Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250836/29/Lg/Bk

Linz, 12.07.2000

VwSen-250836/29/Lg/Bk Linz, am 12. Juli 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzer: Dr. Fragner) nach den am 4. April 2000 und am 30. Juni 2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen über die Berufung des Herrn K, vertreten durch den RA, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 2. September 1999, Zl. SV-96/10-1999-E/Mü, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 20.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 112 Stunden verhängt, weil er in den Monaten November und Dezember 1998 und am 25.1.1999 in seiner Lagerhalle in S, den kenianischen Staatsangehörigen G beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

In der Begründung nimmt das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk (AI) vom 23.2.1999 sowie auf die Rechtfertigung des Bw Bezug.

Das angefochtene Straferkenntnis geht davon aus, dass zumindest ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vorlag. Da die Arbeitsleistungen des Ausländers in einer zur Firma K gehörenden Räumlichkeit erbracht wurden, seien spezifische Bindungen unglaubhaft.

2. In der Berufung wird eingewendet, dass das angefochtene Straferkenntnis den Umstand nicht ausreichend würdige, dass der Ausländer der Bruder der Gattin des Bw ist. Die 12.000 S habe der Bw seinem Schwager als Taschengeld für den gesamten Aufenthalt gegeben, nicht als Gegenleistung für Arbeitstätigkeiten. Der Ausländer habe seine Tätigkeiten als Zeitvertreib angesehen, welche ihm gleichzeitig Gelegenheit verschaffte, Betriebsabläufe kennen zu lernen, welche er in seiner Heimat nutzbringend einsetzen können würde. Der Bw habe seinem Schwager auch Unterkunft gewährt und ihn verköstigt. Auch dies sei nicht als Gegenleistung für Arbeitstätigkeiten zu verstehen.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Laut Niederschrift mit dem Bw am 25.1.1999 sagte dieser gegenüber den Kontrollorganen des AI aus, der Ausländer sei seit November 1998 bei ihm auf Urlaub. Er habe im Betrieb am 25.1.1999 ab 8.00 Uhr als Hilfskraft geholfen (Auspacken von Sanitärgegenständen). Für seinen Unterhalt sorge der Bw. Außerdem sei der Ausländer vom Bw versichert worden. Weiters heißt es wörtlich: "Er bekommt für diese Tätigkeiten monatlich 12.000 S. (Für die Zeit seines 2 monatigen Urlaubs in Österreich.)"

Am 25.1.1999 sagte der Bw auf der Bezirkshauptmannschaft Eferding aus: Er habe Mitte November 1998 seinen Schwager zu Besuch nach Österreich geholt. Er wohne seither bei seiner Familie in W. Der Bw gebe zu, dass der Ausländer im Rahmen seines Betriebes K in einer Halle bei Lagerarbeiten mitgeholfen hat. Die wöchentliche Arbeitszeit habe ab Mitte November meistens an die 40 Stunden betragen. Dies sei kein Arbeitsverhältnis, vielmehr habe der auf Besuch befindliche Schwager mitgearbeitet, so lange er Spaß daran hatte. Der Ausländer habe vom Bw ein angemessenes Taschengeld von ca 12.000 S erhalten.

In der Stellungnahme vom 8.6.1999 führte der Bw aus, der Aufenthalt des Ausländers habe den Zweck gehabt, seine Schwester zu besuchen. Da diese tagsüber wenig Zeit aufbringen konnte, habe sich der Ausländer eine Betätigung gesucht. Er habe freie Kost und Logie gehabt. Die Beschäftigungszeiten seien vom Ausländer frei gewählt gewesen. Da er sich in seiner Heimat an der Armutsgrenze bewege, habe ihm der Bw die Möglichkeit gegeben ein Taschengeld zu verdienen. Für die Erbringung seiner gesamten Dienste bis zum 25.1.1999 habe er vom Bw auf freiwilliger Basis ein Taschengeld von ca. 12.000 S erhalten. Dieses Geld sei aus dem privaten Einkommen des Bw, nicht von der K GesmbH bezahlt worden. Es habe sich dabei um einen Freundschafts- bzw Verwandtschaftsdienst gehandelt. Der Ausländer habe an Tagen im November und Dezember 1998 sowie im Jänner 1999 gearbeitet. Der Bw habe dem Ausländer mit dem Taschengeld eine Freude machen wollen. Die Arbeit des Ausländers sei völlig freiwillig gewesen und nur so lange er dazu Lust hatte. Die Belohnung dafür sei gewesen, dass ihn der Bw mit Taschengeld ausstattete.

Am 26.8.1999 nahm der Bw dahingehend Stellung, dass sich seine damalige Aussage vor der Bezirkshauptmannschaft Eferding am 25.1.1999 über die wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden sich nur auf die Arbeitszeit des Personals bezogen habe, welches in seinem Lager gearbeitet habe. Hingegen sei der Ausländer in keinem Rechtsverhältnis gestanden, wenn er freiwillig und nur zum Zeitvertreib sich im Lager des Bw beschäftigt habe. Demnach sei auch das vom Bw an ihn gegebene Geld nicht als Gegenleistung für seine freiwilligen Dienste zu verstehen. Es habe keine Arbeitspflicht bestanden. Der Ausländer sei an keine Arbeitszeiten gebunden gewesen.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte K, Gattin des Bw und Schwester des gegenständlichen Ausländers, aus, ihr Bruder sei bei ihr auf Besuch gewesen und habe im Haushalt und Familienverband des Ehepaares K gelebt. Ihr Bruder sollte für eine ins Auge gefasste Handelsvertretung für Sanitärwaren in Kenia seine Deutschkenntnisse verbessern. Er habe seine Zeit mit der Zeugin verbracht, sei aber durchschnittlich vielleicht einmal in zwei Wochen mit dem Pkw des Ehepaares K in das Lager der Firma des Bw gefahren, speziell dann, wenn ihm langweilig war, weil die Zeugin aufgrund ihrer Pflichten als Hausfrau und Mutter keine Zeit für ihn hatte. Die Arbeiten des Ausländers seien einfache Tätigkeiten gewesen und hätten nicht dem Kennenlernen von Betriebsabläufen gedient. Anweisungen habe es gegenüber dem Ausländer nicht gegeben. Vom Gatten der Zeugin habe der Ausländer Taschengeld bekommen, damit er sich selbst Dinge besorgen konnte. Wieviel er bekommen habe, wisse sie nicht, ebenso wenig in welchen Zeitabständen er es bekommen habe. Er hätte das Taschengeld aber auch bekommen, wenn er nicht im Lager mitgeholfen hätte.

Der Vertreter des AI wies darauf hin, dass ein Antrag auf Sicherungsbescheinigung vom Mai 1998 (für einen anderen als den hier gegenständlichen Zeitraum) für den Ausländer abgewiesen worden war, weil keine Ersatzkräfte erwünscht waren. Zur Sozialversicherung sei der Ausländer nicht angemeldet gewesen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Die in der öffentlichen mündlichen Verhandlung einvernommene Gattin des Bw bestätigte die schon in der Unterinstanz immer wieder sinngemäß vorgebrachte Behauptung, dass die Leistungen des Bw für den Ausländer (Aufnahme und Verpflegung im Familienverband, Taschengeld) nicht als Gegenleistungen für Arbeitsleistungen des Ausländers verstanden worden waren. Die diesbezügliche Aussage der Zeugin war nicht nur nach ihrem persönlichen Auftreten in der öffentlichen mündlichen Verhandlung glaubwürdig, sondern auch nach den Umständen des Falles, leuchtet es doch ein, dass man einen engen Verwandten aus einem afrikanischen Land einlädt und ihn im Rahmen dieser Einladung (gegebenenfalls auch mit Taschengeld) versorgt, ohne dafür iS eines Rechtsanspruchs Arbeitsleistungen zu erwarten. Der unabhängige Verwaltungssenat geht von der Glaubwürdigkeit dieser Sachverhaltsdarstellung aus, wenngleich nicht zu übersehen ist, dass im erstbehördlichen Verfahren missverständliche Formulierungen auftauchten und der Antrag auf Sicherungsbescheinigung (unter anderen Umständen) auch in Richtung eines Arbeitskräftebedarfs gedeutet werden könnte.

Ist sohin keine Entlohnung (iS eines synallagmatischen Rechtsverhältnisses) anzunehmen, ist auch die Annahme eines Arbeitsverhältnisses oder eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses ausgeschlossen. Im Übrigen ist auch weder eine persönliche Abhängigkeit (iS eines Arbeitsverhältnisses) noch die erforderliche Regelmäßigkeit von Arbeitsleistungen (iS eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses) erwiesen.

Mangels Vorliegens konstitutiver Merkmale des Beschäftigungsbegriffs iSd AuslBG war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. K l e m p t