Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250989/7/Lg/Ni

Linz, 12.11.2002

VwSen-250989/7/Lg/Ni Linz, am 12. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 26. September 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der B K R, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels, vom 11. März 2002, Zl. MA 2SV-132-2001, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Ausländers M Z Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt. Hinsichtlich der übrigen Ausländer werden die Geldstrafen auf 726 Euro je illegal beschäftigtem Ausländer herabgesetzt.

II. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens reduzieren sich auf dreimal je 72,60 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG.

Zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2, 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin (Bw) vier Geldstrafen in Höhe von je 1.450 Euro bzw. vier Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 56 Stunden verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als im Sinne des § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der Firma B G.m.b.H., zu verantworten habe, dass durch diese Firma die ungarischen Staatsangehörigen F R (von 1.9.2001 bis 4.10.2001), B A (von 15.9.2001 bis 4.10.2001), F R (von 15.9.2001 bis 4.10.2001) und M Z (von 29.8.2001 bis 4.10.2001) beschäftig wurden, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papier vorgelegen seien.
  2. In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des AI Wels vom 19.10.2001 sowie auf die Angaben der Bw in der Strafverhandlung vom 14.12.2001.

  3. In der Berufung werden die Schwierigkeiten deutlich gemacht, mit denen die Bw und ihr Gatte, P B, bei der Fortführung des Familienbetriebes zu kämpfen hatten. Im Zuge dessen wird dargestellt, dass von der Firma der Bw Bäckereimaschinen an eine ungarische Bäckerei verkauft wurden und seitens der ungarischen Bäckerei der Wunsch geäußert wurde, dass auf diesen Maschinen Leute ausgebildet würden. Auf Empfehlung des Herrn D vom AMS seien die Ausländer als Volontäre angemeldet worden. Hinsichtlich des Bruders der Bw treffe das Volontariat allerdings nicht zu, da dieser zur familiären Unterstützung gekommen sei.
  4. Die Bw und ihr Gatte sowie zwei Kinder im Alter von neun und vier Jahren müssten von einem Einkommen von 1.600 Euro leben. Sie dürften noch eine begrenzte Zeit die Betriebswohnung benützen und seien dafür als geringfügig beschäftigt angemeldet. Der Lohn dafür werde zur Gänze mit der Miete für diese Wohnung gegenverrechnet. Die Bw und ihr Mann hätten zusammen 500.000 Euro Schulden.

  5. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Dem Akt liegt die Anzeige des AI vom 19.10.2001 betreffend die Kontrolle am 4.10.2001 bei. Nach dieser Anzeige seien die Ausländer beim Brotbacken, selbständig arbeitend, an verschiedenen Arbeitsplätzen angetroffen worden.

Laut der mit dem Gatten der Bw vor Ort aufgenommenen Niederschrift gab dieser an, die drei Ungarn F, B und F würden seit 27.9.2001 bei ihm als Bäcker arbeiten. Für diese drei Ungarn habe er eine Bestätigung als Volontäre. Die Ausländer würden Essen, Trinken und Übernachtung bekommen. Der Schwager M sei seit einem Monat beim Befragten als Bäcker beschäftigt und bekomme Essen, Trinken und Übernachtung.

In den Personenblättern der Ausländer ist die B G.m.b.H. als Arbeitgeber und P B als Chef vermerkt. Als Art der Beschäftigung ist angegeben: "assistens bäcker", "Pèk", "Vallalkozò Pèk" und "Pèk". Die Rubriken "Essen/Trinken" und "Wohnung" sind angekreuzt. Ein konkreter Lohn ist nicht angegeben. Als tägliche Arbeitszeit sind sechs (fünf bis sechs) Stunden angegeben.

In einem Aktenvermerk ist festgehalten, dass die Ausländer selbständig an verschiedenen Arbeitsplätzen Brot gebacken hatten.

Am 14.12.2001 gab P B als Beschuldigtenvertreter vor dem Magistrat Wels an, er habe im Frühjahr eine gebrauchte Bäckereimaschine an eine ungarische Firma verkauft. Im Preis sei eine Einschulung im Betrieb des Bw inbegriffen gewesen. Er habe daher für F (Logistik und Kommissionierung) B (Produktionsleiter) und F (Maschinenparkleiter) Volontariatsgenehmigungen beantragt, welche für den Zeitraum von 15.9. bis 15.10.2001 bewilligt worden seien. Diese Personen hätten in diesem Zeitraum "bei uns" gewohnt und seien auch kostenlos verpflegt und es sei für sie eine Versicherung bei der UNIQUA abgeschlossen worden. Sie seien täglich ca. 3-4 Stunden im Betrieb anwesend gewesen und hätten bei verschiedenen Produktionsgängen mitgeholfen. Auch die Arbeitskleidung und die Arbeitsgeräte seien "von uns" bereitgestellt worden. Diese Vorgangsweise sei dem Befragten von Herrn D vom AMS geraten worden. Der Befragte habe jedoch nicht gewusst, dass Volontäre keinerlei Arbeit verrichten dürfen. M Z sei der Bruder der Gattin des Befragten und habe in der Backstube geholfen. Wegen des Verwandtschaftsverhältnisses habe der Befragte eine Beantragung einer Beschäftigungsbewilligung nicht für notwendig erachtet.

Laut Aktenvermerk vom 17.12.2001 habe die B GmbH am 13.9.2001 Ansuchen um Volontariatsgenehmigungen für F, B und F gestellt. Begründet sei dies mit der Einschulung an der Semmelerzeugungsmaschine worden. Die Genehmigungen seien für den Zeitraum 27.9. bis 15.10.2001 erteilt worden.

Mit Schreiben vom 22. Jänner 2002 nahm das AMS dahingehend Stellung, dass aus dem Beitext der Volontariatsbestätigungen bekannt hätte sein müssen, dass die Ausländer nur zum Zweck der Einschulung an der Semmelerzeugungsmaschine verwendet werden durften.

Ferner liegen dem Akt Kopien der Volontariatsanzeigen sowie die Kopie des Begleittextes der Anzeigebestätigung bei.

In einer Stellungnahme zur Berufung verweist der Magistrat Wels insbesondere darauf, dass die Anzeigebestätigungen für die Volontariate nur für die Zeit vom 27.9.2001 bis 15.10.2001 ausgestellt wurden.

  1. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestritt die Bw zunächst, dass die Ausländer gearbeitet hatten. Nach Vorhalt der gegenteiligen Aussage des Gatten im erstinstanzlichen Verfahren sagte sie, dies gelte nur für eine Zeit, während der ihr Gatte krank gewesen sei, also in einem Zeitraum von drei bis vier Tagen. Nach weiterem Vorhalt der Anzeige, wonach die Ausländer selbständig arbeitend beim Brotbacken angetroffen worden seien, zog sich die Bw auf die Äußerung zurück, sie könne dazu nichts sagen, weil ihr Mann dies organisiert habe. Ihr Gatte habe die Personaleinstellung und das Management des Personals vorgenommen. Die Ausländer hätten jedoch nur solche Arbeiten verrichtet, die dem Ausbildungszweck entsprachen. Sie seien von ihrem Gatten "eingestellt" worden und für jede ihrer Funktionen sei zusätzlich ein Firmenarbeiter vorhanden gewesen.
  2. Die Ausländer seien gratis versorgt (Unterkunft, Verpflegung) worden. Dies sei dem ungarischen Unternehmen nicht verrechnet worden.

    Der Bruder der Bw sei auf Besuch gewesen und habe gegenüber den übrigen Ausländern hauptsächlich als Dolmetscher fungiert. Dabei habe er gelegentlich zu Demonstrativzwecken Handreichungen des einschulenden Bw wiederholt.

    Hinsichtlich ihrer finanziellen Situation führte die Bw aus, der Familie (Ehepaar, zwei Kinder) würden aus Einkünften beider Ehegatten zusammengenommen rund tausend Euro monatlich zur Verfügung stehen. Die Bw hafte außerdem persönlich für 350.000 Euro.

  3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Im vorliegenden Fall ist zwischen dem Bruder der Bw und den drei übrigen Ausländern (für die jeweils eine Volontariatsanzeige erfolgte) zu unterscheiden. Hinsichtlich der drei letztgenannten Ausländer ist zwischen der Zeit vor dem 27.9.2001 (Beginn des von der Anzeigebestätigung erfassten Zeitraums) und dem restlichen Zeitraum zu unterscheiden.

Für diese drei Ausländer steht fest, dass sie in der Zeit vom 29.8. (dem unstrittigen Beginn des Tatzeitraums) bis zum 26.9.2001 (mithin im weitaus überwiegenden Teil des Tatzeitraums; dies ebenfalls unbestritten) ohne Vorliegen einer Anzeigebestätigung beschäftigt wurden. Lediglich ein Zeitraum von gut einer Woche ist von der Anzeigebestätigung "abgedeckt"; selbst für diesen Zeitraum ist aber zu beachten, dass die Ausländer während einer mehrtägigen Erkrankung des Gatten der Bw, wie von dieser selbst angegeben, Arbeitsleistungen erbrachten, wobei im Einklang mit den Beobachtungen der Kontrollorgane "selbständige" Bäckereiarbeiten anzunehmen sind. Strafbarkeit gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG ist, wie um Missverständnissen vorzubeugen hinzuzufügen ist, nämlich auch bei Vorliegen einer Anzeigebestätigung gegeben, wenn de facto von den Voraussetzungen der Anzeigebestätigung abgewichen wird. Der Bereich, in dem das Volontariatsargument der Bw zum Tragen kommen könnte, schrumpft sohin auf einen verhältnismäßig sehr kleinen Zeitraum zusammen. Im Übrigen gilt, dass bei unentgeltlicher Unterkunftsgewährung eine Naturalentlohnung anzunehmen ist und damit das für das Volontariat essentielle Merkmal der Unentgeltlichkeit entfällt (vergleiche Schnorr, AuslBG, RZ 13 zu § 3). Schon aus diesen Erwägungen erscheint der Tatvorwurf zutreffend. Darüber hinaus ist zu bemerken, dass ein weiteres Merkmal des Volontariats, der ausschließliche Ausbildungszweck der Tätigkeit der Ausländer, gegenständlich sehr in Frage steht. Im Hinblick auf die unbestrittene Beobachtung der Kontrollorgane und die erst im Verlauf des Verfahrens sukzessive Hervorkehrung der Ausbildungsfunktion der Arbeiterausländer erscheint die Annahme naheliegend, dass die Ausländer, nach einer Anlernphase, selbständig über einen längeren Zeitraum als den von der Bw (mit Hinweis auf die Krankheit ihres Gatten) konzedierten selbständig erarbeiteten.

Hinsichtlich des Bruders der Bw wurde ein Volontariat nicht behauptet. Wegen des familiären Naheverhältnisses ist das Argument der Bw, ihr Bruder sei auf Besuch gewesen und habe (gemeint: unentgeltlich) die Familie der Bw unterstützt, nicht unplausibel; die Gewährung von Unterkunft und Nahrung erklärt sich diesfalls aus Gastfreundschaft und nicht aus der Funktion einer Naturalentlohnung.

Hinsichtlich der drei anderen Ausländer sind die Taten der Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

Bei der Bemessung der Strafhöhe ist zu beachten, dass aufgrund der Verringerung der Zahl der illegal beschäftigten Ausländer ein niedrigerer Strafrahmen zur Anwendung gelangt (726 bis 4.360 Euro). In Anbetracht des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat erscheint (mit den Erwägungen der Erstinstanz) die Verhängung der gesetzlichen Mindestgeldstrafe (und einer proportionalen bzw. aus denselben Kriterien ermittelten Ersatzfreiheitsstrafe) als vertretbar. Mangels Überwiegens von Milderungsgründen kommt eine Anwendung des § 20 VStG nicht in Betracht. Zwar mag man das Vorhandensein eines gewissen Bemühens um rechtstreues Verhalten als mildernd werten. Dies allein rechtfertigt jedoch die Anwendung des § 20 VStG nicht. Den Milderungsgrund der Unbescholtenheit kann die Bw in Anbetracht zahlreicher aus dem Akt ersichtlicher Vorstrafen aus dem Bereich des Sanitätsrechts nicht für sich ins Treffen führen. Die Tat bleibt auch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Langeder

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