Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250703/34/KON/Pr

Linz, 22.02.1999

VwSen-250703/34/KON/Pr Linz, am 22. Februar 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn Dkfm. H. Sch., vertreten durch RA Dr. W. H., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 8.6.1998, GZ:MA 2-SV-23-1998, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach öffentlich mündlicher Verhandlung und Verkündung am 4.2.1999 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 45 Abs.1 Z1, 1. Fall VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuldspruch:

"Sie haben am bei ihrem landwirtschaftlichen Anwesen in die polnischen Staatsbürger M.J. S. und J.C., mit Maurerarbeiten (Verputzen von Fensterlaibungen) beschäftigt, obwohl für beide weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 28 Abs 1 Z 1 lit a i.V.m. § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl 218/1975 idgF." Hiezu führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung aufgrund der Aussagen der Zeugen H. J. und J. St. als erwiesen anzusehen sei. So habe der Ausländer J. C. selbst eine Mischmaschine im Hofe des Hauses betrieben und der Ausländer M. J. S. habe als Vertrauter des Eigentümers (Beschuldigter) die Aufsicht über die Bauarbeiten geführt, über alle Strom- und Wasseranschlüsse im Hause Bescheid gewußt und das Haus am Abend abgesperrt. Außerdem seien die genannten Zeugen vom Beschuldigten an ihn (S.) verwiesen worden, da er gewußt habe, wo sich diverses Werkzeug befände. Daß die beiden Ausländer beim Beschuldigten wohnhaft waren, werde von diesem nicht bestritten, sodaß von einer Naturalentlohnung gesprochen werden könne. Die Verantwortung des Beschuldigten, insbesondere seine Aussage, daß es sein könne, daß die beiden Ausländer aus eigenem geholfen hätten, sei als Schutzbehauptung zu werten und widerspreche den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen H. J. und J.S. Selbst wenn man der Verantwortung des Beschuldigten glauben würde, wäre noch darauf hinzuweisen, daß dieser keine Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG mit gutem Grund hätte erwarten lassen.

Damit sei dem Beschuldigten auch die Glaubhaftmachung im Sinne des § 5 Abs.1 VStG, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, nicht gelungen und auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als gegeben zu erachten.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und diese mit nachstehenden Ausführungen begründet:

"Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird mir die widerrechtliche Beschäftigung der polnischen Staatsbürger M. J. S. und J. C. vorgeworfen. Die Behauptung der Beschäftigung wird dabei auf die Zeugenaussagen H. J. und J. St. gestützt. Der Vorwurf einer Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz ist unberechtigt.

Vorweg hat sich die Behörde im angefochtenen Erkenntnis nicht mit der Frage befaßt, was der Gesetzgeber nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unter Beschäftigung versteht. Dort wird eine sozialversicherungspflichtige Entlohnung stipuliert, während zum Beispiel eine Nachbarschaftshilfe nicht unter den Begriff der Beschäftigung fällt. In formaler Sicht darf zunächst darauf verwiesen werden, daß die Niederschrift über die Vernehmung des Zeugen H. J. am um Uhr bis Uhr in Anspruch genommen hat, wobei offenbar das Protokoll in Form einer Tonbandaufnahme verfaßt worden ist. Jedenfalls geht aus der Niederschrift vom für den Zeugen J. St. hervor, daß dieser sich in der Zeit von 10.00 Uhr bis 10.10 Uhr bei der Behörde aufgehalten hat und in diesen 10 Minuten angeblich die Niederschrift des H. J. gelesen und für richtig befunden hat. Eine solche Art der Zeugeneinvernahme entspricht nicht den Bestimmungen des Gesetzes.

Der Zeuge H.J. wieder trägt für die Begründung des Straferkenntnisses nichts bei, weil die Behauptung 'M. J. S. ... wisse, wo sich diverses Werkzeug befinde' wohl keinen Beschäftigungsnachweis des Angesprochenen darstellt. M. J. S. war vielmehr bereits vor längerer Zeit mit Arbeitsbewilligung bei mir tätig und wußte aus diesem Grunde über die örtlichen Verhältnisse in meinem Hof Bescheid. Die Auskunftserteilung über das Vorhandensein von Werkzeugen ist jedenfalls nicht als Beschäftigung zu qualifizieren. Noch dazu vermerkt der Zeuge J., daß er 'M. nicht direkt arbeiten gesehen' hat.

Was nun den Polen J.C. betrifft, den der Zeuge J. beim Betrieb einer Mischmaschine im Hof gesehen haben will, verweise ich darauf, daß weder ich, noch einer meiner Bediensteten den Polen J. C. zu dieser Tätigkeit aufgefordert oder ihm diese sogar aufgetragen hätte. Offenbar hat sich C. moralisch verpflichtet gefühlt, Hand anzulegen, weil er für ein paar Tage mit meiner Duldung gemeinsam mit den anderen Polen in einem Zimmer hat übernachten dürfen. Diese Art der freiwilligen Mithilfe könnte höchstens unter den Begriff einer freiwilligen Nachbarschaftshilfe fallen, welche weder sozialversicherungspflichtig, noch eine Beschäftigungsbewilligung im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erfordert.

Damit ist der Behörde der Nachweis für eine rechtswidrige Beschäftigung der beiden Polen durch mich nicht gelungen und wiederhole ich meine diesbezügliche Verantwortung.

Die beiden Polen S. und C. wurden am vor der Bezirkshauptmannschaft Eferding um 11.45 Uhr bis 12.20 Uhr vernommen. Aus dem Protokoll geht jedoch nicht hervor, daß diese beiden Polen von der Gendarmerie vorgeführt worden sind, ohne daß dafür im übrigen eine Berechtigung vorgelegen wäre. Das Wort im Protokoll 'heute erscheinen.....' ist daher vorweg irreführend.

Auch die Feststellung in dieser Niederschrift vom , daß der Pole S. gut deutsch spreche, ist unrichtig. Ich habe mir die Mühe genommen, nach dieser Einvernahme mit dem Polen S. zu sprechen und mich dabei eines Dolmetschers bedient, weil sich die Deutschkenntnisse von S. nur auf die Notwendigkeiten des Alltags beschränken, aber keinesfalls ausreichen, der sehr 'eindringlichen' Befragung durch die Beamten wirklich zu folgen. Die Einvernahme der beiden Polen ohne Beiziehung eines Dolmetsch ist daher rechtswidrig gewesen, wobei die Einschüchterung durch die rechtswidrige Vorführung nach einer rechtswidrigen Durchsuchung meines Hauses, sowie Umstellung desselben und unter Beiziehung eines Suchhundes nicht den Erfordernissen eines Rechtsstaates entsprochen hat. Die so eingeschüchterten Polen, von zu Hause an Pressionen der Polizei gewöhnt und von diesen Erfahrungen mit der polnischen Polizei geschockt, haben sich naturgemäß beim Eintreffen der Gendarmeriebeamten diesen nicht gestellt, weil die beiden Polen Angst vor den Beamten hatten und damit spätestens ab diesem Zeitpunkt unter psychischem Druck gestanden sind und daher in diesem Zustand gar keine Aussagen zur Sache machen durften und konnten. Ein Zeuge oder Verdächtiger hat ohne psychischen Druck seine Aussagen abzulegen. Die vorangegangene rechtswidrige Vorführung, welche inhaltlich einer Verhaftung gleichkommt, ist jedenfalls nicht geeignet gewesen, mit den beiden Polen ohne Dolmetsch und ohne Vertreter eine Niederschrift aufzunehmen.

So gesehen ist auch diese Niederschrift, welche der Pole C. überhaupt nicht verstanden hat, nicht geeignet, das Straferkenntnis zu begründen. Selbst diese unter Druck abgegebenen Angaben, daß die Polen Leistungen für die kostenlose Unterkunft von ein paar Tagen erbracht hätten, stellt keine Beschäftigung dar. Einer Beschäftigung liegt ein Dienstvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zurgrunde. Ein solcher ist nicht vorgelegen, weil meinerseits für die Übernachtung von verwandten und bekannten Polen in einem Zimmer von mir schon aus sozialen Gründen weder ein Geld, noch eine Arbeitsleistung vereinbart oder begehrt worden ist.

Ich kann daher als Beschuldigter auch gar nicht sagen, ob der eine oder andere Pole irgendwo Hand angelegt hat. Jedenfalls lag auch für diesen Fall kein wie immer geartetes Arbeitsverhältnis vor, sondern eine allenfalls freiwillige Leistung, die von mir weder erbeten noch angenommen worden ist. Ich wußte ja gar nichts davon, weil ich beruflich auswärts tätig bin und mich nur gelegentlich in Sch. aufhalte. Die mir vorgeworfene Beschäftigung von Ausländern entgegen den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes hat daher nicht stattgefunden und wiederhole ich meine eingangs gestellten Anträge.

Ich bin nicht rechtskundig und habe daher nicht gewußt, daß ich Personen förmlich anzumelden habe, wenn diese entgegenkommenderweise in meinem Haus übernachten und vorweg erklären, daß diese Übernachtung nur für ganz kurze Zeit erbeten wird. Unter diesen Umständen fühle ich mich auch einer Übertretung nach dem Meldegesetz nicht schuldig." Aufgrund des Tatbestreitens und zur Klärung der Frage, ob das objektive Tatbestandsmerkmal der angelasteten Verwaltungsübertretung, nämlich die Verwendung der verfahrensgegenständlichen Ausländer in einem Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerählichen Verhältnis durch den Beschuldigten zum Tatzeitpunkt vorgelegen ist oder nicht, hat der unabhängige Verwaltungssenat eine öffentlich mündliche Verhandlung unter Ladung der Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und von Zeugen für den 4.2.1999 anberaumt und durchgeführt.

Im Rahmen des vom unabhängigen Verwaltungssenat vorgenommenen Beweisverfahrens wurde der Beschuldigte, wie weiters als Zeugen die meldungslegenden Gendarmeriebeamten RI B. und A. sowie die zum Tatzeitpunkt auf der Baustelle Sch. als Professionisten tätig gewesenen Personen (H.K., J.St. und H.J.) einvernommen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Es ist zunächst festzuhalten, daß das Beweisverfahren im Rahmen der öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ergab, daß die in Rede stehenden Ausländer jedenfalls nicht bei der Durchführung von Maurerarbeiten am Projekt Scharten Nr. 9 betreten worden sind. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, würde dieser Umstand für sich allein noch nicht ausreichen, das Vorliegen des objektiven Tatbestandsmerkmales der Beschäftigung (§ 2 Abs.2 AuslBG), nämlich, daß diese Arbeiten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses erfolgten, unter Beweis zu stellen. Vielmehr ist insbesondere in beweismäßiger Hinsicht hervorzuheben, daß die Ausländer M. S. und J. C. am - unmittelbar nachdem sie von der Gendarmerie aufgegriffen wurden - als Zeugen vor der Bezirkshauptmannschaft Eferding aussagten, den beim Beschuldigten wohnhaften Saisonarbeiter und Ausländer C. aufgesucht zu haben, wobei ihnen der Beschuldigte, Dkfm. Sch., über Ersuchen erlaubt habe, einige Tage kostenlos im Haus Sch. wohnen zu dürfen. Für die Gewährung der kostenlosen Unterkunft hätten sie bei den im Hause Sch.stattfindenden Arbeiten mitgeholfen, dies aber freiwillig und aus Dankbarkeit gegenüber dem Beschuldigten Dkfm. Sch. Im Vernehmungsprotokoll der Erstbehörde ist ausdrücklich festgehalten, daß eine Bezahlung für die Hilfsarbeiten der beiden Ausländer nicht vereinbart worden und eine solche auch von diesen nicht erwartet worden sei. Die beiden Ausländer gaben an, daß ihre Hilfe nur eine Anerkennung für die Gewährung der kostenlosen Unterkunft hätte sein sollen. Diese noch am Vorfallstag getätigten Angaben der beiden Ausländer erscheinen insoferne nicht von vornherein unglaubwürdig und der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechend, da einer der beiden verfahrensgegenständlichen Ausländer, nämlich M. S., der Schwager von M. S. st, der ständig am Anwesen Sch.als Bediensteter des Beschuldigten gewohnt hat. Aufzuzeigen ist weiters, daß die Beweislastregelung des § 28 Abs.7 AuslBG im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommt, weil es sich beim Beschuldigten einerseits um keinen Bauunternehmer handelt und andererseits das Anwesen Sch. eine landwirtschaftliche Betriebsstätte ist und kein Baubetrieb. Um den Beschuldigten der unerlaubten Ausländerbeschäftigung zu überführen, reicht es auch keinesfalls aus, die zeugenschaftlichen Angaben der Ausländer als bloße Schutzbehauptung zu werten ohne darzulegen, weshalb berechtigterweise auf eine unerlaubte Beschäftigung geschlossen werden kann.

Der Umstand, daß der Ausländer M. S. als Vertrauter des Eigentümers und Beschuldigten über alle Strom- und Wasseranschlüsse im Anwesen Sch. Bescheid gewußte habe, das Anwesen am Abend absperrte und gewußt habe, wo sich diverses Werkzeug befinde, stellt noch keinen Beweis dafür dar, daß er sich in einem Arbeitsverhältnis zum Beschuldigten befunden hätte. Wenn die Zeugen J. und St. angaben, einen Polen namens J. an einer Mischmaschine, welche nicht zur Fa. K. gehörte, arbeiten hätten sehen, so sagt dies ebenfalls noch nichts aus, daß dieser Pole in einem Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zum Beschuldigten gestanden hat, sondern ist es vielmehr durchaus möglich, daß es sich um eine der behaupteten Gefälligkeitsleistung gehandelt hat, die abzulehnen der Beschuldigte nicht gehalten war. Auch sonst sind im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat keine Umstände hervorgekommen, denenzufolge berechtigterweise auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses zwischen dem Beschuldigten und den verfahrensgegenständlichen Ausländern hätte geschlossen werden können.

Ungeachtet des Umstandes, daß zwar die Anwesenheit von Ausländern im Bereich eines landwirtschaftlichen Anwesens an welchem Bauarbeiten durchgeführt werden, den Verdacht einer unerlaubten Ausländerbeschäftigung aufkommen lassen kann, war es aber, auch in Anbetracht der Bestimmungen des § 25 Abs.2 VStG, nicht möglich, den letzten Beweis für das Vorliegen der objektiven Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung zu erbringen. Aus diesem Grunde war in Beachtung des Grundsatzes in dubio pro reo wie im Spruch zu entscheiden.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses ist der Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

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