Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221728/12/Kon/Pr

Linz, 26.06.2001

VwSen-221728/12/Kon/Pr Linz, am 26. Juni 2001
DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn G. H., vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. H. B., L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 10.10.2000, Ge96-224-1998-Poe, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 6.6.2001, zu Recht erkannt:
 

  1. Hinsichtlich der Fakten 1 und 2 wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Gleichzeitig wird dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens hinsichtlich dieser beiden Fakten eine Ermahnung erteilt.
  2.  
  3. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 3 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich aufgehoben und das Verwaltungs-strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.
  4.  

Rechtsgrundlage:
zu I. und II. : § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.
 
Entscheidungsgründe:
 
Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber (Bw) unter
Faktum 1 und 2 der Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm § 124 Z8, § 142 Abs.1 Z2 - 4 und Abs.2, § 339 und § 1 Abs.1 - 6 und § 5 GewO 1994 und unter
Faktum 3 gemäß § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 für schuldig erkannt.
 
Gemäß § 366 Abs.1 Einleitungssatz GewO 1994 wurden über den Berufungswerber folgende Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt:
zu Faktum 1: 1.000 S (8 Stunden)
zu Faktum 2: 3.000 S (24 Stunden)
zu Faktum 3: 3.000 S (24 Stunden)
 
Gesamt: 7.000 S (56 Stunden)
Ferner wurde der Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet, insgesamt 700 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
 
Hiezu führt, was Faktum 1 und 2 betrifft, die belangte Behörde unter Anführung der §§ 366 Abs.1, 1 Abs.2, 4, 5 und 6, 142 Abs.1 und Abs.2 und 159 Abs.1 und Abs.2 GewO 1994 begründend im Wesentlichen aus, dass lt. den Feststellungen des Privatdetektivs bzw. der Organe des GP T., welche durch Lichtbilder untermauert würden, die Verabreichung der Speisen und der Ausschank von Getränken in einem Nebenraum des eigentlichen Verkaufsraumes durchgeführt worden seien. Da die Verabreichung bzw. Ausschank somit nicht in den dem Verkauf gewidmeten Räumen erfolgte, komme auch der § 159 Abs.1 GewO 1994 entgegen der Meinung des Bw nicht zum Tragen.
 
Die oben angeführten Ausschank- und Verabreichungstätigkeiten bilden somit den dem Gastgewerbe vorbehaltenen Tätigkeitsbereich gemäß § 142 Abs.1 Z2 - 4 GewO 1994.
 
Die oa für die Verabreichung und Ausschank von Getränken und Speisen verwendete Räumlichkeit (bestehend aus einer Bar, 7 Tischen und Sitzgelegenheiten für ca. 30 Personen) weise zweifellos das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gastgewerbebetriebes auf. Eine Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken erfolgte - lt. Angaben des Bw. unentgeltlich bzw. lediglich gegen eine freiwillige Spende - nur an Mitglieder des Vereines.
Da die Vereinsmitglieder dadurch einen vermögensrechtlichen Vorteil erlangten, indem sie Leistungen wie in einem vergleichbaren Gastbetrieb umsonst oder zumindest wesentlich günstiger konsumieren hätten können, sei das Merkmal der Ertragsabsicht gemäß § 1 Z6 GewO 1994 und somit die Gewerbsmäßigkeit bereits erfüllt.
So mache es gemäß § 1 Abs.2, 2. Satz leg.cit. auch keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit - im gegebenen Fall die Vereinstätigkeit - erzielt werden sollte.
In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass auch jene Vereine, die den erwirtschafteten Betrag durch Verwirklichung eines Zweckes widmeten, einer Gewerbeberechtigung bedürfen und sei es ohne Belang, ob der Verein auf Gewinn ausgerichtet sei oder nicht.
 
Hinsichtlich Faktum 3 hält die belangte Behörde begründend fest, dem Bw wäre es in seiner Eigenschaft als gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994 bestellter gewerberechtlicher Geschäftsführer des Vereines oblegen gewesen, sich über die die Gewerbeausübung regelnden Gesetzesvorschriften zu informieren und dafür Sorge zu tragen, dass eine Gewerbeberechtigung und eine Betriebsanlagenberechtigung rechtzeitig vor der Betriebsaufnahme erwirkt werden.
 
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und im Laufe des Berufungsverfahrens hat er diese hinsichtlich Faktum 1 und 2 dahingehend abgeändert, als darin die Anwendung des § 21 VStG beantragt wird.
 
Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Folgen der ihm angelasteten Verwaltungsstrafhandlung unbedeutend geblieben seien, keine Wiederholungsgefahr bestehe, weil der Kebab-Grill seit längerem nicht mehr in Betrieb und auch nicht mehr im Vereinslokal situiert sei, wie weiters, dass sein Verschulden wegen des zu Grunde liegenden Rechtsirrtums geringfügig sei, spräche nichts gegen die Anwendung des § 21 VStG.
 
Hinsichtlich Faktum 3 wird die Berufung aufrecht erhalten, dies mit der schon im Berufungsschriftsatz enthaltenen Begründung, demzufolge hinsichtlich der angelasteten Verwaltungsübertretung Verfolgungsverjährung vorliege und es auch hinsichtlich des Tatvorwurfs nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 44a VStG entspreche.
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt und auf Grundlage des Ergebnisses der öffentlich mündlichen Berufungsverhandlung erwogen:

Zu I:
Gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994 sind Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.
 
Diese Bestimmung stellt eine eigenständige Regelung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit für Handlungen juristischer Personen für den Bereich des Gewerberechtes dar, sodass im Gewerberecht § 9 Abs.1 VStG nur dann zur Anwendung kommt, wenn kein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt wurde.
 
Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, trägt, wenn eine gewerberechtlich nicht gedeckte Tätigkeit im sachlichen Zusammenhang mit jener Tätigkeit steht, welche durch die vorhandene Gewerbeberechtigung gedeckt war, die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der gewerberechtliche Geschäftsführer.
 
Die öffentlich mündliche Berufungsverhandlung hat ergeben, dass der sachliche Zusammenhang der gedeckten gewerberechtlichen Tätigkeit des Einzelhandels mit Lebensmittel, bei dem der Bw als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt wurde, nur hinsichtlich des Verkaufs und der Verabreichung von Kebab als gegeben erachtet werden kann.
Was den Ausschank von Kaffee und alkoholfreien Getränken sowie die Verabreichung einer Suppe betrifft, ist ein sachlicher Zusammenhang mit der gedeckten gewerblichen Tätigkeit des Lebensmittelhandels zu verneinen. Dies deshalb, weil die Suppe von Vereinsmitgliedern im Vereinslokal selbst zubereitet und verabreicht wurde. Dies trifft auch auf den erwähnten Kaffee zu. Die alkoholfreien Getränke wurden von den einzelnen Vereinsmitgliedern im Lebensmittelhandelsgeschäft gekauft und sodann entweder in dem im Vereinslokal befindlichen Kühlschrank aufbewahrt oder im Vereinslokal konsumiert. Der Lebensmittelhandelsbetrieb hat jedenfalls keine Lieferung dieser Getränke an den Verein als juristische Person als solche getätigt bzw. hat der im Spruch angeführte Verein keinen Innenumsatz aus dem Verkauf dieser Getränke durch den Lebensmittelbetrieb an den Gastgewerbebetrieb des Vereines erzielt.
 
In Anbetracht des aufgezeigten Umstandes erfährt der Tatumfang der angelasteten Verwaltungsübertretung (unbefugte Ausübung des Gastgewerbes) eine wesentliche Einschränkung.
 
Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
 
Ungeachtet des Wortes "kann" ermächtigt die Bestimmung des § 21 VStG die Behörde nicht zur Ermessensausübung. Vielmehr ist in der angeführten Gesetzesstelle eine Anordnung zu verstehen, die die Behörde im Rahmen gesetzlicher Gebundenheit ermächtigt, bei Zutreffen der im ersten Satz angeführten Kriterien von einer Strafe abzusehen und bei Zutreffen des im zweiten Satz angeführten weiteren Kriteriums mit einer Ermahnung vorzugehen.
Sohin ist von einer Strafe abzusehen, wenn die kumulativ vorzuliegenden Voraussetzungen, nämlich Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutende Folgen der Übertretung vorliegen.
Geringfügiges Verschulden ist dem Bw insofern zuzubilligen, als er seinem gesamten Berufungsvorbringen nach, hinsichtlich seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit, einem wenngleich nicht schuldausschließenden, Rechtsirrtum unterlag. So glaubte er als gewerberechtlich bestellter Geschäftsführer für den Bereich des Einzelhandels mit Lebensmittel nur für diese gewerberechtlich gedeckte Tätigkeit verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich zu sein, nicht hingegen für die vom Verein ausgeübte Gastgewerbetätigkeit. Dieser Irrtum vermag insofern die Schuldhaftigkeit seines Handelns als geringfügig werten zu lassen, weil er zum einen auf Unkenntnis der Rechtsprechung zu § 370 Abs.2 GewO 1994 beruht, zum anderen weil der sachliche Zusammenhang zur gewerberechtlich nicht gedeckten Tätigkeit, auf den diese Rechtsprechung Bezug nimmt, in den gegenständlichen Fällen nur schwach vorhanden war.
Was die unbedeutenden Folgen der gegenständlichen Übertretung als weitere Voraussetzung für die Anwendung des § 21 VStG betrifft, so kann auch diese als gegeben erachtet werden. Dies insbesondere deshalb, weil davon auszugehen ist, dass sich die gastgewerblichen Aktivitäten des Vereins überwiegend nur auf dessen Mitglieder beschränkten, sodass dem befugten Gastgewerbetreibenden daraus keine nennenswerte Konkurrenz erwachsen ist.
 
Die dem Bw jedoch zu erteilende Ermahnung - sie stellt keine Verwaltungsstrafe dar - erweist sich dahingehend für erforderlich, als sie den Bw in seiner Eigenschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer in Hinkunft dazu verhalten soll, den Umfang seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit mehr Beachtung zuzuwenden.
 
Zu II.:
Gemäß § 74 Abs.1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
 
Nach den Bestimmungen des § 39 Abs.1 leg.cit. ist der gewerberechtliche Geschäftsführer der Behörde (§ 333) gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich.
 
Gemäß § 370 Abs.2 leg.cit. sind, wurde die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt, Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen.
 
Der gegen den Bw unter Faktum 3 erhobene Tatvorwurf, den genehmigungslosen Betrieb einer Gastgewerbebetriebsanlage zu verantworten zu haben, käme, wie sich aus der Legaldefinition des § 74 Abs.1 leg.cit. ergibt, nur dann Berechtigung zu, wenn dem im Spruch genannten Verein die Genehmigung der Bestellung des Bw zum gewerberechtlichen Geschäftsführer für die Ausübung des Gastgewerbes erteilt worden wäre. Da eine solche Genehmigung der Bestellung im gegenständlichen Fall logischerweise nicht vorliegen kann, ist seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit, was das genehmigungslose Betreiben der gastgewerblichen Betriebsanlage des Vereines betrifft, nicht gegeben.
 
Die Rechtsprechung des VwGH, wonach die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers sich auch auf eine gewerberechtlich nicht gedeckte Tätigkeit erstreckt, sofern diese im sachlichen Zusammenhang mit der gewerberechtlich gedeckten steht kommt hinsichtlich Faktum 3 deshalb nicht zum Tragen, weil die Strafbestimmung des § 366 Abs.1 Z2 GewO nicht auf die unbefugte (ungedeckte) Gewerbsausübung abstellt sondern auf den genehmigungslosen Betrieb einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage im Sinne des § 74 leg.cit.
 
Da sohin den Bw hinsichtlich der ihm unter Faktum 3 angelasteten Verwaltungsübertretung keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung trifft, war der diesbezüglichen Berufung Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.
 
Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses ist der Bw von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit.
 
Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
 
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.
 
Dr. K o n r a t h