Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-251168/9/Lg/Hu

Linz, 20.06.2005

 

 

 VwSen-251168/9/Lg/Hu Linz, am 20. Juni 2005

DVR.0690392


 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Langeder nach der am 19. Mai 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des M H, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. C A, L, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 14. Oktober 2004, Zl. SV96-48-2003, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.
  2. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er es "als persönlich haftender Gesellschafter" und somit Außenvertretungsbefugter der C S GesmbH, P, L, gemäß § 9 VStG strafrechtlich zu verantworten habe, dass "diese Firma" in der Zeit von 4.6.2003 bis 23.7.2003 den bosnischen Staatsangehörigen D B beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung bezieht sich das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige der Zollverwaltung vom 25.7.2003 sowie auf die Rechtfertigung des Bw vom 29.4.2003 und auf die Stellungnahme des Hauptzollamtes Linz vom 30.9.2003.

 

In der weiteren Begründung ist von einem Tatzeitraum von 4.6.2003 bis 30.6.2003 die Rede und wird argumentiert, dass der Ausländer in diesem Zeitraum über keine Niederlassungsbewilligung verfügt hat, sondern lediglich der diesbezügliche Antrag gestellt war. Die erforderliche Niederlassungsbewilligung sei ihm mit 30.6.2003 erteilt worden. Ein Antrag sei einer Bewilligung nicht gleichzusetzen.

 

Der Behauptung, dass seitens des Magistrates Linz bekannt gegeben worden sei, dass die Arbeitsaufnahme ab Antragstellung zulässig sei, könne nicht beigetreten werden, da der Bw den Namen der Auskunftsperson nicht bekannt geben könne.

 

2. In der Berufung wird zunächst gerügt, dass der Bw als "persönlich haftender Gesellschafter" im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses bezeichnet wurde.

 

Ferner wird gerügt, dass im im Spruch formulierten Tatzeitraum nicht berücksichtigt worden sei, dass selbst nach der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses der Niederlassungsnachweis am 30.6.2003 erteilt wurde.

 

Aber auch für den Zeitraum von 4.6.2003 bis 30.6.2003 liege kein strafbares Verhalten des Bw vor. Der gemäß § 24 FrG ausgestellte Niederlassungsnachweis umfasse den Zeitraum vom 27.5.2003 bis 26.5.2013. Dies sei aus dem in Kopie beiliegenden Aufenthaltstitel ersichtlich. (Im für den Ausländer ausgestellten "Aufenthaltstitel" ist als "Ausstellungsdatum" der 27.5.2003 und als Ablauf der Gültigkeitsdauer der 26.5.2013 eingetragen.) Daraus ergebe sich, dass auch im in Rede stehenden Zeitraum ein gültiger Niederlassungsnachweis vorgelegen sei. Offenbar sei seitens des Magistrates Linz lediglich der Ausweis, mit dem der Aufenthaltstitel dokumentiert wurde, erst später dem Ausländer übergeben worden, die Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich bzw. zur Niederlassung im Sinn des § 24 FrG habe aber bereits vom 27.5.2003 weg gegolten.

 

Ferner wird vorgebracht, die seitens des Bw vorgelegte und nochmals in Kopie beiliegende "Bestätigung über die Antragstellung zur Erlangung eines Aufenthaltstitels" werde seitens des Einwohner- und Standesamtes aufgrund eines bestehenden Übereinkommens mit dem AMS nur dann ausgestellt, wenn eine bestehende Genehmigung (Niederlassungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder Ähnliches) vorliege und der Ablauf dieser Genehmigung sich mit der Ausstellung der beantragten Niederlassungsbewilligung überschneiden würde. Genau diese Auskunft sei dem Bw bzw. der damals mit dem Einwohner- und Standesamt, wahrscheinlich Herrn M, telefonierenden Mitarbeiterin des Einschreiters, Frau C R erteilt worden. Tatsächlich liege für den Ausländer seit 1996 durchgehend eine Niederlassungsbewilligung für alle Bereiche, also auch für unselbstständige Erwerbstätigkeit, vor.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Laut Anzeige des Hauptzollamtes Linz vom 25.7.2003 sei anlässlich einer Kontrolle am 23.7.2003 festgestellt worden, dass der gegenständliche Ausländer von 4.6.2003 bis 30.6.2003 ohne arbeitsmarktrechtliche Papiere beschäftigt worden sei. Es sei ein Antrag (27.5.2003) zur Erlangung eines Aufenthaltstitels (Niederlassungsnachweis) gestellt worden, diese sei mit 30.6.2003 erteilt worden.

 

Laut beiliegender Niederschrift habe R C angegeben, der Ausländer sei seit 4.6.2003 als Hilfskraft bei der C S Dienstleistungsgesellschaft mbH beschäftigt. Für seine Tätigkeit bekomme er pro Monat 800 Euro netto.

 

Entsprechendes ergibt sich aus dem beiliegenden Personenblatt.

 

Ferner liegt der Anzeige die Kopie einer Bestätigung über die Antragstellung zur Erlangung eines Aufenthaltstitels vom 27.5.2003 bei. Dort ist eingetragen: Letzte Bewilligung bis: "unbefristet"; Dauer der Bearbeitung: "ca. 8 Wochen". Weiters ist vermerkt: "Diese Bestätigung verliert mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels, oder mit der Ablehnung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels durch die Behörde erster Instanz ihre Gültigkeit. Sie ist mitzuführen und den Behörden und ihren Organen auf eine bei der Vollziehung des Fremdengesetzes ergehende Aufforderung hin vorzuweisen."

 

Neben der Überschrift sowie neben der Fertigungsklausel befindet sich jeweils ein Stempel mit dem Wort: "Niederlassungsnachweis".

 

Zur Rechtfertigung aufgefordert sagte der Bw am 30.9.2003 vor der Behörde aus, es dürfte sich im gegenständlichen Fall um ein Versehen handeln. Der Ausländer sei "zu uns" gekommen mit einer vorläufigen Bestätigung über den Niederlassungsnachweis. Nach telefonischer Rücksprache mit dem Magistrat Linz habe er damit arbeiten dürfen. Mit wem "die Rücksprachen" gehalten wurden, könne der Bw nicht mehr sagen. Mittlerweile besitze der Ausländer einen Niederlassungsnachweis in Kartenform mit Gültigkeit 27.5.2003 bis 26.5.2013. Ausdrücklich verweise der Bw darauf, dass aus der "vorläufigen Bestätigung" ersichtlich sei, dass diese zweimal den Stempel "Niederlassungsnachweis" trage.

 

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2003 nahm das Hauptzollamt Linz dahingehend Stellung, dass der Niederlassungsnachweis am 30.6.2003 erteilt worden sei. Ein Berufen auf die Geltungsdauer des Niederlassungsnachweises, den der Ausländer mittlerweile besitzt, aber in der Zeit vom 4.6.2003 bis zum 29.6.2003 nicht besessen haben kann, befreie den Beschuldigten nicht vom Tatvorwurf der Beschäftigung eines Ausländers entgegen den Bestimmungen des AuslBG.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte die für die Besorgung der gegenständlichen Angelegenheit zuständige Bedienstete der Firma C S aus, der Ausländer sei mit dem Antrag auf Ausstellung des Niederlassungsnachweises zu ihr gekommen und habe um Beschäftigung angesucht. Da ihr eine Urkunde dieser Art unbekannt gewesen sei, habe sie sich mit dem Magistrat Linz in Verbindung gesetzt und gefragt, ob dieser Ausländer schon ab dem 4.6. beschäftigt werden dürfe. Diese Frage sei positiv beantwortet worden; von wem konkret, wisse sie nicht mehr. Nochmals befragt, gab die Zeugin dezidiert die Auskunft, sie habe konkret gefragt, ob der gegenständliche Ausländer ab 4.6. beschäftigt werden dürfe.

 

Der Zeuge R (Abteilung Fremdenrecht des Einwohner- und Standesamtes des Magistrates Linz) sagte aus, er könne zu dem von der Zeugin konkret angesprochenen Gespräch keine Aussage machen. Es erscheine ihm aber unwahrscheinlich, dass eine solche Auskunft gegeben wurde, da sie nicht der Rechtslage entspreche. Es sei jedoch denkbar, dass im Gespräch mit der Zeugin eine Aufklärung über die Regelung des § 15 Abs.6 AuslBG erfolgte, wonach während des Zeitraums der Antragstellung der Ablauf der Geltungsdauer des Befreiungsscheines gehemmt wird. (Die diesbezügliche Voraussetzung sei jedoch, wie eine Nachschau des Zeugen ergeben habe, gegenständlich nicht vorgelegen.) Dies sei nach seiner berufspraktischen Erfahrung sogar der Standardfall. Es sei aus der Sicht des Zeugen nicht auszuschließen, dass eine solche Auskunft von der Anruferin missverstanden wurde. Auf Einwurf des rechtsfreundlichen Vertreters des Bw, ein Herr M von der Abteilung Fremdenrecht des Einwohner- und Standesamtes des Magistrates Linz habe auch ihm gesagt, dass eine derartige Bestätigung dann ausgestellt wird, wenn eine bestehende Genehmigung, Niederlassungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder ähnliches vorliegt, und der Ablauf dieser Genehmigung mit dem Ablauf der beantragten Bewilligung sich überschneiden würde, meinte der Zeuge, eine solche Auskunft wäre falsch und es sei daher unwahrscheinlich, dass sie in diesem Wortlaut gegeben wurde, er räumte aber ein, dass die Materie kompliziert sei und Auskünfte von nicht mit der Materie vertrauten Personen leicht missverstanden werden könnten.

 

Zur vom rechtsfreundlichen Vertreter des Bw vertretenen Rechtsauffassung, der in Scheckkartenformat ausgegebene Ausweis sei als Bescheid anzusehen, welcher - aufgrund des ausdrücklich festgehaltenen "Ausstellungsdatums" (27.5.2003) - unabhängig vom Datum der tatsächlichen Aushändigung mit 27.5.2003 wirksam geworden sei, meinte der Zeuge, es sei aus seiner Sicht korrekt, dass daher der Niederlassungsnachweis bereits ab 27.5.2003 gelte. Andererseits meinte der Zeuge, der 30.6.2003 sei der Tag, an dem der Sachbearbeiter den Antrag positiv erledigt habe, "praktisch das Bewilligungsdatum". Eine auf den gegenständlichen Fall bezogene Erkundigung beim AMS habe lediglich ergeben, dass es zur Frage des Wirksamkeitsbeginns keine Judikatur gebe.

 

Der Vertreter der Zollbehörde brachte vor, dass der Ausländer erst ab 30.6.2003 "in Besitz" eines Niederlassungsnachweises sein konnte.

 

Im Schlussplädoyer brachte der Vertreter des Bw vor, zum Zeitpunkt der Beschäftigung sei objektiv ein Niederlassungsnachweis vorgelegen. Selbst wenn man der Rechtsauffassung beitrete, dass diese Bewilligung erst mit 30.6.2003 wirksam geworden sei, so könne man dem Bw als Geschäftsführer der D C GesmbH kein schuldhaftes Verhalten vorwerfen, weil er alles unternommen habe, um herauszufinden, ob er den Ausländer beschäftigen darf. Es sei offenbar selbst für Juristen schwierig, sich in dieser komplexen Rechtsordnung zurecht zu finden und festzustellen, ob tatsächlich die rechtlichen Voraussetzungen für eine legale Ausländerbeschäftigung vorliegen. Es würde daher beantragt, das angefochtene Straferkenntnis mangels Verschuldens des Bw aufzuheben, in eventu den § 21 VStG zur Anwendung zu bringen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Dem Vertreter der Zollbehörde, der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung diese Ansicht äußerte, ist zuzugeben, dass im Sinne der verba legalia der §§ 3 Abs.1, 28 Abs.1 Z. 1 lit.a AuslBG vertretbarer Weise davon ausgegangen werden könnte, dass der Ausländer erst mit Aushändigung des "Aufenthaltstitels" "im Besitz" eines Niederlassungsnachweises war bzw. erst ab diesem Zeitpunkt der Niederlassungsausweis "ausgestellt" war, sodass in der Zeit zuvor trotz Antragstellung eine Beschäftigung des Ausländers objektiv unzulässig war. Dies entspräche auch der üblichen Logik von verwaltungsbehördlich erteilten Bewilligungen. Andererseits ist nicht zu übersehen, dass die entsprechende Urkunde (bzw. der entsprechende Bescheid) als "Ausstellungsdatum" (nicht: als "Datum der Antragstellung") den 27.5.2003 enthält, sodass die diesbezügliche Argumentation des Vertreters des Bw durchaus erwägenswert erscheint.

 

Es erscheint jedoch nicht erforderlich, diese Rechtsfrage gegenständlich zu entscheiden. Der Unabhängige Verwaltungssenat tritt der Argumentation des Bw bei, dass, bei objektiver Tatzurechnung, das Verhalten des Bw entschuldigt ist. In Anbetracht des Umstandes, dass nach der Lage des Falles keine erhebliche Störung des Arbeitsmarktes eingetreten ist, ist auch an den Sorgfaltsmaßstab kein übermäßig strenger Maßstab anzulegen. Gegenständlich trägt die "Bestätigung über die Antragstellung zur Erlangung eines Aufenthaltstitels" zwei Mal den Stempel "Niederlassungsnachweis" und hat sich die zuständige Sachbearbeiterin des Unternehmens glaubwürdig bemüht, die für einen Laien schwer durchschaubare Rechtslage durch Erkundigung bei der Behörde zu klären. Nimmt man nicht schon (im Zweifel) an, dass die erwähnte Sachbearbeiterin die von ihr behauptete Rechtsauskunft erhalten hat, so ist ihr jedenfalls zugute zu halten, dass sie trotz Bemühens um Information unverschuldet Opfer eines Missverständnisses wurde. Umso weniger kann dem Bw gegenüber, der sich diesbezüglich auf seine (wie der Eindruck in der Berufungsverhandlung bestätigte:) tüchtige und um rechtstreues Verhalten bemühte Mitarbeiterin verließ, ein Schuldvorwurf erhoben werden.

 

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum