listen nicht stattgefunden.

Der Zeuge C U sagte aus, er habe schon lange Zeit vor dem gegenständlichen Auftrag gemeinsam mit Freunden, welche, so wie er, Selbständige mit Gewerbeschein gewesen seien, vorgehabt, eine Gesellschaft zu gründen. Aus Kostengründen sei damit bis zum ersten Auftrag zugewartet worden. Ebenfalls aus Kostengründen sei es, was aber eigentlich beabsichtigt gewesen wäre, nicht möglich gewesen, eine GmbH zu gründen. So sei es erklärlich, dass die Gesellschaft erst kurze Zeit vor dem gegenständlichen Auftrag gegründet worden war. Nach dem gegenständlichen Auftrag habe die GbR noch einen weiteren Auftrag aquirieren können.

Die GbR habe aus dem Zeugen und zwei weiteren türkischen Staatsbürgern bestanden. Neben diesen drei Personen hätten weitere hauptsächlich türkische Staatsbürger mitgearbeitet. Dabei habe es sich um keine Arbeitnehmer sondern um Selbständige mit einschlägiger Gewerbeberechtigung gehandelt. Alle hätten außerdem in Deutschland einen unbeschränkten Zutritt zum Arbeitsmarkt (wie Deutsche) und eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis in Deutschland gehabt. Die Leute seien eigentlich zu gar nichts verpflichtet gewesen. Es sei lediglich vereinbart worden, dass ihnen je nach geleisteter Arbeitsmenge ein vereinbarter Tarif zustand. Die Gewerbeberechtigungen der Gesellschafter seien während der Zeit der aufrechten Gewerbeberechtigung der Gesellschaft abgemeldet worden.

Es habe sich bei diesen Leuten der Firma U um keine "Stammarbeitskräfte" gehandelt, sondern um Bekannte, die Interesse gehabt hätten, als Selbständige am Projekt teilzunehmen. Es sei zwar vereinbart worden, mit ihnen nach Stunden abzurechnen, die Höhe des Stundenlohns sei aber mehr als doppelt so hoch gewesen, als diese Leute tarifvertraglich als Arbeitnehmer bekommen hätten. Die Leute hätten sich daher auch als Selbständige selbst versichert und ihre Aufenthaltskosten selbst getragen.

Die Intensität der Mitarbeit hätten die Leute selbst bestimmt. Vorgeschriebene Arbeitszeiten habe es nicht gegeben. Die Leute hätten ohne Vertragsverletzung die Mitarbeit beenden können, sie seien mitunter an Wochenenden länger in Deutschland geblieben und hätten auch tageweise gefehlt. Ein Einfluss auf die Anwesenheit der mitbeteiligten Selbständigen sei nicht genommen worden. Im Bedarfsfall hätte der Bw weitere Personen angeworben. Einen Einfluss auf die Arbeitszeit bzw die Arbeitsgeschwindigkeit habe er nicht nehmen können. Wenn einer der Mitarbeitenden krank geworden wäre, hätte er nichts bekommen, da nur tatsächlich geleistete Stunden vergütet worden seien.

Die Arbeit sei bei der Besprechung sozusagen unter gleichrangigen Kollegen aufgeteilt worden, so wie auch umgekehrt die Gesellschafter ohne Unterschied zu den Leuten selbst mitgearbeitet hätten. Die Arbeit sei nicht in Form von Weisungen verteilt worden. Auch fachliche Anweisungen seien nicht notwendig gewesen, da es sich um Profis gehandelt habe. Es habe sich die ganze Gruppe die Pläne gemeinsam angesehen und dann untereinander die Arbeit aufgeteilt.

Qualitätsbeanstandungen seitens der V habe es so gut wie nie gegeben. Mängel und Schäden wären von den Gesellschaftern zu tragen gewesen.

Die Verträge mit der V hätten die Gesellschafter zu dritt gemacht. Das Werkzeug hätten die U-Leute selbst mitgehabt, eventueller Zusatzbedarf sei durch die V abgedeckt worden. Für die Fertigstellung des Gewerks sei, so meinte der Zeuge sich zu erinnern, ein Zeitraum von zwei bis vier Monaten veranschlagt gewesen.

Die Verträge mit den U-Leuten seien seitens der Gesellschafter mündlich im Namen der GbR geschlossen worden. Wer konkret von den Gesellschaftern gegenüber den Leuten bei Vertragsabschluss auftrat, sei "ganz verschieden" gewesen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

5.1. Zum Sachverhalt:

Der entscheidungserhebliche Sachverhalt steht nach den geschilderten Zeugenaussagen, welche im Wesentlichen unbestritten blieben, widerspruchsfrei und schlüssig sind, und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung glaubwürdig vorgetragen wurden, fest. Zwar ist (worauf der Vertreter des AI hinwies) nicht zu verkennen, dass sich aus der Aktenlage vereinzelte Hinweise auf eine stärkere persönliche Abhängigkeit der U-Leute ergeben, als dies vom Zeugen U dargestellt wurde (in den Protokollen fallen auch Worte wie "Anweisungen", "Arbeiter"). Der Zeuge blieb jedoch bei seinen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung gemachten Aussagen, bekräftigte, keine Chefrolle gespielt zu haben und Weisungen gegenüber seinen "Partnern" (wie er die U-Leute in diesem Zusammenhang bezeichnete) wegen der Professionalität überflüssig gewesen wären.

5.2. Zur Frage der Arbeitskräfteüberlassung:

Es erscheint unklar, ob beim Vertrag zwischen der V und U im Sinne der Kriterien des § 4 Abs.2 AÜG ein unbedenklicher Werkvertrag oder eine Arbeitskräfteüberlassung vorlag.

§ 4 AÜG lautet:

"Beurteilungsmaßstab

§ 4 (1) für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

(2) Arbeitskräfteüberlassung liegt insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder

3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen, oder

4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet."

Bei der Abgrenzung von Arbeitskräfteüberlassung und (unter dem Blickwinkel des AÜG unbedenklichem) Werkvertrag ist zu beachten, dass der VwGH hinsichtlich des Vorliegens des Werkbegriffes enge Grenzen zieht. In ständiger Rechtsprechung kommt - mit geringfügigen Variationen - die Formel zur Anwendung, wonach die Vereinbarung über einfache, bloß mengenmäßig bestimmte Arbeiten, die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf erbracht werden müssen und der Erfüllung einer vom Auftraggeber übernommenen, zu seinem Betrieb gehörigen vertraglichen Verpflichtung dienen, keinen Werkvertrag sondern eine Arbeitskräfteüberlassung darstellen (vgl. VwGH 7.7.1999, Zl. 97/09/0311 - Herstellung einer Vollwärmeschutzfassade; 13.9.1999, Zl. 97/09/0147 - Montage von Aufzugsteilen; 6.5.1999, Zl. 97/09/0174 - Herstellung von Durisol-Mauern; 10.3.1999, Zl. 97/09/0310 - Verputzarbeiten; 10.3.1999, Zl. 98/0209 - Innenverputz-(Mauer)Arbeiten; 21.10.1998, Zl. 96/09/0183 - Aufstellung von Zwischenwänden; 19.12.1996, Zl. 95/09/01998 - Errichtung von Ziegelmauern und andere mehr). Dies gilt auch dann, wenn Termin und Leistungsumfang klar definiert sind (vgl. zB VwGH 6.9.1994, Zl. 93/11/0162). Schon bei Zugrundelegung dieses Aspekts der Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall von einer Arbeitskräfteüberlassung auszugehen.

Ferner ist zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. zB 22.10.1996, 94/08/0178; 18.11.1998, Zl. 96/09/0281) nach den Kriterien des § 4 Abs.2 AÜG bereits dann eine Arbeitskräfteüberlassung vorliegt, wenn auch nur eines der Tatbestandsmerkmale des § 4 Abs.2 Z1 bis Z4 AÜG erfüllt ist (vgl. zB VwGH 18.11.1998, Zl. 96/09/0281; 10.3.1998, Zl. 95/08/0345; 17.7.1997, Zl. 95/09/0218; 22.10.1996, Zl. 94/08/0178). Selbst für den Fall eines gültigen Werkvertrages kann nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegen, wenn es dem Vertragspartner auf die Zurverfügungstellung dieser Arbeitskräfte ankommt; wann dies jedenfalls der Fall ist, legt § 4 Abs.2 AÜG typisierend nach Art einer unwiderleglichen Vermutung fest (VwGH 21.9.1999, Zl. 97/08/0053 mit Vorjudikatur).

Unter dem Blickwinkel dieser Argumentationslinie ergibt sich folgendes Bild:

Die Subunternehmen erbrachten - der Art nach - keine anderen Leistungen als die V selbst, wenngleich - wegen der Trennung der Gewerke - die Leistungen der Subunternehmen diesen im Ergebnis zurechenbar waren.

Die Arbeit wurde nicht mit dem Material des Werkunternehmers geleistet. Selbst das Werkzeug der Werkunternehmer reichte zumindest teilweise nicht aus. Zudem war das von den U-Leuten mitgebrachte Handwerkzeug geringwertig im Vergleich zum Material und den sonstigen erforderlichen Gerätschaften. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeit überwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers geleistet wurde.

Durch das Ineinandergreifen der Abfolge der Arbeitsschritte iSd von der V ausgeübten Gesamtkoordination der Baustelle und wegen der laufenden Qualitätskontrolle iVm sofortigen Verbesserungen allfälliger Fehler war außerdem bis zu einem gewissen Grad eine Integration der Arbeitskräfte der U in die Betriebsorganisation der V gegeben und die Bedeutung der Haftung der Werkunternehmer in den Hintergrund gedrängt.

Es zeigt sich also, dass zumindest das Kriterium der Z2 des § 4 Abs.2 AÜG nicht erfüllt ist. Aber auch bei wertender Gesamtbetrachtung ist davon auszugehen, dass eine Arbeitskräfteüberlassung vorlag. Nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 4 Abs.1 AÜG) bestand das "Werk" im Zukauf von Arbeitsleistungen, was letztlich auch durch die V-Zeugen dadurch bestätigt wurde, dass die Subverträge eine Folge des Personalmangels der V waren.

Diese Tat (die illegale Beschäftigung von Ausländern in Form einer Arbeitskräfteüberlassung - § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG) wurde dem Bw aber nicht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen. Eine Auswechslung des Tatvorwurfs ist dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt (vgl. zB das Erkenntnis vom 30.10.1991, Zl. 91/09/0111). Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

Bei diesem Verfahrensergebnis kann dahingestellt bleiben, welche Konsequenzen sich daraus ergeben, dass die "Firma U" als GesbR nicht rechtsfähig ist.

5.3. Zur Frage der Dienstleistungsfreiheit:

Ergänzend sei festgehalten:

Ginge man davon aus, dass im Verhältnis zwischen der V und der U keine Arbeitskräfteüberlassung vorlag, so wäre der Tatvorwurf der Inanspruchnahme betriebsentsandter Ausländer (§ 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG idF BGBl.Nr. 895/1995, also vor der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997) zu prüfen. Dazu ist zu sagen, dass die gegenständlichen Regelungen des AuslBG über die Entsendebewilligung bzw die einschlägige Strafbestimmung in Widerspruch zum Europarecht stehen (Dienstleistungsfreiheit - in diesem Sinne auch die EB, 689 BlgNr 20. GP, S 16 zur Rechtslage vor der oben zitierten Novelle) und, wegen unmittelbarer Anwendbarkeit der Bestimmungen der Art. 49 und 50 EGV eine Bestrafung des Dienstleistungsempfängers nicht in Betracht kommt, wenn das Personal des Dienstleistungserbringers ordnungsgemäß und dauerhaft beschäftigt gewesen ist (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 26.5.1999, Zl. 97/09/0262 mwN).

Hinsichtlich der Frage, ob die U-Leute "ordnungsgemäß und dauerhaft beschäftigt" wurden, ist zunächst fraglich, ob - im Hinblick auf die von U behauptete Selbständigkeit der U-Leute - überhaupt eine Beschäftigung vorlag. Verneinendenfalls wäre § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG - der eine Beschäftigung voraussetzt - unanwendbar und der Bw allein aus diesem Grund freizusprechen. Ginge man dennoch (etwa iS eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses - was freilich voraussetzen würde, dass das Europarecht eine Rechtsfigur mit ähnlicher Funktion aufweist) von einer Beschäftigung aus, so kann sich der gesteigerte Grad an Selbständigkeit nicht zum Nachteil des "Arbeitgebers" auswirken. Unter diesen hypothetischen Verhältnissen kann an der "Ordnungsgemäßheit" der Beschäftigung der U-Leute kein Zweifel bestehen, da diese nach deutschem Recht unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt hatten. Die Dauerhaftigkeit der Beschäftigung könnte aufgrund des Umstandes in Zweifel gezogen werden, dass die GbR erst relativ kurz vor dem gegenständlichen Auftrag gegründet wurde. Das Kriterium der dauerhaften Beschäftigung ist jedoch - um eine unsachliche Diskriminierung junger Unternehmen zu vermeiden - nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates nicht dahingehend zu verstehen, dass die Arbeitskräfte bei Auftragsübernahme schon einen bestimmten (welchen?) Zeitraum beschäftigt gewesen sein mussten, sondern - im Sinne eines Missbrauchverbots - dahingehend, dass die Arbeitskräfte nicht ausschließlich für die Erfüllung dieses Auftrages angeworben worden sein dürfen (im Ergebnis ähnlich Rizak, die Entsendung von Drittstaatsangehörigen nach Österreich, ecolex 1997, S. 377). Dass dies der Fall war, konnte mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit nicht nachgewiesen werden.

Auch unter der Annahme, dass eine Betriebsentsendung (keine Arbeitskräfteüberlassung) vorlag, wäre daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

An diesem Verfahrensergebnis würde der Umstand, dass eine GbR nicht Dienstgeber sein kann (vgl. zB VwGH 16.12.1997, Zl. 96/09/0077), nichts ändern.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

D r. K o n r a t h

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