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VwSen-250700/2/Lg/Bk

Linz, 23.08.2000

VwSen-250700/2/Lg/Bk Linz, am 23. August 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Herrn F gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Mai 1998, Zl. 101-6/3-33-68114, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) zwei Geldstrafen in Höhe von je 5.000 S bzw zwei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je einem Tag und vier Stunden verhängt, weil er es als privater Arbeitgeber zu verantworten habe, dass zwei näher genannte jugoslawische Staatsangehörige am 18.9.1997 von ihm als Arbeitgeber auf einer Baustelle in A beschäftigt worden seien, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis darauf, dass die Ausländer (!) angegeben hätten, dass sie für den Quadratmeter verlegten Estrichs vom Bw zwischen 35 und 40 S bekommen würden. Weiters wird auf die Niederschriften des GP P und des Magistrats Linz verwiesen. Aufgrund "der oben angeführten Zeugenaussagen, welche übereinstimmend den Beschuldigten als Arbeitgeber angeben" stehe "die Beschäftigung der ... Ausländer fest" und sei "dieses zum anderen durch die Wahrnehmung der Organe des GP Puchenau ... - Antreffen der ausländischen Arbeitnehmer auf dem Weg zur Baustelle in A - belegt". Es sei "eindeutig davon auszugehen, dass D in Vertretung des Beschuldigten das Arbeitsverhältnis angebahnt hat, wobei Arbeitgeber, Ort, Entgelt und Arbeitsleistung vereinbart wurden bzw. bekannt waren. Die Angaben der ausländischen Arbeitnehmer entsprechen auch den allgemeinen Lebenserfahrungen, da Arbeitsmodalitäten vor Beginn der Tätigkeit und nicht erst auf einer Baustelle vereinbart werden. Das Arbeitsverhältnis hat somit bereits auf der Fahrt zur Baustelle bestanden und war es damit unerheblich, ob auf dieser Arbeiten verrichtet wurden oder nicht."

2. In der Berufung wird behauptet, der Bw habe einen Quadratmeterpreis von 60 S pro m2 Estrichlegung vereinbart. D habe dem Bw zugesagt, mit einer "vollständigen Partie" von vier Mann auf die Baustelle zu kommen. Der - wie sinngemäß hinzuzufügen ist: auf der Baustelle auf die Partie wartende - Bw habe mit den Ausländern nie Kontakt gehabt (und - sinngemäß - ihnen dem gemäß keinen Arbeitsauftrag erteilt bzw eine Entlohnung versprochen). Eine Kontrolle (gemeint: der arbeitsmarktrechtlichen Papiere durch den Bw) hätte frühestens auf der Baustelle erfolgen können, was aber nicht möglich gewesen sei, da die Kontrolle durch die Gendarmerie vor der Arbeitsaufnahme erfolgt sei.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Laut Anzeige des GP Puchenau wurden am 18.9.1997 ein Klein-Lkw und ein Pkw auf der Rohrbacher Bundesstraße B 127 im Gemeindegebiet Puchenau angehalten. Dabei habe sich herausgestellt, dass H, H sowie die jugoslawischen Staatsbürger A und S im Begriffe waren, sich auf eine Baustelle nach A zu begeben, deren nähere Lage nicht eruiert werden habe können.

H gab laut Niederschrift gegenüber den Gendarmen an, D habe ihm Arbeit (Estricharbeiten) für eine Baustelle "Richtung R" angeboten. Der Betretungstag sei von J als Probetag angesehen gewesen; die Fortsetzung der Arbeit wäre nur erfolgt, wenn ihm die Arbeit zugesagt hätte. Er sei von D bei seiner Wohnung abgeholt worden. Weiters sei auf der Fahrt ein auf D wartender Ausländer zugestiegen. D habe ihm "glaublich 60 S pro m2 Lohn" angeboten.

H gab gegenüber Beamten des GP Puchenau an, der Bw habe ihn gefragt, ob er für ihn arbeiten wolle. Über den Stundenlohn sei noch nicht gesprochen worden. Er habe H am heutigen Tag von seiner Wohnung abgeholt. A habe er in der D in sein Fahrzeug aufgenommen, da auch dieser zur Baustelle mitgefahren sei. Auf der Fahrt habe er H mit einem Lkw und Anhänger in P mit amtshandelnden Gendarmen gesehen.

Der Bw gab laut Niederschrift gegenüber den Gendarmen an, am 17.9.1997 (als am Tag vor der Betretung) H in einem Lokal in Linz getroffen und beauftragt zu haben, Leute für eine Baustelle, auf der vier Arbeiter benötigt wurden, zu besorgen. Welche Leute D aussuchte, wisse der Bw nicht, da er vereinbarungsgemäß auf der Baustelle in A auf D gewartet habe. Im Nachhinein habe er auch erfahren, dass der Beifahrer des Lkw mit der Pumpe von den Gendarmen nach P mitgenommen worden sei. Weiters gab der Bw an, sich vergeblich um eine Gewerbeberechtigung bemüht zu haben. Seine Auftraggeber würden aber stets eine Rechnung bekommen und er würde auch Steuern für seine Tätigkeit bezahlen. Seine Arbeiter würden für den Quadratmeter 35 bis 40 S schwarz ausbezahlt bekommen.

Am 3.12.1997 nahm der Bw dahingehend Stellung, dass er die Ausländer nicht kenne. Vielmehr habe D die Ausländer zur Baustelle mitgebracht. Es sei zum Zeitpunkt der Kontrolle noch keine Beschäftigung erfolgt.

Am 5.2.1998 sagte H vor dem Magistrat Linz aus, der Bw habe ihn in einem Lokal angesprochen, ob er für ihn arbeiten wolle und andere arbeitswillige Personen kenne. Daraufhin habe er A gefragt und zur Baustelle im Auto mitgenommen. Der Zeuge sollte einem Bus, in welchem zwei weitere (ihm unbekannte) Arbeiter gesessen seien, zur Baustelle folgen. Auf der Baustelle sei man jedoch aufgrund der Kontrolle nie angekommen. Es seien daher auch keine Arbeitsleistungen für den Bw erfolgt. Die genauen Arbeitsleistungen bzw das Entgelt wäre erst auf der Baustelle verhandelt worden.

Am 9.3.1998 nahm das AI dahingehend Stellung, dass aus der "niederschriftlichen Aussage der Ausländer" (!) ersichtlich sei, dass ihnen der Auftraggeber, Herr H, 35 S bis 40 S pro m2 Estrich bezahlen werde. Es sei anzunehmen, dass der Bw den Auftrag, die Estricharbeiten durchzuführen, erteilt habe. Daher habe er die Arbeitsleistungen der beiden Ausländer in Anspruch genommen. Die vorsätzliche Begehung reiche für einen Verstoß gegen § 3 AuslBG aus. Telefonisch wurde mitgeteilt, dass das AI mit der Anwendung des § 20 VStG einverstanden sei.

Am 5.2.1998 rechtfertigte sich der Bw abermals damit, dass eine Beschäftigung nicht zustande gekommen sei.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Auszugehen ist davon, dass der Bw (im Hinblick auf die sonstigen Umstände bzw Aussagen glaubwürdig) behauptet, dass er H am Tag vor der geplanten Arbeitsaufnahme mit der Suche nach Arbeitern beauftragt und am nächsten Tag auf der Baustelle auf diese gewartet habe und es noch zu keiner Arbeitsaufnahme gekommen sei. Weiters behauptet der Bw unwiderlegt, die Ausländer noch gar nicht gekannt zu haben und bestreitet der Bw eine Entlohnungszusage gegenüber diesen Ausländern gegeben zu haben. Dies wird durch H insofern bestätigt, als dieser aussagte, dass über die genauen Arbeitsleistungen und das Entgelt erst auf der Baustelle verhandelt worden wäre. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass H und einen der Ausländer mit seinem Fahrzeug auf die Baustelle bringen wollte.

Gegenteiliges ergibt sich aus den Aussagen der durch die Gendarmerie Befragten bzw durch den Magistrat Linz Einvernommenen nicht. Wenn - im Gegensatz zu den Behauptungen des Bw - unterstellt wird, der Bw habe laut eigener Aussage gegenüber den Beamten des GP Puchenau gesagt, den Ausländern 35 bis 40 S pro m2 zu bezahlen, so ist dies fragwürdig, weil es sich dabei um eine abstrakte (nicht auf die hier beteiligten Personen bezogene) Aussage handelt, wobei in der Berufung selbst diese abstrakte Angabe als unrichtig (weil der Höhe nach zu niedrig gegriffen) dargestellt wird. Die Ausländer selbst wurden vom Magistrat Linz (vermutlich mangels bekannter Ladungsadresse) nicht einvernommen, obwohl auch durch die Gendarmen des GP Puchenau keine Niederschriften mit den Ausländern aufgenommen worden waren. Die im angefochtenen Straferkenntnis referierte Behauptung der Anzeige, die Ausländer hätten eine Entlohnung von 35 bis 40 S pro m2 angegeben, ist aktenwidrig, da in der Anzeige lediglich steht, "die Arbeiter" hätten eine solche Angabe gemacht, wobei, wenn man sich an die Niederschriften hält, selbst dies falsch ist, da nach den Niederschriften des GP Puchenau nur in der Niederschrift mit dem Bw eine solche Behauptung auftaucht.

Es ist daher nicht nachvollziehbar, wenn das angefochtene Straferkenntnis davon ausgeht, dass "die Angaben der ausländischen Arbeitnehmer ... den allgemeinen Lebenserfahrungen ... entsprechen", da nicht klar wird, welche Aussage welches ausländischen Arbeitnehmers dieser Behauptung zugrunde gelegt wird.

Was die "allgemeinen Lebenserfahrungen" betrifft, so ist einzuräumen, dass in der Regel die "Arbeitsmodalitäten" (gemeint: die wesentlichen wechselseitigen vertraglichen Pflichten) vor Beginn der Tätigkeit (gemeint: vor der Arbeitsaufnahme) vereinbart werden. Dem ist, abgesehen davon, dass es im Einzelfall anders sein kann, entgegenzuhalten, dass die "Partie" ohnehin vor Beginn der Tätigkeit kontrolliert wurde, sodass für Vertragsschlüsse vor Beginn der Arbeitsaufnahme noch Zeit gewesen wäre. Dass der Abschluss der Verträge erst auf der Baustelle geplant war, wird vom Zeugen H unwiderlegt bestätigt. Wenn gemeint wird, dass der Lebenserfahrung nach auch schon der Antritt der ersten Fahrt zu einer Baustelle den vorherigen Vertragsabschluss voraussetzt, so ist dem einerseits entgegenzuhalten, dass diesbezüglich die "Lebenserfahrung" sehr fragwürdig ist und andererseits wiederum die klare Aussage D, wonach die diesbezüglichen Verhandlungen erst vor Ort aufgenommen werden sollten.

Vollends eine unbegründete Vermutung stellt es dar, wenn im angefochtenen Straferkenntnis behauptet wird, D habe "in Vertretung des Beschuldigten das Arbeitsverhältnis angebahnt, wobei Arbeitgeber, Ort, Entgelt und Arbeitsleistung vereinbart wurde bzw bekannt waren". Auf eine solche Vermutung kann ein Straferkenntnis, das, im Zusammenhang mit der Zweifelsregel zugunsten des Beschuldigten, ein Minimum an gesicherter Faktenbasis verlangt, nicht gestützt werden. Dies umso weniger, als dieser Vermutung nicht nur die (unwiderlegte) Behauptung des Bw sondern auch die (unwiderlegte) Aussage eines Zeugen (D) entgegensteht.

Schon aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

Im Übrigen sei angemerkt, dass, selbst wenn man von vertretungsweise abgeschlossenen Verträgen ausginge, es fraglich wäre, ob schon der bloße Vertragsabschluss eine illegale Beschäftigung zu begründen vermag oder ob es nicht dafür der tatsächlichen Arbeitsaufnahme bedarf. Hält man sich an die Begriffsbestimmungen des § 2 AuslBG, so zeigt sich, dass in § 2 Abs.2 AuslBG auf "die Verwendung" abgestellt wird. Die EB, 1451 Blg.Nr. 13. GP, S. 20 bemerken dazu: "Bei der Erfassung der Ausländer kommt es vornehmlich nicht darauf an, in welchem Rechtsverhältnis die Vertragspartner zueinander stehen, sondern auf die Verwendung unter bestimmten Umständen." Der Terminus "Verwendung" deutet darauf hin, dass es auf den faktischen Arbeitseinsatz, nicht auf die juristische Konstruktion ankommt. In eine ähnliche Richtung weist § 29 Abs.1 AuslBG, wenn dort normiert wird, dass dem illegal beschäftigten Ausländer für die Dauer der "Beschäftigung" die gleichen Ansprüche wie aufgrund eines gültigen Arbeitsvertrages zustehen und dabei auf die Dauer der "faktischen" Beschäftigung abgestellt wird (vgl. Schnorr, AuslBG, 4. Auflage, 1998, RZ 3 zu § 29). Schließlich wäre selbst bei gegenteiliger Auffassung unter den gegenständlichen Voraussetzungen mangelndes Verschulden oder die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG in Erwägung zu ziehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. Langeder

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