Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250919/9/Lg/Bk

Linz, 30.10.2001

VwSen-250919/9/Lg/Bk Linz, am 30. Oktober 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 16. Oktober 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn J, vertreten durch RAe Dr. V, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 1. Februar 2001, Zl. MA 2-SV-42-1999, wegen einer Übertretung des AuslBG, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstbehördlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 1.000 S (entspricht 72,67 €) zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG iVm §§ 3 Abs.1, 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG.

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 5.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 28 Stunden verhängt, weil er am 3.11.1999 den tschechischen Staatsbürger V als Fassadenarbeiter beim Objekt W, beschäftigt habe, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt worden sei und dieser keine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis bzw. keinen Befreiungsschein besessen habe.

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige der Bundespolizeidirektion Wels vom 10.11.1999. Die objektive Tatseite sei aufgrund des angeführten Sachverhaltes als erwiesen anzusehen und werde vom Bw grundsätzlich auch nicht bestritten. Zur Frage der Entgeltlichkeit wird (unter Hinweis auf Bachler, Ausländerbeschäftigung, S 34) festgestellt, dass auch die Erbringung einer Leistung als "Gegenleistung für frühere Leistungen" des nunmehrigen Leistungsempfängers ein Entgelt darstellt. Damit sei dem Bw die Glaubhaftmachung i.S.d. § 5 Abs.1 VStG, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, nicht gelungen. Es sei daher auch die subjektive Tatseite gegeben. Strafmildernd sei die bisherige Unbescholtenheit zu werten, Straferschwerungsgründe würden keine vorliegen. Ausgegangen wird von einem monatlichen Nettoeinkommen von 20.000 S, keinem Vermögen, keinen Sorgepflichten. Die Bemessung der Strafhöhe erfolgt unter Anwendung des § 20 VStG.

2. In der Berufung wird das Fehlen der Befragung des Ausländers gerügt. Auch die an Ort und Stelle anwesenden Personen seien zur Sache nicht vernommen worden. Es sei weiters auch nicht abgeklärt worden, inwieweit die Tätigkeit der genannten Personen im Zusammenhang mit dem in der Anzeige angeführten "M" steht. Der Bw habe den tschechischen Staatsangehörigen V zu keiner Arbeit veranlasst. Das genannte Lokal werde von ihm nicht betrieben. Aus dem Behördenakt ergebe sich weiters, dass die Tätigkeiten im Zusammenhang mit einem "M" stehen. Objektiv betrachtet sei nicht einmal erwiesen, dass die genannten Personen, insbesondere auch der tschechische Staatsangehörige V, an Ort und Stelle tatsächlich Arbeiten ausgeführt haben. Es liege auch kein Nachweis vor, dass eine entgeltliche Tätigkeit des V gegeben war. Eine aus freundschaftlichen Gründen erfolgende Arbeit stelle jedenfalls keine entgeltliche Tätigkeit dar. Im Übrigen sei, nach seinen Informationen, der Aufenthalt des tschechischen Staatsangehörigen V durch die notwendigen Aufenthaltsgenehmigungen gedeckt. Nach den ihm erteilten Informationen sei V auch berechtigt gewesen, Arbeiten vorzunehmen.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Aus der Anzeige der Bundespolizeidirektion Wels vom 10.11.1999 geht hervor, dass die Polizeiorgane RI W und RI J festgestellt hätten, dass beim Objekt D (G - B) auf dem Gehsteig ohne Genehmigung ein Gerüst aufgestellt gewesen sei. Eine auf dem Gerüst arbeitende Person (der gegenständliche Ausländer) habe sich bei Ansichtigwerden der Polizei wegbegeben und sei in einem unbeleuchteten Kellerabteil aufgefunden worden. Zwei im Lokal befindliche beschäftigungslose Österreicher (F, C) hätten angegeben, für einen "M" aus L Sanierungsarbeiten aus Freundschaft durchzuführen. Als Auftraggeber der Arbeiten sei der Lokalbesitzer J eruiert worden. In der Rechtfertigung habe der Bw angegeben, dass er den gegenständlichen Ausländer nicht gegen Bezahlung beschäftigt hat. Dieser habe die Arbeiten aus Freundschaft ausgeführt, nachdem auch der Bw ihm schon geholfen habe.

Im Zuge einer fremdenpolizeilichen Einvernahme sagte der Ausländer am 3.11.1999 bei der Bundespolizeidirektion Wels unter Beisein eines Dolmetsch aus:

Er sei zu einem Freund nach I gefahren und habe dort genächtigt. Den Namen des Freundes oder die genaue Adresse könne er nicht angeben. Er habe diesem Freund, der das Haus in W gemietet habe, geholfen, dieses zu renovieren. Er habe dort Fassadenarbeiten durchgeführt und dafür kein Geld erhalten. Es habe sich um einen Freundschaftsdienst gehandelt. Der Freund habe ihm nur etwas Geld für Benzin gegeben. Ansonsten habe er nur Verpflegung und Unterkunft erhalten. Er habe das erste Mal in Österreich gearbeitet. Als er gesehen habe, dass die Polizei zur Baustelle kommt, sei er davongelaufen, da er keine unnötigen Probleme bekommen wollte. Er habe am 1.11.1999 bis zum 3.11.1999 das erste Mal auf dieser Baustelle gearbeitet und dafür kein Geld bekommen. Er könne keine Person nennen, für die er gearbeitet bzw bei der er gewohnt habe. (Diese Niederschrift ist dem Akt erst nach der Berufung beigefügt worden.)

Mit Schreiben vom 2.12.1999 wurde der Bw aufgefordert, sich zu rechtfertigen. Eine Rechtfertigung ist, soweit aus dem Akt nicht ersichtlich, nicht erfolgt.

4. Bezugnehmend auf die Berufung nimmt die Erstbehörde wie folgt Stellung:

Der gegenständliche Ausländer habe von der Erstbehörde nicht einvernommen werden können, da er zum Zeitpunkt des Einlangens der Anzeige der BPD Wels am 29.11.1999 bereits aus Österreich ausgereist war. Aus der nunmehr von der Fremdenpolizei übermittelten Niederschrift mit dem gegenständlichen Ausländer vom 3.11.1999 ergebe sich eindeutig, dass er von 1. bis 3.11.1999 die gegenständlichen Fassadenarbeiten für einen Freund gegen Verpflegung, Unterkunft sowie Benzingeld durchgeführt hat. Der Ausländer habe zwar den Namen dieses Freundes nicht angeben können, der Beschuldigte habe aber gegenüber der Polizei ausgeführt, dass der Ausländer die gegenständlichen Arbeiten als Gegenleistung für erwiesene Dienste durchgeführt hätte. Selbst in der Berufung werde noch darauf hingewiesen, dass der Ausländer nach dem Informationsstand des Beschuldigten zur Vornahme der Arbeiten berechtigt gewesen sei.

Die Behörde bleibe bei ihrer Auffassung, dass die Erbringung von Arbeitsleistungen als Gegenleistung für frühere Leistungen als entgeltlich aufzufassen sind. Ohnehin sei die Aussage des Ausländers über den Erhalt einer Entlohnung (Verpflegung, Unterkunft, Benzingeld) glaubwürdiger als die Behauptung einer unentgeltlichen Tätigkeit.

Die Bezeichnung des gegenständlichen Ausländers im Straferkenntnis vom 20.1.2000 als Pole und erst im Straferkenntnis vom 1.2.2001 als Tscheche sei auf widersprüchliche Sachverhaltsangaben in der Anzeige zurückzuführen. Laut Erkenntnis des VwGH vom 7.4.1999, Zl. 97/09/0162 sei sogar die Richtigstellung einer unrichtigen Namensbezeichnung auch nach Ablauf der Frist gemäß § 31 Abs.2 iVm § 28 Abs.2 AuslBG zulässig, wenn es um die Beschäftigung desselben Ausländers geht.

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Vertreter des Bw vor, dass Betreiber des gegenständlichen Lokals die Firma "C" mit Sitz in I, , gewesen sei. Gewerberechtlicher Geschäftsführer sei G, handelsrechtliche Geschäftsführerin R, die Schwester des Bw, I, gewesen. Eigentümer des Hauses sei eine Familie in G, die das Haus an die Gesellschaft vermietet habe. Der in Deutschland befindliche Bw habe seinem Vertreter gesagt, er habe mit dem gegenständlichen Lokal und mit dem Tschechen nichts zu tun. Auf welche Weise der Bw mit dem Tschechen bekannt geworden sei, wisse der Vertreter des Bw nicht. Das gegenständliche Lokal sei nicht mehr in Betrieb.

Der Zeuge RI M sagte aus, der Bw habe die aktenkundige Aussage selbst im Wachzimmer getätigt und aufgrund seiner Aussage den Eindruck erzeugt, den Ausländer durchaus zu kennen. Der Bw habe die Arbeit des Ausländers mit einer Art Nachbarschaftshilfe oder Ähnlichem erklären wollen; der Zeuge könne sich an den Wortlaut nicht mehr genau erinnern. Der Bw habe die Auskunft gegeben, er selbst habe dem Ausländer die Arbeit angeschafft; dies solle der Ausdruck: "Als Auftraggeber wurde K eruiert" in der Niederschrift bedeuten. Der Bw sei in eigenem Namen aufgetreten; wäre er gegenüber dem Ausländer in fremdem Namen aufgetreten, wäre er nicht angezeigt worden.

Der gegenständliche Ausländer konnte mangels bekannten Aufenthalts nicht geladen werden.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Dem Vertreter des Bw ist einzuräumen, dass in Anbetracht des Betriebs des Lokals durch die erwähnte Gesellschaft die Annahme naheliegend erscheint, dass die Gesellschaft Auftraggeber oder zumindest letztlicher Nutznießer der Arbeitsleistungen des Ausländers war. "Theoretisch" könnte der Bw (ob durch Vollmacht gedeckt oder nicht) in Vertretung dieser Gesellschaft aufgetreten sein; dies wurde vom Vertreter des Bw allerdings nicht ausdrücklich behauptet und vom Zeugen RI M dezidiert in Abrede gestellt. Der Umstand, dass die beiden Österreicher einen "M aus L" als Arbeitgeber nannten, könnte, sollte diese Auskunft wahr sein, zu der Spekulation Anlass geben, dass ein Unbekannter als Auftraggeber in Betracht zu ziehen wäre.

Bei abwägender Zusammenschau dieser Umstände gibt die Tatsache den Ausschlag, dass der Bw selbst bei der Polizei erschien und Auskunft über sein Verhältnis zum Ausländer gab. Daraus ist - in Übereinstimmung mit der Erstbehörde - der Schluss zu ziehen, dass der Bw den Ausländer kannte und darüber hinaus, dass, wie vom Bw selbst eingeräumt, der Ausländer für ihn arbeitete. Bis zu einem gewissen Grad wird dies auch durch die Aussage des Ausländers vor der BPD Wels bestätigt.

Fraglich erscheint, ob der Ausländer unentgeltlich arbeitete. Unentgeltliche Freundschaftsdienste schließen das Vorliegen einer Beschäftigung iSd AuslBG aus. Das Vorliegen unentgeltlicher Arbeitsleistungen ist freilich nicht zu vermuten, da dagegen die Lebenserfahrung spricht, weil, einfach ausgedrückt, niemand gerne gratis arbeitet. Die Glaubwürdigkeit des Vorliegens eines unentgeltlichen Freundschaftsdienstes hängt insbesondere von der Intensität (Dauer, Art) der Arbeit einerseits und von der Intensität der Freundschaft andererseits ab, wobei derjenige, der das Vorliegen eines unentgeltlichen Freundschaftsdienstes behauptet, die Umstände darzulegen hat, die die Behauptung glaubwürdig erscheinen lassen.

Vor diesem Hintergrund ist augenfällig, dass die Angaben des Bw über die "Freundschaft" mit dem Ausländer sehr abstrakt blieben, ja im Grunde genommen nicht über die nackte Behauptung der Freundschaft hinausgingen, mithin Schilderungen der näheren Umstände, die die Behauptung glaubhaft machen könnten, gänzlich unterblieben sind. Völlig unsubstantiiert bleibt auch die Behauptung, dass der Bw dem Ausländer "schon geholfen" hatte. Auch diesbezüglich wäre es dem Bw oblegen, diese frühere Hilfe so genau auszuführen, dass daraus ein Motiv für die Arbeitsleistungen des Ausländers plausibel wird.

Dem Ausländer wiederum scheint die frühere Hilfe des Bw unbekannt gewesen zu sein, da er diese nicht anführte. Auch er beließ es bezüglich der Freundschaft bei der bloßen Behauptung. Die Wahrheit dieser Behauptung erscheint umso unwahrscheinlicher, als der Ausländer nicht einmal den Namen des Freundes, für den er arbeitete, zu nennen vermochte. Auch die Flucht des Ausländers bei Ansichtigwerden der Polizei auf der Baustelle wirft kein günstiges Licht auf die Behauptungen des Ausländers.

Aus diesen Gründen erscheint dem unabhängigen Verwaltungssenat das Vorliegen einer Freundschaft zwischen dem Ausländer und dem Bw unwahrscheinlich und das Vorliegen einer Freundschaft von solcher Stärke, dass sie zu Bauarbeiten in der Dauer von mindestens drei Tagen (so die Angabe des Ausländers gegenüber der Polizei) motiviert, unglaubwürdig.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Ausländer durchaus eine Entlohnungserwartung hatte. Ob sich diese in den vom Ausländer angegebenen Naturalien (Benzingeld, Unterkunft, Verpflegung - sog. Naturalentlohnung) erschöpfte oder, was lebensnäher erscheint, darüber hinaus eine Entlohnung in Geld erwartet wurde, kann dahingestellt bleiben. Ebenso kann unerörtert bleiben, welches Motiv der Bw K hatte, der "C" Arbeitsleistungen zukommen zu lassen, wobei freilich nicht unerwähnt bleiben kann, dass, wie ein Blick in das Firmenbuch zeigt, der Bw als Gesellschafter an der gegenständlichen GmbH mit einer Stammeinlage von 245.000 S beteiligt war.

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver, und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

Bezüglich der Strafhöhe ist zu bemerken, dass über den Bw ohnehin, unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts, die Mindestgeldstrafe und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde. Die Tat bleibt auch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 VStG zu denken wäre.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. Langeder

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