Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230177/21/Br/La

Linz, 22.04.1993

VwSen-230177/21/Br/La Linz, am 22. April 1993

DVR.0690392

E r k e n n t n i s:

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des C, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 1. Februar 1993, Sich96/592/1992-Om, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. und 22. April 1993 zu Recht erkannt:

I. a) Der Berufung wird hinsichtlich des Punktes 1. dem Grunde nach k e i n e F o l g e gegeben. Das Strafausmaß wird in diesem Punkt jedoch auf 1.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden ermäßigt.

b) Hinsichtlich des Punktes 2. wird der Berufung F o l g e gegeben. Das Verwaltungsstrafverfahren wird in diesem Punkt eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 15 Abs.3 Z 2 iVm § 82 Abs.1 Z 4 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr. 838/1992 und § 1 VStG; § 66 Abs. 4 Allgemeinenes Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 iVm § 24, § 45 Abs.1 Z 1, § 51 Abs.1 und § 51 e Abs.1 und Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 867/1992 .

II. a) Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich zu 1. auf 100 S. Für das Berufungsverfahren enfällt diesbezüglich ein Verfahrenskotenbeitrag.

b) Zu Punkt 2. entfallen sämliche Verfahrenskostenbei- träge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat über den Berufungswerber (in weiterer Folge kurz genannt: Bw) mit dem Straferkenntnis vom 1. Februar 1993, Zl. Sich96/592/1992, I. wegen der Übertretung nach § 14 Abs.1 Z 4 iVm § 2 Abs.2 Fremdengesetz 1990, BGBl. Nr. 190/1991 und II. § 22 Abs.1 Z 2 Meldegesetz 1991, BGBl.Nr. 9/1992 eine Geldstrafe von I. 2.000 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe sowie II. 1.000 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er sich I. seit 27.11.1992 ohne Sichtvermerk und daher nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und II. er sich am 6.11.1992 in polizeilich angemeldet habe, obwohl dort keine Unterkunftnahme erfolgt sei.

1.2. Die Erstbehörde hielt die Übertretungen einerseits aus dem Umstand erwiesen, daß I. dem Bw mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 26.11.1992 die Erteilung eines Sichervermerkes versagt worden sei, sohin sich ergebe, daß ab 27.11.1992 der Aufenthalt des Bw in Österreich nicht rechtmäßig gewesen sei. Hinsichtlich des Punktes II. sei der Sachverhalt durch die Zeugenaussage der Gattin des Bw als erwiesen anzunehmen gewesen.

Begründend führte die Erstbehörde noch aus, daß der Bw am 29.12.1991 mit einem Sichtvermerk für die BRD mit der Absicht nach Österreeich eingereist sei, in Österreich zu bleiben. Am 3.11.1992 habe der Bw die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beantragt. Um den Ausgang dieses Verahrens nicht abwarten zu müssen, hätte der Bw die österreichische Staatsbürgerin I geheiratet. Hiedurch hätte der Bw eine Arbeitsbewilligung erwirkt und hätte er aus diesem Grund am 5.11.1992 den Antrag auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft zurückgezogen. Die Erstbehörde hatte dieses Verhalten als grobes Verschulden hinsichtlich des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundes- gebiet erachtet.

2. In der fristgerecht erhobenen Berufung führt der Bw aus, daß zu Punkt I. in objektiver Hinsicht die Verwaltungsübertretung außer Streit gestellt werde. Er habe sich jedoch bis zur Zurückziehung des Asylantrages legal in Österreich aufgehalten. Danach habe er mit der Erteilung eines Sichtvermerkes gerechnet. Es sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen, daß es letztlich zu keiner Erteilung eines Sichervermerkes gekommen sei. Dieses Verfahren sei übrigens noch nicht abgeschlossen zumal diesbezüglich ein Verfahren beim VwGH anhängig sei. Die Bestimmung des § 21 VStG sei daher jedenfalls anwendbar.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist hat der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden. Gemäß § 51e Abs.1 VStG war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, Sich-96/592/1992 und dessen Erörterung am Beginn der öffentlichen mündlichen Verhandlung und durch Vernehmung der I, des K, P und H als Zeugen, sowie der Vernehmung des Bw als Beschuldigten.

5. Nachfolgender Sachverhalt gilt als erwiesen:

5.1. Dem Bw wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 26. November 1992, Zl. Sich-04/2689/Rai/Re, die Erteilung eines Sichervermerkes versagt. Die Zustellung dieses Bescheides wurde am 27. November bewirkt. Am 20. Mai 1992 verehelichte sich der Bw mit der Österreicherin I. Entgegen der ursprünglichen Angabe der Frau D (N) handelt es sich bei dieser Ehe, so wie von der Erstbehörde aus der Aktenlage heraus wohl zu Recht angenommen, um keine Scheinehe. Der Bw hatte letztlich bei seiner Ehefrau Unterkunft bezogen und hielt bzw. hält sich überwiegend an den Wochenenden an der Adresse seiner Ehefrau in, wo er sich am 6. November 1992 polizeilich gemeldet hatte, auf. Der Bw ist bei der Sozialversicherungsanstalt registriert und unterhält auch eine Kontoverbindung bei der. Bis zum Jänner 1993 stand er in einem Beschäftigungsverhältnis als Packer, welche er saisonbedingt im Juni wieder fortsetzen können wird.

5.1.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich in erster Linie auf die Angabe der Ehefrau des Bw. Sie gibt nun entgegen ihrer Aussage als Auskunftsperson beim Gendarmerieposten am 9. Dezember 1992 an, daß sie die Ehe mit dem Bw nunmehr vollzogen habe und ihr Mann bei ihr die Wochenede verbringe. Der Bw leistet auch nach Maßgabe seiner Möglichkeiten für sie Unterhalt. Diese Angaben werden im Ergebnis auch durch die Aussagen der übrigen Zeugen erhärtet.

5.2. Rechtlich ergibt sich nun folgendes:

5.2.1. Zu I.: Der rechtmäßige Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet setzt gemäß den zum Entscheidungszeitpunkt der Erstbehörde geltenden Bestimmungen die Erteilung eines Sichtvermerkes oder eine per Bescheid erteilte Aufenthaltsbewilligung voraus. Wie die Erstbehörde zutreffend ausführt, lag (liegt) ein(e) solche(r) nicht vor. Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung muß von einem Fremden verlangt werden, daß er sich über die mit dem Aufenthalt von Ausländern im Gastland zusammenhängenden inländischen Rechtsvorschriften infor- miert, er aber jedenfalls bereits das bloße fahrlässige Unterlassen der Einholung entsprechender Erkundigungen gegen sich gelten lassen muß (VwGH, 21.1.87, 86/01/0005, 15.3.89, 87/01/0317 und VwGH 8. Okt. 1990, 90/19/0319). Daher ist der Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet ohne gültigen Sichtvermerk als rechtswidrig zu erkennen. Der Rechtsansicht des Bw, daß das Sichtvermerksverfahren noch nicht abgeschlossen sei weil diesbezüglich eine Beschwerde beim VwGH anhängig ist, kommt aber bei der Beurteilung der subjektiven Verschuldenskomponente eine rechtserhebliche Bedeutung zu. Dem Bw ist ein achtenswertes subjektives Interesse daran zuzubilligen, daß er das in diesem Zusammenhang (Sichtvermerksversagung) beim Höchstgericht anhängig gemachte Verfahren abzuwarten geneigt ist, ehe er (das Bundesgebiet verläßt und) den Bestimmungen des Fremdengesetzes Rechnung trägt. Dieses Interesse hat aber gegenüber dem öffentlichen Interesse, der Einhaltung des Fremden(polizei)gesetzes und der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens zurückzutreten, sodaß mit der Erteilung einer Ermahnung dem objektiven Unrechtsgehalt nicht hinreichend Rechnung getragen wäre.

5.2.1.1. Gemäß § 1 Abs.2 VStG 1991 richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung der des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. Dies trifft im Falle des Fremdengesetzes zu. Dieses sieht gegenüber dem Fremdenpolizeigesetz für dieses Tatbild keine Freiheitsstrafe vor. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde von der Erstbehörde jedoch im Sinne des § 44a VStG - auch nach dem inhaltlich identen Fremdengesetz, alle Tatbestandselemente umfassend - gestaltet. Es hatte daher lediglich die dem Fremdenpolizeigesetz inhaltlich gleiche Bestimmung des Fremdengesetzes in Anwendung gebracht zu werden.

5.2.2. Zu II: Der Bw hat in Steyregg Unterkunft bezogen. Seine polizeiliche Meldung ist aus diesem Grund der gesetzlichen Intention konform. Das Meldesystem kann seiner Aufgabe nur gerecht werden, indem der jeweilige Aufenthalt einer bestimmten, im Bundesgebiet wohnhaften, Person erforderlichenfalls jederzeit festgestellt werden kann. In Hinblick auf diese gesetzlichen Erfordernisse besteht die Doppelmeldung des Bw zu Recht.

6. Grundsätzlich ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungsund Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Unter Bedachtnahme auf einen bis zu 10.000 S reichenden Strafrahmen, scheint auch bei der Annahme eines nur geringen Einkommens und des Milderungsgrundes der bisherigen Unbescholtenheit die Ausschöpfung des Strafrahmens im Ausmaß von 10% angemessen. Auf das Ausmaß des Verschuldens wurde besonders Bedacht genommen (5.2.1.).

Rechtsmittelbelehrung:

+ Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö.Verwaltungssenat Dr.B l e i e r

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