Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-251153/14/Lg/Hu

Linz, 16.11.2005

 

 

 

VwSen-251153/14/Lg/Hu Linz, am 16. November 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Langeder nach der am 21. Oktober 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der J L M, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. K H, M-T-S, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 17. August 2004, Zl. BZ-SV-115-2005, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
  2. Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 100 Euro zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 500 Euro bzw. Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil sie in ihrer Bar am Standort B, W, die russische Staatsbürgerin L M von 1. bis 3.7.2004 als Kellnerin beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung wird auf die Anzeige des Zollamtes Wels vom 5.7.2004 verwiesen. Bezug genommen wird ferner auf die Rechtfertigung der Bw vom 29.7.2004 sowie auf das Ergebnis einer telefonischen Anfrage beim AMS Vöcklabruck.

 

2. In der Berufung wird vorgebracht, die Bw suche seit zwei Jahren eine Kellnerin und habe dies auch beim Arbeitsamt gemeldet. Nach den Behauptungen des Straferkenntnisses seien telefonische Erkundigungen beim AMS Vöcklabruck durchgeführt und sei danach angeblich erhoben worden, dass hinsichtlich der gegenständlichen Ausländerin Beschäftigungsbewilligungen als Tänzerin im Zeitraum von 1994 bis 1999 eingetragen seien. Seither sei sie weder als suchend gemeldet gewesen noch irgendwo hingeschickt worden.

 

Dies widerlege jedoch nicht die Behauptung der Bw, sie habe über das AMS eine Kellnerin gesucht. Vor allem aber sei darauf hinzuweisen, dass die Ausländerin mit der Erklärung zur Bw gekommen sei, sie sei vom AMS Vöcklabruck geschickt worden. Dies sei der Bw logisch vorgekommen, da sie ja über das AMS jemanden gesucht habe. Aufgrund dieses Sachverhaltes habe die Bw davon ausgehen können, dass alles seine Richtigkeit gehabt habe.

 

Überdies habe die Ausländerin über einen aufrechten Gewerbeschein verfügt und eine eigene Steuernummer besessen. Auch aufgrund dieser Umstände habe die Ausländerin ihre Leistungen gegenüber der Bw ordnungsgemäß und legal erbracht. Es sei diesbezüglich auch eine Abrechnung seitens der Ausländerin vorgenommen, von der Bw beglichen und ordnungsgemäß versteuert worden.

 

Aufgrund der Gewerbeberechtigung habe die Bw davon ausgehen dürfen, dass die Ausländerin den angebotenen Tätigkeitsbereich ausüben und die Bw die Leistungen in dieser Form in Anspruch nehmen dürfe.

 

All diese Umstände hätten der Bw trotz allfälliger objektiver Überprüfungssorgfaltspflicht nicht als verdächtig erscheinen müssen und sie habe ihren Überprüfungspflichten vollinhaltlich entsprochen. Von einer maßgerechten Rechtsfigur könne nicht verlangt werden, dass derartige Überprüfungsmaßnahmen überstrapaziert werden. Die subjektive Tatseite sei sohin ebenfalls nicht erfüllt.

 

Unrichtig sei auch, dass die Ausländerin erst am 5.7.2004 - nach der Kontrolle durch die Zollbehörde am 3.7.2004 - angemeldet worden sein soll. Das Datum der Bestätigung bezieht sich nicht auf das Datum der tatsächlichen Anmeldung. Dies ergebe sich aufgrund des angegebenen Beschäftigungsbeginns. Dies ergebe sich unbedenklich aus der vorgelegten Urkunde.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Laut Anzeige des Zollamtes Wels vom 5.7.2004 sei am 3.7.2004 um ca. 22.30 Uhr im Tanzcafe "N Y", B, W, eine Kontrolle durchgeführt worden. Dabei sei die gegenständliche Ausländerin im Lokal hinter der Theke im Schankbereich beobachtet worden, wie sie gerade mehrere verschiedene Getränke für die im Lokal anwesenden Gäste zubereitet habe. Die Ausländerin habe auf Befragung durch FOI W angegeben, dass sie schon seit 11 Jahren in Österreich und seit 1.7.2004 von Mittwoch bis Samstag von ca. 22.00 Uhr bis 04.00 Uhr im Tanzcafe N Y als Kellnerin beschäftigt sei. Als Lohn sei ca. 1.000 Euro laut Kollektivvertrag mit dem Betreiber im Monat vereinbart worden. Im Zuge der Identitätsfeststellung durch FOI S sei im russischen Reisedokument der Ausländerin ein Aufenthaltstitel (Niederlassungsbewilligung), ausgestellt am 1.7.2002 von der BH Vöcklabruck, gültig bis 20.4.2005, vorgefunden worden (Aufenthaltstitel für selbstständig Erwerbstätige).

 

Ferner liegt der Anzeige eine Meldung der BPD Wels bei, wonach laut anonymer Anzeige im Lokal N Y polnische Staatsbürgerinnen unangemeldet beschäftigt würden. Sie würden im gleichen Haus im Zimmer Nr. 6 wohnen und dürften tagsüber das Zimmer nicht verlassen. Wenn sie von Gästen befragt würden, müssten sie angeben, dass sie zu Besuch in Österreich seien.

 

Im Personenblatt gab die Ausländerin an, derzeit für die Tanzbar N Y als Kellnerin zu arbeiten. Sie sei seit 1.7.2004 dort beschäftigt und beziehe den kollektivvertraglichen Lohn. Ihr Chef heiße M J. Ihre Arbeitszeit betrage Donnerstag, 20.00 Uhr bis 02.30 Uhr, Freitag 20.00 Uhr bis 01.00 Uhr, Samstag, 20.00 Uhr bis... (Endzeitangabe fehlt).

 

Laut einem der Anzeige beiliegenden Gewerberegisterauszug sei Gewerbeinhaber die Bw.

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung äußerte sich die Bw anwaltlich vertreten dahingehend, dass sie seit ca. zwei Jahren eine Kellnerin suche und dies auch beim Arbeitsamt gemeldet habe. Seitens des AMS Vöcklabruck sei ihr die Ausländerin geschickt und sei seitens dieser Stelle gebeten worden, eine Anmeldung vorzunehmen, damit die entsprechenden Papiere ausgefertigt werden könnten. Ausgehend davon, dass diese Vorgangsweise ihre Richtigkeit habe, habe sie mit 1.7.2004 die Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse vorgenommen, zumal die Ausländerin bereits seit ca. 11 Jahren in Österreich aufhältig sei und die Bw auch davon ausgehen habe dürfen, dass, wenn seitens des AMS eine Person geschickt wird, die entsprechende Vorgangsweise ihre Richtigkeit habe.

 

Die Ausländerin verfüge über einen aufrechten Aufenthaltstitel, sei weiters Gewerbescheininhaberin und verfüge auch über eine eigene Steuernummer.

 

"Im Zuge" dieser Gewerbeberechtigung seien die Dienstleistungen der Ausländerin in Anspruch genommen worden, von dieser abgerechnet und auch ordnungsgemäß versteuert worden.

 

Dem Akt liegt ferner ein Aktenvermerk des Magistrates Wels vom 5.8.2004 bei, wonach mit dem AMS Vöcklabruck, Frau K, bzw. AMS Wels, Herrn S, telefoniert worden sei. Nach deren Auskunft seien die Daten der gegenständlichen Ausländerin erstmals im Jahre 1992 erfasst worden. Eingetragen seien in der Folge Beschäftigungsbewilligungen als Tänzerin im Zeitraum 1994 bis 1999. Seither sei sie weder als suchend gemeldet noch irgendwo hingeschickt worden. Es liege auch keine Beschäftigungsbewilligung, Befreiungsschein etc. vor. Die letzte Eintragung betreffe den Aufgriff in der N Y-Bar vom 3.7.2004.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung argumentierte der Vertreter der Bw, dass die Bw keinen Zweifel an der Berechtigung der Arbeitsaufnahme durch die Ausländerin zu haben brauchte, da ihr die Ausländerin gesagt habe, sie sei vom AMS geschickt worden und die Ausländerin überdies eine aufrechte Gewerbeberechtigung und eine eigene Steuernummer gehabt habe. Vorgelegt wurde eine von der Ausländerin unterfertigte "Honorarnote" vom 9.7.2004 für den Zeitraum vom 1.7. bis 9.7.2004 über einen Betrag von 150 Euro.

 

Die Bw erschien nicht zur öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

Die gegenständliche Ausländerin sagte aus, sie habe im gegenständlichen Lokal vorübergehend als Kellnerin gearbeitet. Da es ihr dort nicht gefallen habe, habe sie danach im Hotel B H in G als Kellnerin zu arbeiten begonnen.

 

Es sei unrichtig, dass sie der Bw gesagt habe, sie sei vom AMS geschickt worden. Sie habe von der Arbeitsmöglichkeit bei der Bw im Internet erfahren. Der ebenfalls zeugenschaftlich einvernommene Lebensgefährte der Bw fügte hinzu, den Tipp, im Internet zu schauen, hätten er und seine Lebensgefährtin vom AMS bekommen. Es sei unrichtig, dass die Ausländerin der Bw gesagt habe, sie sei vom AMS geschickt worden. Der Zeuge habe der Bw sogar ausdrücklich gesagt, dass die Ausländerin und er über das Internet auf die freie Stelle bei der Bw aufmerksam geworden seien.

 

Befragt nach der Gewerbeberechtigung sagte die Ausländerin, sie wisse nicht, was eine Gewerbeberechtigung sei. Sie habe in Russland Cello studiert und das Studium abgeschlossen. Der Lebensgefährte der Ausländerin ergänzte, es könne sich allenfalls nur darum handeln, dass die Ausländerin eine Berechtigung zum Auftreten als selbstständige Tänzerin - ein sogenanntes "Künstlervisum" - habe. Die Ausländerin habe aber der Bw sicher nicht erzählt, dass sie über eine Gewerbeberechtigung verfüge. Befragt, ob sie gegenüber der Bw ihre Berechtigung zum "selbständigen Tanzen" kundgegeben habe, sagte die Ausländerin, sie glaube schon.

 

Ferner sagte die Ausländerin aus, das Personenblatt sei von ihr selbst ausgefüllt worden. Dies einschließlich des Ausdrucks "Kollektivvertrag". Sie habe diesen Ausdruck verstanden und mitteilen wollen, dass sie den kollektivvertraglichen Lohn für ihre Tätigkeit als Kellnerin bei der Bw erwarte. Der Lebensgefährte der Ausländerin sagte, aus seiner Sicht habe sich die Situation so dargestellt, dass die Ausländerin "ganz normal angestellt wird".

 

Hinsichtlich der Sozialversicherung wurde nochmals gemeinsam Einschau in das im Akt befindliche Schriftstück, auf das auch die Berufung Bezug nimmt, genommen und festgestellt, dass die Ausländerin von der Bw ab 1.7.2004 als geringfügig beschäftigt gemeldet war.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens steht fest, dass die Ausländerin im vorgeworfenen Zeitraum durch die Berufungswerberin als Kellnerin beschäftigt wurde. Zum Vorbringen der Bw ist im Einzelnen zu bemerken:

 

Ein Gewerbeschein der Ausländerin liegt weder vor noch hat die Ausländerin solches gegenüber der Bw behauptet. Selbst bei Vorliegen eines Gewerbescheines stünde dies nicht einer Beschäftigung entgegen, da es für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG gegeben ist, auf die tatsächlichen Umstände des Vertragsverhältnisses (und nicht auf die rechtliche Möglichkeit zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit) ankommt.

 

Auch der Aufenthaltstitel ("Künstlervisum") steht der Anwendung des AuslBG nicht entgegen. Abgesehen davon ist festzuhalten, dass die Ausländerin nicht als "Künstlerin", sondern als Kellnerin tätig wurde. Dass die Ausländerin die Bw über ihre Berechtigung zum "selbstständigen Tanzen" informierte, ist schon aus diesem Grund nicht entlastend.

 

Der "Selbständigkeit" der Ausländerin steht im Übrigen auch ihre Anmeldung als geringfügig Beschäftigte bei der GKK entgegen. Die Ausländerin hat außerdem bewusst das Personenblatt ausgefüllt und eine kollektivvertragliche Entlohnung erwartet. Letztlich wird auch seitens der Bw die Beschäftigung der Ausländerin als Kellnerin mehr oder minder deutlich eingeräumt, macht doch das Argument, die Ausländerin sei vom AMS geschickt worden, nur vor dem Hintergrund einer Beschäftigung Sinn. Dass die Ausländerin im Nachhinein eine (von der Bw verfasste) "Honorarnote" unterschrieb, ist daher ebenso unerheblich wie die dort notierte Steuernummer der Ausländerin.

 

Die Tat ist daher der Bw in objektiver Hinsicht zuzurechnen. Fraglich ist lediglich, ob die Bw nicht aufgrund eines Irrtums als entschuldigt gelten kann.

 

Diese Frage ist zunächst hinsichtlich der "Selbstständigkeit" der Ausländerin zu verneinen. Der Bw ist zuzumuten, zu wissen bzw. sich zweckentsprechend zu informieren, dass der Aufenthaltstitel bzw. die Steuernummer nicht zur unselbstständigen Beschäftigung als Kellnerin berechtigte. Ebenso ist der Schluss von einem relativ langen Aufenthalt der Ausländerin in Österreich auf eine Zulässigkeit der Beschäftigung ohne die im AuslBG vorgesehenen arbeitsmarktrechtlichen Papiere sorgfaltswidrig bzw. stellt eine Beschäftigung unter diesen Voraussetzungen eine schuldhafte Verletzung der Informationspflichten einer Gewerbetreibenden dar.

 

Zum Argument, die Ausländerin sei vom AMS "geschickt" worden, ist festzuhalten, dass dies nach den Erhebungen der Erstinstanz und der zeugenschaftlichen Aussagen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung objektiv falsch ist. Dies wurde durch eine nochmalige amtswegige Überprüfung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat (Anfrage beim AMS vom 21.10.2005; eine solche Vermittlung würde in der AMS-EDV aufscheinen; die Ausländerin sei zur fraglichen Zeit nicht als suchend gemeldet gewesen und sei eine Vermittlung daher ausgeschlossen) verifiziert.

 

Ferner ist erwiesen, dass die Bw nicht seitens der Ausländerin dahingehend fehlinformiert wurde, sie sei vom AMS "geschickt" worden. Im Gegenteil wurde die Bw auch darauf hingewiesen, dass die freie Stelle seitens der Ausländerin über das Internet ausfindig gemacht wurde (wenn auch im Wege eines "Tipps" des AMS). Bei dieser Informationslage wäre es der Bw ebenfalls oblegen, sich Klarheit über die Voraussetzungen der Zulässigkeit der Beschäftigung der Ausländerin zu verschaffen.

 

Die Tat ist daher der Bw auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Entgegen der Berufung stellt es keineswegs eine Überstrapazierung der Sorgfaltspflicht einer Gewerbetreibenden dar, in der gegebenen Situation die rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der Beschäftigung zu klären.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) bzw. unter Ausschöpfung des so gewonnenen Strafrahmens die geringstmögliche Strafe verhängt wurde. Die Tat bleibt auch nicht so weiter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre. Weder ist das Verschulden geringfügig, noch sind die Tatfolgen unter den gegebenen Umständen zu bagatellisieren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum