Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221787/3/Ga/La

Linz, 21.08.2001

VwSen-221787/3/Ga/La Linz, am 21. August 2001
DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des J B in Z gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27. Juni 2001, Zl. Ge96-2431-2-2001, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.
Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. § 24; § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.
 
Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 27. Juni 2001 wurde über den Berufungswerber wegen Übertretung des § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 GewO eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe) kostenpflichtig verhängt.
 
Als erwiesen (§ 44a Z1 VStG) wurde angelastet, der Berufungswerber sei schuldig, er habe als gewerberechtlicher Geschäftsführer für das Baumeistergewerbe der "H-L GesmbH Hoch- und Tiefbau", Sitz in V, dafür einzustehen, dass diese Gesellschaft "seit zumindest 5.12.2000 bis zum heutigen Tage" am Standort V, R (ehemaliges Sägewerk F) einen durch die Grundstücksnummern und die Beschreibung der Örtlichkeiten bestimmten Lagerplatz, worauf näher angeführte Materialien, darunter ua Kleinbaustoffe, Dämmstoffe, Holzpaletten, Metallgerüste, Bretter, Bauhütten, Betonrohre, Krangewichte, Alteisen, Schnittholz, Pfosten, Bewehrungseisen und auch ein Caterpillar sowie ein Kompressor gelagert gewesen seien, somit eine gewerbliche Betriebsanlage betrieben habe, die geeignet sei, Nachbarbelästigungen durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise "oder" eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer (Dürre Ager; Brandhammerbach) herbeizuführen, ohne jedoch die hiefür erforderliche Betriebsanlagengenehmigung erlangt zu haben.
 
Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, tatseitig bestreitende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafver-
fahrensakt der belangten Behörde sowie nach ergänzenden Erhebungen erwogen:
 
In Ausübung welcher gewerblichen Tätigkeit der in Rede stehende Lagerplatz als Betriebsanlage iS des § 74 Abs.1 GewO betrieben worden sei - dies in der Anlastung unmissverständlich vorzuwerfen, ist aus dem Blickwinkel der Tatbestandsmäßigkeit einer Übertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO ein wesentliches Merkmal (vgl VwGH 28.6.1988, 88/04/0047) -, geht aus dem angefochtenen Schuldspruch nicht eindeutig hervor und erfährt auch durch die Begründungsausführungen der belangten Behörde keine Aufhellung. Aus der Erwähnung des "Baumeistergewerbes" in der Einleitung des Schuldspruchs ist für die Bestimmtheit hinsichtlich dieses Tatbestandsmerkmals noch nichts gewonnen, weil diese Erwähnung, wie aus der besonderen Formulierung der Einleitung und der inneren systematischen Gliederung des Schuldspruchs ableitbar, nur den Verantwortungsbereich des Berufungswerbers als gewerberechtlichen Geschäftsführer zu nennen scheint. Noch nicht ist dadurch klargestellt, dass die nachfolgend beschriebenen Lagerungen auch in Ausübung (nur) eben dieses Gewerbes unbefugter Weise vorgenommen wurde. So geht aus dem Strafakt hervor, dass die involvierte Gesellschaft auch zur Ausübung des Zimmermeistergewerbes berechtigt ist; vgl. diesbezgl. das Schreiben der belangten Behörde als Gewerbebehörde an das Amt der Landesregierung vom 7. Mai 2001: "In der Begründung des angefochtenen (Schließungs)-bescheides wird auf das Ergebnis der gewerbebehördlichen Überprüfung vom 29.6.1999 Bezug genommen. Es ist der Behörde bekannt, dass seit dieser Überprüfung keine Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist und diese nicht genehmigte gewerbliche Betriebsanlage weiterhin für das Bau- und Zimmermeistergewerbe betrieben wird."
 
Davon abgesehen, haften dem Schuldspruch weitere Unbestimmtheiten an bzw können darin zum Ausdruck gebrachte Sachelemente nicht auf entsprechende, in der Aktenlage dokumentierte Feststellungsergebnisse gestützt werden:

  • Zutreffend verweist der Berufungswerber auf den Umstand, dass die dem Schuldspruch zu Grunde gelegte Tatzeit aus der Aktenlage nicht nachvollziehbar sei. Danach hat die letzte Feststellung der tatsächlichen Gegebenheiten am Lagerplatz am 29. Juni 1999 durch behördlichen Augenschein stattgefunden; der im Schuldspruch umschriebene Sachverhalt entspricht den niederschriftlich befundeten Ergebnissen jenes Augenscheines.
  • Aus ergänzenden Erhebungen durch Befragung der belangten Behörde stellte sich glaubwürdig heraus, dass das Vorhandensein von Nachbarn zur Betriebsanlage nicht, jedenfalls nicht für die Tatzeit des Schuldspruchs, zweifelsfrei nachvollziehbar ist: Jener Nachbar, der mit Beschwerden die erwähnte gewerbebehördliche Überprüfung vom 29. Juni 1999 ausgelöst hat, wohnt bereits "seit längerer Zeit" nicht mehr in jenem, auf einer Lageskizze in der näheren Nachbarschaft zur Betriebsanlage ausgewiesenen Gebäude; dieses sei ein praktisch nicht mehr genutztes ehemaliges Büro. Auch seien die im Schuldspruch angeführten Maschinen, der Caterpillar und der Kompressor, schon "vor längerer Zeit" entfernt worden, sodass sich die Frage nach allenfalls austretenden Betriebsmitteln, bezogen auf die spruchgemäße Tatzeit, nicht mehr gestellt habe. Im übrigen sei die involvierte Gesellschaft in der gänzlichen Auflassung des Lagerplatzes bzw in der Absiedelung vom nämlichen Betriebsgelände begriffen und es werde der neue Standort gerade gewerbebehördlich verhandelt.
  • Der angefochtene Schuldspruch verbindet jene Beeinträchtigungen iS des § 74 Abs.2 GewO, die nach Auffassung der belangten Behörde vorliegend die Bewilligungspflichtigkeit der Betriebsanlage begründen, mit dem Wort "oder" und wirft insofern die für die Genehmigungspflichtigkeit der Betriebsanlage maßgeblichen Beeinträchtigungen alternativ - und somit unbestimmt - vor.
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In der Gesamtsicht bewirken diese Umstände, dass im Berufungsfall die Anlastung nicht jene Bestimmtheit aufweist, die die Annahme der Tatbebestandsmäßigkeit im Licht des § 44a Z1 VStG erfordert hätte. Dazu gesellen sich solche Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachengrundlage des Schuldspruchs, die im Ergebnis in dubio pro reo zu seiner Aufhebung und zur Einstellung des Strafverfahrens zu führen hatten.
 
Dieses Verfahrensergebnis entlastet den Berufungswerber auch von seiner Kostenbeitragspflicht.
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.
 
Mag. Gallnbrunner