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VwSen-250885/24/Lg/Bk

Linz, 05.12.2000

VwSen-250885/24/Lg/Bk Linz, am 5. Dezember 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzer: Mag. Stierschneider) nach der am 9. November 2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn I gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 26. Mai 2000, Zl. Sich96-136-1998, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) vier Geldstrafen in Höhe von je 20.000 S bzw vier Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 72 Stunden verhängt, weil er als Verantwortlicher der Fa. D (K die vier tschechischen Staatsbürgerinnen N, S, S und S mit Maschinenarbeiten beschäftigt habe, obwohl weder dem Bw für diese eine Beschäftigungs- oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden sei, noch die vier tschechischen Staatsbürgerinnen eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besessen hätten.

In der Begründung wird, da "ein Volontariatsverhältnis... nicht auszuschließen" sei, darauf verweisen, dass die gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a iVm § 3 Abs.5 AuslBG erforderliche Anzeigebestätigung nicht vorlag.

2. In der Berufung wird das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses im Wesentlichen mit dem Hinweis darauf bestritten, dass die Ausländerinnen nur zur Betriebsbesichtigung, ohne Einbindung in den Betriebsablauf, im Betrieb anwesend gewesen seien. Dies sei durch die Aussage des Zeugen C bestätigt worden.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Laut Anzeige des AI sagte der Bw telefonisch befragt aus, die Ausländerinnen seien zur Einschulung im Betrieb. Die Arbeitszeit betrage 8 Stunden. Die Bezahlung der Ausländerinnen erfolge durch die tschechische Firma T, Kost und Unterkunft würden vom Bw bezahlt und mit T rückverrechnet.

In die Personenblätter ist eine tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden eingetragen. Als Art der Beschäftigung ist "Delnice" angegeben. Die Entlohnung ist in Kronen angegeben. Die Rubrik "Ich arbeite derzeit (Firma + Adresse)" ist mit dem Firmenstempel der Firma D versehen. Als Chef ist K angegeben. Darüber findet sich allerdings (in der Handschrift des Kontrollorgans) der Eintrag: I. Als Vermerk des Kontrollorgans findet sich die Feststellung, dass die jeweilige Ausländerin "bei Einschulungsarbeiten angetroffen" worden sei.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 1998 nahm der Bw dahingehend Stellung, dass die Ausländerinnen bei der Firma T beschäftigt gewesen seien. Ihr Aufenthalt im Betrieb der Firma D habe den Zweck des Kennenlernens der Produkte, der Materialvorbereitung und der Qualitätsstandards gehabt. Dies sei notwendig gewesen, weil die Firma D damals diverse Produkte von der Firma T fertigen habe lassen. Die Ausländerinnen hätten keineswegs inländische Arbeitskräfte ersetzt.

In der Stellungnahme vom 5. Februar 1999 stellte das AI fest, die Ausländerinnen seien bei Maschinenbedienungen angetroffen worden und somit in den Betriebsablauf eingebunden gewesen. Bei den Arbeiten habe es sich um "einfache" Hilfstätigkeiten wie "entgraten von Kunststoffteilen" gehandelt.

In der Stellungnahme vom 19. März 1999 behauptete der Bw, es sei unrichtig, dass die Ausländer in den Betriebsablauf eingegliedert gewesen seien. Sie hätten keine Maschinen bedient, vielmehr sei ihnen im Rahmen der Betriebsbesichtigung und Schulung nur der Arbeitsvorgang gezeigt worden.

Am 18. Oktober 1999 sagte C vor der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zeugenschaftlich einvernommen aus: Er sei in der mittlerweile in Konkurs gegangenen Firma des Bw Leiter der Abteilung Werkzeugbau gewesen. Es sei richtig, dass die vier Tschechinnen zu Einschulungszwecken in die Firma D gekommen waren. Sie seien den Arbeiterinnen, die an den Maschinen tätig waren, zur Seite gestellt gewesen, um den Arbeitsvorgang an diesen Maschinen kennen zu lernen, um dann in Tschechien damit arbeiten zu können. Die vier Tschechinnen seien nicht richtig in den Betriebsablauf eingebunden gewesen, da es viel zu gefährlich gewesen wäre, sie alleine an einer Maschine arbeiten zu lassen. Den einen oder anderen Arbeitsvorgang werden sie schon alleine durchgeführt haben. Soweit erinnerlich, seien die vier Tschechinnen ca ein bis zwei Wochen in der Firma D gewesen, um die Bedienung der Werkzeuge an der Maschine zu erlernen. Über die Bezahlungsmodalitäten wisse der Zeuge nichts.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 1999 machte die belangte Behörde den Bw auf die Notwendigkeit einer Anzeige im Falle eines Volontariats aufmerksam und räumte ihm die Gelegenheit ein, eine solche vorzulegen, was jedoch nicht geschah. Auf Aufforderung zur Bekanntgabe der finanziellen Verhältnisse vom 22. Februar 2000, gab der Bw bekannt, dass über die Firma D das Konkursverfahren eröffnet worden sei und der Bw weder über Vermögen noch über Einkünfte verfüge.

In einer weiteren Stellungnahme vom 14. April 2000 verwies der Bw darauf, dass der Zeuge H die Angaben des Bw bestätige.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte der Zeuge K (AI) aus, der Bw habe anlässlich der Kontrolle telefonisch angegeben, dass die Ausländerinnen ca acht Stunden hier seien. Kost und Quartier würden mit der tschechischen Firma rückverrechnet werden. Herr H habe bestätigt, dass die Ausländerinnen zur Einschulung hier seien.

Der Zeuge S (AI) sagte aus, dass die Ausländerinnen mit oder in der Nähe von Maschinen Tätigkeiten verrichteten, die dem Zeugen der Art nach nicht mehr erinnerlich seien. Zumindest bei einem Teil der Ausländerinnen sei "jemand der sich offenbar mit den Maschinen auskannte, dabeigestanden", was bei den österreichischen Arbeitskräften nicht der Fall gewesen sei. Der Zeuge habe jedoch nicht den Eindruck gehabt, dass die Ausländerinnen Hilfstätigkeiten ausgeführt hätten. Sie hätten aber doch den äußeren Eindruck der Durchführung von Arbeitstätigkeit erweckt. Gesondertes Einschulungspersonal sei dem Zeugen nicht aufgefallen. Dass die neben den Ausländerinnen befindlichen Personen mit den Ausländerinnen gesprochen hätten, habe der Zeuge nicht beobachtet. Der Firmenstempel "D" (als Arbeitgeber) sei durch ein Kontrollorgan (nicht durch die Ausländerinnen selbst) auf den Personenblättern angebracht worden. Die Angabe des Bw als Chef der Ausländerinnen sei vom Zeugen handschriftlich in die Personenblätter selbst eingefügt worden.

Der Zeuge H stellt die Situation so dar, dass die Funktion der Ausländerinnen darin bestand, die Qualitätskontrolle der maschinell produzierten Kunststoffteile zu erlernen. Zu diesem Zweck seien sie je einer österreichischen Arbeiterin zugesellt worden, der sie zugesehen hätten. Dieser Lernvorgang könne wegen der Breite der Produktpalette längere Zeit in Anspruch nehmen. Seine frühere Aussage, dass die Ausländerinnen im Zuge des Lernvorganges den einen oder anderen Handgriff selbst durchgeführt haben könnten, sei dahingehend zu verstehen, dass der Zeuge die Ausländerinnen nicht lückenlos beobachtet habe. Gesonderte Erklärungen habe der Zeuge gegenüber den Ausländerinnen selbst durchgeführt, allerdings unter Sprachschwierigkeiten.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

In rechtlicher Hinsicht ist vorauszuschicken, dass, welchen Beschäftigungsbegriff iSd § 2 Abs.2 AuslBG man immer vor Augen hat (das angefochtene Straferkenntnis scheint von der Beschäftigung von Volontären ohne Anzeigebestätigung auszugehen) stets die Erbringung von Arbeitsleistungen durch den Ausländer vorausgesetzt ist. Dies ergibt sich schon aus der allgemeinen Systematik der Grundlehren des Arbeitsrechts; die Begriffe des Arbeitsvertrags und des Arbeitsverhältnisses setzen die Pflicht zu Arbeitsleistungen voraus (vgl statt vieler Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht, Band I: Individualarbeitsrecht, 4. Auflage, 1998, S 49, 58). Dies gilt auch für die Beschäftigung in Form eines Volontariats (vgl. wiederum Spielbüchler, ebd. S 93: Volontariat als Unterfall des Arbeitsverhältnisses). In diesem Sinne spricht § 3 Abs.5 AuslBG ausdrücklich etwa von "Arbeitspflicht" und "Hilfsarbeiten".

Dies hat zur Konsequenz, dass nicht jede in einem Betrieb stattfindende Ausbildung dem AuslBG unterworfen ist. Letzteres trifft vielmehr nur auf Ausbildungsformen zu, welche Arbeitsleistungen beinhalten. Nur unter dieser Voraussetzung ist die Erfassung von Volontariaten durch das AuslBG im Hinblick auf den arbeitsmarktpolitischen Zweck dieses Gesetzes sachlich gerechtfertigt.

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist daher zu prüfen, ob die gegenständlichen Ausländerinnen Arbeitsleistungen erbrachten. Nach dem Situationsverständnis des Kontrollorganes S waren die von ihm beobachteten, jedoch nicht konkret benennbaren Manipulationen der Ausländerinnen dem äußeren Anschein nach als Arbeit interpretierbar. Als Indiz für eine Beschäftigung könnten weiters die Angaben der Ausländerinnen auf den Personalblättern gedeutet werden.

Die letztgenannten Angaben, sofern sie überhaupt von den Ausländerinnen stammen, sind jedoch nicht klar iSd Erbringung von Arbeitsleistungen zu interpretieren. Dies gilt insbesondere für den Eintrag "Delnice" (= laut Dolmetsch: Arbeiterin) unter der Rubrik "Art der Arbeit", da damit auch das normale Beschäftigungsverhältnis mit dem tschechischen Unternehmen gemeint sein könnte, zumal ja offensichtlich auch eine dem tschechischen Unternehmen zuzuordnende Person als Chef in den Personenblättern angegeben ist.

Die Behauptung des Bw bereits während des erstbehördlichen Verfahrens, die Ausländerinnen hätten keine Arbeitsleistungen erbracht, wurde durch die Kontrollorgane im Laufe der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht widerlegt: Während ein Kontrollorgan überhaupt keine Wahrnehmung hinsichtlich der Tätigkeit der Ausländerinnen hatte, vermochte das andere Kontrollorgan zur konkreten Art der Tätigkeit der Ausländerinnen keine klar in Richtung Arbeitsleistung weisende Auskunft zu geben. Ausdrücklich sagte dieses Kontrollorgan, es habe nur einen Momenteindruck gehabt. Was das (in der Anzeige noch nicht aufscheinende) "Entgraten" betrifft, wurde vom Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass dies kein im Betriebsvorgang vorgesehener Arbeitsablauf ist sondern Grate überhaupt nur ausnahmsweise (bei falsch in die Maschine eingelegten Metallteilen) als Fehler vorkommen. Das Kontrollorgan selbst sagte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, dass das Entgraten eine Hilfstätigkeit darstellen würde, er selbst aber nicht den Eindruck der Ausübung von Hilfstätigkeiten durch die Ausländerinnen gehabt habe.

Der Bw behauptete unbestritten und zeugenschaftlich belegt, dass die Ausländerinnen jeweils einer österreichischen Arbeitskraft zugeteilt waren. Vor diesem Hintergrund ist auch die Behauptung des Bw plausibel, dass die Ausländerinnen nicht die Belegschaft verstärkten, anders ausgedrückt, dass sie keinen Arbeitsbedarf abdeckten. Die Ausländerinnen waren nicht in den Betriebsablauf integriert; laut Aussage des Zeugen H war ihre Anwesenheit sogar hinderlich. Durch den Zeugen H bestätigt wurde auch die Behauptung des Bw, dass sich die Präsenz der Ausländerinnen auf das Zusehen beschränkte; wenngleich der Zeuge H die Ausländerinnen nicht lückenlos beobachtete, so ist doch kein Grund zu erkennen, warum die Behauptung des Bw für die übrige Zeit unrichtig sein sollte. Der Bw hat vielmehr in dem für ein Strafverfahren notwendigen Maß glaubhaft gemacht, dass die Ausländerinnen keine Arbeitsleistungen erbracht hatten. Da mithin von keiner Beschäftigung der Ausländerinnen durch die D K auszugehen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. K l e m p t

Beschlagwortung:

Volontariat

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