Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250734/17/Lg/Bk

Linz, 10.12.1999

VwSen-250734/17/Lg/Bk Linz, am 10. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 16. und 17. November 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 10. September 1998, Zl. Sich96-317-1997, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16 Abs.2, 19, 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt, weil er am 13.11.1997 den türkischen Staatsangehörigen K auf der Baustelle seines Wohnhauses in M beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

In der Begründung stützt sich das Straferkenntnis auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates und nimmt Bezug auf die Rechtfertigungen des Bw. Ferner wird auf die Regelung des § 28 Abs.7 AuslBG hingewiesen.

2. In der Berufung wird dagegen eingewendet, dass der Ausländer auf der Baustelle mitgeholfen habe, dafür jedoch nicht entlohnt worden sei, weil es sich um eine freundschaftliche Hilfeleistung gehandelt habe.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Laut Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk (AI) vom 5.12.1997 wurde der gegenständliche Ausländer auf der Baustelle in Arbeitskleidung beim Zusammenräumen der Baustelle gesehen. Laut Niederschrift habe der Bw gesagt, der Ausländer würde seit 12.11. für sechs Stunden pro Tag als Helfer beschäftigt, er bekomme dafür Essen und Trinken. Weiters habe der Bw angegeben, sich den Hausbau finanziell nur leisten zu können, wenn er sich von ausländischen Freunden helfen lasse.

Am 13.1.1998 sagte der Bw vor der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems aus, der Ausländer sei der Sohn eines alten Freundes. Der Ausländer arbeite regulär bei einem nicht mit dem Bw identischen Arbeitgeber. Die Aushilfstätigkeit sei ohne Entgelt geleistet worden. Nach Meinung des Bw sei es aber selbstverständlich, dass ein Freund, wenn er aushilft, dann auch entsprechend versorgt wird. Aufgrund der langjährigen freundschaftlichen Beziehung zwischen den Familien könne man von einer Nachbarschaftshilfe sprechen. Der Ausländer sei nicht entlohnt worden.

Am 19.3.1998 sagte der Ausländer vor dem Magistrat der Stadt Steyr aus, er habe auf der gegenständlichen Baustelle nicht ganz zwei Tage gearbeitet. Vom Bw habe er lediglich die Verpflegung (Essen und Trinken) bekommen. Der Bw sei ein Bekannter des Ausländers.

Am 3.6.1998 sagte der Bw vor der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems nochmals aus, er habe sein Einfamilienhaus mit Hilfe seiner Freunde gebaut. Darunter sei der gegenständliche Ausländer, ein Sohn eines alten Freundes gewesen. Dafür habe der Bw nichts bezahlt. Seine Freunde hätten ihm freiwillig beim Hausbau geholfen. Ohne eine solche Freundschaftshilfe sei ein Hausbau kaum möglich.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagten der Bw und der zeugenschaftlich einvernommene Ausländer übereinstimmend aus, dass es sich bei der Tätigkeit des Ausländers auf der Baustelle (in erster Linie: Demonstration der Technik des Fliesenlegens) um einen unentgeltlichen Freundschaftsdienst gehandelt habe. Dieser Freundschaftsdienst sei geleistet worden, weil die beteiligten türkischen Familien miteinander befreundet seien, was im besonderen Maße für das Verhältnis des Bw zum Vater des Ausländers gelte. Es sei keine Geldentlohnung vereinbart gewesen und die Einladung zur Teilnahme an gemeinsamen Mahlzeiten sei nicht als Entlohnung für die Arbeitsleistungen des Ausländers verstanden worden.

Die Einvernahme der Kontrollorgane brachte lediglich zu Tage, dass es einem Beamten des AI aus dem Gesprächszusammenhang "schon so vorkam", als habe der Bw gesagt, der Ausländer bekomme Essen und Trinken als Gegenleistung für die Arbeit; der Bw habe ja außerdem die Niederschrift unterschrieben, in welcher das Wort "dafür" vorkommt. Hingegen sagte der Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, er habe damals nicht zum Ausdruck bringen wollen, seine Einladung sei als Gegenleistung für Arbeitsleistungen des Ausländers zu verstehen. Im Übrigen wurde während der öffentlichen mündlichen Verhandlung deutlich, dass die Sprachkenntnisse des Bw durchaus nicht so gut waren, dass Missverständnisse hinsichtlich einer allfälligen synallagmatischen Rolle seiner Einladungen auszuschließen sind.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Der Bw und der Ausländer haben im Einklang mit den erstbehördlichen Aussagen in den wesentlichen Punkten widerspruchsfrei und auch nach dem persönlichen Auftreten in der öffentlichen mündlichen Verhandlung glaubwürdig dargelegt, dass der Ausländer für seine Tätigkeit keine Entlohnung erhielt. Plausibel sind diese Behauptungen deshalb, weil die Tätigkeit relativ kurz war und ein persönliches Naheverhältnis vorlag. Die Versuche des Vertreters des AI in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, die Glaubwürdigkeit dieser Aussagen zu erschüttern, führte zu keinem überzeugenden Ergebnis. Wesentlich war, dass die erwähnten Grundlagen eines unentgeltlichen Freundschaftsdienstes (zu dieser Rechtsfigur vgl. Bachler, Ausländerbeschäftigung, 1995, S 31 f) glaubhaft gemacht wurden. Dass der Ausländer etwa zur Zeit der Betretung arbeitslos wurde, dass er den Firmenwagen (für, so wurde behauptet, für die Anbahnung eines im Ergebnis nicht zustande gekommenen Fliesenverkaufs) benutzen durfte und ähnliche nebensächliche Umstände haben mit der Frage der Entlohnung nichts oder allenfalls wenig zu tun und vermögen, auch in Verbindung mit punktuellen, aus Erinnerungslücken entstandenen (ebenfalls dem Kern der Sache kaum berührenden) Ungereimtheiten, die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Bw und des Ausländers nicht zu untergraben. Ferner lassen sich gewisse, den Vertreter des AI störende Beobachtungen (wie der Umstand, dass der Ausländer nicht beim Fliesenlegen angetroffen wurde und etwa auch der Umstand, dass zur Zeit der Betretung nur wenige Personen im Haus waren) zwanglos mit dem Momentaufnahmecharakter der Kontrolle erklären, welcher keine zwingenden Schlüsse auf die Unrichtigkeit der Behauptungen des Bw und des Ausländers zulässt.

Da mithin die Entlohnung als essenzielles Merkmal der Beschäftigung nicht erwiesen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Um einer weiteren Prolongierung eines grundlegenden Missverständnisses entgegenzuwirken sei folgendes angefügt: Das AI ging im gegenständlichen Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat davon aus, dass eine Naturalentlohnung vorliegen könnte. Der unabhängige Verwaltungssenat hat sich in ständiger Rechtsprechung bemüht, darzulegen, dass eine Naturalentlohnung in Form der Teilnahme an gemeinsamen Mahlzeiten unter gewöhnlichen Umständen der Lebenserfahrung grob widerspricht (im vorliegenden Zusammenhang ließe sich die entscheidende Frage etwa so formulieren: welcher Fliesenleger arbeitet mehrere Stunden für eine Jause?). Von dieser schlichten Überlegung her konnte es auch nicht überraschen, dass der Bw die auf ein Synallagma deutende Formulierung der mit ihm aufgenommenen Niederschrift in der öffentlichen mündlichen Verhandlung als Missverständnis aufklärte und der Ausländer - wie zu erwarten - aussagte, dass er den Bw auch dann unterstützt hätte, wenn er nicht bei ihm gegessen und getrunken hätte. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in mehreren Erkenntnissen versucht deutlich zu machen, dass verfängliche Äußerungen über "Essen" und/oder "Trinken" durch Beteiligte unter Umständen, die eine Naturalentlohnung als lebensfremd erscheinen lassen, kein "Wundermittel" zur Überbrückung von durch mangelnde Nachweisbarkeit einer Geldentlohnung entstehende Beweisnotständen darstellen. Unter Bekannten erscheint es keineswegs als unglaubwürdig, dass Essenseinladungen ohne Gegenleistungserwartung ausgesprochen werden. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof treffend bemerkt: "Es wäre um die Gastfreundschaft und das menschliche Zusammenleben im allgemeinen schlecht bestellt, wenn Einladungen zum Mittagessen - auch von bloßen Begleitpersonen - generell den Charakter einer Gegenleistung, damit aber der Entgeltlichkeit beinhalten würden." (Erkenntnis vom 18.11.1998, Zl. 96/09/0286).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. Langeder

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