Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251007/6/Kon/Ke

Linz, 16.01.2003

 

 

 VwSen-251007/6/Kon/Ke Linz, am 16. Jänner 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn S., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W., L., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 18.06.2002, Zl. 101-6/3-535-330106755, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1, erster Fall VStG, eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 51c VStG i.d.F. Verwaltungsreformgesetz 2001.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber S. (im Folgenden: Bw) mit nachstehendem Tatvorwurf der Verwaltungsübertretung gemäß § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG für schuldig erkannt und über ihn gemäß
§ 28 Abs.1 Z1 leg.cit eine Geldstrafe in der Höhe von 2.398 Euro, im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 7 Tagen verhängt:

 

"Herr S., geboren 1951, wohnhaft L., hat als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche(r) , und zwar in der Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer, der Firma J., mit dem Sitz in L., zu verantworten, dass entgegen dem § 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975

 

am 20.01.2000 im Cafe J., L., Frau S., geboren 1976, slowenische Staatsangehörige, als Aushilfe in der Küche des angeführten Lokales von der J. mit dem Sitz in L., als Arbeitgeber

 

beschäftigt wurde(n), ohne dass für diese(n) eine Beschäftigungsbewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt war, oder der (die) Ausländer(in) im Besitz einer gültigen Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsschein war.

Laut niederschriftlicher Angabe des handelsrechtlichen Geschäftsführers wurde Frau S. seit 17.01.2000 täglich für 2 Stunden in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis gemäß § 2 Z. 2 lit.b iVm § 2 Z. 4 erster Satz AuslBG beschäftigt und erhielt dafür Essen, Trinken und Quartier. Frau S. war zum Zeitpunkt der Kontrolle alleine im Lokal anwesend und es waren weiters 7 Gäste im Lokal aufhältig.

 

Da der Beschuldigte mit Straferkenntnis vom 10.12.1998, rechtskräftig seit 05.01.1999, einschlägig vorbestraft ist, liegt eine Wiederholungstat vor."

 

In weiterer Folge wurde mit fristgerecht erlassenem Berufungsvorent-scheidungsbescheid die Geldstrafe auf den Betrag von 1.450 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 4 Tagen und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf 145 Euro herabgesetzt.

Der Bw hat gegen diese Berufungsvorentscheidung fristgerecht einen Vorlageantrag eingebracht.

 

Im Bezug auf die objektive Tatseite begründet die belangte Behörde ihren Schuldspruch im Wesentlichen unter Anführung der Bestimmung des § 28 Abs.7 AuslBG damit, dass zumindest am 20.1.2000 im Cafe J., L., die inkriminierte Ausländerin als Aushilfe in der Küche der J., als Arbeitgeber beschäftigt worden sei, für die weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden wäre. Auch wäre die Ausländerin nicht im Besitz einer gültigen Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines gewesen. Laut niederschriftlicher Angabe des handelsrechtlichen Geschäftsführers sei die Ausländerin seit 17.1.2000 täglich für 2 Stunden in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis gemäß § 2 Z2 lit.b iVm § 2 Z4 erster Satz AuslBG beschäftigt gewesen und habe dafür Essen, Trinken und Quartier erhalten. Die Ausländerin, Frau S. sei natural entlohnt worden, wäre zum Zeitpunkt der Kontrolle allein im Lokal anwesend gewesen und wären weiters 7 Gäste im Lokal aufhältig gewesen.

 

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite führt die belangte Behörde begründend unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 5 Abs.1 VStG aus, dass dem Bw die Glaubhaftmachung seines Unverschuldens an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung nicht gelungen sei.

 

In seiner dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung bestreitet der Bw mit eingehender Begründung das bestehen eines Beschäftigungs-(Arbeits-)verhältnisses zwischen ihm und der inkriminierten Ausländerin.

Bei der von den Kontrollorganen festgestellten Tätigkeit der Ausländerin handle es sich um eine außervertragliche Gefälligkeitsleistung, die diese unentgeltlich erbracht habe und die nicht der Bewilligungspflicht unterliege. Insbesondere sei unrichtig, dass er angegeben hätte, die Ausländerin S. sei in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis beschäftigt gewesen, sondern habe er lediglich wahrheitsgemäß angegeben, dass sie in der Küche aushelfe und Essen und Schlafen für sie kostenlos sei. Die von ihr erbrachte Tätigkeit habe sie aus Dankbarkeit für die ihr gewährte Gastfreundschaft erbracht. Im Weiteren rügt der Bw, dass seinem Beweisantrag auf zeugenschaftliche Einvernahme der Ausländerin S. nicht entsprochen worden sei. Dies wäre auf Grund der Bekanntheit ihrer Heimadresse im Rechtshilfeweg möglich gewesen.

 

Nach Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde und Einbringen eines mit Schriftsatz vom 30.12.2002 erstatteten Beweisanbot des Bw hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder eine CEMT Bewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

 

Gemäß § 2 Abs.2 leg.cit gilt als Beschäftigung die Verwendung

  1. in einem Arbeitsverhältnis,
  2. in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird.

 

Gemäß § 2 Abs.4 leg.cit ist für die Beurteilung ob eine Beschäftigung iSd Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Gemäß § 25 Abs.2 VStG sind die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.

 

Gemäß § 45 Abs.2 AVG iVm § 24 VStG hat im Übrigen die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Wie sich aus den Ausführungen in der Berufung ergibt, wendet der Bw gegen den Tatvorwurf die Erbringung einer außervertraglichen Gefälligkeitsleistung durch die Ausländerin S. ein.

 

Als solche Gefälligkeitsleistungen, die nicht unter die bewilligungspflichtige Beschäftigung des AuslBG fallen, können nur die vom Leistenden auf Grund bestehender spezifischer Bindung zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten erbrachten kurzfristigen, freiwilligen, unentgeltliche Dienste anerkannt werden, weshalb im Sinne der Regeln des Bewilligungssystems der Abgrenzungskriterien die genannten Merkmale besonderes Gewicht erhalten (siehe auch Bachler Ausländerbeschäftigung [1995] S. 31).

Solche Gefälligkeitsdienste kommen grundsätzlich nur in Frage, wenn aus den sie betreffenden Erklärungen bzw. Verhaltensweisen überhaupt keine Rechtsfolge bzw. Gestaltungswille zum Abschluss eines Vertrages, insbesondere eines Dienstvertrages, hervorgeht. Da für das Vorliegen einer Beschäftigung nach dem AuslBG gemäß § 2 Abs.4 leg.cit der wahre wirtschaftliche Gehalt wesentlich ist, ist bei der Beurteilung einer Beschäftigung im Sinne einer arbeitnehmerähnlichen Stellung vorrangig auf den Inhalt der Leistungen abzustellen. Grundsätzlich darf nicht davon ausgegangen werden, dass generell alle außervertraglichen Gefälligkeiten von der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG ausgenommen sind.

 

Unstrittig und auch einen belastenden Umstand für den Bw darstellend ist, dass die Ausländerin am 20.1.2000 von den Kontrollorganen in der Küche des Lokals des Bws, sohin in einer Räumlichkeit iSd § 28 Abs.7 AuslBG beim kochen von Speisen und beim garnieren von Speisetellern angetroffen wurde. Zunächst belastend stellen sich die von den Organen der Arbeitsinspektion am 20.1.2000 niederschriftlich festgehaltenen Angaben des Bw dar, wonach die slowenische Staatsbürgerin S. bei ihm seit 17.1.2000 in der Küche aushelfe (kochen und servieren) und Essen, Trinken und Schlafen kostenlos seien. Weiters dass die Ausländerin täglich zwei Stunden arbeite. Diese vom Bw getätigten Angaben stimmen im Übrigen mit denen von der Ausländerin im Personenblatt festgehaltenen Angaben überein.

Von den Organen der Arbeitsinspektion wurde weiters festgehalten, dass sich 7 Gäste im Lokal des Bw zum Zeitpunkt der Kontrolle aufgehalten hätten und dieser selbst nicht im Lokal anwesend gewesen wäre (siehe ON 5 des Aktes der belangten Behörde).

 

Im Bezug auf die aufgezeigten Umstände muss jedoch als entlastend für den Bw festgehalten werden, dass nach dem Wortlaut der Niederschrift vom 20.1.2000 (ON 3 des erstbehördlichen Aktes): "Sie bekommt Essen, Trinken und Schlafen kostenlos." nicht eindeutig darauf geschlossen werden kann, dass diese Gewährung von Unterkunft und Verpflegung eine (natural) Entlohnung für die von der Ausländerin geleistete Tätigkeit darstellt. Um von einer solchen rein aus dem Wortlaut der Niederschrift ausgehen zu können, hätte in der Niederschrift zum Ausdruck kommen müssen, dass die Ausländerin "hiefür" (für ihre Arbeit in der Küche) "Essen, Trinken und Schlafen" (gemeint wohl Unterkunft) bekomme.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass der Bw in seiner Berufungsschrift darauf hinweist, dass er mit der Angabe "Essen, Trinken und Schlafen ist kostenlos" meint, dass die Ausländerin bei ihm (und natürlich auch bei seiner Gattin) kostenlos Essen, Trinken und Schlafen habe können und in der Zeit zwischen 17.1. und 20.1.2000 aus Dankbarkeit für die ihr gewährte Gastfreundschaft außervertragliche Gefälligkeitsleistungen erbracht habe.

 

Die von Bw-Seite der Ausländerin kostenlos gewährte Verpflegung und Unterkunft kann daher im Hinblick auf die Bestimmungen des § 25 Abs.2 VStG nur als neutraler, das heißt weder belastender noch entlastender Umstand gewertet werden.

Hingegen ist als ein ins Gewicht fallender entlastender Umstand iSd § 25 Abs.2 VStG die Aussage der Ausländerin S. vom 20.01.2000 vor der BPD Linz (Fremdenpolizei) heranzuziehen. Die relevanten Passagen dieser Aussage lauten wie folgt:

"Beim Grenzübergang wurde ich zwar kontrolliert, bekam jedoch keinen Einreisestempel.

Der Grund meiner Einreise war, meine Schwester in Bad Hall und Verwandte in Linz zu besuchen.

Nach meiner Einreise fuhr ich direkt nach Linz und habe noch am 17.01.2000 bei meiner Tante Unterkunft genommen. Ihr Gatte ist Besitzer des Lokals "J.", etabl., die Wohnung befindet sich oberhalb des Lokals. Eine polizeiliche Anmeldung habe ich nicht durchgeführt. Am Wochenende wollte ich zu meiner Schwester nach Bad Hall und anschließend wieder zurück nach Slowenien.

 

Mir wird vorgehalten, dass ich am 20.01.2000 von Beamten des Arbeitsinspektorates in der Küche des Lokales "J." bei der Zubereitung von Speisen sowie dem Anrichten von Speisen auf Tellern beobachtet wurde.

Es ist richtig, dass ich Essen in der Küche vorbereitet habe. Diese Essen waren jedoch nicht für Gäste im Lokal bestimmt, sondern für meine Verwandten, die dort wohnen.

Auch hatte meine Tante zu diesem Zeitpunkt Besuch. Für diese Leute hab ich gekocht und zwar nur heute. Ansonsten hab ich in diesem Lokal keinerlei Arbeiten durchgeführt. Wie gesagt bin ich hier nur auf Besuch.

Ich wollte lediglich meiner Tante behilflich sein.

Ich bestreite, dass ich in diesem Lokal gearbeitet habe.

 

Ich habe bei meiner Tante noch persönliche Sachen. Ich würde Österreich sofort verlassen."

 

Die Ausländerin tätigte ihre Aussagen noch am 20.1.2000 (Tag der Kontrolle) im Beisein eines Dolmetschers um 20.35 Uhr im Polizeigefangenenhaus der BPD Linz.

Anhaltspunkte für eine unwahre Aussage sind der Aktenlage nach nicht festzustellen. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass die Ausländerin unmittelbar nach der Kontrolle festgenommen und zum Polizeigefangenenhaus verbracht wurde, sodass eine entsprechende Absprache zwischen ihr und dem Bw zwecks Erstattung einer diesen entlastenden Aussage nicht stattgefunden haben dürfte.

 

In Würdigung der aufgezeigten Umstände ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht gelangt, dass trotz Vorliegens von Verdachtsmomenten einer unerlaubten Ausländerbeschäftigung die dagegen sprechenden und entlastenden Momente überwiegen. Dies zumal auch deshalb, weil die Ausländerin aktenkundig keinen Geldlohn erhalten hat und die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung als Naturalentlohnung für sich alleine wirtschaftlich für eine ausländische Arbeitnehmerin nur wenig Anreiz bieten würde, ein Dienstverhältnis einzugehen. Mag auch die gewährte Unterkunft und Verpflegung den Aufenthalt der Ausländerin im Bundesgebiet wirtschaftlich wesentlich erleichtert haben, reicht dieser Umstand doch nicht aus, um mit Sicherheit auf ein Beschäftigungsverhältnis mit Naturalentlohnung schließen zu können.

 

Da so eine nicht der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterliegende Gefälligkeitsleistung der Ausländerin nicht ausgeschlossen werden kann war in Befolgung des Grundsatzes in dubio pro reo wie im Spruch zu entscheiden.

 

Auf Grund dieses Verfahrensergebnisses ist der Bw von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

 

 

 

Dr. Konrath

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