Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250994/13/Lg/Ni

Linz, 23.10.2002

VwSen-250994/13/Lg/Ni Linz, am 23. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 2. Oktober 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des I, vertreten durch den Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt W, vom 25. April 2002, Zl. MA 2-SV-103-2002, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 2.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 77 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der I B-Gaststätten GmbH, W, zu verantworten habe, dass durch diese Firma der bosnische Staatsangehörige M S vom 15.9.1999 bis 15.3.2001 als Reinigungskraft beschäftigt wurde, obwohl hinsichtlich dieser Beschäftigung für den Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder EU-Entsendebestätigung ausgestellt worden war und dieser auch keine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis bzw. keinen Befreiungsschein besaß.
  2. Begründend verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates W (AI) vom 16.1.2002, auf die Rechtfertigung des Beschuldigten vom 28.1.2002 und auf die Aussage des Ausländers am 14.2.2002 vor der Bezirkshauptmannschaft Gmunden. Die letztgenannte Aussage habe der Ausländer in Begleitung seines Rechtsanwaltes und unter ausdrücklichem Hinweis auf die Wahrheitspflicht und die Entschlagungsrechte gemacht. Schon zuvor habe er am 17.10.2001 und am 7.11.2001 angegeben, bei der gegenständlichen Firma als Reinigungskraft und nicht als Musiker gearbeitet zu haben.

  3. In der Berufung wird die auf den Aussagen des Ausländers beruhende Sachverhaltsannahme des angefochtenen Straferkenntnisses bestritten, der Ausländer sei nicht (entsprechend den Beschäftigungsbewilligungen) als Musiker, sondern als Reinigungskraft eingesetzt worden. Der Bw hält dem seine eigenen Stellungnahmen im erstinstanzlichen Verfahren, die Beschäftigungsbewilligung und die Anmeldung zur Sozialversicherung entgegen. Der Ausländer sei nicht als Instrumentalist sondern als Sänger und somit als Künstler nach § 4a AuslBG tätig gewesen. Die Beschäftigungsbewilligung nach § 4a AuslBG wäre nicht erteilt worden, wenn die Musikereigenschaft des Ausländers nicht glaubhaft gemacht worden wäre. Die Musikereigenschaft sei damals durch eine Bescheinigung des "E E -Hit" aus Bosnien-Herzegowina bestätigt worden. Der Bw habe erst anlässlich des gegenständlichen Verfahrens erfahren, dass der Ausländer in Wirklichkeit gar kein Musiker ist.

  1. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  2. Am 17.10.2001 gab der Ausländer vor der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu Protokoll, er halte sich seit 23.10.1999 im Bundesgebiet der Republik Österreich auf. Er arbeite seit März 2001 in der Tischlerei G, G. Für diese Tischlerei habe er eine Beschäftigungsbewilligung als Tischlerhelfer bekommen, obwohl sein Aufenthaltszweck im Visum nach wie vor auf Künstler laute. Im Jahr 1999 habe er in der I B G.m.b.H. als Reinigungskraft zu arbeiten begonnen. Der "Besitzer" der I B G.m.b.H. Herr B (richtiger Name unbekannt) habe für den Ausländer die Beschäftigungsbewilligung beantragt. B habe dem Ausländer das Angebot gemacht, bei ihm als Musiker zu arbeiten. Der Ausländer habe ihm gesagt, dass er das nicht könne. B habe gemeint, der Ausländer könne ja das Gasthaus reinigen. Was der "Besitzer" des Gasthauses bei der Antragstellung für die Beschäftigungsbewilligung angegeben hatte, wisse der Ausländer nicht. Es sei ihm die Beschäftigungsbewilligung als Saisonier erteilt worden. Er habe sich daraufhin in Budapest eine Aufenthaltserlaubnis abgeholt. In weiterer Folge habe der Chef des Gasthauses in W für den Ausländer die Anträge auf Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen als Musiker bzw. Künstler gestellt. Der Ausländer gebe dazu an, dass er kein Musiker ist. Er sei auch in Österreich nie als Musiker aufgetreten. Er sei aber bei der I B G.m.b.H. immer angemeldet gewesen und habe dort auch gearbeitet. Er habe zwar nur 5.000 S pro Monat verdient, sei aber froh gewesen, wenigstens ein bisschen etwas zu verdienen. Er beherrsche kein Instrument. Er wisse, falsche Angaben vor den Behörden gemacht zu haben. Auf diese Idee habe den Ausländer bzw. den Chef der I B G.m.b.H. ein Musiker aus Bosnien gebracht. Dem Ausländer seien dann immer wieder Beschäftigungsbewilligungen für Künstler erteilt worden. Da er die erforderlichen Beschäftigungszeiten zusammengebracht habe, habe er eine Arbeitserlaubnis erhalten.

    Am 7.11.2001 sagte der Ausländer vor der Bezirkshauptmannschaft Gmunden aus, es sei ihm klar, die Aufenthaltsberechtigung bzw. Beschäftigungsbewilligung durch falsche Angaben erschlichen zu haben, nämlich durch die Angabe, Musiker zu sein.

    Diese Angaben liegen der Anzeige des AI vom 20.12.2001 zu Grunde.

    Laut Aktenvermerk vom 17.1.2002 war der gegenständliche Ausländer vom 15.9.1999 bis 15.3.2001 bei der I B-Gaststätten G.m.b.H., W, versichert.

    Nach Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17.1.2002 äußerte sich der Bw in der Stellungnahme vom 28.1.2002 dahingehend, für den Ausländer sei eine Beschäftigungsbewilligung als Künstler (Musiker) nach § 4a AuslBG vorgelegen und es sei dieser auch vom 29.10.1999 bis 15.3.2001 zur Sozialversicherung angemeldet gewesen. Der Ausländer sei auch tatsächlich als Musiker beschäftigt worden.

    Nochmals am 14.2.2002 zeugenschaftlich einvernommen und in Gegenwart von Rechtsanwalt Dr. Blum als rechtsfreundliche Vertretung sagte der Ausländer aus, er sei bei der Firma I B G.m.b.H., W, nicht als Musiker tätig gewesen. Es sei richtig, dass er dort Reinigungsarbeiten verrichtet habe. Er habe seinen früheren Aussagen vom 17.10.2001 bzw. vom 17.11.2001 nichts hinzuzufügen und erhebe diese Aussagen vollinhaltlich zur Zeugenaussage.

    Am 24.4.2002 nahm der Bw schriftlich dahingehend Stellung, er sehe nicht ein, warum die Aussage des Ausländers einen "höheren Stellenwert genieße" als die Ausführungen des Bw.

  3. Der Bw legte der Berufung verschiedene Schriftstücke in Kopie bei. Erwähnt sei die Bestätigung des "E E-Hit" aus Bosnien-Herzegowina. Darin wird mit Datum vom 12.8.1999 bestätigt, dass der gegenständliche Ausländer im Ort P, Gemeinde P, seit 1.4.1997 Mitglied des E ist. Der Genannte befasse sich damit beruflich, als Trommler. Er sei bis jetzt bei Festspielen, in Gasthäusern, Restaurants und Konzerten aufgetreten. Diese Bestätigung werde ausgestellt zwecks Erteilung des österreichischen Visums.
  4. Mit dem Postlauf des Straferkenntnisses kreuzte sich offensichtlich ein Antrag des Bw vom 27.4.2002 auf Einvernahme des Vaters des Bw, I D.
  5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte D I, der Vater des Bw und eigentliche Chef des Lokals, die Situation so dar, dass das Lokal 400 Sitzplätze habe. Der Geschäftsgang hänge entscheidend von den Darbietungen serbischer Volksmusik ab. Es würden jeden Abend mehr als 10 Musiker auftreten, die er unter Vertrag habe. Es müsse selbst innerhalb eines Abends Abwechslung geboten werden. Mangelnde Abwechslung oder gar Ausfälle würden sich geschäftlich sehr negativ bemerkbar machen. Daher leiste er es sich, den einen oder anderen "Reservemusiker" zu halten, den er mit 5.000 S pro Monat entlohne. Ein solcher Reservemusiker sei der gegenständliche Ausländer gewesen. Dieser sei nur selten innerhalb eines gesamten Zeitraumes von 14 Monaten aufgetreten. Dies deshalb, weil er ein schwacher Sänger mit geringem Repertoire sei. Der Ausländer habe die Schlafgelegenheit für Musiker nicht benützt, weil er bei seiner Freundin gewohnt und seine Familie in Linz gehabt habe.

Der Ausländer bestätigte diese Aussage. Er sei von einem Berufsmusiker aus Jugoslawien nach Österreich mitgenommen worden, um ihn (einen Keyboardspieler) am Schlagzeug zu begleiten. Der "alte I" gemeint: D I) habe gemerkt, dass der Ausländer am Schlagzeug nicht gut genug war und habe sich deshalb erzürnt gezeigt. Daraufhin sei der Zeuge nur noch selten und zwar als Sänger aufgetreten. Er sei als Reservemusiker (für den Notfall) bezahlt worden.

In der Praxis habe sich das so abgespielt: Er sei an Wochenenden häufig mit seiner Freundin und Freunden im gegenständlichen Lokal gewesen, um sich zu unterhalten. Dabei habe er für seine Konsumation bezahlt. Gelegentlich sei er dann auf der Bühne als Sänger aufgetreten. Mit Sicherheit unrichtig sei, dass er geputzt habe; dies sei Aufgabe der Putzfrau gewesen. Richtig sei, dass er gelegentlich bei der Schank aushalf; wenn dies der Fall war, dann nur kurz, sodass dies die Unterhaltung mit seinen Freunden nicht wesentlich störte. Dass es dabei vorkam, dass er mitunter über die Bar wischte, sei nicht auszuschließen.

  1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Unstrittig ist, dass während der Beschäftigungsdauer des Ausländers eine Beschäftigungsbewilligung vorlag. Nach den übereinstimmenden Aussagen beider in der öffentlichen mündlichen Verhandlung einvernommener Zeugen erfolgte die Beschäftigung als Sänger bzw. als "Reservesänger", mithin innerhalb des bewilligten Arbeitsbereichs. Die Richtigkeit dieser Aussagen ist, zumindest im Zweifel, nicht auszuschließen, mag auch das Bild, das sich aufgrund der Aussagen des Ausländers im erstinstanzlichen Verfahren ergab, ein anderes sein. An diesem Ergebnis ändert auch nichts, dass der Ausländer gelegentlich hinter der Bar tätig war; dies war (wie ebenfalls im Zweifel angenommen werden muss) nach dem übereinstimmenden Verständnis der Vertragspartner nicht Teil des Arbeitsvertrages.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit erwiesen ist, dass die vom Ausländer vertraglich geschuldete Leistung in Putzarbeit bestand. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Langeder

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