Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251170/15/Lg/Hu

Linz, 25.11.2005

 

 

 

VwSen-251170/15/Lg/Hu Linz, am 25. November 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Langeder nach der am 8. November 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der E F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S E, L, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 5. Oktober 2004, Zl. SV96-10-8-2004-Brod, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses sind §§ 16 Abs.2, 19 und 20 VStG zu zitieren.
  2. Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 100 Euro zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19, 20 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 500 Euro bzw. Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil sie es als persönlich haftende Gesellschafterin der Firma U KEG in G, G, und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortliche der obgenannten Firma zu vertreten habe, dass der syrische Staatsangehörige H K D in der Zeit von 9.3.2004 bis 11.3.2004 jeweils zwei Stunden am Tag in der Pizzeria I T beschäftigt worden sei, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung bezieht sich das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Hauptzollamtes Linz vom 22.3.2004 sowie auf die Rechtfertigung der Bw vom 11.6.2004.

 

In dieser habe die Bw im Wesentlichen angeführt, ihr könne die gegenständliche Übertretung nicht vorgeworfen werden, da der Ausländer Asylwerber sei und sich in Bundesbetreuung befunden habe, dann aber aus dieser herausgefallen sei. Es habe eine verwandtschaftliche bzw. freundschaftliche Verpflichtung des Ehemannes der Bw bestanden. Der Ausländer sei mit Essen und Quartier versorgt worden. Arbeit habe ihm keine gegeben werden können, da keine Arbeitsbewilligung vorgelegen sei. Die Bw habe auch keine Kenntnis davon gehabt, dass sich der Ausländer in der Küche betätigt habe. Letzteres offenbar deshalb, um die Langeweile zu bekämpfen. Die Bw habe dem Ausländer keinen Arbeitsauftrag gegeben.

 

Beweiswürdigend geht das angefochtene Straferkenntnis davon aus, dass der Ausländer am 11.3.2004 beim Pizzabacken angetroffen wurde. Wenn die Bw angebe, keine Kenntnis davon gehabt zu haben, so sei ihr entgegen zu halten, dass kein funktionierendes Kontrollsystem vorgelegen sei. Dies sei in einer Stellungnahme der Zollverwaltung festgehalten.

 

Überdies sei von einer Naturalentlohnung auszugehen. Das Vorbringen der Bw, sie habe die Arbeit des Ausländers nicht bemerkt, sei unglaubwürdig. Zudem sei der Bw Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht, es sei bekannt, dass die Betreuung von Asylwerbern in Österreich nicht jenem Standard entspreche, den man erwarten dürfe. Der Ausländer sei ein entfernter Verwandter des Gatten der Bw. Der Gatte der Bw habe den Ausländer nach den gegebenen Möglichkeiten untergebracht und auch versorgt. Dies eben in der G . Die Versorgung habe auch das tägliche Essen umfasst.

 

Da der Ausländer nichts zu tun gehabt habe, sei er mit Personen beisammen gesessen, die die gleiche Sprache sprechen. Zur Bekämpfung der "Staatsgewaltenfrustration" und der Langeweile habe der Ausländer offensichtlich begonnen, etwas zu tun. Diese Tätigkeit sei weder vom Wissen noch vom Willen der Beschuldigten getragen gewesen.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Laut Anzeige des Hauptzollamtes Linz vom 22. März 2004 sei am 11.3.2004 in der Pizzeria I T in G, G, eine Kontrolle erfolgt. Dabei sei der gegenständliche Ausländer beim Pizzabacken angetroffen worden.

 

Im Personenblatt (deutsch, ungarisch, türkisch, rumänisch) ist unter "Beschäftigt als" eingetragen: "Koch" und unter "Beschäftigt seit": "9/3/04". Die Rubrik "Lohn" ist freigelassen; angekreuzt sind: "Essen/Trinken" und "Wohnung".

 

Unter "Tägliche Arbeitszeit" ist eingetragen: "2 Uhr". Unter "Mein Chef hier heißt" ist eingetragen: "U A".

 

Unter "Beobachtete Tätigkeit" ist eingetragen: "Beim Pizza-Backen in der Küche angetroffen mit grauer Hose, gelbem Hemd und grüner Schürze bekleidet."

 

Angefügt ist die Kopie einer Bescheinigung über die Gewährung der Bundesbetreuung (Aufnahme in die Bundesbetreuung: 10.2.2003).

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung äußerte sich die Bw anwaltlich vertreten mit Schreiben vom 1.6.2004 dahingehend, sie sei tatsächlich persönlich haftende Gesellschafterin der gegenständlichen KEG. Der Ausländer sei Asylwerber und habe sich eine Zeit in Bundesbetreuung befunden, sei aber dann aus der Bundesbetreuung herausgefallen. Wegen verwandtschaftlicher bzw. freundschaftlicher Verpflichtungen des Gatten der Bw sei der Ausländer mit Essen und Quartier versorgt worden. Mangels Arbeitsbewilligung sei der Ausländer nicht beschäftigt worden. Die Bw habe keine Kenntnis davon gehabt, dass er sich in der Küche betätigt habe, um die Langeweile zu bekämpfen. Sie habe ihm jedoch keinen Arbeitsauftrag gegeben. Es sei nicht in ihrer Absicht gewesen, ihn zu beschäftigten. Sie habe auch keine Kenntnis davon gehabt. Die Leistungen, die der Ausländer als Asylwerber erhalten habe, sei von keiner wie auch immer gearteten Gegenleistung abhängig gewesen, auch nicht in Form von Gefälligkeiten.

 

In der Stellungnahme des Zollamtes Linz vom 10.8.2004 wird vorgetragen, die Rechtfertigung der Bw gehe ins Leere, da sie es offenbar versäumt habe, für ein funktionierendes Kontrollsystem zu sorgen.

 

Mit Schreiben vom 24.8.2004 wurde der Bw abermals Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Von dieser machte sie jedoch nach der Aktenlage keinen Gebrauch.

 

4. Zur öffentlichen mündlichen Verhandlung erschien die nach Auskunft ihres Rechtsvertreters nach Tschechien zurückgekehrte Bw nicht. Auch der ebenfalls geladene gegenständliche Ausländer, von dem nach Auskunft des Vertreters der Bw keine ladungsfähige Adresse bekannt sei, erschien nicht zur öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

Der Vertreter der Bw erklärte, dass die Bw mit dem staatenlosen A U verheiratet sei. Warum keine Namensgleichheit gegeben sei, wisse er nicht. Der gegenständliche Ausländer sei "vermutlich" ein Cousin des A U und habe daher bei diesem gewohnt. Der Ausländer habe Quartier und Verköstigung unabhängig von seiner Tätigkeit in der Pizzeria erhalten. Es liege daher keine Entlohnung vor.

 

Das Kontrollorgan P sagte aus, der Ausländer habe das Personenblatt selbst ausgefüllt. Das Personenblatt sei zwar in den Sprachen deutsch, ungarisch, türkisch und rumänisch verfasst. Der Ausländer habe jedoch gebrochen Deutsch gesprochen, sodass ihm das Personenblatt verständlich gemacht habe werde können. Außerdem hätten sich an der Übersetzung der zweite Koch und ein Kellner (beide ebenfalls Ausländer) beteiligt. Aus dem Gesprächszusammenhang heraus sei klar gewesen, dass der Ausländer die Fragen verstanden habe und zu sinnvollen Antworten fähig gewesen sei.

 

Bei der Kontrolle sei der Ausländer mit einem zweiten Koch in der Küche angetroffen worden. Er habe, wie sein Kollege, eine grüne Schürze getragen und eine Pizza belegt. Der Ausländer habe angegeben, seit zwei Tagen in der Pizzeria beschäftigt zu sein. Er habe gesagt, keinen (gemeint: Geld-)Lohn zu bekommen, wohl aber das Essen und Trinken. Ferner habe er angegeben, hier zu wohnen. Auskünfte in Richtung eines Freundschaftsdienstes oder eines Verwandtschaftsverhältnisses seien nicht gemacht worden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Unbestritten wurde der Ausländer bei einer Arbeitstätigkeit in einem betriebsfremden nicht allgemein zugänglichen Betriebsraum angetroffen. Daher hat die Bw nach der Regelung des § 28 Abs.7 AuslBG glaubhaft zu machen, dass keine Beschäftigung vorliegt.

 

Die Bw hat eine solche Glaubhaftmachung in eigener Person nicht versucht und daher sich um die Gelegenheit gebracht, die Alternativdarstellung durch glaubwürdiges Auftreten zu untermauern. Vielmehr hat sie die Präsentation des Sachverhalts ihrem Rechtsvertreter überlassen, der aber über keine genauen Informationen verfügte. So blieb unklar, wieso die verschiedene Familiennamen führenden Eheleute offenbar nicht (mehr) zusammen wohnen. Ferner ist die Beziehung zwischen dem Gatten der Bw und dem Ausländer nicht klar zur Darstellung gelangt (im erstinstanzlichen Verfahren: "verwandtschaftliche bzw. freundschaftliche Beziehung"; in der Berufung: "entfernter Verwandter"; in der öffentlichen mündlichen Verhandlung: "vermutlich Cousin"). Die Darstellung des Vertreters der Bw konnte auch nicht durch Zeugenaussagen oder sonstige Beweismittel untermauert werden. Die Angabe des Ausländers im Personenblatt, keine Geldentlohnung zu erhalten, wohl aber Verköstigung und Wohnung, ist für die Annahme des Ausschlusses einer Naturalentlohnung nicht ausreichend; vielmehr deutet die Angabe des U A als Chef sehr wohl auf ein Beschäftigungsverhältnis. Insbesondere ist es nicht gelungen, ein Naheverhältnis zwischen dem Ausländer und der Berufungswerberin (die diesbezüglich nicht ohne weiteres mit A U gleichgesetzt werden kann) glaubhaft zu machen, das von einer Intensität war, die den Ausschluss des Synallagmas nahe legt. Insgesamt betrachtet konnte daher nicht glaubhaft gemacht werden, dass der Ausländer die beobachtete Arbeit außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses leistete.

 

Dieses Ergebnis wird gestützt durch den Umstand, dass eine ausdrückliche Unentgeltlichkeitsvereinbarung nicht geltend gemacht wurde und für eine schlüssige Unentgeltlichkeitsvereinbarung (dass nämlich die Naturalleistungen der Bw in keinem Zusammenhang mit den Arbeitsleistungen der Arbeit des Ausländers stehen sollten) außer der bloßen Behauptung des Vertreters der Bw keine Anhaltspunkte vorliegen, sodass schon aufgrund der (in einer solchen Situation nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Anwendung findenden Regelung des § 1152 ABGB) Entgeltlichkeit anzunehmen ist.

 

Die Tat ist daher der Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Dass die (wie gelegentlich behauptet) Beschäftigung des Ausländers ohne Wissen und Willen der Bw stattfand, schließt (wegen der auch im Bereich des AuslBG nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Anwendung findenden Kontrollsystemjudikatur) das Verschulden der Bw nicht aus, sondern begründet Fahrlässigkeit.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin (wenn auch mangelhaft begründet) § 20 VStG (also das außerordentliche Milderungsrecht) angewendet und innerhalb des so gewonnenen Strafrahmens die geringstmögliche Geldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Die Tat bleibt keineswegs so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere wäre es der Bw als einer im Geschäftsleben tätigen Person oblegen, sich über die Rechtslage geeignet zu informieren und dafür Sorge zu tragen, dass es im Betrieb zu keiner illegalen Beschäftigung kommt.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

 

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