Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251021/9/SR/Ri

Linz, 29.04.2003

 

 

 VwSen-251021/9/SR/Ri Linz, am 29. April 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des E A Z, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S G, Hstraße , R i.I gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried i.I., Zl. SV96-21-2001 vom 2. Jänner 2003 wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nach der am 27. März 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Bestätigt wird ferner die Höhe der verhängten Geldstrafe. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch auf 4 Tage herabgesetzt.

 

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 16 Abs. 2, § 19, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

zu II.: § 65VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Die H M GmbH & Co a K mit Sitz in R i.I., Rstraße , hat als Dienstgeberin die Ausländerin E M, geb., ungarische Staatsangehörige, vom 19. Oktober bis 8. Dezember 2001 als Animierdame in der weiteren Betriebsstätte ihres Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart einer Bar in E, P, beschäftigt, ohne diese bei ihr beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung Pflichtversicherte (Vollversicherte und Teilversicherte) bei Beginn der Pflichtversicherung unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Hiefür sind Sie als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der H M GmbH mit dem Sitz in R i.I., Bstraße , welche ihrerseits persönlich haftender Gesellschafter der H M GmbH & Co a. KEG mit dem Sitz in R i.I, R, ist, gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 33 Abs. 1 iVm § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 i.d.F. BGBl. I. Nr. 99/2001.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

 

726,00 Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

7 Tagen

gemäß

 

§ 111 ASVG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

72,60 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 EUR angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 798,60 Euro."

 

2. Gegen dieses dem Vertreter des Bw am 3. Jänner 2003 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis hat die Behörde erster Instanz im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass E M bei der H M GmbH & Co a KEG beschäftigt gewesen sei. Der Bw sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der H M GmbH für die Einhaltung der Vorschriften des ASVG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich und habe es unterlassen, E M bei Beginn der Pflichtversicherung unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

 

Bei der Strafbemessung sei auf § 19 VStG Bedacht genommen worden. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat könne als nicht gering gewertet werden, da eine illegale Beschäftigung und Nichtanmeldung zur Krankenversicherung von ausländischen Arbeitskräften auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu volkswirtschaftlichen Schäden, vor allem durch den Entfall von Steuern, Abgaben und Beiträgen zu den Systemen der sozialen Sicherheit und zu Wettbewerbsverzerrungen führe. Das Ausmaß des Verschuldens könne als nicht geringfügig bezeichnet werden, da die Einhaltung der verletzten Vorschrift keine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte. Es sei auch nichts hervorgekommen, wonach die Verwirklichung der Straftat aus besonderen Gründen nur schwer vermieden werden hätte können. Erschwerungsgründe seien nicht hervorgekommen. Strafmildernd sei die bisherige Unbescholtenheit gewertet worden. § 20 VStG habe mangels beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe keine Anwendung finden können.

 

2.2. In der Berufung führte der Vertreter des Bw u.a. aus, dass sich auf Grund der psychischen Verfassung der Zeugin E M die Behörde nicht im Wesentlichen auf diese Aussage stützen hätte dürfen. Die Zeugin habe in Anwesenheit des Vertreters vor der Fremdenpolizei keine Stellungnahme abgegeben und erst bei einer weiteren Einvernahme am folgenden Tag, die ohne Rechtsvertreter stattgefunden habe, den dem Beschuldigten angelasteten Sachverhalt bestätigt. Ein Widerruf dieser Angaben sei in der Folge in Ungarn vor einem Anwalt, dem bei der Beglaubigung eine ähnliche Stellung wie einem Notar in Österreich zukomme, erfolgt. In Anbetracht der verschiedenen Versionen und der zahlreichen Widersprüche könne der dem Bw zur Last gelegte Sachverhalt nicht mit der für eine verwaltungsstrafrechtliche Verurteilung ausreichenden Sicherheit festgestellt werden. Abschließend beantragt der Vertreter die ersatzlose Behebung in eventu die Zurückverweisung an die Behörde erster Instanz.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Berufung und den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat für 27. März 2003 die mündliche Verhandlung anberaumt und dazu die Verfahrensparteien und die Zeugin E M geladen. Auf Grund des sachlichen Zusammenhanges wurde die gemeinsame Durchführung der Verfahren VwSen 251022, VwSen 251031 und VwSen 251032 einvernehmlich vereinbart.

 

3.2. Auf Grund der mündlichen Verhandlung steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

Die Zeugin E M war vom 19. Oktober 2001 bis zum 8. Dezember 2001 bei der H M GmbH & Co a KEG in der Bar in E, P, zumindest als Animierdame beschäftigt. Der Bw meldete diese beschäftigte Pflichtversicherte weder unverzüglich noch überhaupt bei der zuständigen Krankenversicherung an. In der mündlichen Verhandlung führte der Bw aus, er sei "damals wenig da" gewesen. Überhaupt habe er mit den Damen wenig zu tun, da er nur tagsüber arbeite und dabei "administrativ (Einkauf, Lager, Buchhaltung) tätig" sei. Er kontrolliere die Damen nur "sporadisch" auf "Visa, versicherungsmäßig" und "ob alles passt". Die gegenständliche Zeugin sei ihm unbekannt. Er habe "das ganze erst nachträglich mitbekommen". "Bierblöcke" wie sie im Akt aufscheinen, würden im Lokal "sicherlich Verwendung finden". Die im Straferkenntnis (Übertretung nach dem AuslBG) angenommene Kongruenz der Kalenderaufzeichnungen der Zeugin und der Aufzeichnungen auf den Blockzetteln sei "schon möglich". Von der Nichtanmeldung habe der Bw später erfahren.

 

3.3. Unstrittig ist, dass es sich beim Bw um den handelsrechtlichen Geschäftsführer der H M GmbH, welche ihrerseits persönlich haftender Gesellschafter der H M GmbH & Co a KEG ist, und somit dem zur Vertretung nach außen berufenen Organ handelt. Der Bw bestreitet auch nicht das Unterlassen der unverzüglichen Anmeldung der Zeugin beim zuständigen Krankenversicherungsträger. Die Begründung, nicht gewusst zu haben, dass die Zeugin in der Bar beschäftigt war, kann nur als Schutzbehauptung abgetan werden. Widersprüchlich waren auch die "allgemeinen Ausführungen" zur Anmeldepraxis. So behauptete der Bw, dass die "Damen" aufgefordert worden seien, sich selbst zu versichern. Im Akt befinden sich jedoch Unterlagen, aus denen ersichtlich ist, dass ein entsprechendes Formular bereits vor der Einreise der Zeugin von dieser unterfertigt und von einer dritten Person ausgefüllt worden ist. Eine entsprechende Gesprächsführung konnte somit nicht glaubhaft gemacht werden. Auch tragen die weiteren Ausführungen des Bw - "Ich kann dazu nichts sagen. Ich habe das nicht mitbekommen. Ich war damals wenig da. Um Angelegenheiten dieser Art kümmerte sich in erster Linie C M." - nichts zur Klärung der Widersprüche bei. Aus dem gesamten Vorbringen ist abzuleiten, dass der Bw im Tatzeitraum weder wahrgenommen hat, dass die Zeugin zur H M GmbH in einem Beschäftigungsverhältnis stand noch die beschäftige Pflichtversicherte beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden war.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG hat der Dienstgeber jeden von ihm beschäftigten, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung Pflichtversicherten bei Beginn der Pflichtversicherung (§ 10) unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Gemäß § 111 ASVG begehen Dienstgeber eine Verwaltungsübertretung und werden von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2180 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 2180 Euro bis 3630 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen bestraft, wenn sie der ihnen aufgrund dieses Bundesgesetzes obliegenden Verpflichtung zur Erstattung von Meldungen und Anzeigen nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen.

 

4.2. Auf Grund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung steht fest, dass die Zeugin E M während der Tatzeit in einem Beschäftigungsverhältnis zur H M GmbH & Co a KEG gestanden ist und der Bw die Pflichtversicherte bei Beginn der Pflichtversicherung nicht unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet hat. Bezüglich der, das Beschäftigungsverhältnis getroffenen Feststellungen, Beweiswürdigung und der darauf bezugnehmenden rechtlichen Beurteilung wird auf die Begründung im Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 29. April 2003, Zl. VwSen-251020, verwiesen und dieser Abschnitt zum Bestandteil der gegenständlichen Entscheidung erhoben. Zur unverzüglichen Anmeldung ist ergänzend auszuführen, dass der Bw die Zeugin überhaupt nicht beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet hat.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Bemerkt sei, dass sich der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer nicht strafbefreiend darauf berufen kann, von der Tätigkeit der Zeugin nichts gewusst zu haben, zumal er ein ausreichendes Kontrollsystem nicht darzutun vermochte.

 

4.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Die anzuwendende Strafbestimmung des § 111 ASVG (i.d.F. BGBl. I Nr. 99/2001) sieht eine Mindestgeldstrafe von 726 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 2 Wochen vor.

 

Hinsichtlich der verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Die Begründung der belangten Behörde in Bezug auf das von ihr festgesetzte Strafausmaß erweist sich als nachvollziehbar und mit den Strafzumessungskriterien des § 19 VStG im Einklang stehend.

 

Die Behörde erster Instanz ist bei der Strafbemessung von einer Schätzung der Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse ausgegangen. In der Berufung und in der mündlichen Verhandlung hat der Bw dieser Schätzung nicht widersprochen. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat daher die geschätzten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Entscheidung zugrundegelegt.

 

Der Bw weist laut Aktenlage keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen auf.

 

Weder ungünstige Einkommens- und Vermögensverhältnisse noch eine absolute verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit stellen einen Anspruch auf Verhängung der Mindeststrafe dar. Umso weniger besteht bei Vorliegen dieser Gründe ein Anspruch auf Verhängung der Mindeststrafe bzw. deren Unterschreitung.

 

Eine Unterschreitung der Mindeststrafe im Zuge der außerordentlichen Strafmilderung könnte nur bei beträchtlich überwiegender Milderungsgründe vorgenommen werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in einem einschlägigen Erkenntnis ausgesprochen hat, müssen dafür mehrere Voraussetzungen vorliegen (vergleiche VwGH 20.1.1993, 92/02/0280).

 

Die festgesetzte Mindeststrafe trägt dem Gedanken der Spezialprävention Rechnung und wird als ausreichend erachtet, um den Bw zur Einsicht und zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu bringen. Der zu beurteilende Sachverhalt bot keine Anhaltspunkte für geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen. Da das Tatverhalten des Bw keinesfalls hinter den typisierten Schuld- und Unrechtsgehalten der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen zurückbleibt, war auch die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

 

Nachdem den erwähnten Strafzumessungsgründen eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 4 Tagen entspricht, war die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabzusetzen.

 

5. Daher hat der Bw gemäß § 65 VStG keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 
 

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