Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251118/30/Lg/Hu

Linz, 17.06.2005

 

 

 VwSen-251118/30/Lg/Hu Linz, am 17. Juni 2005

DVR.0690392


 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Langeder über die Berufung des I G, A, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 5. April 2004, Zl. SV96-31-2003, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), nach der am 28. April 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.000 Euro bzw. Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden verhängt, weil er es zu verantworten habe, dass in dem von ihm geführten Gastgewerbebetrieb am 4.10.2003 der türkische Staatsangehörige H G beschäftigt worden sei, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird die Verantwortlichkeit des Bw wie folgt umschrieben: "Sie haben zu verantworten, dass in dem von Ihnen seit einem unbekannten Zeitpunkt im September und 8.10.2003 (Eintragung der G KEG, deren Kommanditist Sie sind, ins Firmenbuch) in L, A, geführten Gastgewerbebetrieb (Geschäftsbezeichnung "T-K"), der seit 8.10.2003 von der "G KEG" mit Sitz ebenfalls in L, A, betrieben wird und deren seit 8.10.2003 selbständig vertretende persönlich haftende Gesellschafterin - somit zur Vertretung nach außen berufenes und damit gemäß § 9/1 VStG verantwortliches Organ Ihre Schwägerin F G ist - der Ausländer ... beschäftigt wurde."

 

Weiters heißt es im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses: "Sie selbst ... gaben sich den Beamten gegenüber als Verantwortlicher des angeführten Gastgewerbebetriebes aus".

 

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses finden sich weiters folgende Feststellungen: Der Ausländer sei bei einer Zustellfahrt - wegen Ortsunkundigkeit unachtsam, offensichtlich abgelenkt durch das Suchen einer Hausnummer - auf die linke Fahrbahnhälfte geraten und mit einem entgegenkommenden Pkw zusammengestoßen. Der im Pkw mitfahrende H G habe zuerst in Abrede gestellt, dass sich im Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt ein Karton mit Pizza und ein in Alufolie eingewickelter Kebab sowie daraufliegend eine Kellnerbrieftasche befand, wie es von dem Lenker des zweitbeteiligten Pkw und dessen Mitfahrer zweifelsfrei beobachtet worden sei, habe anschließend aber eingeräumt, dass die beiden Speisen H G gehört hätten, der sie essen habe wollen. Als Fahrziel habe H G angegeben, er sei mit H G nur etwas spazieren gefahren. Die Speisen seien in der Folge von M S, dem Koch im - in unmittelbarer Nähe des Unfallorts gelegenen - "T K", von H G telefonisch verständigt, abgeholt worden. S habe bei seiner Befragung angegeben, er habe die Speisen aus dem Wagen im Lokal, in welchem er arbeite, gegessen, weil er großen Hunger gehabt habe.

 

Der Bw habe in Abrede gestellt, einen Auftrag zum Ausliefern der besagten Speisen gegeben zu haben.

 

Weiters findet sich im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses die Feststellung, dass H G am 4.1.2004 abermals beim Pizza-Zustellen angetroffen worden sei.

 

In der Begründung wird darauf verwiesen, dass ab 8.10.2003, dem Datum der Eintragung der KEG ins Firmenbuch, F G persönlich haftende Gesellschafterin und somit verantwortliches Organ der KEG sei. Der Bw fungiere seither als Kommanditist und sei mit einer Vermögenseinlage von 1.000 Euro an der KEG beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag datiere mit 1.9.2003.

 

Die Gewerbeberechtigung datiere mit 30.10.2003. Die Anmeldung sei durch F G mit diesem Datum erfolgt. Gewerberechtlicher Geschäftsführer sei M S.

 

Der im Spruch angelastete Sachverhalt sei vom Beamten des GPK L festgestellt worden.

 

Weiters findet sich in der Begründung der Hinweis, dass laut Feststellungsbescheid des AMS Vöcklabruck vom 5.2.2004 der Ausländer laut Änderung des Gesellschaftsvertrages vom 1.12.2003 als Selbstständiger anzusehen sei und daher nicht den Bestimmungen des AuslBG unterliege.

 

Dass Bedarf an Arbeitskräften vorgelegen sei, erweise der Umstand, dass von der XX KEG für den türkischen Staatsangehörigen M P laut AMS Vöcklabruck mittlerweile drei Anträge auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung eingebracht worden seien.

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung habe sich der Bw nicht geäußert, sodass davon auszugehen sei, dass die Beschäftigung des Ausländers nicht bestritten wurde.

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht, es sei die passive Legitimation des Bw zu untersuchen. Nach Eintragung ins Firmenbuch sei F G als Komplementärin zur Vertretung nach außen berufen. Zwar beruhe diese Eintragung auf einem früher geschlossenen Gesellschaftsvertrag, ab dessen Entstehen die Vertretungsfunktion schon festgehalten worden sei. Es könne zumindest als strittig gelten, ob diese Vertretungsbefugnis schon ab Errichten des Vertrages gilt. Jedenfalls habe der Bw keine Anscheinsvollmacht erweckt; er sei damals noch in Perg tätig und wohnhaft gewesen und die Anteilnahme an den Geschäften seiner Familie hätten sich auf gelegentliche Besuche beschränkt und meist am Wochenende stattgefunden. Die Behauptung, wonach sich der Bw selbst als Verantwortlicher für das Lokal ausgegeben habe, könne nur auf ein sprachliches Missverständnis zurückzuführen sein.

 

Zur angeblichen Zustellfahrt sei zu sagen, dass niemand gefunden worden sei, der einen Auftrag für eine Lieferfahrt gegeben haben könnte. Auch der herbeigerufene Koch und gewerberechtliche Geschäftsführer habe keine Zustellung der Pizzen veranlasst, sondern diese aufgegessen.

 

Bemängelt wird die Annahme, der Ausländer habe bei der Fahrt nach Hausnummern gesucht, wobei sich der Unfallort in unmittelbarer Nähe des Lokales befand.

 

Im Übrigen träfe den Bw kein Verschulden an verspäteten Eintragungen ins Firmenbuch; vielmehr sei ein Fehler des Firmenbuchgerichts vorgelegen, welcher dann durch ein Entgegenkommen des Firmenbuchgerichts bereinigt worden sei. Das selbe gelte für die unbürokratische Vorgangsweise der Gewerbebehörde der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Laut Anzeige des GP L vom 6.10.2003 habe H G, der in L ortsunkundig ist, vermutlich im Auftrag des in der Pizzeria T-K als Koch beschäftigten M S, eine Pizza und einen Kebab zustellen sollen. Dabei sei er auf der Otto-Glöckel-Straße vermutlich auf der Suche nach der Zustelladresse auf die linke Straßenseite gekommen und frontal gegen den entgegenkommenden von D A gelenkten Pkw gestoßen. Bei der Unfallaufnahme, bei der Ilyas XX gedolmetscht habe, habe der Mitfahrer von H G, H G, zuerst überhaupt bestritten, eine Pizza und einen Kebab mitgeführt zu haben. Als ihm das der Unfallbeteiligte und dessen Mitfahrer widerlegten, habe er angegeben, dass die zwei Speisen H G, der sie essen gewollt habe, gehört hätten. Über das Fahrziel habe H G angegeben, sie seien nur ein wenig spazieren gefahren. Die Pizzeria "T-K" habe bis vor kurzem T B gehört. Nun werde das Lokal von I G geführt. Eine Gewerbeberechtigung liege noch keine vor.

 

H G habe mangels Deutschkenntnisse nicht befragt werden können.

 

D A habe ausgesagt, G habe im Pkw in einem Karton eine Pizza und in einer Alufolie einen Kebab mitgeführt. Auf dem Pizzakarton sei auch eine Kellnerbrieftasche, die vermutlich zum Kassieren der Speisen und der Herausgabe des Wechselgeldes bestimmt gewesen sei, gelegen. Nach dem Unfall seien sofort Landsleute von G gekommen, hätten die Speisen und die Kellnerbrieftasche übernommen und sie vermutlich zum Besteller weitertransportiert.

 

H G habe ausgesagt, er sei mit H G nur ein bisschen spazieren gefahren. Die im Pkw mitgeführte Pizza und der Kebab seien zum Verzehr für H bestimmt. Warum sie dann M S gegessen hat, wisse er nicht.

 

R M habe sinngemäß die selben Angaben wie A gemacht und sei wie S zum Unfallszeitpunkt im Pkw A mitgefahren.

 

M S habe gesagt, sein Landsmann H G habe ihn nach dem Unfall angerufen. Er sei zur Unfallstelle gefahren, habe eine Pizza und einen Kebab, der G gehört habe, mitgenommen und in der Pizzeria T-Kebab, wo er arbeite, gegessen. Er habe nämlich großen Hunger gehabt.

 

E S habe sinngemäß die selben Angaben gemacht wie Altmann. S sei im Pkw A mitgefahren, als der Verkehrsunfall passiert sei.

 

I G habe sinngemäß angegeben, er habe seinem Neffen H G keinen Auftrag erteilt, eine Pizza und einen Kebab auszufahren.

 

Weiters liegt dem Akt die - seitens des Bw unbeantwortet gebliebene - Aufforderung zur Rechtfertigung bei.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte der Bw aus, am 4.10.2003 sei de facto M S der Chef der Pizzeria gewesen. Er selbst sei damals bei der Fa. Strabag beschäftigt gewesen und habe in Perg gewohnt; im gegenständlichen Lokal habe er nicht gearbeitet. Er sei am gegenständlichen Kontrolltag, weil Wochenende, im Lokal gewesen. Es habe damals schon Bestrebungen gegeben, dass der Ausländer in die Firma einsteigt, weil es sich um einen Familienbetrieb handle. Gearbeitet habe der Ausländer damals aber nicht.

 

Die Aussage des Zeugen A, wonach sich im Auto eine Kellnerbrieftasche befunden habe, bestritt der Bw. Die Auslieferungen habe damals ein gewisser U gemacht. Die Auslieferungen würden im Übrigen mit einem Firmenwagen geschehen, gegenständlich habe es sich jedoch um den privaten Pkw des Bw gehandelt. Warum die gegenständliche Fahrt mit Pizze unternommen worden sei, wisse der Bw nicht.

 

KI K sagte aus, er habe seine Informationen über die Fahrereigenschaft des Ausländers und das Vorhandensein der Pizze und der Kellnerbrieftasche im Auto von A bezogen. Von diesem sei er wegen eines Verkehrsunfalls mit dem beteiligten A und H G hinzugezogen worden. Es habe sich jedenfalls um einen Pkw ohne Firmenaufschrift gehandelt. Im späteren Gespräch habe der Zeuge den Eindruck gewonnen, dass M S derjenige war, der das Geschäft geführt habe. Die Unfallstelle sei ca. 1 km von der Pizzeria entfernt gewesen.

 

H G bestritt dezidiert, damals eine Auslieferungsfahrt vorgenommen zu haben. Dafür hätten ihm die Sprach- und Ortskenntnisse gefehlt. Vielmehr sei er mit H G auf einer Spazierfahrt gewesen und die Pizze seien für den Eigenbedarf bestimmt gewesen.

 

M S sagte aus, er sei schon seit etwa einem Jahr nicht mehr bei der gegenständlichen Firma tätig. Damals sei er der Pizzakoch gewesen. Von der Wegfahrt H und H G habe er nichts gewusst; keinesfalls habe er die Fahrt angeschafft. Er sei zur Unfallstelle gerufen worden. Dort hätten "die beiden" die Pizze in sein Auto gelegt und der Zeuge sei dann ins Geschäft zurückgefahren. Daraufhin habe er die Pizze mit anderen verzehrt. Damals sei F G der Chef der Pizzeria gewesen.

 

Der Vertreter der Zollbehörde erklärte, dass seiner Ansicht nach die tatsächliche Geschäftsführung durch den Bw nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit geklärt sei. Es sei auch aus dem Tatvorwurf des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses nicht klar erkennbar, ob man sich dort auf eine "Vorgesellschaft" stützt oder nicht. Bejahendenfalls wäre auch in diesem Fall F G die richtige Beschuldigte gewesen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Für die Zeit vor der Eintragung der gegenständlichen KEG in das Firmenbuch (also vor dem 8.10.2003) könnte unter dem Titel der Verantwortung für die "Vorgesellschaft" allenfalls die spätere persönlich haftende Gesellschafterin F G verantwortlich gemacht werden. Scheidet man die "Vorgesellschaft" als Arbeitgeberin und somit als Grundlage für die Verantwortlichkeit des Bw für die vorgeworfene Tat aus, so kommt nur noch eine persönliche Arbeitgeberschaft des Bw in Betracht. Dafür fehlen aber ausreichende Anhaltspunkte im Ermittlungsverfahren, zumal überdies zweifelhaft ist, ob der Ausländer zur Tatzeit überhaupt eine Arbeitstätigkeit für das gegenständliche Lokal verrichtete. Im Übrigen ist festzuhalten, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses im Hinblick auf die angesprochene Alternative hinsichtlich des Grundes der Verantwortung des Bw kryptisch ist.

 

Da sohin die Tat nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit erwiesen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 

 
 

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