Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-250800/18/Lg/Bk

Linz, 20.12.1999

VwSen-250800/18/Lg/Bk Linz, am 20. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzer: Dr. Fragner) nach der am 25. November 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn K gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 6. Mai 1999, Zl. Ge-1197/97 und Ge-24/98, wegen Übertretungen des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 15.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma W Bau GmbH (S) zu vertreten habe, dass nachstehend angeführte Arbeitnehmer zu den nachstehend angeführten Zeiten von der Firma W Bau GmbH der Firma A Baugesellschaft mbH ohne Ausstellung eines Dienstzettels (§ 11 AÜG), ohne Einhaltung der Mitteilungspflicht (§ 12 AÜG) und ohne Führung und Vorlagen der Aufzeichnungen (§ 13 AÜG) überlassen habe, weshalb eine auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeit vorgelegen sei, die durch die Bestimmungen des Arbeitsmarktförderungsgesetzes und anderer gesetzlicher Vorschriften nicht gedeckt gewesen sei:

J jugoslawischer Sta., von 11.8.1997 bis 16.9.1997; Z, jugoslawischer Sta., am 16.9.1997; Z, jugoslawischer Sta., am 16.9.1997; S, jugoslawischer Sta., am 16.9.1997; R jugoslawischer Sta., am 16.9.1997; M, jugoslawischer Sta., am 1.12.1997; S, kroatischer Sta., am 1.12.1997; M, jugoslawischer Sta., am 1.12.1997; O, jugoslawischer Sta., am 1.12.1997; E, bosnischer Sta., am 1.12.1997.

2. In der Berufung wird im Wesentlichen vorgebracht, zwischen der Firma W und der Firma A sei kein Dienstverschaffungsvertrag sondern ein Werkvertrag vorgelegen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

3.1. Zum Sachverhalt:

Im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Delikt wurden gegen den Bw von der belangten Behörde mehrere weitere Tatvorwürfe nach verschiedenen Gesetzen erhoben (beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich anhängig unter den Geschäftszahlen VwSen-250798, 250799, 250801, 250802 und 221628). Sämtliche in diesem Verfahren erhobenen Tatvorwürfe bauen auf dem Vorwurf der Arbeitskräfteüberlassung der Firma W Bau an die Firma A auf.

Hinsichtlich des Vorliegens von Arbeitskräfteüberlassungen in allen diesen Fällen, so auch hier, vgl. die Begründung des Erkenntnisses des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom heutigen Tage zur Zl. VwSen-250798.

3.2. Zu den Tatvorwürfen nach § 22 Abs.1 Z2 lit.b, c und d AÜG:

In den Erkenntnissen des unabhängigen Verwaltungssenates vom heutigen Tag, Zlen. VwSen-250798 und 250799 wurden die Bestrafungen betreffend die Dienstzettel bestätigt, die Strafen hinsichtlich der Aufzeichnungen und Meldungen jedoch behoben.

3.3. In rechtlicher Hinsicht:

Gemäß § 48 Abs.1 AMFG ist strafbar, wer eine auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeit ausübt, die gegen dieses Bundesgesetz (§ 9) oder andere gesetzliche Bestimmungen verstößt. Gemäß § 9 Abs.5 AMFG ist jede auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeit, die durch Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder andere gesetzliche Vorschriften nicht gedeckt wird, untersagt. Gemäß § 9 Abs.4 AMFG gilt als Tätigkeit iSd Abs.1 auch die Überlassung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte, wenn der Überlasser nicht die Pflichten des Arbeitgebers trägt. § 9 Abs.1 definiert als Arbeitsvermittlung jede Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, Arbeitssuchende mit Dienstgebern zusammenzuführen. Der Arbeitsvermittlung ist eigentümlich, dass sich ein Vermittler bemüht, dass sich einander zunächst noch nicht kennende Teile zusammenfinden, um über die Begründung eines Dienstverhältnisses zu verhandeln (VwGH 25.4.1991, Zl. 91/09/009).

Das angefochtene Straferkenntnis geht davon aus, dass die Strafbestimmung des § 48 Abs.1 AMFG iVm § 9 Abs.4 leg.cit. neben den Strafbestimmungen des § 22 Abs.1 Z2 lit.b, c und d (betreffend Dienstzettelausstellungs-, Mitteilungs- und Aufzeichnungsvorlagepflichten bei Überlassungen) anwendbar ist. Im gegenständlichen Fall wurden, wie erwähnt, entsprechende Tatvorwürfe nach dem AÜG erhoben.

Der unabhängige Verwaltungssenat tritt der Rechtsauffassung der belangten Behörde nicht bei.

Ein Blick in die EB, 450 BlgNr. 17. GP, S. 23, zeigt, dass es dem Gesetzgeber bei Neufassung des § 9 Abs.4 AMFG durch BGBl.Nr. 125/1988 darauf ankam, "eine Grauzone zwischen der Überlassung von Arbeitskräften im Sinne des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und der nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz verbotenen Arbeitsvermittlung durch Private zu verhindern." Schon dies legt nahe, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt hatte, die erwähnten Verstöße nach dem AÜG zusätzlich nach dem AMFG zu bestrafen.

Beabsichtigt war vielmehr, dass "die vom Geltungsbereich des Gesetzesentwurfes" - welcher nicht nur das AMFG sondern auch das AÜG betraf - "ausgenommen Überlassungen bei Verletzung der jeden Arbeitgeber treffenden Pflichten gegenüber den Arbeitskräften dem Vermittlungsverbot des AMFG unterliegen" sollen (ebd). Gemeint ist offenbar, dass eine durch Ausnahmebestimmungen geschaffene Lücke betreffend Pflichten von Überlassern durch ein Arbeitsvermittlungsverbot geschlossen werden soll - und zwar über den (Um-)Weg, dass vom AÜG nicht erfasste Überlassungen als verbotene Arbeitsvermittlung behandelt werden. Auch dies bestätigt die Auffassung, dass nach den Intentionen des Gesetzgebers beispielsweise ein (dem AÜG unterliegender) Leasingunternehmer, der die Ausstellung eines Dienstzettels übersieht, nicht über die in Rede stehenden Bestimmungen des AMFG gleichzeitig zum illegalen Arbeitsvermittler wird.

Aus den zitierten EB (in Verbindung mit den Ausführungen im Allgemeinen Teil, S. 12 f und in Verbindung mit der vor der erwähnten Novelle geltenden Fassung des § 9 Abs.4 AMFG) erhellt weiter, dass der Neufassung des § 9 Abs.4 AMFG Klarstellungsfunktion dahingehend zugedacht war, dass die Risikoabwälzung hinsichtlich einer Beschränkung des Entgeltsanspruches überlassener Arbeitskräfte bei gegebener Arbeitsbereitschaft auf die tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen über das Verbot unerlaubter Arbeitsvermittlung verhindert werden sollte. Auch unter diesem Blickwinkel zeigt sich, dass § 9 Abs.4 AMFG nicht die Funktion haben sollte, eine Doppelbestrafung eines gegen die erwähnten Bestimmungen des AÜG verstoßenden Überlassers zu installieren.

Da mangels Vorliegens einer Arbeitsvermittlung keine nach dem AMFG strafbare Tat vorliegt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. K l e m p t

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum