Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251005/17/Lg/Ni

Linz, 19.11.2002

VwSen-251005/17/Lg/Ni Linz, am 19. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 13. November 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des G E, vertreten durch Rechtsanwälte gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn, vom 9. August 2002, Zl. SV96-34-2002-Shw, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.450 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er den kroatischen Staatsbürger H A vom 17.9. bis 21.9.2001 zumindest für insgesamt 27 Stunden in seinem Tischlereibetrieb in H, beschäftigt habe, obwohl die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere nicht vorgelegen seien.
  2. Begründend wird angeführt, dass die Tat durch die Aussage von H W als erwiesen anzusehen sei. Auch aus der Aussage von P E gehe hervor, dass der gegenständliche Ausländer dem Berufungswerber bekannt gewesen sein müsse, da der Ausländer während der Produktion der Küche des Befragten ein- bis zweimal vom Berufungswerber gesehen worden sein müsse. Im Übrigen habe P E bekannt gegeben, dass der gegenständliche Ausländer einen Lkw beladen und entladen habe und dafür vom Berufungswerber 1.000 S erhalten habe.

    Bei der Bemessung der Strafhöhe geht das angefochtene Straferkenntnis von einem monatlichen Nettoeinkommen von 872,07 Euro sowie Hausbesitz und Sorgepflichten aus. Ferner wird - unter Hinweis auf eine einschlägige Vormerkung - der Bemessung der Strafe ein Strafrahmen von 1.450 bis 8.710 Euro je unberechtigt beschäftigtem Ausländer zu Grunde gelegt. Es sei daher die Mindestgeldstrafe verhängt worden.

  3. In der Berufung wird geltend gemacht, dass der Betrieb des Berufungswerbers praktisch stillgelegt sei, weil der Berufungswerber in Folge seiner Krebserkrankung nicht mehr entsprechend arbeitsfähig sei. Arbeiten in der Werkstatt des Berufungswerbers hätten nur zu Gunsten des Zeugen P stattgefunden, nicht jedoch auf Rechnung und auf Auftrag des Beschuldigten. Das angefochtene Straferkenntnis stütze sich allein auf die Aussage der H W, welche aber offensichtlich aus emotionellen Beweggründen zu einem korrekten Verhalten nicht fähig sei. Dies zeige sich nicht zuletzt in der eigenmächtigen Entwendung eines Tisches. Überdies handle es sich bei dieser Zeugin um eine Zeugin vom Hörensagen; der gegenständliche Ausländer selbst sei ja nicht einvernommen worden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, warum die Behörde dieser Zeugin mehr Glauben schenkt als dem Zeugen E P. Dieser habe unter anderem angegeben, dass der hier gegenständliche Ausländer die deutsche Sprache in so geringem Ausmaß beherrscht, dass der Abschluss eines Arbeitsvertrages mit dem Bw praktisch unvorstellbar ist. P habe im Übrigen auch die Verfertigung der eigenen Küche bestätigt.
  4. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  5. Laut Niederschrift des GPK Hochburg-Ach vom 29.9.2001 habe H W mitgeteilt, dass E P, welcher früher bei der Firma E gearbeitet habe, sich selbst eine Küche in dieser Werkstatt verfertigt habe und den Bruder der Frau W (den gegenständlichen Ausländer) gefragt habe, ob er ihm dabei helfen könne. Dabei sei der Bw gefragt worden, ob er Hilfe brauche. Etwa 3 Tage vor der gegenständlichen Aussage ("Vor ca. 3 Tagen...") habe der Bw den Ausländer angerufen und gefragt, ob er bei ihm arbeiten möchte. Soweit sich W erinnern könne, sei ihr Bruder am Montag oder Dienstag zu E arbeiten gegangen. E habe dem Ausländer 11 DM pro Stunde versprochen. Der Ausländer habe dann vom 17.9. bis 21.9.2001 31 Stunden bei der Firma E gearbeitet. Am 28.9. sei der Ausländer zum Bw gegangen, um seinen Lohn für die Arbeit einzufordern. Der Bw habe ihm 1.000 S gegeben und gesagt, dass er schlecht gearbeitet habe. Der Ausländer sei zu W nach Hause gekommen und traurig gewesen, dass er für seine Arbeit nur 1.000 S bekommen habe. W habe daraufhin den Bw angerufen, welcher gesagt habe, dass der Ausländer nicht 31 sondern nur 27 Stunden gearbeitet habe. Anschließend habe der Bw den Hörer aufgelegt.

    W sei dann mit einer Freundin zum Haus des Bw gefahren und habe diesem den Sachverhalt vorgetragen und mit einer Anzeige bei der Polizei gedroht. Der Bw habe geantwortet, dass ihm dies gleich sei. Daraufhin habe W gedroht, einen Tisch mitzunehmen worauf der Bw gesagt habe, dass sie dies ruhig tun könne. Zu Hause habe W die Polizei anrufen wollen, der Bruder habe jedoch gesagt, dass noch gewartet werden solle, ob der Bw vielleicht doch noch bezahle. Kurz darauf sei die Polizei gekommen und habe W um ihren Ausweis und den Tisch gefragt. W habe den Polizisten gesagt, dass der Bw ihr 1.000 S schulde und den Tisch zurückbekomme, wenn er diesen Betrag bezahle. Daraufhin habe die Polizei gesagt, sie müsse den Tisch an den Bw zurückgeben und bei der österreichischen Polizei Meldung erstatten.

    Am Schluss des Protokolls findet sich der Vermerk, dass der Ausländerin die Niederschrift vorgelesen worden sei, da sie die Niederschrift nicht selbst lesen könne.

    Nach Aufforderung zur Rechtfertigung nahm der Bw im Schreiben vom 4.2.2002 dahingehend Stellung, dass ihm ein Herr Alen Handanovic unbekannt ist. Dessen ungeachtet sei diese Person nicht beim Bw beschäftigt gewesen. Zur vorgeworfenen Zeit habe sich ein bosnischer Staatsbürger mit dem Einverständnis des Bw in dessen Werkstatt für sich selbst eine Küche gefertigt. Der Bw selbst sei mit seiner Gattin damals für ca. 4 Wochen auf Messen und dazwischen nur für wenige Tage zu Hause gewesen. Der erwähnte Bosnier habe eine dem Bw unbekannte Person aus seinem Bekanntenkreis als Hilfskraft fallweise mitgenommen. Auf diese Weise könnte es sich erklären, dass der gegenständliche Ausländer der Meinung war, beim Bw beschäftigt gewesen zu sein.

    P E sagte am 4.3.2002 vor der Bezirkshauptmannschaft Braunau zeugenschaftlich einvernommen aus, er habe damals in der Werkstatt des Bw für sich selbst ("privat") eine Küche hergestellt. Die Person, welche ihm damals dabei geholfen habe, sei der hier verfahrensgegenständliche Ausländer. Dessen Name und Anschrift sei dem Zeugen jedoch unbekannt; er habe ihn über seine Schwester, die ihm bekannte H W, bei der sich der Ausländer auf Besuch befunden habe, kennen gelernt. Der Zeuge habe die Werkstatt des Bw "zu verschiedenen Zeiten", auch an den Wochenenden, benutzt. Dabei sei der Bw ein- oder zweimal erschienen und habe den Zeugen und den gegenständlichen Ausländer bei der Arbeit gesehen. Der Bw habe mit dem Ausländer aber kaum gesprochen, da dieser nur kroatisch spreche.

    Im September 2001 habe der Bw Messen besucht. Der Zeuge und der gegenständliche Ausländer seien ihm behilflich gewesen, Aquarien vom Keller in den Lkw des Bw zu transportieren bzw. nach der Rückkehr von der Messe wieder vom Lkw abzulanden. Diese Tätigkeit habe jeweils ca. 3 bis 4 Stunden gedauert. Der Bw habe dem hier gegenständlichen Ausländer dafür 1.000 S gegeben.

    Ob der gegenständliche Ausländer nach Fertigstellung der Küche beim Bw arbeitete wisse der Zeuge nicht.

  6. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Bw dar, er sei 71 Jahre alt und gesundheitlich schwer beeinträchtigt. Die Tischlerei sei seit sechs Jahren geschlossen und werde nur noch hobbymäßig benützt. Damals habe er versucht, Restbestände an Aquarien auf Messen zu verkaufen. P, ein früher (glaublich bis 1994) beim Bw beschäftigter Arbeiter, welchem er aus alter Verbundenheit die Werkstatt gefälligkeitshalber zur Verfertigung einer privaten Küche zur Verfügung gestellt habe, habe die Aquarien vom Keller in den Lkw getragen (und, nach der Rückkunft, umgekehrt transportiert). Dabei habe ihm der nur ihm (nicht auch dem Bw) bekannte Ausländer geholfen, welchem der Bw nachher 1.000 S gegeben habe. Der Bw habe mit dem Ausländer - wegen mangelnder Sprachkenntnisse - nicht gesprochen. Er sei auch auf die Hilfe des Ausländers nicht angewiesen gewesen, da ihm in der Verwandtschaft bzw. Nachbarschaft genügend Leute für eine solche Gefälligkeit zur Verfügung gestanden wären. Die gegenständliche Angelegenheit habe der Bw selbst ins Rollen gebracht, in dem er die Wegnahme des Tisches, die er anfänglich "gar nicht richtig mitbekommen" habe, bei der Polizei meldete.
  7. Der gegenständliche Ausländer konnte Mangels bekannter Adresse nicht geladen werden. W, seine Schwester, erreichten zwei Ladungsversuche an verschiedenen Adressen in B/Deutschland nicht. E P erklärte dies damit, dass sie "wegen aufgelöster Scheinehe ein Aufenthaltsverbot in allen Schengen-Staaten hat" und "nach Kroatien abgeschoben" worden sei.

    Der Zeuge P bestätigte, dass er zur Tatzeit in der Werkstatt des Bw eine Küche für sich selbst verfertigte (diesbezüglich wurden auch Fotos vorgelegt), hauptsächlich an Wochenenden, da er während der Woche beruflich (allerdings, wie der Zeuge betonte, seit Jahren nicht mehr beim Bw) in Anspruch genommen war. Sein früherer Chef habe ihm die Tischlerei gefälligkeitshalber zur Verfügung gestellt. Mit W habe der Zeuge damals ein Verhältnis gehabt, weshalb er, wenn er in der Tischlerei in Hochburg-Ach war, öfter "schnell einmal zu ihr, über die Brücke hinüber gegangen" sei. W habe ihm ihren Bruder (den hier gegenständlichen Ausländer), welcher zu Besuch war und schon zwei Monate lang in ihrer Wohnung "herumsaß", in die Tischlerei mitgegeben, damit er dem Zeugen bei der Verfertigung der Küche helfe (und, so sinngemäß der Zeuge, er sich nicht ständig in der Wohnung der W aufhalte).

    Der Zeuge bestätigte die Darstellung des Bw hinsichtlich der Be- und Entladung des Lkw mit Aquarien. Er selbst und der Ausländer seien damals in der Tischlerei gewesen. Für den Zeugen sei es selbstverständlich gewesen, dem Bw diese Gefälligkeit zu erweisen. Der Bw habe den gegenständlichen Ausländer nicht gekannt und auch nicht mit ihm gesprochen. Der Ausländer habe eigentlich dem Zeugen, nicht dem Bw bei der Ladetätigkeit geholfen. Der Bw habe, als er sah, dass der Zeuge einen weiteren Helfer hatte, keine weiteren Hilfspersonen geholt, was ihm aber leicht möglich gewesen wäre. Es sei, so der Zeuge, ganz sicher so, dass weder der Zeuge noch der Ausländer, für die insgesamt höchstens vier bis fünf Stunden in Anspruch nehmende Ladetätigkeit, Geld zu bekommen erwarteten. Der Bw habe dem Ausländer schließlich auch deshalb die 1.000 S gegeben, weil er vom Zeugen wusste, dass der Ausländer arm war.

  8. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Dem Vorbringen des Bw ist darin beizupflichten, dass die Auskunft der H W wenig vertrauenswürdig ist. Dies schon wegen der inneren Widersprüchlichkeit der Aussage (am 29.9.2001 sagte W vor der Gendarmerie aus, der Bw habe "Vor ca. 3 Tagen..." angerufen, um dem Ausländer Arbeit anzubieten, woraufhin dieser "Montag oder Dienstag", sie wisse dies nicht mehr so genau, zum Bw arbeiten gegangen sei und dann - nach Feststellung zufriedenstellender Leistung - vom 17.9. bis 21.9.2001 gearbeitet habe). Gegen die Glaubwürdigkeit dieser Person sprechen auch die skurrile Form der "Selbsthilfe" sowie wie die in der öffentlichen mündlichen Verhandlung hervorgekommene Scheinehe. Es handelt sich überdies, wie ebenfalls zutreffend bemerkt wurde, um eine Zeugin vom Hörensagen; eine Einvernahme des gegenständlichen Ausländers fand ja nicht statt. Weiters erscheint von Bedeutung, dass W unfähig war, die (ohne Dolmetscher und nicht unter Wahrheitspflicht aufgenommene) Niederschrift zu lesen. Der Unabhängige Verwaltungssenat konnte sich, von W keinen persönlichen Eindruck im Sinne des Unmittelbarkeitsgrundsatzes, verschaffen. Schließlich wurde ihre Darstellung durch die Aussage des glaubwürdig auftretenden Zeugen E P widerlegt. Demnach ist die von W behauptete mehrtägige Arbeit des Ausländers für den Bw nicht erwiesen.

Fraglich kann nach den gegebenen Umständen daher nur sein, ob die Mithilfe des Ausländers beim Be- und Entladen des Lkw mit Aquarien im vom P geschilderten Umfang als Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnliches Verhältnis zu werten ist. Diesbezüglich erscheint schon fraglich, ob diese Tätigkeiten während des vorgeworfenen Tatzeitraums stattfanden. Zumindest hinsichtlich des Abladens scheint dies nicht der Fall zu sein, da P in der öffentlichen mündlichen Verhandlung mehrfach davon ausging, dass die Entladung an einem Sonntag stattfand. Allein dieser Umstand erweckt begründete Zweifel an der (zeitlichen) Korrektheit des Tatvorwurfs. Dazu kommt folgende Überlegung: Im Zweifel muss von der Richtigkeit der Darstellung P ausgegangen werden, wonach der Ausländer dem Zeugen P (und nicht dem Bw) half und er demgemäß keine Entlohnungserwartung hatte. Unter diesen Voraussetzungen mangelt es an einem synallagmatischen Verhältnis im Sinne der Willenseinigung über wechselseitige Rechte und Pflichten zwischen dem Ausländer und dem Bw: Weder beruhte die Mithilfe des Ausländers auf einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Bw noch hatte sich der Bw gegenüber dem Ausländer zu einer Entlohnung verpflichtet. Vielmehr ist anzunehmen, dass der Ausländer dem Zeugen P auch geholfen hätte, wenn ihm der Bw kein Geld gegeben hätte und ist die nachträgliche Hingabe von 1.000 S durch den Bw nach der Lage des Falles als freiwillige Dankbezeugung mit sozialem Einschlag zu werten, nicht als eine auf vertraglicher Pflicht beruhende Entlohnung.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Langeder

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