Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250822/12/Kon/Pr

Linz, 06.07.2000

VwSen-250822/12/Kon/Pr Linz, am 6. Juli 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Grof) über die Berufung der Frau I. St., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J. M., P., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 8.4.1999, SV96-20-1998, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, nach öffentlich mündlicher Verhandlung am 20.6.2000, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2, erster Fall VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird die Beschuldigte in ihrer Eigenschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der St. Speditionsgesellschaft mbH mit Sitz in B.-W., der Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a iVm § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz für schuldig erkannt und über sie gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe in der Höhe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 112 Stunden) verhängt, weil sie es zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft in der Zeit vom 27.9.1998 bis 9.10.1998 und vom 15.10.1998 bis 30.11.1998 den türkischen Staatsangehörigen M. G., geb., in einem Arbeitsverhältnis als Kraftfahrer beschäftigt hat, ohne dass vom Arbeitsmarktservice eine entsprechende Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgestellt wurde, obwohl Arbeitgeber einen Ausländer nur beschäftigen dürfen, wenn ihnen für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Hiezu führt die belangte Behörde begründend im Wesentlichen aus, dass die objektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung aufgrund der Angaben des Ausländers in seiner Einvernahme am Gendarmerieposten Schärding am 7.12.1998, welche durch 27 Tachoschaublätter des Fahrtenschreibers; eine Lohnbestätigung für November 1998; Kopien eines für die Schengenstaaten gültigen Visums C; eine Verpflichtungserklärung der Fa. BAG Transport in Istanbul; und einen mit 27.5. datierten Argenturvertrag zwischen der B.Transport und der St. Speditions GesmbH. untermauert würden und in Anbetracht der ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Kriterien erwiesen sei.

Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und darin Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung eingewandt.

Hiezu führt sie begründend im Wesentlichen aus, dass entschieden in Abrede gestellt werde, dass der Ausländer G. (türkischer Staatsangehöriger) bei der St. Speditions GesmbH. beschäftigt gewesen sei. Abgesehen davon, dass es rund zehn Firmen St. gebe, sodass eine Aussage des türkischen Staatsangehörigen G., er sei bei der Fa. St. beschäftigt gewesen, keinesfalls einen Beweis dahingehend erbringe, dass er bei der St. Speditions GesmbH. beschäftigt gewesen sei. Der Ausländer wäre bei keiner der "St.firmen" beschäftigt gewesen. Auch habe er weder in wirtschaftlicher Abhängigkeit zur St. Speditions GesmbH. noch in deren direktem Auftrag diverse Fahrten mit Fahrzeugen der St. Speditions GesmbH durchgeführt. Es habe hier weder eine persönliche noch eine wirtschaftliche Abhängigkeit zu diesem Unternehmen bestanden.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den Verfahrensakt und durchgeführter öffentlicher Berufungsverhandlung erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird.

Im vorliegenden Fall war vom Unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsinstanz zu prüfen, ob der Ausländer M. G. von der St. Speditions GesmbH im Tatzeitraum als Kraftfahrer im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt wurde. Hiezu wurde Herr W. R., kaufm. Angestellter der Fa. St. Güterverkehrs GesmbH. mit dem Sitz in B.-W., zeugenschaftlich einvernommen. Genannter gab bei seiner Vernehmung an, dass die Fahrtaufträge an den Türken M. G. von der Dispositionsabteilung der St. Güterverkehrs GesmbH. erteilt worden seien. Alle Fahrer, die für die Fa. St. im weitesten Sinne, so auch für die Fa. R. und die Fa. St. B.V., führen, würden am Firmensitz der St. Güterbeförderungs GesmbH. in P. lohnabgerechnet und erfolge auch die Lohnauszahlung von dort aus. Seines Wissens habe G. seine Fahrtaufträge telefonisch von der vorangeführten Dispositionsabteilung erhalten. Er (der Zeuge) wisse, dass alle Fahrer bei der St. Speditions GesmbH. angemeldet seien und die Angestellten, so auch jene der Dispositionsabteilung, wiederum bei der St. Güterverkehrs GesmbH. Es sei ihm bekannt, dass M. G. die Linie Passau-Heerlen-Passau befahren habe. Er habe diese Linie mit Fahrzeugen der R. GmbH und der St. B.V. befahren. Ihm persönlich sei nicht bekannt, dass G. im Tatzeitraum einmal mit einem dieser Fahrzeuge am Lagerplatz der St. Speditions GesmbH. in P. eingetroffen sei. Er könne es aber auch nicht ausschließen. Verkehrstechnisch wäre dies allerdings zu verneinen, weil in Passau immer der nächste Fahrer das Fahrzeug übernehme (Fahrerwechsel) und G. sohin gar kein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestanden wäre, um nach P. zu kommen. G. müsse seiner Meinung nach ein solches Fahrzeug, er meine damit Fahrzeuge der R. GmbH oder der St. B.V., zum ersten Mal in Passau übernommen haben und zwar zusammen mit den Fahrzeugpapieren und den Fahrzeugschlüsseln. Den Fahrtauftrag, der telefonisch von der vorangeführten Dispositionsabteilung erteilt worden wäre, hätte G. in Passau entgegen genommen.

Zu den vorliegenden Tachographenscheiben vom 27.9.1998 mit der Ortsangabe "Welz" sowie jener vom 29.8.1998 mit der Ortsangabe P. befragt gab der Zeuge an, hiezu nichts sagen zu können. Was die Tachographenscheibe vom 2.10.1998 betreffe, so glaube er aber, diese so interpretieren zu können, dass G. um ca. 23.00 Uhr von Holland weggefahren und sodann um 7.30 Uhr in Passau angekommen sei, worauf er nach einer Pause von rd. 4 Stunden von Passau nach Peuerbach gefahren sei.

Der Zeuge gab auch an, keine Erklärung dafür geben zu können, dass in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses behauptet werde, die Aufträge und Anweisungen an G. seien erwiesenermaßen von der St. Speditions GesmbH erteilt worden. Der Zeuge sagte jedoch, dass personell gesehen diese Feststellungen der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses falsch seien.

Zum Anordnungsablauf gab der Zeuge Folgendes an:

Im vorliegenden Fall hätte es sich um einen Liniendienst gehandelt, bei dem drei Fahrer eingesetzt worden seien, welche jeweils immer zwei Fahrzeuge wechselten. Ein Fahrer hätte für die Hinfahrt den LKW-Zug Nr.1 übernommen und die Rückfahrt mit dem LKW-Zug Nr.2 durchgeführt. Aus diesem Grund hätten die Fahrer nur einmal disponiert werden müssen und zwar im gegenständlichen Fall nur für die erste Antrittsfahrt. Das Weitere hätte sich durch den Ablauf selbst geregelt. Diese erste Disponierung des Ausländers G. sei von der Dispositionsabteilung, und zwar von Herrn H., vorgenommen worden. Die Disposition sei dabei im Auftrag entweder der Fa. R. GmbH oder der Fa. St. B.V. erfolgt. Die Dispositionsabteilung der St. Güterverkehrs GesmbH habe als Bote der jeweils genannten Firmen die Fahrtaufträge an die Fahrer, im vorliegenden Fall an G., übermittelt.

Aufgrund der glaubwürdigen und schlüssigen Aussage des Zeugen W. R., welche auch im Einklang mit dem Berufungsvorbringen steht, geht jedenfalls hervor, dass die St. Speditions GesmbH keine Anordnungsbefugnis an den Ausländer G., was dessen Fahrteneinsatz betraf, besaß. Ebenso war aufgrund der Aussagen des Zeugen wie auch des Beschuldigtenvertreters davon auszugehen, dass der Ausländer nicht von der St. Speditions GesmbH, sondern von einer der genannten ausländischen Firmen (Fa. R. bzw. St. B.V.) entlohnt wurde, wobei als Auszahlungsstelle die St. Güterverkehrs GesmbH mit dem Sitz in P. fungierte.

Da sohin die wesentlichen, eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs.2 lit.a AuslBG kennzeichnenden Kriterien wie Anordnungsbefugnis und Entlohnungspflicht hinsichtlich der St. Speditions GesmbH. wegfallen, kann jedenfalls diese nicht als Arbeitgeber des Ausländers G. in Betracht gezogen werden, sodass die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Beschuldigten im vorliegenden Fall nicht gegeben war.

Aus diesem Grund war der Berufung Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses ist die Beschuldigte gemäß § 66 Abs.1 VStG von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r

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