Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240407/2/Gf/Km

Linz, 17.08.2001

VwSen-240407/2/Gf/Km Linz, am 17. August 2001 DVR.0690392

 
 
 
 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des M L, vertreten durch die RAe Dr. M D und Dr. N D, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 16. Juli 2001, Zl. SanLA-44/00, wegen einer Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:
 
I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
 
II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zum Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 600 S (entspricht 43,60 Euro) zu leisten.
 
Rechtsgrundlage:
§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.
 
 
 
 
Entscheidungsgründe:
 
 
1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 16. Juli 2001, Zl. SanLA-44/00, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt, weil er am 2. August 2000 in Steyr zwei Packungen Tee mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben zum Verkauf bereitgehalten und solcherart in Verkehr gebracht habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 9 Abs. 1 lit. a i.V.m. den §§ 8 lit. f und 74 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 105/2000 (im Folgenden: LMG), begangen, weshalb er nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.
 
1.2. Gegen dieses ihm am 18. Juli 2001 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 19. Juli 2001 - und damit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingegangene Berufung.
 
2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die Erstbehörde im Wesentlichen begründend aus, dass der dem Rechtsmittelwerber angelastete Sachverhalt im Rahmen einer von einem Organ der Lebensmittelaufsicht durchgeführten Kontrolle sowie durch ein Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz festgestellt worden und sohin als erwiesen anzusehen sei.
 
Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen, während erschwerende Umstände nicht hervorgekommen seien; mangels entsprechender Mitwirkung seien seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von Amts wegen zu schätzen gewesen.
 
2.2. Dagegen bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass ihm seitens seines Lieferanten versichert worden sei, dass die verfahrensgegenständliche Ware den gesetzlichen Bestimmungen entspreche. Außerdem sei diese bereits im Jahre 1969 vom Bundesminister für soziale Verwaltung als nicht registrierungspflichtiger und damit verkehrsfähiger Artikel eingestuft worden. Schließlich widerspreche das österreichische Verbot gesundheitsbezogener Angaben auch dem EU-Recht.
 
Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bzw. die Unterbrechung des Berufungsverfahrens zwecks Stellung eines Vorlageantrages an den EuGH beantragt.
 
3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates Steyr zu Zl. SanLA-44/00; im Übrigen konnte gemäß § 51e Abs. 3 Z. 1 und 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.
 
 
4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
 
 
4.1. Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete Lebensmittel in Verkehr bringt.
 
Nach § 8 lit. f LMG gelten Lebensmittel u.a. dann als falsch bezeichnet, wenn sie mit verbotenen, nämlich nicht zuvor durch Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen (§ 9 Abs. 3 LMG) zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben in Verkehr gebracht werden.
 
In diesem Sinne ist es gemäß § 9 Abs. 1 LMG u.a. verboten, sich bei der Bezeichnung des Lebensmittels auf gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck derartiger Wirkungen zu erwecken.
 
4.2. Im gegenständlichen Fall ist zunächst die Rechtsfrage strittig, ob die eine antizipative bescheidmäßige Zulassung normierende Bestimmung des § 9 Abs. 3 LMG mit Art. 18 der RL 2000/13/EG vereinbar ist bzw. welche Norm im Konfliktfall vorgeht.
 
4.2.1. Nach Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung dafür, ABl. L vom 6.5.2000, S. 29 bis 42 (im Folgenden: EtikettierungsRL), dürfen die Mitgliedstaaten den Verkehr mit Lebensmitteln, die den Vorschriften dieser Richtlinie entsprechen, nicht durch die Anwendung nichtharmonisierter einzelstaatlicher Vorschriften verbieten, die die Etikettierung und Aufmachung einzelner Lebensmittel oder der Lebensmittel im Allgemeinen regeln; gemäß Art. 18 Abs. 2 EtikettierungsRL gilt dies jedoch u.a. nicht für nichtharmonisierte einzelstaatliche Vorschriften, die zum Schutz der Gesundheit oder vor Täuschung gerechtfertigt sind, sofern diese nicht bewirken, dass die Anwendung der in dieser RL vorgesehenen Definitionen und Bestimmungen beeinträchtigt wird.
 
Nach Art. 2 Abs. 1 lit. b EtikettierungsRL darf die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, einem Lebensmittel nicht die Eigenschaft der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck einer derartigen Eigenschaft entstehen lassen.
 
4.2.2. Wenn nun § 9 Abs.1 LMG - soweit diese Bestimmung für den gegenständlichen Fall maßgeblich ist - verbietet, sich bei der Bezeichnung des Lebensmittels auf gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck derartiger Wirkungen zu erwecken, so ist gerade mit Blick auf die letztzitierte Vorschrift (Art. 2 Abs. 1 lit. b EtikettierungsRL) nicht ersichtlich, inwiefern diese Norm mit EU-rechtlichen Vorgaben in Konflikt geraten könnte. Es ist nämlich bei sonstiger inhaltlicher Identität offenkundig lediglich eine Frage der Formulierung, ob ein und dasselbe Anliegen verbal positiv ("gesunderhaltende Wirkung") oder negativ ("Heilung einer menschlichen Krankheit") ausgedrückt wird, sodass aus der Sicht des vorliegenden Falles in Art. 2 Abs. 1 lit. b EtikettierungsRL einerseits und § 9 Abs. 1 LMG andererseits ohnehin Inhaltsgleiches geregelt wird.
 
Dazu kommt, dass § 9 Abs. 3 LMG zudem vorsieht, dass dem Unternehmer ein subjektiv-öffentlicher Rechtsanspruch auf Zulassung gesundheitsbezogener Angaben auf dem Etikett zukommt, wenn dies mit dem Schutz der Verbraucher vor Täuschung vereinbar ist (vgl. in diesem Sinne auch den Beschluss des VwGH vom 18. Dezember 2000, Zl. 99/10/0260 [= EU 2001/0001]).
 
4.3. Von der dargelegten Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlage im Hinblick auf EU-rechtliche Vorschriften ausgehend kann es aber keinem Zweifel unterliegen, dass es sich bei den dem Rechtsmittelwerber angelasteten - und von ihm auch unbestrittenen - Angaben ("Gesundheitstee", "nach Dr. med. O Gr", "im Dienste der Gesundheit") um solche handelt, die den Eindruck einer gesunderhaltenden Wirkung i.S.d. § 9 Abs. 1 lit. a LMG erwecken sollen. Da der Beschwerdeführer jedoch - was von ihm selbst gar nicht in Abrede gestellt wird - nicht über eine Zulassung gemäß § 9 Abs. 3 LMG verfügt, liegt sohin im Ergebnis eine verbotene Falschbezeichnung nach § 74 Abs. 1 i.V.m. § 8 lit. f LMG vor; daran vermag auch die von ihm angesprochene, offenkundig zu einer früheren Rechtslage ergangene "Unbedenklichkeitsbescheinigung" des Bundesministers für soziale Verwaltung aus dem Jahre 1969 von vornherein nichts zu ändern.
 
4.4. Soweit der Rechtsmittelwerber auf der Ebene des Verschuldens einwendet, dass er auf die Angaben seines Lieferanten, wonach die verfahrensgegenständliche Ware verkehrsfähig sei, vertrauen durfte, ist er auf die diesbezüglich gegenteilige ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ihm im Unterlassen jeder eigenständigen Kontrolltätigkeit zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist (vgl. z.B. VwGH v. 3. August 1995, 95/19/0056).
 
Er hat daher tatbestandsmäßig i.S.d. Tatvorwurfes und auch schuldhaft gehandelt.
 
4.5. Im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat haben sich schließlich keine Hinweise darauf ergeben, dass die belangte Behörde im Zuge der Strafbemessung das ihr zukommende Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes ausgeübt hätte, zumal sie ohnehin bloß eine im untersten Dreiunddreißigstel des gesetzlichen Strafrahmens gelegene Geldstrafe als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen zu verhängen gefunden hat; diesbezüglich hat auch der Beschwerdeführer selbst keine Einwände vorgebracht.
 
4.6. Aus allen diesen Gründen war daher die gegenständliche Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.
 
5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20% der verhängten Strafe, d.s. 600 S, vorzuschreiben.
 
 
 
Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
 
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.
 
Dr. G r o f
 

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