Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230801/2/Br/Bk

Linz, 12.09.2001

VwSen-230801/2/Br/Bk Linz, am 12. September 2001 DVR.0690392
 
 

ERKENNTNIS
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 7. August 2001, Zl.: Sich96-118-2001, wegen der Übertretung nach dem Meldegesetz, zu Recht:
 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.
 
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 26/2000 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 134/2000 - VStG.
 
II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
 
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.1 VStG.
 
Entscheidungsgründe:
 
1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem Straferkenntnis vom 7. August 2001, Zl.: Sich96-118-2001, über den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 8 Abs.2 iVm § 22 Abs.2 Z5 Meldegesetz eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwölf Stunden verhängt und ihm zur Last gelegt, er habe es ab dem 11.12.2000 bis zum 30.01.2001 als Unterkunftgeber unterlassen, die Unterkunftsaufgabe des Herrn P unter der Adresse K, dem Bürgermeister der Gemeinde K als Meldebehörde binnen 14 Tagen mitzuteilen, obwohl diese Person seit 11.12.2000 unter dieser Adresse K, die Unterkunft aufgegeben und er als Unterkunftgeber Grund zur Annahme gehabt habe, dass der Unterkunftnehmer die Meldepflicht nicht erfüllt hätte.
 
1.1. Die Behörde erster Instanz begründete ihre Entscheidung im Ergebnis damit, dass dem Berufungswerber der Umstand der nicht mehr bestehenden Aufhältigkeit seines Pächters auf Grund diverser postamtlicher Zustellprobleme bekannt gewesen sein müsste. Der Verpflichtung der Meldung der Unterkunftaufgabe seines Pächters sei er auch nach seinem Urlaubsende noch nicht nachgekommen. Ebenfalls wurde der vom Berufungswerber eingewendete Umstand der Verwahrung persönlicher Sachen des Unterkunftnehmers an der Meldeadresse als nicht entlastend bzw. nicht stichhaltig gewürdigt. Die Behörde erster Instanz vermeinte sinngemäß, schon im Verdachtsfall hätte die Gemeinde bereits verständigt werden müssen. Gesamthin erblickt die Behörde erster Instanz darin ein fahrlässiges Verhalten des Berufungswerbers, wobei ihm auch diese Vorschrift als Unterkunftgeber bekannt gewesen sein müsste.
2. In der fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber inhaltlich Folgendes aus:
"Herr P war bis zur Kündigung meinerseits Pächter meiner Liegenschaft. Diese Kündigung trat mit 11. Dezember 2000 in Kraft. Dies zog jedoch nicht automatisch die Abmeldung der Unterkunft nach sich, worum Herr P auch gebeten hatte.
 
Meiner Pflicht nachkommend wies ich Herrn P darauf hin, da ich mich nicht tagtäglich in K aufhalte, dass er sich nach seinem tatsächlichen Auszug bei der Gemeinde abzumelden hätte (Wie auch in der Niederschrift vom 4. April d. J. vermerkt).
 
Wie ebenfalls vermerkt, war ich vom 17. Dezember 2000 bis 12. Jänner 2001 auf Auslandsurlaub und auch nach meiner Rückkehr befanden sich sämtliche persönliche Gegenstände von Herrn P vor Ort, sodass ich auch zum damaligen Zeitpunkt keinen Verdacht hegte, dass er sich nicht mehr hier aufhalten könnte. Außerdem war er nach wie vor im Besitz der Schlüssel, welche ihm einen ungehinderten Zugang zu seinem Eigentum ermöglichte.
 
Wie schon erwähnt, hatte ich weder vor noch nach meinem Urlaub einen Grund zur Annahme, dass Herr P die ihm gewährte Unterkunft doch NICHT nutzt.
 
Dass ein Unterkunftnehmer oft auch Tage und Wochen "abwesend" sein kann zieht meiner Meinung nach nicht sofort die Meldung bei der Gemeinde nach sich. Im Gegenteil, für mich stellt dies eine Einschränkung der persönlichen Freiheit dar!
 
Wie schon erwähnt, war das Ende des Pachtverhältnisses am 11. Dezember 2000 nicht gleichzeitig das Ende der zur Verfügungstellung der Unterkunft!
 
Zu den im Schreiben vom 7. August 2001 angeführten Zustellproblemen möchte ich anmerken, dass ich als Unterkunftgeber nicht wissen kann und will, wo und wie lange sich die Unterkunftnehmer aufhalten.
 
Ich verwehre mich entschieden dagegen, dass mir dies zur Last gelegt wird!
 
Im Gegenteil - ich hatte keinen wie auch immer gearteten Grund zur Annahme, dass Herr P die Unterkunft verlassen hat um somit eine entsprechende Meldung - oder auch nur eine Verdachtsäußerung - an die entsprechende Meldebehörde zu erstatten.
 
Ebenfalls verwehre ich mich entschieden gegen die Bemerkung in Ihrem Schreiben vom 7. August 2001 - Zitat: "Diese Übertretung haben Sie fahrlässig begangen......" Zitat Ende. Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und keinen Grund zur Annahme anders handeln zu müssen!
 
Ich ersuche daher um Einstellung des Verfahrens und erwarte dazu gerne Ihre geschätzte Rückäußerung.
 
Mit freundlichen Grüßen W" (mit e.h. Unterschrift).
 
 
2.1. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war angesichts des sich bereits aus der Aktenlage klar ergebenden Sachverhaltes, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).
 
3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Behörde erster Instanz, woraus sich in Verbindung mit dem Berufungsvorbringen der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt in hinreichender Deutlichkeit ergibt.
 
4. In der vom Gendarmerieposten M gelegten Anzeige vom 3.2.2001, GZ P-94/01/Hat, wird eingangs unter "Darstellung der Tat" festgehalten, dass der Berufungswerber als Unterkunftgeber nicht binnen der gesetzlichen Frist von 14 Tagen seinen Unterkunftnehmer, G, abgemeldet habe, obwohl er gewusst hätte, dass dieser nicht mehr bei ihm wohnhaft sei, weil der Pachtvertrag mit 11.12.2000 abgelaufen sei.
Als Beweismittel wird die "dienstliche Wahrnehmung" von RevInsp. H angeführt, wonach mehrere Anfragen und Aufträge von Behörden zum Ergebnis geführt hätten, dass P nicht mehr an der Adresse H in K aufhältig wäre, weil der Pachtvertrag des G betreffend das Gasthaus an genannter Adresse vom Berufungswerber per 11.12.2000 gekündigt wurde, P aber dort noch bis zum 30.1.2001 polizeilich angemeldet gewesen sei.
 
4.1. Erhebungen oder Feststellungen über eine faktische Unterkunftaufgabe und der diesbezüglichen Kenntnis des Berufungswerbers lassen sich jedoch weder aus der Anzeige noch aus dem von der Behörde erster Instanz geführten Ermittlungsverfahren auch nur ansatzweise ableiten. Offenbar scheint hier sowohl seitens der Gendarmerie als auch der Behörde erster Instanz ein nicht zwingendes Beziehungsgefüge zwischen Ende eines Pachtvertrages als rechtliches Element und das faktische Element der Unterkunftaufgabe - sich dort nicht mehr aufhalten zu wollen und auch keine Sachen mehr zu verwahren - an sich verkannt zu werden.
Wenn in weiterer Folge die Behörde erster Instanz vom fahrlässigen Unterbleiben der Abmeldung des Unterkunftgebers auszugehen scheint, sich aber inhaltlich nicht mit dem vom Berufungswerber bereits im Einspruch eingewendeten Faktum auseinandersetzt, wodurch der Berufungswerber von einer Unterkunftaufgabe seines Pächters hätte ausgehen müssen, fehlt es in Wahrheit eines Tatbeweises zur Gänze.
 
4.2. Die Verantwortung des Berufungswerbers, dass sein Pächter einerseits noch persönliche Sachen im ehemaligen Pachtobjekt verwahrt hatte und er andererseits auch noch über einen Schlüssel verfügte, ist angesichts der für die Abwicklung solcher Rechtsverhältnisse - Pachtvertrag hinsichtlich eines Gasthauses - anzunehmender Zeitspannen durchaus realistisch.
Eine allfällige vorübergehende Ortsabwesenheit und sich angeblich daraus ableitende Zustellprobleme bzw. behördliche angeordnete Erhebungen sind an sich schon wenig geeignet über den rechtlichen Status der Aufgabe eines Unterkunftsverhältnisses Aufschluss zu geben. Noch weniger lässt sich daraus ein Verschulden (in Form eines Grundes zur Annahme, dass der Unterkunftnehmer die Meldepflicht verletzt hätte) in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit ableiten. Aus dem Akt lässt sich auch nicht erkennen, ob etwa auch gegen G ein Verfahren wegen Übertretung des Meldegesetzes eingeleitet oder bereits abgeschlossen wurde.
Dem Berufungsvorbringen war daher im Ergebnis vollinhaltlich mit seinem offenbar auf natürlichem Rechtsempfinden basierenden Berufungsvorbringen zu folgen.
 
5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Folgendes erwogen:
 
5.1. Bei lebenspraktischer und somit rechtsrichtiger Interpretation der Bestimmung des § 8 Abs.2 MeldeG trifft den Unterkunftgeber die Pflicht zur Abmeldung binnen vierzehn Tagen, wenn er "Grund zur Annahme hat", dass ein Unterkunftnehmer die Meldepflicht bei der Meldebehörde (hier die Abmeldung) nicht erfüllt. Hier konnte seitens des Berufungswerbers noch nicht von der Kenntnis einer faktischen Unterkunftaufgabe und angesichts der kurzen Zeitspanne noch weniger von einer Kenntnis bzw. fahrlässigen Unkenntnis einer bis dahin nicht erfolgten polizeilichen Abmeldung seines Pächters ausgegangen werden. Der o.a. Gesetzesbestimmung kann nicht eine Intention zugesonnen werden, die einen Unterkunftgeber verpflichten würde, die ihn noch vor Räumung eines Pachtobjektes gleichsam zu einer unverzüglichen Überprüfung der Meldedaten verhalten und ihm im Ergebnis darüber hinaus auch noch eine rechtliche Wertung des Meldestatuses aufbürden würde.
Dies insbesondere mit Blick darauf, weil gemäß ständiger Judikatur eine die Meldepflicht begründende Unterkunftnahme in einem hohen Grad auf die Verwahrung persönlicher Sachen in der Unterkunft basiert. Daher wäre die dem Berufungswerber hier behördlich zugesonnene Vorgangsweise in rechtlicher Hinsicht mehr als zweifelhaft zu bezeichnen, da hier die polizeiliche Anmeldung vielmehr durchaus noch geboten gewesen sein könnte. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 27. April 1984, Zl. 82/01/0019, zum Begriff der Aufgabe der Unterkunft nach dem Meldegesetz 1972 ausgeführt, dass hinsichtlich der Frage der Unterkunftaufgabe nicht der Rechtstitel, der einem solchen Beziehungsverhältnis (polizeiliche An- oder Abmeldung) zu Grunde liegt, sondern das bloße Bestehen eines faktischen Zustandes maßgebend sei (vgl. VwGH 6.3.2001, 2000/05/0108 mit Hinweis auf VwGH 2.2.1983, Zlen. 82/01/0209, 0301).
Da der hier erhobene Tatvorwurf daher weitgehend einer sachlichen und rechtlichen Nachvollziehbarkeit entbehrt, war das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.
 
Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
H i n w e i s:
 
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.
 
Dr. B l e i e r