Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-251161/2/Ste

Linz, 02.11.2004

 

 VwSen-251161/2/Ste Linz, am 2. November 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des À G, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 20. September 2004, Zl. SV96-83-2003, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben.
  2. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Der Bezirkshauptmann Linz-Land hat über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) folgendes Straferkenntnis verhängt:

"Sie haben es als Gewerbeinhaberin des Gastgewerbebetriebes (Cafe-Pub "I C"), in gemäß § 111 ASVG (Verweigerung der Auskunftspflicht) strafrechtlich zu verantworten, dass Sie trotz zweimaliger Aufforderung (01.04.2003 und 08.04.2003) der Oö. Gebietskrankenkasse die geforderte Auskunft verweigerten bzw. die Unterlagen 1. Miet- bzw. Pachtvertrag über das Lokal Bistro Pub I C, 2. Dienstvertrag bzw. Dienstzettel für Herrn A G, 3. Urlaubs- und Krankenstandsdatei für Herrn G, 4. Lohnkonten aller Dienstnehmer seit Betriebsbeginn, 5. Belege und Lohnzahlungen, 6. Arbeitsaufzeichnungen für alle Dienstnehmer, nicht vorgelegt haben.

Verwaltungsübertretung nach § 111 ASVG BGBl. Nr. 189/1995 idgF."

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Bw "gemäß § 111 iVm § 43 Abs. 1 und § 112 Abs. 2 ASVG BGBl. Nr. 189/1955 idgF" eine Geldstrafe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Verwaltungsübertretungen auf Grund einer Anzeige der Oö. Gebietskrankenkasse festgestellt wurden. Die genannten Auskunfts- und Meldepflichten ergeben sich aus dem Gesetz. Trotz mehrmaliger Aufforderung sei der Bw diesen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Darüber hinaus ging die Behörde erster Instanz in der Begründung auf die Verantwortung des Bw im Ermittlungsverfahren ein und begründete die Strafbemessung.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 28. September 2004 zugestellt wurde, richtet sich die am 5. Oktober 2004 - und somit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingelangte Berufung.

Der Bw behauptet darin die Unrichtigkeit der Anschuldigung. Er hätte die Termine nicht wahrnehmen können, da er auf Grund seiner Erkrankung mehrere Aufenthalte im Krankenhaus hatte sowie verschiedene Arzttermine. Dies wäre auch der
Oö. Gebietskrankenkasse bekannt gewesen, deren Behauptungen nicht richtig seien.

 

Damit wird - gerade noch erkennbar - die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheids beantragt.

 

3. Der Bezirkshauptmann Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser - da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde - durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde zu Zl. SV96-83-2003; da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, hatte eine öffentliche mündliche Verhandlung zu entfallen (§ 51 e Abs. 1 Z. 1 VStG).

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 119/2004 (die im Tatzeitpunkt geltende Fassung des ASVG konnte schon deswegen nicht bestimmt werden, weil ein solcher im Straferkenntnis nicht genannt ist) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist "von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro zu bestrafen," wer als Dienstgeber oder sonstige meldepflichtige Person ua. der auf Grund des ASVG obliegenden Verpflichtungen zur Erstattung von Meldungen und Anzeigen nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt oder die Erfüllung der Auskunftspflicht verweigert. Diese Auskunftspflicht wird im § 43 ASVG für die Versicherten und die Zahlungs(Leistungs)empfänger näher umschrieben. Mit § 112 werden die Bestimmungen des § 111 ua. auf Dienstgeber sowie auf andere als die im § 111 bezeichnete Personen bei Verstößen gegen die ihnen auf Grund des ASVG obliegenden Melde-, Anzeige- und Auskunftspflicht ausgedehnt.

 

§ 23 ASVG richtet als Träger der Krankenversicherung ua. für jedes (Bundes)Land eine Gebietskrankenkasse ein. Der Sitz der Oö. Gebietskrankenkasse ergibt sich aus der auf Grund des § 453 ASVG erlassenen Satzung. Gemäß § 2 der Satzung der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse ("nach dem Stande vom 1. Juli 2004") ist Sitz der Kasse Linz.

3.2. Nach § 27 Abs. 1 VStG ist jene Behörde im Strafverfahren örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Sowohl im Fall der Erstattung von Meldungen und Anzeigen als auch der Auskunftspflicht gilt dabei, dass die Verpflichtung nur dann erfüllt ist, wenn die Meldung und Anzeige oder die gewünschte Auskunft auch tatsächlich bei der
Oö. Gebietskrankenkasse einlangt. Erfüllungsort dieser öffentlich-rechtlichen Verpflichtung ist daher der Ort, an dem die geschuldete Handlung vorzunehmen ist, somit der Sitz der Oö. Gebietskrankenkasse, der auch der Tatort der Unterlassung von Meldungen und Anzeigen und der Verweigerung der Auskunft ist (vgl. in diesem Sinn des Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs [verst. Senat] VwSlg. 14.398 A/1996 zu § 103 Abs. 2 KFG 1967 sowie VwGH vom 15. Mai 2000, 98/17/0091 ua. mwN. zum Wiener Parkometergesetz).

 

Zwar sieht § 358 ASVG die Möglichkeit vor, dass der Versicherungsträger - in Verwaltungssachen - die für den Wohnort einer einzuvernehmenden Person örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde um ihre Vernehmung ersucht. Im vorliegenden Fall enthält das Schreiben der Oö. Gebietskrankenkasse vom 5. Mai 2003 zwar auch ein solches Ersuchen, im vorliegenden Verfahren hat die belangte Behörde jedoch unmittelbar ein Verwaltungsstrafverfahren mit dem oben zitierten Tatvorwurf eingeleitet.

 

Mangels gesetzlicher Sonderbestimmungen im ASVG (vgl. bspw. § 123 Abs. 4 letzter Satz KFG 1967, in der nunmehr geltenden Fassung, oder § 67 Bundesstatistikgesetz) war - entsprechend der oben zitierten Rechtsprechung - im vorliegenden Fall der Bezirkshauptmann von Linz-Land nicht die zuständige Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz. Das angefochtene Straferkenntnis wurde daher von einer unzuständigen Behörde erlassen.

 

3.3. Bei diesem Ergebnis braucht auf die weiteren in der Berufung aufgeworfenen Fragen nicht mehr eingegangen zu werden.

 

 

4. Aus dem oben genannten Grund war der vorliegenden Berufung daher gemäß § 24 VStG iVm. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

 

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

 

 

6. Der Oö. Verwaltungssenat sieht sich noch zu dem Hinweis veranlasst, dass der Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde - neben den offensichtlich bestehenden Widersprüchen zwischen Spruch und Begründung - im Übrigen auch nicht dem § 44a VStG entsprechen dürfte und wohl auch deswegen ein Aufhebungsgrund gegeben gewesen wäre.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Dr. Wolfgang Steiner

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum