Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251014/10/Lg/Ni

Linz, 02.04.2003

 

 

 VwSen-251014/10/Lg/Ni Linz, am 2. April 2003

DVR.0690392

 
 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 27. März 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der H E, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 7. November 2002, Zl. SV96-27-14-2001-Brot, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
  2.  

  3. Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 145,20 Euro zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG,

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 726 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden verhängt, weil sie in der Zeit von Oktober 2000 bis zum 29.10.2001 jeweils zwei bis drei Wochen im Monat die tschechische Staatsbürgerin J S als Haushaltshilfe im Schloss W beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.
  2.  

    Das angefochtene Straferkenntnis geht von folgendem Sachverhalt aus:

     

    Vor der Kontrolle am 29.10.2001 habe die Ausländerin zwei Zimmer im Schloss schon seit längerer Zeit bewohnt. Aus dem Vorhandensein persönlicher Gegenstände sei ersichtlich, dass sie den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehung dort gehabt habe. Sie habe im Schloss diverse Hausarbeiten wie bügeln, Geschirr waschen, Badezimmer putzen und weitere im Haushalt anfallende Tätigkeiten ausgeführt. Als Entschädigung bzw. als Bezahlung habe sie die beiden Zimmer gratis bewohnen dürfen und ca. 100 ATS/Tag erhalten. Mitunter habe sie auch Nahrungsmittel erhalten (bei Festen im Schloss). Manchmal habe sie auch gebrauchte Kleidungsstücke bekommen.

     

    Dem Rechtfertigungsargument, die Berufungswerberin sei behindert und benötige eine Haushaltshilfe, um welche sie sich seit Jahren vergeblich bemüht habe, wird entgegen gehalten, dass dieses Bemühen nicht intensiv war, da in einem Zeitraum von sieben Jahren lediglich ein einziger Antrag beim AMS gestellt worden sei (am 6.12.1995, und zwar für die Tätigkeit einer Hausgehilfin und nicht für die Tätigkeit einer Hauskrankenpflege). Entschuldigender Notstand liege nicht vor, da es die Berufungswerberin in einem Zeitraum von über einem Jahr versäumt habe, die erforderliche Bewilligung für die beschäftigte Ausländerin einzuholen.

     

    Anlässlich der Bemessung der Strafhöhe wird festgestellt, dass die Berufungswerberin fahrlässig gehandelt hatte, da ihr das Verbotene ihres Verhaltens zu Bewusstsein hätte kommen müssen. Dies mit der weiteren Konsequenz, dass § 21 VStG nicht anzuwenden sei. In Folge des Fehlens gänzlicher Unbescholtenheit sei auch § 20 VStG unanwendbar. Spezialpräventive Überlegungen werden angedeutet. Hinsichtlich der finanziellen Verhältnisse der Berufungswerberin geht die Behörde von den eigenen Angaben der Berufungswerberin aus (1.453,46 Euro netto/Monat inkl. Pflegegeld).

     

     

  3. In der Berufung wird auf das bisherige Vorbringen verwiesen. Entschuldigender Notstand sei deshalb gegeben, weil die Berufungswerberin seit mehreren Jahren Pflegegeldbezieherin und stark gehbehindert sei, sodass ihr eine ordnungsgemäße Durchführung ihrer Haushaltsarbeiten ohne Unterstützung fast unmöglich sei. Das AMS sei nicht in der Lage gewesen, eine geeignete Hilfskraft zu vermitteln. Die nunmehr geltende Au-pair-Regelung sei im inkriminierten Zeitraum noch nicht in Kraft und daher eine Lösung auf dieser Basis nicht möglich gewesen. Über die der Berufungswerberin empfohlene Inanspruchnahme eines ausländischen Pflegedienstes sei es zur Bekanntschaft mit der Ausländerin und deren geringfügigen Tätigkeit in ihrem Haushalt gekommen. Die Ausländerin habe lediglich stundenweise ausgeholfen und ihre Freizeit wie bereits vorgebracht für andere Zwecke verwendet. Ferner wird, wie schon zuvor, darauf hingewiesen, dass ab August 2001 die Ausländerin nur mehr gelegentlich in W aufgetaucht sei. Aus diesen Gründen seien die Voraussetzungen des entschuldigenden Notstandes gegeben. Hilfsweise wird die Anwendung des § 21 VStG beantragt. Die Tatfolgen seien unbedeutend, da die Tätigkeit der Ausländerin den Kriterien der nunmehrigen Au-pair-Regelung voll entspreche.
  4.  

    Jedenfalls sei im Hinblick auf die konkreten Umstände und die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin die Geldstrafe überhöht. Nicht berücksichtigt sei auch worden, dass die Berufungswerberin für ihren Ehegatten und ihr sechzehnjähriges Kind sorgepflichtig sei. Es habe daher zumindest eine angemessene Herabsetzung der über die Berufungswerberin verhängten Strafe zu erfolgen.

     

     

  5. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Laut Anzeige des Grenzüberwachungspostens Leonfelden vom 8.11.2001 sei am 29.10.2001 im S W eine Fremdenkontrolle durchgeführt worden. Dabei sei festgestellt worden, dass die Ausländerin zwei Zimmer im Schloss seit längerer Zeit bewohnt hatte. Aus dem Vorhandensein persönlicher Gegenstände sei erkennbar gewesen, dass die Ausländerin den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen im Schloss gehabt habe.

 

Im Beisein einer Dolmetscherin habe die Ausländerin angegeben, sie habe im Sommer 2000 in K einen gewissen N F kennen gelernt, welcher sie zum S W gebracht habe, wo sie bei einer Feier die Berufungswerberin kennen gelernt habe. Die Berufungswerberin habe ihr vorgeschlagen, dass sie im Schloss wohnen dürfe, wenn sie der Berufungswerberin bei der Hausarbeit helfe. Im Oktober 2000 sei die Ausländerin dann in das Schloss eingezogen. Seit diesem Zeitpunkt habe sie sich zwei bis drei Wochen im S W befunden. Den Rest des Monats habe sie zu Hause in K verbracht. Im S W habe sie diverse Hausarbeiten, wie bügeln, Geschirr waschen, Badezimmer putzen und weitere Haushaltstätigkeiten erledigt. Als Entschädigung bzw. Bezahlung habe sie von der Berufungswerberin persönlich ca. 100 ATS/Tag für die Arbeit und die beiden Zimmer zum Wohnen zur Verfügung gestellt bekommen. Nahrungsmittel habe sie nur bekommen, wenn ein Fest im Schloss stattfand. Manchmal habe sie auch gebrauchte Kleidungsstücke bekommen. Bis zum Tag der Kontrolle habe die Ausländerin immer zwei bis drei Wochen arbeitend im Schloss verbracht. Im Sommer 2001 sei ein Schlossteich angelegt worden, wobei die Berufungswerberin für die dort arbeitenden Polen gekocht habe.

 

Zur Rechtfertigung aufgefordert, führte die Berufungswerberin rechtsfreundlich vertreten mit Schreiben vom 12. Februar 2002 aus, sie benötige wegen ihrer Gehbehinderung eine Unterstützung im Haushalt. Da es ihr trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen sei, über das AMS eine entsprechende Hilfskraft zu bekommen, habe sie auf den Vorschlag zurückgegriffen, einen ausländischen Pflegedienst in Anspruch zu nehmen. Ihr Einkommen als pensionierte Lehrerin betrage inkl. Pflegegeld ca. ATS 20.000 (Euro 1.453,46). Es sei richtig, dass die Ausländerin der Berufungswerberin seit September 2000 stundenweise im Haushalt aushalf. Die Ausländerin habe ihre Zeit aber auch dazu genützt, Deutsch zu lernen und sie habe ihre Zeit teilweise mit ihren Bekannten in Linz, Wien und auch privat in W verbracht. Zur damaligen Zeit sei die Au-pair-Regelung noch nicht in Kraft gewesen und habe daher von der Berufungswerberin noch nicht in Anspruch genommen werden können. Die Tätigkeiten der Ausländerin seien deutlich unter dem maximalen Ausmaß für eine Au-pair-Tätigkeit geblieben. Die Ausländerin würde sämtliche Voraussetzungen für die derzeit geltende Au-pair-Regelung erfüllen.

 

Seit August 2001 seien die Besuchsaufenthalte des Freundes der Ausländerin im Schloss nicht mehr willkommen gewesen. Seit dieser Zeit sei sie auch nur mehr gelegentlich in W gewesen, sondern teilweise in Wien und auf Arbeitssuche in Tschechien, wo sie laut ihrer eigenen Angabe ab November 2001 einen Telearbeitsplatz auf Grund ihrer guten Deutschkenntnisse erlangen habe können.

 

Zur Zeit der Gendarmerieerhebung sei die Berufungswerberin ortsabwesend gewesen. Die Ausländerin sei im Begriff gestanden, ihren Rucksack zu packen und die Gästewohnung zu reinigen (diese Wohnung sei hauseigen und würde zur Zeit des Sommertheaters an Künstler vergeben). Die Ausländerin habe in den nächsten Tagen nach Tschechien zurückkehren wollen.

 

Weitere Schreiben der Berufungswerberin und des Arbeitsinspektorates betreffen die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 21 VStG. Das Hauptzollamt Linz argumentiert unter anderem damit, dass im Hinblick auf die Dauer der Inanspruchnahme der ausländischen Arbeitskraft und dem damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteil nicht von unbedeutenden Folgen ausgegangen werden könne. Die Voraussetzungen des entschuldigenden Notstands seien ebenfalls im Hinblick auf die Dauer der Beschäftigung nicht gegeben.

 

Im Schreiben vom 9.10.2002 verweist die Berufungswerberin abermals darauf, dass der Einsatz von Hauskrankenpflegepersonal diverser tschechischer Betreuungseinrichtungen in Österreich verwaltungsbehördlich geduldet und sogar gefördert werde. Es würden daher im Fall der Bestrafung der Berufungswerberin vergleichbare Sachverhalte ungleich behandelt. Da von einer durchgehenden Beschäftigung im vorgeworfenen Tatzeitraum nicht die Rede sein könne, sei die Anwendbarkeit des § 21 VStG nicht ausgeschlossen.

 

Mit Schreiben vom 29.10.2002 teilte das AMS mit, dass ein Vermittlungsauftrag vom 6.12.1995 für eine Hausgehilfin bekannt sei. Der Auftrag habe mit 8.10.1996 geendet, da der Arbeitskräftebedarf anderweitig abgedeckt wurde. Eine Vermittlung durch das AMS habe nicht stattgefunden.

 

 

  1. Am Tag vor der öffentlichen mündlichen Verhandlung rief die aus Tschechien als Zeugin geladene Ausländerin das zuständige Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates an und teilte mit, sie wolle nicht als Zeugin vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat aussagen. Insbesondere wolle sie die Bw nicht mehr sehen. Inhaltlich gab sie bekannt, sie habe im Tatzeitraum durchschnittlich 20 bis 25 Stunden pro Woche für die Bw als Haushaltshilfe gearbeitet. Sie habe dafür gratis im Schloss wohnen dürfen. Einen Geldlohn habe sie nicht bekommen. Gelebt habe sie von ihren Ersparnissen, Einkaufen sei sie nach Tschechien gefahren. Sie sei über eine private Bekanntschaft ins Schloss gekommen, nicht über eine Agentur für Pflegedienste. Sie habe deshalb die Aufenthaltsmöglichkeit im Schloss in Verbindung mit den Haushaltshilfsdiensten in Anspruch genommen, weil sie von ihrem tschechischen Ex-Freund loskommen habe wollen. Sie habe später in Wien einen neuen Freund kennen gelernt, mit dem sich die Bw in einer geschäftlichen Angelegenheit zerstritten habe (die Bw habe nicht zahlen wollen). Die Bw gehe am Stock, sie benütze aber ihren Rollstuhl nicht.
  2.  

     

  3. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde dem Vertreter der Bw der eben zitierte Inhalt des Telefonats der Ausländerin bekannt gegeben. Ferner wurde die dem angefochtenen Straferkenntnis zu Grunde liegende Aussage der Ausländerin erörtert.

 

Der Vertreter der Bw hielt dem entgegen, dass ohnehin unbestritten sei, dass die Ausländerin gegen Entlohnung arbeitete. Strittig sei aber sehr wohl das Ausmaß der Tätigkeit der Ausländerin. Diese habe vielmehr nur stundenweise ausgeholfen und habe ihren Aufenthalt im Übrigen für Privatzwecke genutzt. Eine Geldentlohnung habe nicht stattgefunden, allenfalls sei die Zurverfügungstellung der Wohnmöglichkeit als Entlohnung zu verstehen.

 

Die angesprochene Au-pair-Regelung stelle zwar keine Ausnahme von der Erforderlichkeit einer Beschäftigungsbewilligung dar, bei Vorliegen der Voraussetzungen sei jedoch die Bewilligung leicht zu erhalten. Dies sei von besonderer Bedeutung, weil die praktische Erfahrung zeige, dass Haushaltshilfskräfte über das Arbeitsmarktservice so gut wie nicht zu bekommen seien. Dies wisse der Vertreter der Bw aus eigener Erfahrung.

 

 

  1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Die Erbringung von Arbeitsleistungen der Ausländerin gegen Entlohnung (in Form der Zurverfügungstellung einer Wohnmöglichkeit) und somit die Beschäftigung der Ausländerin durch die Bw im vorgeworfenen Tatzeitraum ist unbestritten. Die Tat ist daher der Bw in objektiver Hinsicht vorzuwerfen.

 

In subjektiver Hinsicht ist festzuhalten, dass entschuldigender Notstand gegenständlich nicht vorliegt (zu den strengen Kriterien gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vgl. etwa die Übersicht bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren II2, E1 ff zu § 6 VStG, insbesondere z.B. E 8, 9). Das die illegale Beschäftigung der Ausländerin als Haushaltshilfe zur Rettung der Bw aus schwerer unmittelbarer Gefahr notwendig war, ist nicht anzunehmen, zumal die Arbeit der Ausländerin nur in geringem Ausmaß ("stundenweise") erforderlich war, sie sich aber andrerseits über einen relativ langen Zeitraum erstreckte.

 

Im Zusammenhang mit der Bemessung der Strafhöhe ist darauf hinzuweisen, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurden. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich: Die geringe Wochenarbeitszeit wird aufgewogen durch die Dauer der Beschäftigung. Die hypothetische Alternative der Beschäftigung der Ausländerin als Au-pair-Kraft stellt keinen Milderungsgrund dar. (Absolute) Unbescholtenheit wurde nicht geltend gemacht und ist nach der Aktenlage auch nicht gegeben. Der aus der Gehbehinderung resultierende Bedarf nach einer Haushaltskraft mag als mildernd akzeptiert werden, stellt aber allein keinen ausreichenden Grund für die Anwendung des § 20 VStG dar. Infolge der langen Beschäftigungsdauer und dem zumindest fahrlässigen Verhalten der Bw über einen relativ langen Zeitraum hin bleibt die Tat auch nicht annähernd soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt sein könnte.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 

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