Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250628/29/Lg/Bk

Linz, 22.01.1998

VwSen-250628/29/Lg/Bk Linz, am 22. Jänner 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender Dr. Schieferer, Beisitzerin Dr. Klempt, Berichter Dr. Langeder) nach der am 16. Dezember 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn K gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. August 1997, Zl. 101-6/3-33-23868, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975 idF BGBl.Nr. 450/1994, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Geldstrafen auf 10.000 S je illegal beschäftigter Ausländerin herabgesetzt werden.

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstbehördlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 1.000 S je illegal beschäftigter Ausländerin. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG iVm §§ 3 Abs.1, 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG idF BGBl.Nr. 450/1994. Zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2, 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) sechs Geldstrafen in Höhe von je 11.000 S bzw sechs Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 1 Tag und 4 Stunden verhängt, weil er es als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma F mit dem Sitz in zu verantworten habe, daß die Ausländerinnen H (Sta. Tschechien), G (Sta. Ungarn), B (Sta. Ungarn), H (Sta. Ungarn), B (Sta. Tschechien) und Z (Sta. Tschechien) am 15.9.1995 (G) bzw in der Zeit vom 1.9.1995 bis 15.9.1995 (die übrigen Ausländerinnen) beschäftigt worden seien, ohne daß die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

In der Begründung stützt sich das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk vom 10.10.1995 und die angeschlossenen fünf Anzeigen der BPD Linz, jeweils vom 18.9.1995, sowie die mit den Ausländerinnen aufgenommenen Niederschriften. Ferner wird darauf hingewiesen, daß der Bw im erstbehördlichen Verfahren zum Tatvorwurf nicht Stellung genommen hatte und daß das AI die Auffassung vertreten habe, daß im Hinblick auf die geregelte Arbeitszeit, die Entlohnung und die Unterkunftsbereitstellung persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit anzunehmen sei. Bei der Festsetzung der Strafhöhe ging das angefochtene Straferkenntnis von einem monatlichen Nettoeinkommen von 16.000 S und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten aus. Strafmildernde Umstände seien nicht vorgelegen, straferschwerend seien drei rechtskräftige Vorstrafen vom 13.7.1993, vom 18.1.1997 und vom 14.2.1997. 2. In der Berufung wird dagegen eingewendet, der Bw sei im Zeitraum vom 1.9.1995 bis 15.9.1995 nicht handelsrechtlicher Geschäftsführer der F gewesen, weil er am 23.8.1993 die Geschäftsführung zurückgelegt habe. Dazu wird die Kopie eines Schreibens des Bw an das LG als Handelsgericht samt notarieller Beglaubigung der Echtheit seiner Unterschrift vorgelegt.

Darüber hinaus wird - ohne nähere Ausführungen - bestritten, daß die F die Ausländerinnen illegal als Tänzerinnen beschäftigt habe. 3. Aus dem Akt ist ersichtlich: Dem angefochtenen Straferkenntnis liegen Anzeigen der BPD Linz bezüglich der Ausländerinnen G wegen unbefugten Aufenthalts im Bundesgebiet und Übertretungen des Meldegesetzes sowie Niederschriften der BPD Linz mit den Ausländerinnen H zugrunde.

Aus den Anzeigen ergibt sich, daß die Ausländerinnen bei einer Kontrolle am 15.9.1995 im Lokal T angetroffen wurden. Der Geschäftsführer, A habe angegeben, die Ausländerinnen würden dort lediglich den Abend verbringen, nachdem sie zuvor untertags in der Peep-Show in der G als Tänzerinnen gearbeitet hätten. Die Niederschriften mit den Ausländerinnen ergaben, daß sie in der Zeit vom 1. bis 15.9.1995 in der Peep-Show in der G tätig waren (H. In einem Fall gab die Ausländerin an, erst am 4. September nach gekommen zu sein und dann im T und erst am 15.9.1995 in der Peep-Show in der G gearbeitet zu haben (G).

Als Zeitraum der Auftritte wurde 10.00 bis 22.00 Uhr angegeben (H). Bei B und G fehlen diesbezügliche ausdrückliche Angaben; B gab jedoch an, zuvor fast täglich im T von 16.00 bis 04.00 Uhr gearbeitet zu haben. Hinsichtlich der freien Beweglichkeit außerhalb der Arbeitszeit sagten Ausländerinnen aus, daß nur eine kurze Entfernung zum Zweck des Essenskaufs erlaubt gewesen wäre (B) bzw nur kurze Einkäufe im Spar-Markt in der G erlaubt gewesen wären und sich die Ausländerinnen ansonsten in der Peep-Show in der G, im T oder in der Unterkunft aufhalten hätten müssen; dies sei auch von den anderen Mädchen mitgeteilt worden (H). Die Zurverfügungstellung eines Quartiers im Haus, in welchem sich auch das T befindet, wurde von allen befragten Ausländerinnen bestätigt. Nach H sei die kostenlose Zurverfügungstellung von Kost und Quartier versprochen worden. G gab an, im T zu wohnen, ohne Zins zahlen zu müssen. B gab an, nicht zu wissen, ob sie für das Zimmer etwas zahlen müsse. sagte, daß darüber, wieviel sie für das Zimmer (das sie mit anderen Ungarinnen teile) zahlen müsse, nicht gesprochen worden sei. Z gab an, ihr und B sei ein Zimmer im T zugewiesen worden, für das sie nichts bezahlen müßten. Hinsichtlich der Einnahmen sagten die Ausländerinnen aus, sie hätten pro Tanzauftritt 50 S (H) bzw 15 S (Z; ferner G, letztere allerdings bezogen auf das T - keine ausdrückliche Aussage hinsichtlich der Peep-Show in der G) bzw nichts (B, allerdings bezogen auf das T - keine Aussage hinsichtlich der Peep-Show in der G) bekommen. Als Zahl der täglichen Auftritte wurden ca 20 (H), 30 bis 40 (H) bzw ca 30 (Z) angegeben. Ferner gaben die Ausländerinnen an, Einkünfte aus Auftritten in Solokabinen erzielt zu haben. H sagte dazu, daß dafür der Gast den Chef bezahlen habe müssen. Sie habe dabei nur ein Trinkgeld erhalten. Z gab an, für die Auftritte in der Solokabine keine Extragage bekommen zu haben sondern nur das, was ihr der Gast durch die gelochte Scheibe zusteckte; dieses Trinkgeld habe alleine ihr gehört. Die diesbezüglichen Aussagen von G und B bezogen sich auf das T. H gab an, daß in der Peep-Show in der G drei Ungarinnen und drei Tschechinnen gearbeitet hätten. Mit B wurde wegen mangelnder Deutschkenntnisse keine Niederschrift aufgenommen. Z gab allerdings an, daß ihre Freundin B zu denselben Geschäftsbedingungen wie sie selbst tätig geworden sei.

4. Erhebungen beim LG Linz, Abteilung Firmenbuch, ergaben, daß das Schreiben des Bw über die Zurücklegung seiner Geschäftsführertätigkeit vom 12.8.1993, beim Gericht zwar eingegangen war, das Gericht dem Bw mit Schreiben vom 22.9.1993 mitteilte, daß die Zurücklegung der Geschäftsführung nur dann wirksam ist, wenn diese den Gesellschaftern nachweislich zur Kenntnis gebracht wird. Erst am 20.12.1995 wurde ein neuerlicher Antrag auf Löschung des Bw als Geschäftsführer gestellt (in Verbindung mit dem Antrag auf Eintragung des P als Geschäftsführer; Beginn der Vertretungsbefugnis ab 20.12.1995). Darin wurde auch mitgeteilt, daß für den 11.12.1995 eine Generalversammlung einberufen worden war, welche zunächst beschlußunfähig war, da nur der Bw erschienen war. Es war daher die neuerliche Ladung für den 20.12.1996 notwendig; diesfalls war die Generalversammlung unabhängig von der Höhe des vertretenen Stammkapitals beschlußfähig. Auf die dort gefaßten Beschlüsse stützten sich die gegenständlichen Anträge. Der Gerichtsbeschluß auf Löschung wurde am 17.1.1996 gefaßt, die Eintragung ins Firmenbuch erfolgte am 18.1.1996. 5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Vertreter des Bw vor, der Berufungswerber habe die Damen nicht selbst eingestellt; dies habe jemand ohne sein Wissen und ohne seinen Willen getan. Außerdem sei der Bw zur Tatzeit der Meinung gewesen, nicht mehr Geschäftsführer zu sein. Der Bw war zur öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Die (geladenen) Ausländerinnen konnten mangels Erscheinens nicht einvernommen werden.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat geht mit Literatur und Rechtsprechung davon aus, daß für die Zurücklegung der Geschäftsführertätigkeit die bloße Erklärung des Geschäftsführers gegenüber dem Firmenbuchgericht nicht genügt (vgl. Koppensteiner, GmbH-Gesetz, 1994, § 16 RZ 31 mwN). Der Bw war somit zur Tatzeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer für Verwaltungsübertretungen der F verantwortlich.

Der unabhängige Verwaltungssenat nimmt ferner als erwiesen an, daß die Ausländerinnen ohne die erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere im vorgeworfenen Zeitraum von der gegenständlichen GesmbH beschäftigt wurden. Dies ergibt sich aus der Aktenlage und wurde vom Vertreter des Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht bestritten. Der Vertreter des Bw gab ausdrücklich kund, daß die Einstellung der Ausländerinnen jemand anderer (für die gegenständliche GesmbH) vorgenommen haben mußte. Der unabhängige Verwaltungssenat teilt zwar nicht die Auffassung der belangten Behörde, "daß schon aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung der wahre wirtschaftliche Gehalt der ggst. Tätigkeit (Tänzerin in einer Peep-Show) ein dem AuslBG unterliegendes Dienstverhältnis darstellt." Im Ergebnis trifft die Qualifikation der gegenständlichen Tätigkeit der Ausländerinnen als Arbeitsverhältnis freilich zu. Die Tätigkeit war entlohnt und erfolgte in persönlicher Abhängigkeit vom Arbeitgeber. Die Entlohnung erfolgte pro Auftritt und durch Geld sowie durch Zurverfügungstellung eines Quartiers. Die persönliche Abhängigkeit äußerte sich in der Bindung der Ausländerinnen hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Art der Arbeit. Es wurde sogar über die Arbeitszeit (10.00 - 22.00 Uhr) hinaus der Aufenthalt der Ausländerinnen kontrolliert. Diese Feststellungen ergeben sich aus den dargestellten Aussagen der Ausländerinnen, mögen diese auch nicht durchgehend zu allen einzelnen Punkten befragt worden sein. Die belangte Behörde hat die Taten dem Bw zu Recht auch in subjektiver Hinsicht zugerechnet. Die Behauptung, daß der Bw der Meinung war, nicht mehr handelsrechtlicher Geschäftsführer gewesen zu sein, erscheint unglaubwürdig, da der Bw vom Firmenbuchgericht mit Schreiben vom 22.9.1993 von der Unwirksamkeit seines Rücktritts verständigt wurde. Selbst wenn man zugunsten des Bw unterstellt, daß er durch widrige Umstände nicht vom Inhalt dieses Schreibens Kenntnis erlangt hat, ändert dies nichts am Ergebnis: Es wäre dem Bw oblegen, sich über das Gelingen der Zurücklegung seiner Geschäftsführertätigkeit zu kümmern und die dafür erforderlichen Schritte nicht erst mehr als zwei Jahre später zu setzen. Dies zumal dem Bw bekannt war, daß er der einzige Geschäftsführer der GesmbH war. Auch der Umstand, daß die Einstellung der Ausländerinnen ohne sein Wissen und seinen Willen durch eine andere Person erfolgte, was dem Bw ebenfalls im Zweifel geglaubt sei, entschuldigt ihn nicht. Hätte er sich wie ein ordentlicher Geschäftsführer um die Geschäfte seines Unternehmens gekümmert, wären ihm solche Praktiken aufgefallen und er hätte sie entweder abstellen oder die Verantwortung dafür übernehmen oder (rechtzeitig) die Geschäftsführung zurücklegen müssen. Es kann nicht so sein, daß ein Geschäftsführer mit einem unwirksamen Rücktritt bewirkt, daß ein Unternehmen über Jahre betrieben wird, ohne daß eine Person verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Im vorliegenden Fall ist, da mehr als 3 Ausländer illegal beschäftigt wurden, vom dritten Strafsatz des § 28 Abs.1 AuslBG idF vor der Novelle BGBl.Nr. 895/1995 (10.000 S bis 120.000 S) auszugehen (illegale Beschäftigung von mehr als drei Ausländern, keine Wiederholung). Bei der Bemessung der Strafhöhe ist die Dauer der Beschäftigung zu berücksichtigen (zwei Wochen; in einem Fall nur ein Tag). Zu berücksichtigen ist auch die Schuldform (hier: Fahrlässigkeit). Hinsichtlich der von der belangten Behörde erschwerend gewerteten einschlägigen drei Vorstrafen ist zu bemerken, daß zwei dieser Vorstrafen zur Tatzeit noch nicht vorlagen und die dritte Vorstrafe zum Zeitpunkt der Fällung des Erkenntnisses des unabhängigen Verwaltungssenats wenige Monate vor der Tilgung steht und daher weniger schwer ins Gewicht fällt. (Die von der belangten Behörde vorgeworfene "Einschlägigkeit" dieser Vorstrafen ergibt sich wohl daraus, daß in den vorangegangenen Fällen weniger als vier Ausländer illegal beschäftigt wurden und daher keine Wiederholung vorlag). Sonstige Erschwerungs- und Milderungsgründe sind nicht ersichtlich. Ferner sind die im angefochtenen Straferkenntnis angeführten finanziellen Verhältnisse des Bw zu berücksichtigen. Unter Abwägung dieser Umstände erscheint die Verhängung der Mindestgeldstrafe (10.000 S) je illegal beschäftigter Ausländerin angemessen. Mangels Überwiegen von Milderungsgründen kommt eine Anwendung des § 20 VStG nicht in Betracht. Da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt, scheidet auch eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG aus. Unter Anwendung derselben Strafbemessungskriterien erscheint eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 56 Stunden angemessen. Aus Gründen des Verschlechterungsverbots kommt jedoch eine Hinaufsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe nicht in Betracht. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Schieferer

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 28.09.2000, Zl.: 98/09/0060

 

 

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