Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-250690/12/Lg/Bk

Linz, 06.06.1999

VwSen-250690/12/Lg/Bk Linz, am 6. Juni 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 20. April 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn G, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 25. März 1998, Zl. SV-96/27-1997-E/Mü, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend korrigiert, daß im ersten Satz die Worte "ohne daß" durch das Wort "obwohl" ersetzt werden.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat von zweimal je 2.000 S zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG iVm §§ 3 Abs.1, 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG idF BGBl.Nr. 776/1996.

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) zwei Geldstrafen in Höhe von je 10.000 S bzw zwei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 56 Stunden verhängt, weil er zwischen dem 6.1.1997 und dem 3.6.1997 die zwei polnischen Staatsangehörigen S und A in seinem Reitclub in beschäftigt habe, ohne daß die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

In der Begründung stützt sich das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des AI vom 12.6.1997 sowie auf die Angaben der Ausländer vor der G am 30.6.1997 und setzt sich mit dem Vorbringen des Bw, es seien Volontariate vorgelegen, auseinander. Das Vorliegen von Volontariaten wird unter Hinweis auf die Entlohnung der Ausländer und den Charakter ihrer Arbeit als Hilfstätigkeiten (Stall ausmisten, Pferdepflege) verneint. Außerdem seien Volontariate von der Arbeitspflicht befreit. Eine Anzeige von Volontariaten habe es nicht gegeben.

2. In der Berufung wird geltend gemacht, daß weder eine Pflicht zur Erbringung von Arbeitsleistungen noch ein Entgeltsanspruch vorgelegen sei. Dies ergebe sich aus den Angaben der Ausländer, wonach sie 2.000 S pro Monat erhalten hätten, dieses Entgelt jedoch nicht jeden Monat gleich hoch gewesen sei. Es habe daher weder eine Pflicht zu regelmäßigen Arbeitsleistungen noch einen Entgeltsanspruch gegeben. Das Entgelt habe Taschengeldcharakter gehabt. Es habe sich um Volontariate im Berufsbild des Pferdepflegers gehandelt, da das Entgelt weit unter dem kollektivvertraglichen Gehalt gelegen sei, sei die Annahme von Volontariaten nicht ausgeschlossen. Die Behörde habe es außerdem verabsäumt, auch die übrigen Merkmale des Volontariats festzustellen.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Am 3.6.1997 gab der Bw gegenüber einem Kontrollorgan des AI an:

Die beiden Ausländer seien seit ungefähr vier Monaten bei ihm beschäftigt. Die Tätigkeit bestehe aus Pferdebetreuung im weiteren Sinn. Die Ausländer würden Unterkunft und Verpflegung erhalten. P bekomme 2.200 S und P 2.500 S pro Woche bezahlt. Die Ausländer würden durch den Bw privat bei der A versichert. Der Bw habe mehrmals versucht, für diese beiden Ausländer Arbeitsgenehmigungen zu erhalten. Dies sei aber immer wieder abgelehnt worden. Die vom Arbeitsamt zugewiesenen Personen hätten sich immer wieder als unwillig und unverläßlich erwiesen.

Die Ausländer füllten das Personalblatt dahingehend aus:

Sie würden 2.500 (2.200) S pro Woche (in einem Fall ist der Bezugszeitraum nicht ausgefüllt) als Hilfsarbeiter (in einem Fall ist die Art der Arbeit nicht ausgefüllt) erhalten. Die Arbeitszeit würde sechs Stunden betragen; in einem Fall ist eine Arbeitszeit von fünf Tagen pro Woche eingetragen. Als Beginn der Beschäftigung wird angegeben: Seit einer Woche bzw seit 30.5.1997. Als durch das Kontrollorgan beobachtete Tätigkeit ist angegeben: Ausmisten mit Scheibtruhe.

Am 30.6.1997 sagte der Bw vor der G aus, er habe die Ausländer Anfang Jänner am L Bahnhof abgeholt. Dies zu dem Zweck, daß sie bei ihm den richtigen Umgang mit Pferden lernen sollten. Sie selbst besäßen in Polen einen Reitstall. Sie seien ihm von einem Bekannten namens R vermittelt worden.

Die Ausländer hätten bei Arbeiten im Reitstall mitgeholfen und dafür 2.000 bis 3.000 S Taschengeld erhalten. Sie hätten ohne Bezahlung beim Bw wohnen gedurft. Sie seien ständig (mit Ausnahme von sechs Tagen im April) beim Bw untergebracht gewesen.

Versuche, über das AMS Arbeitskräfte zu erhalten, seien wegen der Untauglichkeit der geschickten Personen nicht zielführend gewesen.

A sagte bei dieser Kontrolle aus, die Ausländer seien am 6. Jänner zum Bw gekommen und seither beim Bw mit Arbeiten am Pferdehof beschäftigt. Die Aufenthaltskosten würden vom Bw bestritten; der Zeuge habe die ganze Zeit über beim Bw gewohnt. Das Entgelt betrage 2.000 S pro Monat. Es sei aber nicht jeden Monat gleich. Er habe die meiste Zeit Reit- und Turnierpferde trainiert; die Höhe des Entgelts habe sich auch nach dem Erfolg der Pferde bei Turnieren gerichtet. Er habe den Bw auch beim An- und Verkauf von Turnierpferden unterstützt. Er beabsichtige zwei Pferde vom Bw zu kaufen.

Diese Angaben hinsichtlich der Dauer der Beschäftigung wurden durch S bestätigt. Er habe 1.000 S pro Monat erhalten und die ganze Zeit beim Bw gewohnt. Er habe gemeinsam mit seinem Bruder beim Bw gearbeitet.

Anwaltlich vertreten gab der Bw in seiner Stellungnahme vom 18.7.1997 an, es seien Volontariate vorgelegen. Die Bezahlung seien freiwillige humanitäre Unterstützungen gewesen, ebenso die Versicherungen bei der A. Der Bw habe die Ausländer kurzfristig aufgenommen, da die Arbeitsämter den dringenden Arbeitskräftebedarf des Bw nicht mit geeigneten Personen befriedigen gekonnt hätten. Die Angabe des Bw, die Ausländer seien bereits vier Monate bei ihm beschäftigt, könne nicht als gesichert gelten, weil es sich um eine ungefähre Angabe handle.

In einer weiteren Stellungnahme vom 2.10.1997 wird die Beschäftigung der Ausländer durch den Bw als richtig anerkannt. Dennoch seien Volontariate vorgelegen. Insbesondere sei das Berufsbild des Pferdepflegers volontariatsfähig (Striegelung und Instandhaltung des Pferdes; Reinigung der Pferdeboxen). Das Taschengeld der Polen habe auf keinem Entgeltsanspruch beruht.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung schilderte der Bw näher die Betriebstätigkeit seines Unternehmens. Es seien insgesamt 55 Pferde eingestellt, davon 50 Turnierpferde. Der Bw selbst würde auch Turniere mit österreichweiter Beteiligung veranstalten. Im Zuge des Pferdeimports und -exports habe es sich als zweckmäßig erwiesen, aus Polen Pferde zu importieren, die bereits eine gewisse "Ausbildungsstufe" erreicht haben, da dies Kosten spare. Dafür sei es notwendig, die polnischen Exporteure ausbildungsmäßig auf westliches Niveau zu heben. Dem habe der Aufenthalt der hier gegenständlichen Polen (von welchen er schon 20 bis 30 Pferde gekauft habe) gedient. Die Ausländer hätten alle Arbeiten, die im Zusammenhang mit Pferden notwendig sind, gemacht. Dies beginne beim Pflegen und gehe weiter über das Aufsatteln, das Longieren, die Pflege der Pferdeboxen, das Saubermachen der Pferde, das Ausräumen der Pferdeboxen usw. Die Ausländer hätten den Pferden auch bestimmte Gangarten beigebracht. Es habe sich um ein "gemischtes Verhältnis" von Tätigkeiten gehandelt, welches auch als Hilfsarbeiten umschreibbare Aktivitäten umfaßt habe. Bei dieser Mischverwendung sei die Gewichtung der Arbeitsanteile im Verhältnis 2 (Pferdebetreuung) : 1 (normale Pflegetätigkeit) gelegen. Die Ausländer hätten, grob gesprochen, solche Tätigkeiten durchzuführen gehabt wie ein Lehrling der "Pferdewirtschule" (eine dreijährige berufsbildende Schule, die an die Hauptschule anschließt) im Rahmen ihrer Pflichtpraxis in einem anerkannten Betrieb (als welcher der Betrieb des Bw gelte und welcher bereits solche Lehrlinge ausgebildet habe).

Der Bw habe für die beiden gegenständlichen Ausländer keine Beschäftigungsbewilligungsanträge gestellt, wohl jedoch für andere Ausländer. Die vom AMS geschickten Leute seien allesamt unverläßlich und - mangels Liebe zu Pferden - auch untauglich gewesen.

Die im angefochtenen Straferkenntnis angegebene Dauer der Anwesenheit der Ausländer sei richtig, es habe jedoch Unterbrechungen gegeben.

Der Bw habe die Ausländer verköstigt und beherbergt. Ferner hätten sie durchschnittlich 2.000 S bis 3.000 S vom Bw für ihre Tätigkeit erhalten. Zusätzlich hätten sie von Personen, die ihre Pferde beim Bw eingestellt hatten, Geldbeträge erhalten, die ihr Gesamteinkommen auf etwa 10.000 S ergänzt hätten.

Die Organisation des Betriebes habe der Bw durchgeführt. Er habe in jedem einzelnen Fall gesagt, was zu tun sei. Die Weisungen seien jedoch nicht immer bis ins Detail gegangen. Zusätzlich hätten die Kunden des Bw Wünsche geäußert und zwar im Rahmen von ca 20 bis 30 Minuten Tagesarbeitszeit durchschnittlich.

Die Befristung und die Anzeigepflicht von Volontariaten sei dem Bw erst zu spät zu Bewußtsein gekommen. Der Bw räumte ein, daß einer der hier gegenständlichen Polen auch am 19.3.1999 nochmals bei der Arbeit betreten worden sei und daß der Bw dann Anträge auf Beschäftigungsbewilligungen gestellt habe. Letzteres habe er auf Empfehlung eines Beamten des AMS getan.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Schon nach den Ausführungen des Bw ist klar, daß die Tätigkeit der Ausländer entlohnt war (teils in Geld teils in Naturalien). Im Gegensatz zum Vorbringen des (Vertreters des) Bw kann aus der geringen Höhe der Entlohnung kein Schluß auf eine Unentgeltlichkeit der Arbeitsleistungen der Ausländer gezogen werden. Auch wenn man die sonstigen vom Bw dargestellten Beziehungen zwischen ihm und den Ausländern mitberücksichtigt, sind keine Umstände zu Tage getreten, die es plausibel erscheinen ließen, daß die vom Bw den Ausländern gegenüber erbrachten Leistungen keinen Entgeltscharakter hatten bzw auf keinem Anspruch aus dem wechselseitigen Leistungsgefüge beruht hätten. Am Entgeltscharakter ändert es nichts, daß der Bw diese Geldbeträge als "Taschengeld" qualifizierte; ein Leistungsaustausch iS eines Synallagmas lag vor, wenngleich weitere (Geschäfts-) Beziehungen hinzutraten. Schon von daher scheidet die Qualifikation als Volontariat aus (arg: "ohne Entgeltsanspruch" - § 3 Abs.5 lit.a AuslBG; idS auch die ständige Rechtsprechung des VwGH). Überdies waren die Ausländer nach Anweisung des Bw tätig. Es braucht daher nicht erörtert zu werden, ob die Qualifikation als Volontariat außerdem dadurch ausgeschlossen ist, daß die Beschäftigung nicht - wie vom Gesetz verlangt - ausschließlich (!) dem Zweck der Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis diente (oder ob es sich um unschädliche praktische Tätigkeiten handelte, wie sie im Rahmen einer Ausbildung notwendig anfallen), wenngleich nicht zu übersehen ist, daß die "Mischverwendung" der Ausländer erhebliche Anteile von Hilfsarbeiten enthielten und der Bw selbst einen Arbeitskräftebedarf einräumte.

Vor allem aber ist zu beachten, daß nach der seit der Novelle BGBl.Nr. 895/1995 (in Kraft getreten am 1.6.1996) geltenden Rechtslage für die Erfüllung des Tatbestandes des § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG das Vorliegen eines Volontariats für die Strafbarkeit nicht entscheidend ist. Vielmehr gilt seither folgendes: Gemäß § 2 Abs.2 lit.b AuslBG gilt als Beschäftigung auch die Verwendung im Rahmen eines Volontariats und trifft gemäß § 3 Abs.5 AuslBG im Falle eines Volontariats den Betriebsinhaber eine Anzeigepflicht, deren Befolgung die Pflicht des AMS zur Ausstellung einer Anzeigebestätigung auslöst. Die Beschäftigung ohne Anzeigebestätigung im Rahmen eines Volontariats ist gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG ebenso strafbar wie die Beschäftigung ohne Vorliegen der Voraussetzungen eines Volontariats bei Mangel der sonstigen arbeitsmarktrechtlichen Papiere (Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis, Befreiungsschein).

Da der Bw die Ausländer ohne Anzeigebestätigung, aber auch ohne die im Falle des Nichtvorliegens eines Volontariats erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere beschäftigt hatte, hat er den Tatbestand des § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG in objektiver Hinsicht verwirklicht.

Im Gegensatz zur Auffassung des Rechtsvertreters des Bw ist ihm die Tat auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich.

Bei der Bemessung der Strafhöhe ist die Dauer der illegalen Beschäftigung (rund ein halbes Jahr unter Abzug der vom Bw behaupteten Unterbrechungen) zu berücksichtigen. Mildernd wirken die Unbescholtenheit des Bw sowie seine Bereitschaft, im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Andererseits ist nicht zu übersehen, daß aus der illegalen Beschäftigung im Zusammenhalt mit der Höhe des Entgelts und der Dauer der illegalen Beschäftigung dem Bw erhebliche wirtschaftliche Vorteile entstanden sind. Ferner hat der Bw nach seiner ersten Betretung unbekümmert sein Verhalten fortgesetzt, was verschuldensmäßig erheblich ins Gewicht fällt. Unter diesen Umständen kann die von der Erstbehörde verhängte Strafe - die Mindestgeldstrafe iVm einer entsprechenden Ersatzfreiheitsstrafe - nicht als zu hoch bemessen angesehen werden.

Da ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe nicht vorliegt, ist die Anwendung des § 20 VStG ausgeschlossen.

Da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt, kommt eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG nicht in Betracht. Im Hinblick auf die Dauer der illegalen Beschäftigung trifft bereits die Voraussetzung der Unbedeutendheit der Tatfolgen nicht zu. Überdies ist, wie bereits dargelegt, das Verschulden des Bw nicht geringfügig.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Langeder

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum