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VwSen-250803/10/Lg/Bk

Linz, 18.01.2000

VwSen-250803/10/Lg/Bk Linz, am 18. Jänner 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzer: Dr. Fragner) nach der am 19. November 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn E, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9. Jänner 1998, Zl. 101-6/3-33-57497, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) zwei Geldstrafen in Höhe von je 15.000 S bzw zwei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 34 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma P, welche Auffangfirma der im Konkursverfahren befindlichen Firma R R gewesen sei, zu verantworten habe, dass die Ausländerinnen C und S am 17.2.1997 von oa. Firma beschäftigt worden seien, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

In der Begründung bezieht sich das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates Wels (AI) vom 27.2.1997, die Stellungnahme des Bw vom 9.7.1997 und die Stellungnahme des AI vom 13.8.1997.

2. In der Berufung wird dagegen im Wesentlichen eingewendet:

Hinsichtlich der Ausländerin S:

Diese sei keine Dienstnehmerin gewesen. Es sei ihr eine maßgebliche Gesellschaftsbeteiligung eingeräumt worden und auch beabsichtigt gewesen, sie als Geschäftsführerin der P zu bestellen. Das habe sie auch vor Ort angegeben; der Passus in der Niederschrift, sie könne nicht "offiziell" für die Firma arbeiten, sei in Richtung ihrer Rolle als geschäftsführende Gesellschafterin zu verstehen, nicht als Geständnis einer illegalen Beschäftigung. Die Präsenz der Ausländerin am Kontrollort hänge damit zusammen, dass sie sich nähere Kenntnisse über ihre beabsichtigte Tätigkeit als geschäftsführende Gesellschafterin angeeignet habe. Dass die Ausländerin auf einem Stundenzettel der P geführt wurde, sei auf einen Irrtum von Frau S zurückzuführen.

Zur Ausländerin C:

Diese sei bis 16.2.1997 als Dienstnehmerin der R tätig gewesen. Im Einvernehmen mit der Masseverwalterin (Rechtsanwalt Dr. M) der im Konkursverfahren befangenen R sei beabsichtigt gewesen, dass von der P, welche die wesentlichen Betriebsvorrichtungen und den Kundenstock aus der Konkursmasse der R übernommen und die Geschäfte fortgeführt habe, auch das Dienstverhältnis der Ausländerin C übernommen wird, um die Konkursmasse zu entlasten.

Aufgrund dieses Umstandes sowie der Tatsache, dass der Bw auch Geschäftsführer der insolvenzverfangenen R gewesen ist, habe er davon ausgehen können, dass zufolge einvernehmlicher Übernahme dieses Dienstverhältnisses die Voraussetzungen für eine Antragstellung um Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung auch für die P vorlagen. In Kenntnis einer aufrechten Beschäftigungsbewilligung und konform zur Abmeldung der Ausländerin durch den Masseverwalter sei eine Neuantragstellung durch die P vorgenommen worden.

Es wird beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu die verhängten Geldstrafen herabzusetzen.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Laut Anzeige des AI für den 19. Aufsichtsbezirk vom 27.2.1997 wurde am 17.2.1997 durch Organe des AI (B) eine Kontrolle bei der Firma P durchgeführt. Dabei sei die illegale Beschäftigung der beiden gegenständlichen Ausländerinnen festgestellt worden.

Frau S habe mit mehreren Dienstnehmern offensichtlich auf die Abfahrt zur Arbeitsverrichtung gewartet. Gegenüber den Organen des AI habe sie ausgesagt, sie sei seit einem Monat in Österreich und warte auf eine Aufenthaltsbewilligung und darauf, bei der Firma P als geschäftsführende Gesellschafterin beginnen zu können. Offiziell arbeite sie nicht für die Firma (dürfe sie auch nicht). Wie sie auf Stundenzetteln aufscheinen könne, wisse sie nicht. Die Aufzeichnungen führe Frau S. Am 10.2.1997, wo sie bei "D" aufscheine, habe sie eine Frau zum Putzen hingebracht. Die Unterschrift verweigerte die Ausländerin.

Der Bw gab gegenüber den Kontrollorganen an, gewerberechtlicher Geschäftsführer der P zu sein. Der neue Gesellschaftsvertrag liege bei Dr. P. Warum die Ausländerin S auf Stundenaufzeichnungen aufscheine, wisse er nicht. Hinsichtlich der Ausländerin C sei er vom AMS zu spät informiert worden, dass sie von der Firma R nicht hätte abgemeldet werden sollen, sondern von der Firma P übernommen hätte werden sollen. Betreffend die Beschäftigungsbewilligung liege die Berufung beim AMS auf. Der Bw verweigerte ebenfalls die Unterschrift.

Eine Kopie des Stundenblattes, auf dem die Ausländerin S angeblich aufschien, liegt dem Akt nicht bei. Vorhanden ist lediglich eine handschriftliche Notiz auf dem "Aktenvermerk" mit folgendem Inhalt: "Lt. Stundenzettel am 10.2.96 3 Stunden gearbeitet." Ein weiterer Zusatz enthält - soweit lesbar - die Notiz: "1 Std ... D, ebenfalls 7.2.97 ..."

In der Stellungnahme des Vertreters des Bw, RA P, vom 30.4.1997 wird hinsichtlich der Ausländerin S auf einen Gesellschafterbeschluss vom 19.12.1996 verwiesen, die Ausländerin und einen Herrn D als Gesellschafter der eben gegründeten P R mit dem Sitz in L den Bw und die Ausländerin zu Geschäftsführern der Gesellschaft mit kollektivem Vertretungsrecht dahingehend bestellen, dass die Gesellschaft durch je zwei Geschäftsführer vertreten wird. Eine Kopie dieses Beschlusses liegt bei. Weiters liegt bei ein Gesellschafterbeschluss vom 24.3.1997 über den Widerruf der Bestellung von M und S zu Geschäftsführern der Gesellschaft mit kollektivem Vertretungsrecht. Dort heißt es allerdings auch, dass der Gesellschafterbeschluss vom 27.1.1997, womit M und S mit Wirkung vom 27.1.1997 als Geschäftsführer der P abberufen wurden, vollinhaltlich widerrufen wird. In einem weiteren Gesellschafterbeschluss vom 24.3.1997 wird Frau G zur handelsrechtlichen Geschäftsführerin bestellt. In der Bekanntgabe an das Landes- als Handelsgericht L Firmenbuch, vom 24.3.1997 wird der Gesellschafterbeschluss vom 24.3.1997 als Zeitpunkt für den Widerruf der Bestellung der Geschäftsführer M und S angegeben.

In der Stellungnahme des Bw vom 30.4.1997 heißt es weiter, dass der Bw nunmehr als Angestellter der Gesellschaft und als gewerberechtlicher Geschäftsführer fungiere, wobei sich die Gewerbeanmeldung bzw die Geschäftsführerbestellung des Bw deshalb verzögert habe, weil für die Gewerbeanmeldung die Unterschrift der neuen Geschäftsführerin K erforderlich gewesen sei. Das Firmenbuchgesuch über die erwähnten Änderungen seien beim LG L am 7.4.1997 überreicht worden.

Die P habe im Zuge der Konkurseröffnung über das Vermögen der R im Gründungsstadium verschiedene Dienstnehmer der Gesellschaft und das Gesellschaftsvermögen von der Konkursmasse kaufweise erworben. Die diesbezüglichen Verhandlungen mit der Masseverwalterin habe der Bw geführt.

In der Stellungnahme vom 9.7.1997 räumt der Bw ein, dass er zur Tatzeit handelsrechtlicher Geschäftsführer war. Die Ausländerin S sei zur Tatzeit als Gesellschafterin und Miteigentümerin (wie sich aus dem Firmenbuch ergibt: zu 25 %) tätig gewesen. Sie sei auch Geschäftsführerin gewesen. Die Ausländerin C sei von der R übernommen worden. Sie sei von der Masseverwalterin der R am 16.12.1997 bei der GKK abgemeldet worden, wobei von der P beabsichtigt gewesen sei, die Voraussetzungen für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung auch für das neue Dienstverhältnis zu schaffen. Der Bw sei in seiner weiteren Eigenschaft als Geschäftsführer der insolventen R davon ausgegangen, dass zufolge einvernehmlicher Übernahme dieses Dienstverhältnisses die Voraussetzungen für eine Antragstellung um Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung auch für die P vorgelegen sei und diese Antragstellung auch in der Folge sanktionslos vorgenommen werde.

In der Stellungnahme des AI vom 13.8.1997 wird darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Ausländerin S ein Feststellungsbescheid gemäß § 2 Abs.4 AuslBG nicht vorgelegen sei. Hinsichtlich der Ausländerin C wird darauf hingewiesen, dass ein Antrag auf Beschäftigungsbewilligung vom 31.1.1997 vorliege und mit Bescheid vom 10.2.1997 abgelehnt worden sei. Ferner wird darauf hingewiesen, dass je zwei einschlägige Vorstrafen aus 1994 und 1995 vorliegen.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung erläuterte der Vertreter des Bw den (nach der bisherigen Verfahrenslage unter Einschluss der eigenen Stellungnahmen dunklen) Hergang bei der Gründung der P. Resümierend legte er nach längeren Erwägungen letztlich dar, dass aus seiner Sicht M und S am Tattag als handelsrechtlicher Geschäftsführer rückwirkend abberufen waren und sie nur de facto die Geschäfte führten.

Zur Entstehung des Tatvorwurfes betreffend die Ausländerin S legte das Kontrollorgan dar, der Verdacht habe sich daraus ergeben, dass es bei der Kontrolle eine Wandtafel mit Namensschildern (ua. mit dem Namen der gegenständlichen Ausländerin) und Objektlisten gesehen habe. Es habe dies so interpretiert, dass es sich dabei um Beschäftigungen der genannten Personen an den genannten Orten gehandelt habe. Der aktenkundige Inhalt betreffend die Ausländerin S habe sich aus einer Notiz in der Objektliste ergeben.

Zur Ausländerin C führte der Vertreter des AI aus, dass laut einer EDV-Abfrage das Dienstverhältnis der Ausländerin bei der Firma R am 24.1.1997 geendet habe, wobei der Endigungsgrund unbekannt sei. Am 31.1.1997 sei von der Firma P für die Ausländerin ein Antrag auf Beschäftigungsbewilligung eingebracht, dieser Antrag jedoch mit Bescheid vom 10.2.1997 abgelehnt worden. Am 24.2.1997 sei dem AMS bekannt gegeben worden, dass die Firma P Personal der Firma R übernommen habe. Eine Meldung nach § 3 Abs.3 AuslBG sei nicht erfolgt.

Der Vertreter des Bw trug dazu vor, dass die Abmeldung der Ausländerin zur GKK voreilig durch die Masseverwalterin erfolgt und dadurch der Bw der Wohltat des § 3 Abs.3 AuslBG beraubt worden sei.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Die P GmbH wurde mit 16.4.1997 in das Firmenbuch eingetragen. Erst ab diesem Zeitpunkt kommt eine verwaltungsstrafrechtliche Haftung der handelsrechtlichen Geschäftsführer in Betracht (vgl. VwGH 19.1.1988, Zl. 87/04/0196; 19.4.1988, Zl. 87/04/0265). Der Bw kann daher nicht als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die vorgeworfenen Delikte verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich gemacht werden. Selbst wenn man davon absähe, wäre zu beachten, dass zum Tatzeitpunkt entweder der Bw und die Ausländerin S ("de facto-")Geschäftsführer waren oder keiner von beiden, was den Vertreter des AI zur Zurückziehung des Strafantrages bezüglich der Ausländerin S in der öffentlichen mündlichen Verhandlung bewog. Schließlich kommt hinzu, dass bei einer "de facto-Geschäftsführung" durch den Bw und S nicht mit Sicherheit feststünde, welcher von beiden Geschäftsführern die einzelnen Geschäftsführungsakte (darunter: die Einstellung der Ausländerin C) vorgenommen hatte. Schon aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Ergänzend sei angefügt:

Hinsichtlich der Ausländerin S ist für den Tattag lediglich erwiesen, dass sie sich in räumlicher Nähe zu einer Gruppe befand, welche nach Auffassung des Kontrollorgans auf die Abfahrt zur Arbeitsverrichtung wartete. Ein "Geständnis" der Ausländerin liegt nicht vor. Die Ableitung eines Beschäftigungsverhältnisses am Tattag aufgrund von Namenstafeln und Objektlisten betreffend einen anderen Tag wäre mit erheblichen Unsicherheiten belastet. Auch dass die Ausländerin einmal eine Frau zum Putzen an eine Arbeitsstelle gebracht hatte, lässt verschiedene Interpretationen offen. Unklar bleibt auch, warum das Kontrollorgan seine Belastungsmomente einerseits aus "Stundenzetteln" andererseits aus "Namenstafeln und Objektlisten" herleitete. Auch diese Mangelhaftigkeit der Beweislage müsste zu einem Freispruch führen. Dazu kommt, dass die Ausländerin S über einen Geschäftsanteil von 25 % (und nicht wie § 2 Abs.4 AuslBG für die Erforderlichkeit eines Feststellungsbescheids voraussetzt: von weniger als 25 %) verfügte und sie überdies, nach unwidersprochenen Aussagen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, de facto die Geschäfte führte, weshalb die Dienstnehmereigenschaft dieser Ausländerin auch unter diesem Blickwinkel zumindest in Frage steht.

Was die Ausländerin C betrifft, so erübrigt sich in Anbetracht der obenstehenden Ausführungen die Prüfung, ob im gegenständlichen Fall § 3 Abs.3 AuslBG, wonach bei Betriebsnachfolge bei sonst unverändertem Fortbestand der Voraussetzungen die Beschäftigungsbewilligung als dem neuen Arbeitgeber erteilt gilt, anwendbar ist bzw ob - bei "knappem" Scheitern der Anwendbarkeit dieser Bestimmung - die Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG vorgelegen sein könnten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. K l e m p t

 

 

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