Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251171/22/Kü/Hu

Linz, 07.07.2005

 

 

 VwSen-251171/22/Kü/Hu Linz, am 7. Juli 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn W R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M B, S, S, vom 5. November 2004 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding (Spruchpunkt 1.) vom 20. Oktober 2004, Zl. SV96-9-2003, wegen einer Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. Juni 2005 zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:


zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) BGBl.Nr.51/1991 idgF. iVm §§ 24, 45 Abs. 1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) BGBl.Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding (Spruchpunkt 1.) vom 20. Oktober 2004, SV96-9-2003, wurde über den Berufungswerber (in der Folge Bw) eine Geldstrafe von 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 3 Abs.1 iVm 2 Abs.2 lit.a iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) verhängt, weil er am 4.7.2003 und am 27.6.2003 jeweils in der Zeit von 11.00 bis 12.00 Uhr im Gasthaus R in K, H, die tschechische Staatsangehörige A L, geb., gegen Entlohnung (Unterkunft und Verpflegung) als Serviererin beschäftigt hat, ohne dass für diese Fremde eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass für die erkennende Behörde der im Spruch festgestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage erwiesen sei und die Angaben des Bw in der Stellungnahme vom 14.8.2003 lediglich als Schutzbehauptungen zu werten seien. Ein Schuldentlastungsbeweis sei vom Bw im Verfahren nicht erbracht worden, weshalb die gegenständliche Verwaltungsübertretung daher auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit als erwiesen anzusehen sei. Bei der Begründung der Strafbemessung hielt die belangte Behörde fest, dass unter Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens von einer fahrlässigen Tatbegehung auszugehen sei. Für die Annahme eines Vorsatzes würden sich anhand des festgestellten Sachverhaltes keine Anhaltspunkte ergeben. Straferschwerende Umstände lägen nicht vor, als strafmildernd sei das Geständnis und die bisherige Unbescholtenheit zu werten. Allerdings würden bei der Festsetzung der Strafhöhe auch spezialpräventive Gesichtspunkte berücksichtigt. Der Bw solle dazu angehalten werden, sich in Zukunft um die Einhaltung der ausländerbeschäftigungsrechtlichen Vorschriften zu kümmern. Weiters sei zu bemerken, dass es sich bei der ausgesprochenen Geldstrafe um eine Mindeststrafe handle. Eine Anwendung der §§ 20 und 21 VStG kämen jedoch nicht in Betracht.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Vertreter des Bw eingebrachte Berufung, in der geltend gemacht wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die verhängte Geldstrafe in eine mildere umzuwandeln bzw. ganz nachzusehen. Als Berufungsgründe wurden die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

 

Die Erstbehörde habe Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem völlig anderen Ergebnis gekommen wäre. Die am 11.7.2003 von der Zollverwaltung aufgenommene Niederschrift sei offensichtlich nicht berücksichtigt worden. Es hätte jedenfalls auch der Meldungsleger als Zeuge einvernommen werden müssen, nämlich jener Beamte, der am 4.7.2003 bzw. 27.6.2003 Frau L im Lokal angetroffen habe.

 

Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass ein einmaliges Einschenken von Bier oder auch von zwei Bier als Beschäftigungsverhältnis gewertet werde. Im Gastgewerbe sei es durchaus üblich, dass Familienmitglieder mithelfen bzw. auch eine Freundin und sei es weiters eine Selbstverständlichkeit, dass eine Freundin unentgeltlich bei ihrem Freund wohne, weshalb die Argumentation der Behörde überhaupt nicht nachvollziehbar sei. Gerade aus diesem Grund wäre die Einvernahme des Beamten von äußerster Wichtigkeit gewesen, der eben bestätigen hätte können, dass es sich nur um eine einmalige Ausschank gehandelt habe und nicht um eine Beschäftigung.

 

In der Begründung eines Straferkenntnisses seien die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammen zu fassen. Das vorliegende Straferkenntnis bestehe lediglich aus einem Spruch und einer Begründung, von einer Beweiswürdigung bzw. rechtlichen Beurteilung könne überhaupt keine Rede sein. Soferne die Berufungsbehörde überhaupt eine Beweiswürdigung feststellen könne, sei diese jedenfalls nicht begründet und sei nochmals darauf verwiesen, dass der Grundsatz der freien Beweiswürdigung die Behörde nicht von der Verpflichtung enthebe, ihre Überlegungen entsprechend zu begründen. Interessant wäre in diesem Zusammenhang, warum die Behörde von einer Entlohnung ausgehe. Davon sei im gesamten Ermittlungsverfahren nicht die Rede, sondern lediglich davon, dass es sich um seine Freundin gehandelt habe.

 

Auch die Strafbemessung sei nicht ausreichend begründet. Welche subjektiven Kriterien würden überhaupt in Erwägung gezogen, wenn - wie schon ausgeführt - es sich bei Frau L um seine Freundin handle. Lediglich auf spezialpräventive Gesichtspunkte einzugehen, sei nicht ausreichend, sondern müsse auch eine Abwägung der Erschwerungs- und Milderungsgründe stattfinden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.6.2005.

 

4. Aufgrund der durchgeführten mündlichen Verhandlung steht folgender Sachverhalt fest:

 

Der Bw betreibt auf der Liegenschaft H, K, eine Gastwirtschaft. Am Standort befinden sich drei weitere Lokale, die im Eigentum des Bw stehen, allerdings an andere Betreiber verpachtet sind.

 

Im Juni 2003 brachte der Bw seine tschechische Freundin, Frau A L, die er ein paar Monate davor in Tschechien kennen gelernt hat, nach K. Am 26.6. 2003 wurde sie vom Bw beim Meldeamt mit Zweitwohnsitz in K angemeldet. Frau L hat in der Folge während ihrer Anwesenheit in Österreich in der Gastwirtschaft des Bw beim Ausschenken und Servieren von Getränken ausgeholfen. Auch an den Tagen, in denen von Organen des Zollamtes Wels eine Kontrolle durchgeführt wurde und zwar am 28.6.2003, am 4.7.2003 und am 11.7.2003, war Frau L in der Gastwirtschaft mit dem Ausschenken und Servieren von Getränken und auch mit dem Abkassieren beschäftigt.

 

Nach der Kontrolle durch die Zollorgane am 11.7.2003 wurde Frau L der Pass abgenommen und angeordnet, dass sie bei der fremdenrechtlichen Abteilung der Bezirkshauptmannschaft Schärding persönlich vorstellig werden muss. In der Folge wurde Frau L aufgefordert, das Bundesgebiet zu verlassen. Der Bw hat daraufhin, um seine Freundin wieder nach Österreich bringen zu können, um Beschäftigungsbewilligung für Frau L angesucht und wurde diese auch für drei Monate erteilt. Zwischenzeitig ist Frau L die Lebensgefährtin des Bw geworden und in Österreich aufhältig.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen des Bw und der Zeugen im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Die Beschäftigung der tschechischen Staatsangehörigen in der Gastwirtschaft mit dem Ausschenken und Servieren von Getränken wird sowohl vom Bw selbst als auch von der Zeugin einwandfrei bestätigt. Die Feststellung, wonach von Frau L neben dem Ausschenken und Servieren von Getränken auch Kassiertätigkeiten ausgeführt wurden, gründet sich auf den übereinstimmenden Zeugenaussagen der beiden kontrollierenden Zollorgane.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

  1. in einem Arbeitsverhältnis,
  2. in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,
  3. in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.
  4. nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder
  5. überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Der festgestellte Sachverhalt belegt, dass die tschechische Staatsangehörige weder in einem Arbeitsverhältnis oder einem Ausbildungsverhältnis gestanden ist noch es sich um eine betriebsentsandte Ausländerin oder überlassene Arbeitskraft im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG handelt. Aus diesem Grunde ist daher lediglich eine Prüfung dahingehend vorzunehmen, ob ihre Tätigkeit als in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis erfolgt zu qualifizieren ist und deshalb dem Beschäftigungsbegriff des AuslBG unterliegt oder bei ihrer Tätigkeit ein Gefälligkeitsdienst anzunehmen ist, der nicht unter den Beschäftigungsbegriff des AuslBG zu subsumieren ist.

 

Als Gefälligkeitsdienste, die keine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG darstellen, können kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anerkannt werden, die vom Leistenden aufgrund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten erbracht werden. Bei dieser Prüfung ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, um einen Gefälligkeitsdienst annehmen zu können. Wesentlich ist für die Annahme eines Gefälligkeitsdienstes die Freiwilligkeit der Arbeitsleistung insofern, als keine Verpflichtung zu ihrer Erbringung bestehen darf (vgl. VwGH 25.2.2004, Zl. 2001/09/0197, 27.3.2003, Zl. 2000/01/0017).

 

Gefälligkeitsdienste sind dadurch charakterisiert, dass aus den sie betreffenden Erklärungen bzw. Verhaltensweisen überhaupt kein Rechtsfolge- bzw. Gestaltungswille zum Abschluss eines Vertrages, insbesondere eines Dienstvertrages hervorgeht (Bachler, Ausländerbeschäftigung - eine Gratwanderung zwischen Legalität und Illegalität 1995, Seite 31 m.w.N.)

 

Nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme ist es als erwiesen anzusehen, dass zwischen dem Bw und Frau L eine Liebesbeziehung bestanden hat, die mittlerweile in eine Lebensgemeinschaft übergegangen ist. Diese Freundschaft zwischen den beiden lässt es jedenfalls plausibel erscheinen, dass Frau L, wie sie selbst angegeben hat, von sich aus, ohne dazu vom Bw angehalten worden zu sein, Serviertätigkeiten in der Gastwirtschaft des Bw erbracht hat. Ihre Arbeitsleistung in der Gastwirtschaft kann insofern als freiwillige Tätigkeit, welche aufgrund einer spezifischen Bindung zum Bw erbracht wird, gewertet werden. Die Zeugin L schildert in der mündlichen Verhandlung durchaus glaubwürdig ihre Intentionen für eine unentgeltliche Beschäftigung, nämlich einerseits um ihre Deutschkenntnisse zu verbessern und andererseits aus Hilfsbereitschaft sich im Bereich der Gastwirtschaft des Bw nützlich machen zu wollen. An dieser Ansicht ändert sich auch nichts durch den Umstand, dass ihre Arbeitsleistung in einem Gewerbebetrieb stattgefunden hat. Durch die Unentgeltlichkeit der Arbeitsleistung fehlt es an der für eine Beschäftigung nach dem AuslBG essentiellen persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit. Bei Gesamtbetrachtung der näheren Umstände des Falles und im Hinblick auf die spezifische Bindung zum Bw stellen sich die Serviertätigkeiten von Frau L als Gefälligkeitsdienst ohne jeglicher Rechtspflicht dar und sind damit die Merkmale eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses nicht erfüllt. Die Tätigkeit der tschechischen Staatsangehörigen in der Gastwirtschaft des Bw erfüllt damit nicht den Beschäftigungsbegriff des § 2 Abs.2 AuslBG, zumal nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates das evidente persönliche Naheverhältnis, die Freiwilligkeit der Erbringung der Arbeitsleistung und schlussendlich die Tatsache, dass kein Entgelt geleistet wurde, als eindeutig erwiesen anzusehen ist. Ein Synallagma zwischen der Unterhaltsgewährung für die Freundin (respektive Lebensgefährtin) und der demgemäß unentgeltlichen Arbeitsleistung der ausländischen Staatsbürgerin liegt jedenfalls nicht vor.

 

Aus diesen Gründen ist die von der ersten Instanz im gegenständlichen Straferkenntnis angelastete Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG als vom Bw nicht begangen zu werten, weshalb das gegenständliche Strafverfahren einzustellen und wie im Spruch zu entscheiden war.

 

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens. Der diesbezügliche Ausspruch war daher in den Spruch aufzunehmen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Kühberger

 

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Gefälligkeitsdienst

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