Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250727/13/Kon/Pr

Linz, 20.09.1999

VwSen-250727/13/Kon/Pr Linz, am 20. September 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn H. R., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. R. G., Dr. J. K., Mag. A. P., L., K.-W.-S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 20.9.1998, SV96-10-1997, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach öffentlich mündlicher Verhandlung und Verkündung am 16.9.1999, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 45 Abs.1 Z3 VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuldspruch:

"Sie haben zumindest am 21.10.1997 entgegen dem § 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes den polnischen Staatsangehörigen M. P., für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4 c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4 c) ausgestellt wurde, als Hilfsarbeiter bei der Beseitigung eines Holzfußbodens im Haus neben dem im Gebäude R. in L. etablierten "N. E." beschäftigt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, i.d.g.F."

In Entscheidung über die dagegen rechtzeitig erhobene Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Das bedeutet, daß die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist.

Der zitierten Rechtsvorschrift ist also dann entsprochen, wenn

  1. im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und
  2. der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Wort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht und ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen läßt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, 85/02/0053, zum Ausdruck bringt, wird das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis dabei nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechts-schutzüberlegungen zu messendes sein.

Wie der Verwaltungsgerichtshof weiter etwa in den Erkenntnissen vom 17.3.1988, 88/08/0191 und vom 26.2.1990, 90/19/0048, ausgesprochen hat, belastet das Fehlen jeder Tatortangabe im Spruch einen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Ausnahmen von diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung dort zugelassen, wo - wie in weiten Bereichen des Arbeitnehmerschutzes - im Zweifel der Sitz des Unternehmens als Tatort anzusehen ist und mit Rücksicht auf die sonst angeführten Sachverhaltselemente, kein Zweifel übrig bleibt, auf welchen konkreten Tatvorwurf abgestellt wird (vgl. VwGH vom 16.12.1991, 91/19/0289 und vom 25.5.1992, 92/18/0045). Dies gilt, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 22.4.1993, 92/09/0377, zum Ausdruck bringt auch im Falle von Übertretungen gemäß § 28 AuslBG. Auch in solchen Fällen ist im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung (§ 2 Abs.1 AuslBG) ausländischer Arbeitskräfte eingegangen bzw. wäre von dort aus die allenfalls erforderliche Beschäftigungsbewilligung zu beantragen. Nach Ansicht des Verwaltungs-gerichtshofes im zitierten Erkenntnis, wie auch im Erkenntnis vom 6.9.1993, 93/09/0152, ist demnach auch bei Übertretung des Ausländer-beschäftigungsgesetzes, sofern sie im Zusammenhang mit einer Unternehmensausübung erfolgt, Tatort der Sitz der Unternehmensleitung. Als solcher muß wie im gegenständlichen Fall auch der Gewerbestandort angesehen werden. Hingegen dient die Angabe des Ortes, wo der illegal beschäftigte Ausländer seine Arbeitsleistung erbringt - im vorliegenden Fall in L., R. - nur der näheren Individualisierung der vorgeworfenen Tathandlung.

Wie aus dem Verfahrensakt hervorgeht und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat am 16.9. d.J. bestätigt wurde, hat der Beschuldigte beim besagten Haus in L., im Auftrag dessen Eigentümers, Herrn H. L.l, die dortigen Holzfußböden zwecks Rollierungserneuerung entfernt. Der Beschuldigte hat diese Arbeiten als Unternehmer gewerbsmäßig durchgeführt. Dies geht auch aus der Aktenlage hervor. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen, welche im wesentlichen die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes wiedergeben, wäre es daher im Sinne des Konkretisierungs- und Individualisierungsgebotes des § 44a Z1 VStG erforderlich gewesen, den Gewerbestandort des Beschuldigten, nämlich N., St., im Spruch als Tatort anzuführen. Durch die fehlende Tatortanführung erweist sich daher der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses im Grunde der Bestimmungen des § 44a Z1 VStG als rechtswidrig.

Eine Sanierung des Spruches durch ergänzenden Tatvorhalt war wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht mehr möglich und wäre dem unabhängigen Verwaltungssenat auch nicht zugekommen, da ihm nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes keine Funktion als Strafverfolgungsbehörde zukommt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses ist der Berufungswerber von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

Beschlagwortung: Auch im AuslBG ist Tatort Sitz der Unternehmsleitung bzw.

Gewerbestandort und ist dieser im Tatvorwurf gem. § 44a Z1 VStG anzuführen

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