Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251152/7/Lg/Hu

Linz, 16.11.2005

 

 

 

VwSen-251152/7/Lg/Hu Linz, am 16. November 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Langeder nach der am 8. November 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des G N, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F S, J, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 19. August 2004, Zl. BZ-SV-117-2004, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist dahingehend zu ändern, dass der Tatzeitraum mit dem 2.7.2004 beginnt.
  2. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 100 Euro zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 500 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er von 1. bis 3.7.2004 in seinem Gasthaus am Standort B, W, den türkischen Staatsangehörigen D E beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung bezieht sich das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Zollamtes Wels vom 9.7.2004 sowie auf die Rechtfertigung vom 19.7.2004, in welcher der Bw im Wesentlichen ausgeführt habe, dass er deutscher Staatsbürger sei und in Österreich noch nie einen Dienstnehmer aufgenommen habe. Er sei mit den Ausländerbeschäftigungsmodalitäten noch nicht so gut vertraut. Nach Ausscheiden einer Küchenhilfe habe er sich beim AMS um eine Ersatzkraft bemüht, es sei jedoch niemand zu einem Vorstellungsgespräch gekommen. Aufgrund der ergebnislosen Dienstnehmersuche sei er mit dem Ausländer, der versichert habe, arbeiten zu dürfen, eine Probearbeitsverhältnis vereinbart worden.

 

Ferner beruft sich das angefochtene Straferkenntnis auf die Regelung des § 28 Abs.7 AuslBG.

 

2. In der Berufung wird ausgeführt, es handle sich bei dem Ausländer um einen Asylwerber, der aufgrund der Antragstellung und Erteilung der sogenannten grünen Karte seit 4.11.2002 die Berechtigung zum Aufenthalt im "Bundesland Oberösterreich" besitze, woran sich auch die Berechtigung zur Aufnahme einer Beschäftigung knüpfe.

 

Der Umstand, dass der Bw, der am 3.7.2004 zu arbeiten begonnen habe, noch keinen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung gestellt habe, rechtfertige nicht den Schluss auf eine illegale Beschäftigung.

 

Ferner wird ausgeführt, es sei dem Arbeitgeber erlaubt, innerhalb von drei Tagen seine Dienstnehmer zu melden und eine Beschäftigungsbewilligung zu beantragen, die selbst im Falle einer späteren Ablehnung der Beschäftigungsbewilligung zu einer vorübergehenden Berechtigung führe.

 

Selbst bei anderer Auffassung würde eine Bestrafung nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG voraussetzen, dass dem Ausländer die Aufenthaltsberechtigung fehlt bzw. er grundsätzlich nicht zur Aufnahme einer Beschäftigung berechtigt gewesen wäre.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Laut Anzeige vom 9.7.2004 wurde der Asylwerber D E am 3.7.2004 gegen 20.45 Uhr im Lokal "K- und P S", W, B, hinter der Theke in Arbeitskleidung (rote Schürze) angetroffen, wie er Speisen zubereitete. Der Ausländer habe angegeben, dass er seit 1.7.2004, jeweils in der Zeit von 18.00 bis 24.00 Uhr auf Probe arbeite und er bei entsprechender Eignung eine Anstellung als Koch bekomme. Bezüglich der Entlohnung seien noch keine konkreten Vereinbarungen getroffen worden. Es sei lediglich darüber gesprochen worden, dass er während der Arbeitszeit im Lokal Speisen und Getränke ohne Bezahlung konsumieren könne.

 

Im Personenblatt ist unter "Beschäftigt als" eingetragen: "Kebab und Pizza" und unter "Beschäftigt seit": "2 Tag".

 

Unter "Tägliche Arbeitszeit" ist eingetragen: "1 (... unleserlich) - 24.0".

 

Beigefügt ist ein Foto, das einen jungen Mann mit Schürze in einem gastronomischen Arbeitsbereich zeigt.

 

Mit Schreiben vom 19.7.2004 rechtfertigte sich der Bw (auf Aufforderung zur Rechtfertigung hin) über eine Revisions- und Wirtschaftstreuhand GesmbH dahingehend, er sei deutscher Staatsbürger und vom Beruf Tapezierer. Er lebe mit seiner Gattin und drei Kindern in der Nähe von Nürnberg. Wegen massiver Rückenprobleme könne er seien Beruf als Tapezierer nicht weiter ausführen. Der Bw habe das Lokal am 15.3.2004 gekauft und drei Dienstnehmer übernommen.

 

Der Bw habe in Österreich noch nie einen Dienstnehmer aufgenommen und sei aus diesem Grund mit den Ausländerbeschäftigungsmodalitäten noch nicht so gut vertraut.

 

Mit 23.4.2004 sei ein Mitarbeiter (Küchenhilfe) ausgeschieden. Seit dieser Zeit habe sich der Bw beim AMS nachweislich um eine Ersatzkraft bemüht. Laut AMS seien 20 Personen zum Vorstellungsgespräch geschickt worden, es sei jedoch niemand gekommen.

 

Wegen der ergebnislosen Dienstnehmersuche sei mit dem Ausländer eine Probedienstverhältnis vereinbart worden. Der Ausländer habe dem Bw versichert, dass er auch arbeiten dürfe.

 

Der Bw sei am 1.7.2004 zu seiner Familie (nach Nürnberg) gefahren und der Ausländer habe am 2.7.2004 seinen Dienst angetreten. Der Ausländer habe es unterlassen, dem Dienstgeber seine Papiere noch vor Antritt des Dienstverhältnisses vorzulegen. Aus diesem Grund habe der Bw nicht wissen können, dass der Ausländer keine für ihn gültige Beschäftigungsbewilligung gehabt habe. Der Bw habe gutgläubig vertraut. Zum Anmelden sei der Bw sowohl bei der GKK als auch beim AMS in der richtigen Frist gewesen.

 

Da der Ausländer als Asylwerber seit 4.11.2002 eine vorläufige Aufenthaltsbewilligung habe, sei am 7.7.2004 eine Beschäftigungsbewilligung beim AMS beantragt worden (Beilage).

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung behauptete der Vertreter des Bw (der Bw selbst war zur Verhandlung nicht erschienen), es sei kein Dienstverhältnis zwischen dem Bw und dem Ausländer abgeschlossen worden. Es sei unstrittig, dass der Ausländer gearbeitet habe. Der Ausländer habe, weil Not am Mann gewesen sei, ausgeholfen. Es sei im Raum gestanden, dass der Ausländer, wenn alles passe, ab Montag ein Arbeitsverhältnis antreten könne.

 

Im Schlussplädoyer (!) brachte der Vertreter des Bw vor, der Ausländer habe seit Donnerstag, dem 1. Juli 2004, ausgeholfen. Der "Arbeitgeber", der Bw, sei zu diesem Zeitpunkt gar nicht in Österreich aufhältig gewesen. Er habe über diesen Aushilfsdienst gar nicht Bescheid gewusst. Dementsprechend sei keine für den Abschluss eines "verbindlichen Dienstverhältnisses" kompetente Person vorhanden gewesen. Es seien die Aussagen des "Arbeitnehmers" vollinhaltlich richtig. Nämlich (die Aussage) dass er aushelfe und kein Entgelt bekomme. Dies natürlich in Erwartung, dass ab Montag, wenn der "Arbeitgeber" weder eintrifft, er ja einen Arbeitsplatz habe. Die Verköstigung während der Probearbeit sei nicht als Entgelt verstanden worden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Unstrittig wurde der Bw hinter der Theke bei der Speisenzubereitung angetroffen. Damit greift die Vermutung des § 28 Abs.7 AuslBG für eine Beschäftigung ein und obliegt es dem Bw, das Nichtvorliegen einer unberechtigten Beschäftigung glaubhaft zu machen.

 

Vorauszuschicken ist, dass Probearbeitsverhältnisse nicht als solche aus dem Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen sind. Maßgebend ist vielmehr das Kriterium der Entgeltlichkeit, welche jedoch im Zweifel anzunehmen ist (§ 1152 ABGB). Überdies ist die Möglichkeit eines Naturalentgelts in die Beurteilung einzubeziehen.

 

Für die Glaubhaftmachung im angesprochenen Sinn sind der Zeitpunkt und die Konsistenz des Vorbringens des Bw von zentraler Bedeutung. Unter diesem Blickwinkel stellt sich die Situation wie folgt dar:

 

In seiner erstinstanzlichen Rechtfertigung bestritt der Bw die illegale Beschäftigung nicht. Der Bw suchte sich mit dem Arbeitskräftebedarf und der Versicherung des Ausländers, er dürfe arbeiten, zu rechtfertigen. Außerdem wird die Rechtsauffassung vertreten, dass eine nachträgliche "Anmeldung" beim AMS ausreichend sei. In der Rechtfertigung findet sich auch die Behauptung, es sei ein Probedienstverhältnis vereinbart worden.

 

In der Berufung wird die Beschäftigung ebenfalls nicht bestritten; vielmehr werden lediglich Rechtsmeinungen vorgebracht, die die Legalität der Beschäftigung begründen sollen. So wird die Auffassung vertreten, aus der Aufenthaltsberechtigung folge die Berechtigung zur Beschäftigung. Abermals wird das rechtliche Argument vorgetragen, es wäre innerhalb von drei Tagen der Dienstnehmer zu melden und selbst die Ablehnung der Beschäftigungsbewilligung stünde der vorübergehenden Berechtigung nicht entgegen.

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde seitens des Vertreters des Bw die Tätigkeit des Ausländers dahingehend charakterisiert, der Ausländer habe ausgeholfen, weil Not am Mann gewesen sei. Es sei "im Raum gestanden", dass dann, wenn alles gepasst hätte, der Ausländer am Montag sein Arbeitsverhältnis hätte antreten können.

 

Erst nach Schluss des Beweisverfahrens, im Schlussplädoyer und bezugnehmend auf die Schlussausführung des Vertreters der Zollbehörde, wurde die allfällige Unentgeltlichkeit der Arbeitsleistungen des Ausländers ins Spiel gebracht. Der Ausländer habe ausgesagt, kein Entgelt zu bekommen. Die Verköstigung sei nicht als Naturalentgelt verstanden worden.

 

Ferner brachte der Vertreter des Bw im Schlussplädoyer vor, es habe während der Abwesenheit des Bw an einer Person gefehlt, die berechtigt gewesen wäre, mit dem Ausländer ein "verbindliches Dienstverhältnis" einzugehen.

 

Eine Zusammenschau dieser Argumentationsstrategien zeigt auf, dass sich für die Behauptung eines Probearbeitsverhältnisses ein Anhaltspunkt - nämlich die Angabe des Ausländers im Personenblatt - findet. Dem steht jedoch der vom Vertreter des Bw dargelegte, durch Arbeitskräftemangel bedingte Aushilfscharakter der Arbeit des Ausländers entgegen, ferner der Umstand, dass es dem Bw wegen Abwesenheit gar nicht möglich war, die Qualität der Arbeitsleistungen des Ausländers selbst zu überprüfen. Wenn man trotzdem der Behauptung Glauben schenkt, die Tätigkeit des Ausländers habe auch Testfunktion gehabt - und dies sei vereinbart gewesen - (bliebe immer noch die Frage der Entgeltlichkeit offen. Eine ausdrückliche Unentgeltlichkeitsvereinbarung wurde vom Vertreter des Bw nicht einmal im Schlussplädoyer behauptet (behauptet wird dort lediglich die Richtigkeit der "Aussage" des Ausländers, dass er "aushilft und kein Entgelt bekommt" - eine solche "Aussage" hat der Ausländer jedoch nicht gemacht; er hat im Personenblatt lediglich die Rubrik "Entlohnung" nicht ausgefüllt, was allenfalls auf eine fehlende Vereinbarung einer - konkreten - Entlohnung schließen lässt). Im Übrigen erscheint der ausdrückliche Ausschluss einer Entlohnung bei beiderseitigem Wunsch nach Abschluss eines Arbeitsverhältnisses nicht eben wahrscheinlich. Dass die Verköstigung keine Bedingung für die Arbeit des Ausländers darstellte, ist eine bloße Behauptung von geringer Lebensnähe. Vor allem aber ist zu beachten, dass der Vertreter des Bw erst im Schlussplädoyer auf die Idee kam, die Unentgeltlichkeit zu behaupten.

 

Die Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Bw wird schließlich auch durch seine Behauptung beeinträchtigt, der Bw habe wegen Abwesenheit vom Aushilfsdienst des Ausländers nichts gewusst. Diese Behauptung ist schlechthin unvereinbar mit der Behauptung der Vereinbarung einer unentgeltlichen Probearbeit während der Zeit der Abwesenheit des Bw.

 

Die Zusammenschau der Argumentationsstrategien des Bw zeigt, dass es ihm nicht gelungen ist, das Nichtvorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses glaubhaft zu machen.

 

Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, dass die im erstinstanzlichen Verfahren und in der Berufung geltend gemachten Rechtsauffassungen betreffend die Nichterforderlichkeit einer Beschäftigungsbewilligung unzutreffend sind.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend wirkt insbesondere der Mangel an Rechtskenntnissen des Bw zur Zeit der Tat. Als Gewerbetreibendem wäre es ihm oblegen, sich über die rechtlichen Voraussetzungen seiner Tätigkeit auf geeignete Weise zu informieren.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin das außerordentliche Milderungsrecht (§ 20 VStG) angewendet und so im gewonnenen Strafrahmen die geringst mögliche Strafe verhängt wurde. Die Tat bleibt jedenfalls nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 Abs.1 zu denken wäre. Insbesondere ist das Verschulden nicht gering zu veranschlagen, da die Verletzung der erwähnten Informationspflicht nicht leicht wiegt.

 

Die - für das Ergebnis nicht erhebliche - Verkürzung des Tatzeitraumes im Spruch ergibt sich aus einer erstinstanzlichen Behauptung des Bw iVm der Zweifelsregel zugunsten des Beschuldigten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

 

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