Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250883/17/Gu/Pr

Linz, 11.08.2000

VwSen-250883/17/Gu/Pr Linz, am 11. August 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des F. M. vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P. R., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 16.5.2000, SV96-20-12-1999, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach der am 8.8.2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Es entfällt die Pflicht zur Leistung von Kostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 66 Abs.1 VStG, § 2, § 3 Abs.1, § 18, § 28 Abs.1 Z1 lit.a und b AuslBG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als Gewerbeinhaber für das Handels- und Handelsagentengewerbe für seinen Schlossereibetrieb in G. es verantworten zu müssen, dass der tschechische Staatsbürger J. K., der von einem ausländischen Arbeitgeber (Fa. K., K., Tschechien) ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt worden sei, zumindest am 9.9.1999 als Chauffeur für Transporte seiner Firma (LKW mit amtlichen Kennzeichen samt Anhänger mit dem amtlichen Kennzeichen ) in Anspruch genommen worden sei, ohne dass für den genannten Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Entsendebewilligung erteilt worden sei.

Wegen Verletzung des § 28 Abs.1 Z1 lit.b iVm § 18 Abs.1 AuslBG wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 10.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 S auferlegt.

In seiner dagegen vom rechtsfreundlichen Vertreter eingebrachten Berufung macht der Rechtsmittelwerber geltend, dass es sich bei der Fahrt des J. K. am 9.9.1999 um einen Transportauftrag der Fa. K. aus K. gehandelt habe und um kein Tätigwerden und somit um keine Beschäftigung in dem in Österreich gelegenen Unternehmen des Beschuldigten. K. stehe in keinem Beschäftigungsverhältnis zum österreichischen Unternehmen und werde auch von Österreich aus nicht angewiesen.

Aus diesem Grund beantragt er die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

Aufgrund der Berufung wurde am 8.8.2000 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Beschuldigte und sein Vertreter erschienen. Im Rahmen der Verhandlung wurde der Beschuldigte vernommen und ihm Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten; ferner wurde der Zeuge J. K. vernommen und wurden folgende Urkunden zur Erörterung gestellt:

Aufgrund der aufgenommenen Beweise ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Der Beschuldigte betreibt in Oberösterreich, nördlich der Donau, ein Unternehmen, ist Schlosser und Schmiedemeister und besitzt auch ein Handels- und Handelsagentengewerbe.

Vor einiger Zeit gründete er im Bezirk K. im südlichen Tschechien das Unternehmen K., eine Gesellschaft mbH und ist dort handelsrechtlicher Geschäftsführer.

Im Unternehmen in Tschechien sind 15 Dienstnehmer beschäftigt, als Betriebsleiter fungiert Herr Ing. W.

Im Zusammenhang mit der Betriebsgründung in Tschechien lagerte der Rechtsmittelwerber die gewerblichen Arbeiten der Metallwarenerzeugung dorthin aus und hat die Abwicklung der bei ihm eingegangenen Aufträge in Österreich so gestaltet, dass er die in Österreich entwickelten Pläne und Konstruktionszeichnungen der tschechischen GesmbH übergibt und die fertigen Waren Frei-Haus zum Standort seines Unternehmens in Österreich geliefert bekommt. Zur Abwicklung der Transportvorgänge hat der Rechtsmittelwerber einen Klein-LKW samt Anhänger seines österr. Unternehmens, welcher auf diesen Standort im Inland zugelassen ist, an die tschechische GesmbH vermietet und diesen auch im Wege der Spedition H. + H. am 11.11.1998 zum Ausgang aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft beim Zollamt Wullowitz zollamtlich stellig gemacht.

Herr J. K., einer der 15 Dienstnehmer der tschechischen GesmbH, welcher im tschechischen Unternehmen neben Schweiß- und Schlosserarbeiten vom Betriebsleiter in Tschechien beauftragt ist, mit dem gemieteten Fahrzeug sowohl aus Tschechien als auch aus Österreich Rohmaterialien zu holen und fertige Ware aus Tschechien - wie erwähnt Frei-Haus - zum Unternehmen des Rechtsmittelwerbers in Österreich zu transportieren, fährt aus diesem Grund wöchentlich ein- bis zweimal nach Österreich, um in Durchführung des Werkverkehrs Waren zu transportieren. Sonstige Transporte sind nicht nachgewiesen. Wenn größere Fabrikationsteile zu verfachten sind, werden von der Fa. K. andere (gewerbliche) Frächter damit beauftragt. Von der Fa. K., K., wird dessen ungeachtet an die Fa. M., Österreich, Frei-Haus fakturiert. Der Rechtsmittelwerber kommt ca. einmal pro Woche zur Fa. K., die tschechische GesmbH. Lediglich von diesen Besuchen her ist der Beschuldigte dem Zeugen K. vom Aussehen her bekannt. K. erhält seine Aufträge über die Verwendung im tschechischen Betrieb ausschließlich vom Betriebsleiter Ing. W., welcher mit der Organisation und Abwicklung sämtlicher Vorgänge im tschechischen Betrieb betraut und verantwortlich ist.

Am 9.9.1999 wurde nun K. bei seiner Fahrt von Tschechien Richtung Oberösterreich von Beamten der Grenzgendarmerie bei der Grenzkontrollstelle Wullowitz kontrolliert und wies dort neben seinem Pass, der ein von der österr. Botschaft in Prag ausgestelltes Visum C Schengener Staaten, gültig vom 16.4.1999 bis 15.10.1999 Mult für 90 Tage enthielt, die Zulassungsscheine über den Klein-LKW samt Anhänger, lautend auf die österr. Zulassung, eine Bestätigung der Fahrzeugvermietung von der Fa. M., W., an die Fa. K. Spol. s.r.o. und eine auf ihn lautende Fahrberechtigung für Transporte der Fa. K., K. und der Firma Schlosserei M., W., (bis auf Widerruf) lautend auf den in Rede stehenden Klein-LKW samt Anhänger vor.

K. zur Auskunft verhalten gab an, bei der Fa. K. in B. 21, K., Tschechien, beschäftigt zu sein, zwei- bis dreimal pro Woche nach Österreich zu fahren, und bei der Fa. K. monatlich ca. 10.000 tschech. Kronen zu verdienen. Die Grenzkontrollbeamten ersuchten daraufhin die Bezirkshauptmannschaft Freistadt um Überprüfung im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes.

Daraufhin kam es nach Übermittlung ihres Berichtes, an die für den Sitz des Unternehmens zuständige Behörde, zum gegenständlichen Verfahren.

Der Verdacht der unbefugten Ausländerbeschäftigung konnte im Berufungsverfahren nicht erhärtet werden. Die Fahrt des Ausländers K. am 9.9.1999 war eine Werkverkehrsfahrt für das tschechische Unternehmen.

Bei der Würdigung der Beweise konnte die Darstellung des Beschuldigten im Zusammenhang mit der Aussage des Zeugen K., der einen ausgezeichneten Eindruck vermittelte und im weiteren Zusammenhang mit den oben zitierten Urkunden überzeugen. Die Darstellung, dass sich der Beschuldigte entschloss, die Produktion wegen der niedrigen Lohnkosten einer in der Tschechei gegründeten GesmbH zu übertragen, die Waren einzuführen und zwar Frei-Haus, um sie dann von drei bei seinem Unternehmen in Oberösterreich beschäftigten Monteurtrupps zu liefern bzw. aufzustellen und zu montieren, entspricht plausiblen wirtschaftlichen Motiven und wird nach der Öffnung der Grenzen und der Liberalisierung des Warenverkehrs auch mit Tschechien bereits vielfach von Wirtschaftstreibenden gepflogen. Wenngleich dies auch Einfluss auf den inländischen Arbeitsmarkt hat, so ist diese Vorgangsweise nicht verboten und auch keiner Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterstellt. Es ist daher plausibel, dass ein Frei-Haus-Verkehr vom tschechischen Unternehmen eingerichtet wurde und der tschechische Lenker bei seinem Einsatz im tschechischen Betrieb aber auch hinsichtlich der Entlohnung nach tschechischem Muster von dem tschechischen Betrieb aus angewiesen und dirigiert wurde.

Der Rechtsmittelwerber hatte sohin gar kein Motiv, K. in seinem Betrieb in Österreich zu beschäftigen, weil die Abwicklung der Produktion und des Warenverkehrs vom tschechischen Betrieb nach Österreich ohnedies auf durchaus legalem Wege möglich war.

Es erscheint deshalb auch glaubhaft, dass er sich, bevor er sich zur Unternehmensgründung in der Tschechei entschloss, darüber informierte, ob das Vermieten des Klein-LKW samt Anhänger an das tschechische Unternehmen unter Beibehaltung der Zulassung für seinen Standort in Österreich zulässig war und deshalb eine positive, weil auch die jetzt noch von der Verkehrsoberbehörde vertretene Auffassung in diese Richtung weist.

Selbst der Verwaltungsgerichtshof hat die Ansicht vertreten, dass bei einer Ver- bzw. Anmietung des Fahrzeuges der bisherige Stand des Eigentümers nicht zwangsweise verloren geht. Nachdem es sich, wie aus dem Papier der internationalen Spedition H. + H. hervorgeht, um eine vorübergehende Ausfuhr gehandelt hat, konnte der UVS unter dem Blickwinkel des Erkenntnisses des VwGH vom 5.8.1999, Zl. 99/03/0200, zu keinem Ergebnis kommen, welches den Beschuldigten bei der Beweiswürdigung im Hinblick auf die Verwendung eines auf Österreich zugelassenen Fahrzeuges nachteilig beeinflusste.

Wenn in der Privaturkunde vom 13.1.1999 eine Fahrberechtigung für Herrn Jaromir K. für Transporte der Fa. K., CR-38241 K., und der Fa. Schlosserei M. F., W., für LKW-Mitsubishi Canter UU-10 DU und Anhänger Humer, bis auf Widerruf erteilt wurde, so reichte dies nicht hin, um nachzuweisen, dass die Fahrt am 9.9.1999, bei der es sich bei dem oben dargelegten Wirtschaftsverkehr, um einen Werkverkehr der Fa. K. gehandelt hat, um diese Fahrt unter das Regime des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu stellen. Nachdem es der Beschuldigte in der Hand hatte, den Wirtschaftsverkehr mit dem Unternehmen in Tschechien und damit die Einfuhr der in Tschechien gefertigten Güter, ohne Mühe durch die Vertragsgestaltung eines Frei-Haus-Verkehrs zu bewerkstelligen, wäre die Annahme, der Beschuldigte habe sich entgegen dieser leichten Bedienungsmöglichkeit gegen die Vernunft den Weg gewählt, den Ausländer extra in Österreich zu beschäftigen, oder die Dienste des ausländischen Unternehmens außerhalb der Lieferung von bestellten Waren in Anspruch zu nehmen, wenig wahrscheinlich und lebensfremd.

Anderes als ein solcher Werkverkehr der Fa. K. ist jedoch nicht erwiesen.

Aufgrund des oben festgestellten Sachverhaltes war Folgendes rechtlich zu bedenken:

Gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 18 die Arbeitsleistung eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt wurde und ist bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 10.000 S bis 60.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 18 Abs.1 AuslBG bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen die Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monate erteilt werden darf.

Gemäß § 18 Abs.2 AuslBG ist für Ausländer nach Abs.1, die ausschließlich im Zusammenhang mit kurzfristigen Arbeitsleistungen, für die ihrer Art nach inländische Arbeitskräfte nicht herangezogen werden, wie geschäftliche Besprechungen, Besuche von Messeveranstaltungen und Kongressen udgl. beschäftigt werden, eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung nicht erforderlich.

Gemäß § 18 Abs.4 AuslBG ist, wenn die im Abs.1 genannte Beschäftigung länger als vier Monate dauert, eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich.

Die Lieferung einer bestellten Ware im Ausland durch ein Transportmittel in der Verfügungsgewalt des ausländischen Unternehmens und durch einen Dienstnehmer des ausländischen Unternehmens - sogenannter Werkverkehr - stellt keine Beschäftigung eines Ausländers seitens eines ausländischen Arbeitgebers (ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz) im Inland dar, zumal der Auftraggeber im Inland kein Weisungsrecht und Koordinationsrecht hat, durch wen und in welcher Modalität und mit welchem Betriebsmittel die Werkverkehrsfahrt durchgeführt wird.

Bei einer vereinbarten Frei-Haus-Lieferung ist typischer Vertragsgegenstand die Lieferung einer bestimmten Ware, allenfalls zu einem bestimmten Zeitpunkt, zu einem bestimmten Preis, wobei in der Verrechnung keine Frachtkosten angelastet werden dürfen.

Der betriebswirtschaftlich rationale grenzüberschreitende Einsatz von Betriebsmitteln allein bedeutet noch nicht, dass die einem ausländischen Unternehmen anvertrauten ausländischen Arbeitnehmer betriebsentsandt im Sinne des § 18 sind (vgl. Schnorr, AuslBG, 4. Auflage, FN2, letzter Absatz und RN 7 im Hinblick auf die nicht taxative Aufzählung der Ausnahmen im Sinne des § 18 Abs.2 AuslBG).

Nachdem die angelastete Fahrt keine Inanspruchnahme eines Ausländers, der bei einem ausländischen Unternehmen beschäftigt war, welches keinen Betriebssitz im Inland hatte, darstellte, lag kein tatbestandsmäßiges Handeln bzw. Unterlassen vor. Eine andere Handlung, die eine Inanspruchnahme hätte darstellen können, war nicht erweislich.

Aus diesem Grunde war spruchgemäß zu entscheiden.

Aufgrund des Erfolges der Berufung hat der Berufungswerber weder die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens noch jene des Berufungsverfahrens zu tragen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: Beweiswürdigung

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