Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560003/3/Gf/Km VwSen560004/3/Gf/Km

Linz, 08.02.2000

VwSen-560003/3/Gf/Km VwSen-560004/3/Gf/Km Linz, am 8. Februar 2000 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer unter dem Vorsitz von Mag. Gallnbrunner, den Berichter Dr. Grof und den Beisitzer Dr. Konrath über die Berufung der Ehegatten F und M L, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 10. Jänner 2000, Zl. SH10-3184-WP, wegen Rückersatz von Sozialhilfeleistungen, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 10. Jänner 2000, Zl. SH10-3184-WP, wurden die Rechtsmittelwerber - als Grundstückseigentümer aufgrund einer Übergabe auf den Todesfall - gemäß § 48 Abs. 1 und 2 des Oö. Sozialhilfegesetzes, LGBl.Nr. 82/1998 (im Folgenden: OöSHG 1998), dazu verpflichtet, die für den verstorbenen Voreigentümer aufgewendeten Sozialhilfeleistungen in Höhe von 290.377,40 S binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu ersetzen.

1.2. Gegen diesen ihnen am 13. Jänner 2000 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 26. Jänner 2000 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde aus, dass die Rückersatzpflicht für die Kosten sozialer Hilfe nicht nur deren Empfänger, sondern nach § 48 OöSHG 1998 auch jene Personen treffe, denen der Sozialhilfeempfänger sein Vermögen übertragen hat; eine derartige Vermögensübertragung stelle insbesondere auch eine Schenkung auf den Todesfall dar, wie sie hier durch einen Übergabevertrag verfügt worden sei.

2.2. Dagegen bringen die Berufungswerber im Wesentlichen vor, dass es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Übergabevertrag nicht um eine Schenkung, sondern vielmehr um ein zweiseitig verbindliches Rechtsgeschäft gehandelt habe, wobei sie ihre Verpflichtungen in Höhe von 500.000 S großteils schon erfüllt hätten, bevor noch überhaupt eine Sozialhilfeleistung angefallen sei. Überdies sei die tatsächliche Übergabe der Liegenschaft schon am 9. August 1988 erfolgt, sodass deren nunmehrige grundbücherliche Durchführung lediglich einen Formalakt darstelle.

Daher wird die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Kirchdorf zu Zl. SH10-3184; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit der vorliegenden Berufung im Ergebnis lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 48 OöSHG 1998 sind auch jene Personen, denen der Sozialhilfeempfänger in den letzten fünf Jahren vor dem Leistungsbeginn, während dieser Hilfeleistung oder drei Jahre nach deren Leistung Vermögen verschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung übertragen hat, soweit dessen Wert das Zehnfache des Richtsatzes für Alleinstehende (dieser beträgt nach § 1 Abs. 1 Z. 1 der Oö. Sozialhilfeverordnung, LGBl.Nr. 118/1998, 6.385 S) übersteigt, zum Ersatz der Kosten für soziale Hilfe verpflichtet; dies gilt auch für Schenkungen auf den Todesfall.

Gemäß § 48 Abs. 2 OöSHG 1998 ist die Ersatzpflicht mit der Höhe des Geschenkwertes, d.i. der Wert des ohne entsprechende Gegenleistung übernommenen Vermögens, begrenzt.

4.2. Rechtlich ist die gegenständliche, von den Verfahrensparteien untechnisch als "Übergabevertrag" bezeichnete, am 9. August 1988 im Wege eines Notariatsaktes errichtete Vereinbarung als ein Leibrentenvertrag i.S.d. §§ 1284 ff ABGB zu qualifizieren.

Dies geht unmissverständlich daraus hervor, dass der Übergabe der Liegenschaft auf die Beschwerdeführer - wobei der Zeitpunkt der tatsächlichen sachenrechtlichen Wirksamkeit hier ohne Belang ist - deren umfangreiche Verpflichtung zu Pflegeleistungen an die früheren Grundstückeigentümer gegenüberstand (vgl. insbes. Pkt. "Zweitens: Im Rahmen der vereinbarten Gegenleistung verpflichten sich die Übernehmer hiemit für sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentume der Übergabsliegenschaft, den Übergebern ..... vom heutigen Tage angefangen, auf die ganze weitere Lebensdauer des von den Übergebern länger lebenden Teiles die im nachstehenden genau bezeichneten Pflegeleistungen stets unentgeltlich auf das Genaueste und Strengste zu erbringen, und zwar: Den Berechtigten die Kleidung und Wäsche zu reinigen, zu bügeln und auszubessern, sowie für die Berechtigten alle notwendigen Gänge und Fuhren zum Arzt, in die Apotheke, zum Seelsorger, in das Krankenhaus sowie zum Einholen von Nahrungsmitteln rechtzeitig durchzuführen, soweit die Übergeber diese Arbeiten selbst nicht mehr verrichten können und solange sie sich ständig im Hause Steinfeld 12 aufhalten. Für die Kosten der seinerzeitigen, ortsüblichen, standesgemäßen und christlichen Begräbnisse der Übergeber, einschließlich der Kosten eines standesgemäßen Konduktes sowie der Bestattung im Familiengrab in Viechtwang, haben die Übernehmer gemeinsam zur ungeteilten Hand aufzukommen. Auf eine grundbücherliche Sicherstellung dieser Verpflichtung wird seitens der Übergeber ausdrücklich verzichtet.")

Dieser Leibrentenvertrag stellt somit - der allgemein herrschenden Auffassung entsprechend (vgl. H. Koziol - R. Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts, Bd. I, 10. Auflage, Wien 1995, 413) - ein entgeltliches Rechtsgeschäft dar, wobei sich dessen Wesen als einem Glücksvertrag (vgl. § 1269 ABGB) entsprechend der Wert von Leistung und Gegenleistung nicht notwendig als deckungsgleich erweisen müssen (vgl. wiederum H. Koziol - R. Welser, a.a.O.).

Im Ergebnis liegt sohin hier offenkundig keine "Schenkung" bzw. "Vermögensübertragung ohne entsprechende Gegenleistung" i.S.d. § 48 Abs. 1 OöSHG 1998 vor, womit es gleichzeitig auch an der primären Voraussetzung für einen auf diese Bestimmung gestützten Rückforderungsanspruch fehlt.

4.3. Indem die belangte Behörde insofern die Rechtslage verkannt hat, war der gegenständlichen Berufung sohin gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr in Höhe von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r

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