Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251012/19/Ga/Da

Linz, 18.03.2004

 

 

 VwSen-251012/19/Ga/Da Linz, am 18. März 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des T R, vertreten durch Dr. H O, Rechtsanwalt in , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 7. November 2002, Zl. Sich96-96-2002, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 11. März 2004 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c, § 51i, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 7. November 2002 wurde der Berufungswerber einer ihm in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "I T- u S GmbH" mit Sitz in zugerechneten Übertretung des AuslBG für schuldig befunden. Näherhin wurde ihm angelastet:
"Sie haben am 23.8.2001 den tschechischen Staatsbürger J S, geb. am 9.8.1956, als Kraftfahrer beschäftigt, obwohl Ihnen für diesen ausländischen Arbeitnehmer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde noch war der Ausländer im Besitz einer für diese Beschäftigung gültigen Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines.
Herr S wurde um 10.10 Uhr beim Lenken des Sattelzugfahrzeuges mit dem Kennzeichen mit dem Sattelanhänger auf der A1 bei Strkm 16,200 im Gemeindegebiet von Enns angetroffen. Er befand sich auf einer Fahrt von Ried im Traunkreis nach Wiener-Neudorf und Kapfenberg."

Dadurch habe er § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG verletzt. Über ihn wurde eine Geldstrafe von € 1.000 kostenpflichtig verhängt und eine Ersatzfrei-heitsstrafe festgesetzt.
Das Straferkenntnis begründend stützte die belangte Behörde die spruchge-mäße Annahme eines Arbeitnehmerverhältnisses, in dem der tschechische Kraft-fahrer unbefugt beschäftigt worden sei, in sachverhaltsmäßiger Hinsicht auf zwei Umstände: Zum einen auf die Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oö., Verkehrsabteilung, wonach der tschechische Kraftfahrer im Zuge der Kontrolle am 23. August 2001 angegeben habe, dass er das Fahrzeug in Ried übernommen und von dort auch seine Anweisungen (Dispositionen) erhalten habe, zum anderen auf eine vom namentlich genannten Kraftfahrer bei der Kontrolle vorgewiesene (der Anzeige angeschlossen gewesene) Kopie einer "Bestätigung", worin die involvierte Gesellschaft, nämlich die "I T- u S GmbH" (folgend kurz: Gesellschaft) dem Ausländer attestiere, dass er vom 13. bis 22. August 2001 einen Teil seines Urlaubes in Anspruch genommen und er heute, am 23. August 2001 einen durch das Kennzeichen bestimmten LKW vorgeladen für eine innerösterreichische Fahrt nach Wiener Neudorf und Kapfenberg übernehme.
Gestützt auf diese Umstände sei aufgrund des sich daraus ergebenden, doch sehr eindeutigen Gesamtbildes zu folgern gewesen, dass das vom Berufungswerber rechtfertigend eingewendete Beschäftigungsverhältnis des tschechischen Kraftfahrers zu der in Luxemburg ansässigen Firma "I AG" nur vorgetäuscht worden sei, jedoch die tatsächliche Auftragsabwicklung und die Disposition der Fahrten über die spruchgemäß als Beschäftiger involvierte Gesellschaft vorgenommen worden sei und daher ein "De-facto-Beschäftigungsverhältnis" zwischen dem Berufungswerber (der von ihm vertretenen Gesellschaft) als Arbeitgeber und dem tschechischen Kraftfahrer als Arbeitnehmer vorgelegen habe.
Der Berufungswerber bestritt das Beschäftigungsverhältnis. Dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, dass entgegen der nicht nachvollziehbaren Behauptung des Fahrers lt. Anzeige, wonach er die Fahrtaufträge von jener Firma in Tschechien, bei der er habe anrufen müssen, erhalte, keineswegs von dort Aufträge in Ried im Traunkreis eingeholt würden. Vielmehr würden die Aufträge (im vom Straferkenntnis gemeinten Verständnis) stets von der luxemburgischen I AG, die sich bei der Abwicklung der Weisungen an ihre tschechischen Dienstnehmer wegen bestehender Sprachprobleme eines Partnerunternehmens in Budweis bediene, erteilt. Auch aus den entsprechenden Transportaufträgen, Frachtbriefen und Rechnungen, die in Kopie mit der Berufung vorgelegt wurden, sei ersichtlich, dass das jeweilige Absenderunternehmen den Transportauftrag an die I AG erteilt habe. Insgesamt sei aus diesen Unterlagen eindeutig zu entnehmen, dass die in Rede stehenden Transporte mit der Gesellschaft in keinem wie immer gearteten Zusammenhang stünden. Was die "Urlaubsbestätigung" angeht, so sei es durchaus branchenüblich, dass von Unternehmen vor Ort über Ersuchen des Beschäftigers, im vorliegenden Fall also der I AG, solche Bestätigungen ausgehändigt würden. Im Übrigen habe der tschechische Fahrer laut Anzeige selbst angegeben, dass er bei der I AG beschäftigt sei.
Die vom Unabhängigen Verwaltungssenat im Hinblick auf die Strittigkeit maßgebender Sachverhalte insbesondere iZm den Angaben des tschechischen Kraftfahrers bei der Kontrolle und hinsichtlich der "Urlaubsbestätigung" für erforderlich erachtete mündliche Verhandlung wurde am 11. März 2004 durchgeführt. Geladen und anwesend waren der Berufungswerber mit seinem rechtsfreundlichen Vertreter, das Hauptzollamt Linz als Organpartei und die belangte Behörde. Der als Zeuge mit angegebenen Beweisthema geladene tschechische Kraftfahrer J S ist trotz ordnungsgemäßer Ladung, die von ihm persönlich übernommen worden war, unentschuldigt zur Verhandlung nicht erschienen.
In der Verhandlung wurde Beweis geführt durch Beschuldigtenvernehmung und Urkundenbeweis (Einsicht in die sogenannte "Urlaubsbestätigung" und in Kopien von Frachtaufträgen und Rechnungen). Der bezügl. Strafverfahrensakt war dem Beweisverfahren zu Grunde gelegt; er wurde auszugsweise bei der Wiedergabe des Verfahrensstandes sowie durch Vorhalt erörtert. Einwände gegen Akteninhalte wurden nicht vorgetragen. Neue Beweisanträge wurden in der Verhandlung nicht gestellt, weder von der Beschuldigtenpartei noch von der Organpartei; auch auf einen neuerlichen Ladungsversuch des unentschuldigt ferngebliebenen Zeugen insistierte niemand.
Aufgrund des Erhebungsergebnisses aus der Verhandlung war zu erwägen:
Der Berufungswerber vermochte glaubwürdig darzustellen, dass die in Rede stehende Transportfahrt mit dem luxemburgischen Sattelzug in der unternehmerischen Verantwortung der I AG von Luxemburg aus geführt und in Ried im Traunkreis in sachlich begründeter, branchenüblicher Weise - routennah - zum Auftanken und Fahrerwechsel nur unterbrochen wurde.
Auf dem ca. 33.000 großen Firmengelände der Gesellschaft in Ried im Traunkreis befinden sich Abstellplätze für rund 170 LKW sowie eine firmeneigene Dieseltankanlage für die Betankung der dort zwischenparkenden Fremdfahrzeuge; dabei handle es sich um eine der größten gewerblichen Tankstellen für den Güterfernverkehr in Österreich.
Gegen die Richtigkeit des Vorbringens, wonach der tschechische Fahrer, wie schon in der Anzeige festgehalten ist, bei der Firma I AG in Luxemburg "gemeldet" sei, dass weiters dieses luxemburgische Unternehmen mit der im Berufungsfall involvierten Gesellschaft zwar (iS besonderer, branchenspezifischer Geschäftsbeziehungen) befreundet, gesellschaftsrechtlich jedoch "fremd" sei, ist in der Verhandlung nichts hervorgekommen. Aus dem gleichlautenden Namensbestandteil ("I") dürfe nicht der Fehlschluss auf eine gesellschaftsrechtliche Verquickung mit entsprechenden Einflussmöglichkeiten gezogen werden, weil "I" eine unter europäischen Transportunternehmen offenbar beliebte Bezeichnung sei (auch das erwähnte Unternehmen in Budweis trage die Bezeichnung "I", sei jedoch weder mit seiner Gesellschaft noch mit der luxemburgischen I AG verwandt).
Die Darstellung, wonach die in der Anzeige gleichsam als Mediator für die von Ried im Traunkreis einzuholenden Aufträge erwähnte Stelle in Tschechien (= das angesprochene Transportunternehmen in Budweis) nur als Übersetzerin für in Ried lediglich deponierte luxemburgische Anweisungen und Informationen fungiere (u.zw. betreffend die Übernahme der zwecks Fahrerwechsel und Auftanken in Ried nur unterbrochen gewesenen Transportfahrt), daraus jedoch nicht habe gefolgert werden dürfen, dass der Fahrer von Ried aus wie in einem Beschäftigungsverhältnis zur involvierten Gesellschaft disponiert würde, d.h. die für die Übernahme und Abwicklung der in Österreich gelegenen Fahrtstrecke maßgeblichen Anweisungen wie von einem (arbeitgeberischen) Beschäftiger bekommen würde, war nicht als unplausibel und unglaubwürdig abzutun, zumal der Berufungswerber auch überzeugend darlegen konnte, dass die Arbeitsleistung des tschechischen Fahrers (ab der Übernahme des Transportes in Ried) ja keineswegs ihm bzw. der Gesellschaft zugute gekommen ist. Seitens der anderen Parteien wurde diesen Darlegungen ein konkret widersprechendes Vorbringen nicht entgegengehalten.
Es ist ferner in der Verhandlung nichts hervorgekommen, was den in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses gesehenen Indizcharakter der sogenannten "Urlaubsbestätigung" hätte untermauern können. Diesbezüglich war, worauf der Berufungswerber zutreffend hinwies, immerhin auffällig, dass die Bestätigung nicht auf firmeneigenem Kopfpapier und mit unleserlicher Paraphe von fremder Hand gefertigt wurde. Die Verwendung des Firmenstempels auf diesem Papier erläuterte der Berufungswerber auch dahin, dass in der Branche mitunter nachgemachte Firmenstempel in Umlauf unter den Fahrern seien, die u.a. auch für spezifische Zwecke (Abstempeln von Frachtbriefen, Bestätigungen von Tankabrechnungen u.ä.) durchaus hilfreich verwendet würden, aber leider eben auch dort und da missbräuchlich für Urlaubsbestätigungen wie die vorliegende. Solche Bestätigungen würden nach Insider-Kenntnissen von Fahrern dann zur (vermeintlichen) Vermeidung von Problemen bei Kontrollen als nützlich erachtet. All das war weder widerlegbar noch von vornherein ins Reich der Fabel zu verweisen. Ausgehend von diesem, in der Verhandlung unwidersprochen gebliebenen Vorbringen vermochte der Unabhängige Verwaltungssenat aus der "Urlaubsbestätigung" einen zwingenden Indizcharakter in diesem Fall für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses (i.S. eines Arbeits[vertrags]verhältnisses) nicht abzuleiten.
Nach all dem aber konnte in der öffentlichen Verhandlung in objektiv-tatseitiger Hinsicht kein Nachweis dafür gewonnen werden, dass der ausländische Fahrer zum hier maßgeblichen Zeitpunkt in einem Arbeitsverhältnis mit wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit gestanden ist. Aber auch hinreichend dichte Merkmale für das Vorliegen einer bloß wirtschaftlichen Abhängigkeit i.S. eines zumindest arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses (vgl. hiezu die Darstellung bei Heinz BACHLER, Ausländerbeschäftigung - Eine Gratwanderung zwischen Legalität und Illegalität, Wien 1955, Manz, 11) zur vorliegend involvierten Gesellschaft sind nicht, jedenfalls nicht mit der für einen strafrechtlichen Vorwurf erforderlichen Eindeutigkeit, hervorgekommen.
War aber die objektive Tatbestandsmäßigkeit im Berufungsfall verlässlich nicht anzunehmen, so war in dubio pro reo die Aufhebung und Einstellung - unter gleichzeitigem Wegfall der Kostenfolge - zu verfügen.
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.
 
 
 

Mag. Gallnbrunner

 
 

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