Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250668/2/KON/FB

Linz, 04.06.1998

VwSen-250668/2/KON/FB Linz, am 4. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die sich ausschließlich gegen das Strafausmaß richtende Berufung des Herrn J W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 25. Juli 1997, SV96-18-1997 Hz/Pa, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf den Betrag von 8.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 20 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf 800 S herabgesetzt werden. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 20 VStG, § 19 VStG und § 16 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschuldigte der Verletzung der §§ 43 iVm 111 und 112 des ASVG für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 111 ASVG die gesetzliche Mindeststrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 1 Woche) verhängt. Gleichzeitig wurde der Beschuldigte verpflichtet, 1.000 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Hiezu führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Verhängung der Mindeststrafe unter Berücksichtigung deren Höhe, des Geständnisses des Beschuldigten und der Erreichung des Strafzweckes, vor allem auch unter Bedachtnahme auf die derzeitige soziale Lage des Bestraften als angemessen zu erachten sei. In seiner dagegen erhobenen Berufung bringt der Beschuldigte zu deren Begründung im wesentlichen vor, daß sein Verhalten, welches darin bestanden habe, ein Schreiben der Oö. GKK vom 9.4.1997, welches er nachweislich am 11.4.1997 übernommen habe, nicht beantwortet zu haben, eine Bestrafung im Ausmaß von 10.000 S nicht rechtfertige und für einen sonst völlig unbescholtenen Staatsbürger unangemessen hoch sei. Weiters sei das Strafausmaß auch im Hinblick auf seine Einkommens- und Vermögenssituation zu hoch. Er sei von Beruf selbständiger Buchverlagsleiter und übe diesen seit 6 Jahren aus. Er habe einen Schuldenstand von über 1 Mio Schilling, wobei es ihm zur Zeit wegen seines geringen Einkommens nicht möglich sei, Rückzahlungen zu tätigen. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 20 VStG kann, überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich, die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

Eine außerordentliche Strafmilderung kann nur bei solchen Strafdrohungen in Betracht kommen, die eine gesetzliche Untergrenze haben, wobei ungeachtet des im Gesetzestext verwendeten Wortes "kann" § 20 VStG der Behörde kein Ermessen einräumt. Bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen, besteht nämlich ein Rechtsanspruch auf die Anwendung des außerordentlichen Strafmilderungsrechtes. Die Behörde hat in diesem Fall der Strafbemessung einen Strafrahmen zugrundezulegen, dessen Untergrenze die Hälfte der (gesetzlichen) Mindeststrafe beträgt und ausgehend davon die Strafe innerhalb des solcherart nach unten geänderten Strafrahmens unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG als Ermessensentscheidung festzusetzen. Wenngleich die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen müssen, kommt es dabei für die Anwendung des § 20 VStG (außerordentliche Strafmilderung) nicht auf die Zahl der gegebenen Milderungsgründe und Erschwerungsgründe an, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhaltes (VwGH 27.2.1992, 92/02/0095). Die Begründung der belangten Behörde läßt nicht erkennen, ob im Fall des Beschuldigten die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderungsgründe aus dem im Gesetz genannten Grund in Erwägung zu ziehen war oder nicht. So enthält das Straferkenntnis jedenfalls keine Angaben darüber, ob Milderungs- und Erschwerungsgründe bei der Strafbemessung zu berücksichtigen waren, sodaß jedenfalls in Anbetracht der verhängten Mindeststrafe vom Nichtvorliegen von Erschwerungsgründen auszugehen ist. Hingegen hat der Beschuldigte in seiner mündlich erhobenen und von der belangten Behörde protokollierten Berufung auf seine bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu deren Begründung verwiesen. Die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers ist insofern als den Tatsachen entsprechend zu erachten, als von der belangten Behörde, welche von diesem Vorbringen ja Kenntnis hatte, keine diesem Vorbringen widersprechenden Vormerkungen bekanntgegeben wurden. Ebensowenig wurde im Zuge einer Gegenschrift diesem Berufungsvorbringen widersprochen. Die vom Beschuldigten geltend gemachte verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit stellt, da im Verwaltungsstrafverfahren sinngemäß die im gerichtlichen Strafrecht maßgebenden Umstände in Betracht kommen, einen Milderungsgrund dar (VwGH 31.1.1979, Slg 9755 A). Da diesem, der Aktenlage nach unstrittigen und auch erheblich zu wertenden Milderungsgrund keine Erschwerungsgründe gegenüberstehen, hat sich die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG insoweit als geboten erwiesen, als die verhängte Strafe auf das im Spruch festgesetzte Ausmaß herabzusetzen war. Aufzuzeigen ist dabei, daß die Festsetzung des Reduzierungsausmaßes eine Ermessensentscheidung der Berufungsinstanz darstellt, welche unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG vorgenommen wurde. Insbesondere war dabei die glaubhaft dargelegte Einkommens- und Vermögenssituation des Beschuldigten zu berücksichtigen. Einer weiteren Ausschöpfung der außerordentlichen Strafmilderung stand jedoch insbesondere der Grad der Vorwerfbarkeit des Beschuldigtenverhaltens entgegen. Aufgrund der vorliegenden Berufungsentscheidung ist der Beschuldigte von der Entrichtung eines Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens befreit (§ 65 VStG). Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K o n r a t h Beschlagwortung: Verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit bei Nichtvorliegen von Erschwerungsgründen bewirkt Anwendungsgebot des § 20 VstG, wenn auch nicht volle Ausschöpfung dieser Rechtswohltat.

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